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12.04.2019

Durch die kanadischen Rocky Mountains 6 Sasketchwan River-Jasper 1




Vom Sasketchwan River trampe ich aus den Bergen nach Rocky Mountain House, wo ich mich für die nächsten 15 Tage neu verpflege. Bevor ich dann wieder zu meiner eher kargen Trailkost zurückkehre, gönne ich mir noch ein typisch kanadisches Frühstück  mit Eiern, Bratkartoffeln, etc. für etwas mehr als 5 Euro!
Frisch gestärkt laufe ich aus dem nicht sehr schönen Ort und habe bald meinen ersten lift nach Nordegg gefunden.
Ich stehe nur wenige Minuten, als ein großer Pick- up hält. Bald stellt sich heraus, dass die beiden Insasssen Gary und Harlan Sioux Indianer sind. Nun sind die Sioux einer der berühmtesten Indianerstämme Amerikas, die in der Schlacht am Little Bighorn in Wyoming den Weißen die größte Niederlage beigebracht hatten. Ich weiß, dass ihr Häuptling Sitting Bull sich danach mit seinen Leuten nach Kanada zurück gezogen hatte, aber Gary und Harlan erzählen, dass ihr Teil des Stammes schon früher nach Kanada gezogen sei. Das Sasketchwan Tal mit den Kootenay Plains ist im Winter häufig schneefrei, wenn die Landschaft ringsum unter einer meterhohen weißen Last verschwindet, daher war das Tal ein Wilddorado, was die Sioux anzog. Offenbar konnten die hier zuvor ansässigen Kootenay sich nicht gegen die kriegerischen Sioux behaupten...
Die beiden Indianer trinken schon am frühen Morgen Bier, was mich nicht weiter stört, da es auf dem Highway 11 kaum Verkehr gibt...
Irgendwann bemerken sie, dass sie vergessen hatten, in Nordegg zu tanken, obwohl sie bereits bezahlt hatten! Kein Problem, wir fahren ein Stück zurück und der Tank wird voll gemacht!
Wir bringen Gary zu dem Reservat, wo etwa 250 Sioux leben und teilweise Pferde züchten. Harlan ist eigentlich LkW-Fahrer, hat jetzt aber einen Monat frei und nichts Besonderes vor, daher beschließt er netterweise spontan, mich zum Trailhead am Owen Creek zu bringen, wo ich meine Wanderung fortsetzen will.
Mein Fahrer erzählt, dass sein Großvater kein englisch gelernt hatte, da seine Familie zu weit im Busch lebte und er nie zur Schule gegangen war. Dafür gab er aber einiges an traditionellem Wissen an seinen Enkel weiter, unter anderem auch das Rezept für eine "Medizin". Eine Mixtur, die offenbar halluzinogene Wirkung hat, und es einem erlaubt, den eigenen Körper zu verlassen. Laut Harlan gut, wenn man Probleme hat...
Obwohl weder er noch sein Bruder so aussehen als würden sie sich noch viel in der Natur bewegen, kennen sie die Gegend von früheren Reitausflügen sehr gut. Dabei ging es meist zum Fischen oder Jagen. 
Eine eindrucksvolle Begegnung!
Zum Abschied möchte Harlan sich einmal meinen Rucksack aufsetzen...

Der Sioux Indianer Harlan

Ich bin hier zurück auf den Great Divide Trail gelangt, auf den wie fast immer, allerdings keine Markierung hinweist...
Dennoch führt ein gut erkennbarer Pfad den Owen Creek aufwärts. Bald gelange ich an eine ganz spezielle Klamm: Manchmal nur 30 Zentimeter breit fließt das Wasser sicher 20 Meter tiefer!


                                                                        Die Klamm des Owen Creek

Anschließend durchfließt der Bach noch zwei weitere Klammen. Am Nachmittag steigt der Pfad ziemlich steil an und einige Abschnitte an steilen, rutschigen Hängen sind nicht ohne, für mich aber kein Problem. Über der Baumgrenze ist das Gelände weniger steil und Owen Pass kommt bereits in Sicht. Braune schräg aufgefaltete Berge, von denen Wildbäche herunterdonnern und ein großer Gletscher beherrschen das Panorama. 

                                                                                 Owen Pass (2470m)

Die Abstiegsroute ist erstaunlich flach, und in einiger Entfernung zeigt sich bereits der nächste Pass. Ich gelange in eine Talsenke mit einem erstaunlich tiefen Bach, den ich barfuß durchwate. Das Wasser reicht mir bis zu den Oberschenkeln!
Am Zufluss zum türkisen Michele Lake, beobachte ich einige Zeit lang drei Amerikanische Wasseramseln, die den europäischen ähneln, aber farbloser sind. Diese bemerkenswerten Vögel suchen ihre aus Insektenlarven bestehende Nahrung tauchend am Grund von klaren Bächen.

                                                                                     Wasseramsel

Ich will gerade mein Zelt aufschlagen, als ich ein Rudel Dickhornschafe in der Nähe bemerke. Zunächst pirsche ich vorsichtig in ihre Richtung um Fotos zu machen, merke aber bald, dass die Schafe mich überhaupt nicht beachten und ich bis auf wenige Schritte an sie herankommen kann. Dabei darf hier sogar gejagt werden, da der Michele Lake ausserhalb des Banff Nationalpark liegt, den ich am Owen Pass verlassen habe. 
Bald habe ich 21 Schafe gezählt. Dabei handelt es sich um 8 Widder, die sich meist etwas entfernt von den Weibchen mit ihren 6 Lämmern aufhalten. Einige der Schafböcke sind ziemlich eindrucksvoll!



                     Ein Blumenliebhaber...



                                          Dickhornschafwidder

Als ich schließlich doch mein Zelt aufschlage, bleiben die Schafe weiterhin in der Nähe und lassen sich in Ruhe beobachten. 





                     Die Schafe beachten mich nicht

Besonders haben es mir die kleinen, hellen Lämmer angetan, die oft verspielt herumtollen.


                                                                               6 Lämmer gehören zum Rudel

Dafür hält sich der wohl älteste, stärkste Widder stets betont etwas abseits.

                                                               Kapitaler Widder

Bei meinem Abendspaziergang entlang des Seeufers beobachte ich einige weitere Dickhornschafe und häufig verrät ein durchdringendes Pfeifen die Anwesenheit der Murmeltiere.
Zu meiner Überraschung stoße ich auf das Lager von drei Kanadiern, die zum Angeln hierher mit einem Hubschrauber geflogen sind! Offenbar haben sie großen Respekt vor Bären, ihr Lager ist von einem Elektrozaun umgeben und eine Schusswaffe ist auch mit dabei! 
Wie die meisten Kanadier sind sie offen und sympathisch, zur Feier des Tages bieten sie mir sogar Marshmallows und Jägermeister an!
Zum Sonnenaufgang wird die hohe Felswand aus der zahlreiche Wasserfälle stürzen, rot gefärbt. Ein toller Start für den Tag!

                                                    Morgenrot

Gegen Mitternacht hatte es für kurze Zeit gewittert, und auch am Morgen sieht es so aus, als ob sich das Wetter ändert, bleibt dann aber doch schön.




                                                   Michele Lake

Durch ein wasserreiches, weites Hochtal steige ich in lediglich einer Stunde auf zum nächsten Pass. Obwohl dieser mit 2590 Meter der höchste Punkt es Great Divide Trail ist, hat er keinen Namen!


                                              Auf dem höchsten Punkt des GDT

Ich steige in das Tal des Waterfall Creek ab. Dabei leiten mich einige Cairns, es gibt aber keinen erkennbaren Pfad. Für kurze Zeit tauche ich in den Wald ein, bin aber bald wieder über der Baumgrenze und gelange schließlich auf den 2490 Meter hohen Pinto Pass.


                          

Die Umgebung des Passes wird von fetten Murmeltieren und possierlichen, scheuen Pikas bevölkert. 


                                                     Pika (Pfeifhase)

Mit dem Abstieg ins Tal des Pinto Creek, verlasse ich die herrliche, alpine Umgebung der drei Pässe und gelange zurück in die Waldzone. Als ich eine Bewegung wahr nehme, bin ich zunächst nicht sicher, welches Tier ich vor mir habe, etwas später steht dann aber eine Elchkuh in lediglich 30 Meter Entfernung vor mir. Leider verschwindet sie wieder in den Weidenbüschen, bevor ich ein Foto machen kann.
Der Pfad wird zunehmend deutlicher und nach einem langen Abstieg erreiche ich den großen, malerischen Pinto Lake.
Eine Tafel erzählt eine dramatischen Geschichte: Ein Trapper hatte sich hier 1923 versehentlich in den Arm geschossen. Die Wunde entzündete sich, so dass seine Frau eine Amputation vornehmen musste. Obwohl es Winter war, schaffte es die tapfere Gattin sowohl ihren Mann am Leben zu halten, als auch für sich selbst genügend Nahrung zu erjagen. Erst im Frühjahr wurden sie von umherstreifenden Indianern entdeckt, die dann Hilfe aus Nordegg holten, so dass das Trapperpaar schließlich gerettet werden konnte!
Längere Zeit laufe ich entlang des Sees, der erstaunlich warm ist, und zum Baden einlädt.

                                                          Pinto Lake

Hinter dem See gelange ich in die White Goat Wilderness und folge schließlich dem Cataract Creek aufwärts. Da der Wasserstand zur Zeit niedrig ist, stellt das Durchwaten kein Problem dar, dass kann aber auch anders sein!
Offenbar wandern hier nur wenig Leute, da der Pfad durch das Tal über weite Strecken sehr undeutlich und manchmal zugewachsen ist.

                                                          Cataract Creek

An einem überhängenden Felsen haben wohl Indianer vor langer Zeit Felszeichnungen hinterlassen: Rote Strichmänchen und Handabdrücke.

                              Wer hat hier seine Spuren hinterlassen?

Die meiste Zeit laufe ich auf einer Terrasse hoch über dem Bach, der sich mitunter durch eine Schlucht zwängt. Der lediglich rudimentäre Pfad und die Abwesenheit von menschlichen Spuren in dem schönen Waldtal, ruft bei mir ein tiefes Gefühl der Abgeschiedenheit hervor. Während das für viele Menschen sicher eher unangenehm wäre, sind es genau diese geheimen Winkel, die mich immer wieder in die Wildnis locken...

                                               Schlucht am Cataract Creek

Kaum habe ich mein Zelt im offenen Kiefernwald aufgebaut, geht auch schon ein Gewitter mit Regen los. Zeit um auf meinem ebook Reader zu lesen!
Der nächste Tag verspricht wieder klar und schön zu werden, allerdings ist das Unterholz natürlich noch klatschnass, was ich auch bald bin...

                                Ein schöner Tag am Cataract Creek bricht an


                                           Steile Wände ragen vom Talboden auf

Zu meiner Überraschung erspähe ich noch in der Waldzone auf einer alten Lawinenbahn eine Schneeziege mit ihrem Jungen. Leider kann ich sie nur aus der Entfernung fotografieren, da sie rasch weiterziehen.


                                                 Schneeziege mit Jungem

Es wimmelt in der Gegend von Erdhörnchen, die es wohl auch den Grizzlies angetan haben, überall stoße ich auf frische Grabspuren. Hier ist mal wieder erhöhte Aufmerksamkeit angesagt...

                                                     Wo ist der Bär?

Der Wald wird zunehmend lichter und die Gegend immer großartiger, mal wieder eine Bilderbuchlandschaft!

                                              Oberlauf des Cataract Creek

Der Pfad ist mühsam zu verfolgen, einmal laufe ich bestimmt 500 Meter in die falsche Richtung, da ich einen Cairn übersehen hatte...
Irgendwann denke ich, dass ich ohne nach dem Trail zu suchen, genau so gut voran komme.
Ich überquere den Bach und laufe weglos auf der orographisch rechten Seite weiter. 
An einem malerischen, türkisen See beginnt der Anstieg zum Cataract Pass. Zunächst geht es im Geröll ziemlich steil aufwärts, bevor ich in ein blumenreiches, sanftes Hochtal gelange.

                                                 See in der Whitegoat Wilderness

                                                     Aufstieg zum Cataract Pass

Nach einem letzten, kurzen Anstieg stehe ich schließlich auf dem Cataract Pass (2509m), der die Grenze zwischen der White Goat Wilderness und dem Jasper Nationalpark markiert. 
Donnergrollen und ein sich bedrohlich dunkel verfärbender Himmel lassen befürchten, dass ich die herrliche Aussicht über schroffe Felswände und einen zum Greifen nahen Gletscher mit Wasserfällen und zwei leuchtenden Seen unterhalb nicht allzu lange genießen sollte...

                                                             Cataract Pass










                                                  Naht ein Gewitter?

                                                     Die Abstiegsroute

Obwohl der Weg nicht in der Karte eingezeichnet ist, ist er doch deutlich belaufen und mit etlichen Cairns markiert. Zunächst steige ich lange durch kahlen Schotter einen steilen Hang hinab, bevor ich in ein grünes, wasserreiches Tal gelange.

                                                          Blick zurück zum Gletscher

Auf den sumpfigen Wiesen, wächst üppig Wollgras, mit seinen weißen Fruchtständen.


                         Wollgraswiesen

Das Wetter scheint sich entgegen meiner Befürchtungen zu halten und ich schlage schließlich am späten Nachmittag eines der schönsten Lager der Reise auf, etwas oberhalb von einem mäandernden türkisen Bach, der durch sumpfige, grüne Wiesen fließt, die von ockerfarbenen Schuttbergen und den Eisfeldern des Gletschers gesäumt werden. 

                                                         Fantastischer Lagerplatz

Später klart es dann wieder auf, so dass ich diesen herrlichen Ort richtig genießen kann.















































                                                                         Die Umgebung meines Lagers

Als ich dann später einen Abendspaziergang unternehme, durchnässt mich ein kurzes, aber heftiges Schauer. Anschließend ziehen die Wolken aber wieder ab, und bilden die Kulisse für einen tollen Sonnenuntergang.





                                                               




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