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10.11.2020

Alpentraverse 2020 - 4 Monate von Berchtesgaden zum französischen Mittelmeer 8. Erto - Cima i Pra

 



Während ich weiter durch die einsamen, südlichen Dolomiten laufe, treffe ich auf eine Wildart, mit der ich in den Alpen gar nicht gerechnet hatte: Das Mufflon, eine Wildschafart, war ursprünglich nur auf Korsika und Sardinien beheimatet, wurde dort aber fast ausgerottet. Dagegen wurde es als Jagdwild an etlichen Stellen in Europa neu angesiedelt, offenbar auch in den Alpen. Auch wenn sie hier ursprünglich nicht beheimatet waren, sind es doch tolle Tiere, die ich gerne beobachte.
Nachdem ich Erto verlassen habe, muss ich ein Stück weit an der Straße entlang laufen. Es ist Sonntag, daher sind im fahrradbegeisterten Italien viele Rennradler unterwegs. Diese stören mich natürlich nicht. Anders sieht das mit den Motorrädern aus. Ganze Gruppen von Männern scheinen ihren Sonntagsausflug auf den heißen Kisten zu unternehmen. Was für ein Lärm und Gestank! Alles Mögliche wird in Europa ja im Detail geregelt, aber auf die Idee, dass man auch bei Motorrädern Grenzwerte für den Krach den sie verbreiten einführen könnte, scheint noch niemand gekommen zu sein!
Glücklicherweise geht es bald wieder in den Wald. Wie so oft stoße ich dort auch wieder auf ein Schild, dass die Unpassierbarkeit des Dolomitenhöhenwegs 6 hier verkündet! Flugs mache ich eine Alternative auf der Karte aus, die sich aber auch als ziemlich abenteuerlich herausstellen wird...

                                      Der Nr. 6 ist mal wieder unpassierbar...

In einer Bullenhitze geht es steil bergauf. Die Vegetation mit Ginster und Mispeln erinnert fast ein wenig ans Mittelmeer. Immerhin öffnen sich mitunter schöne Ausblicke zurück nach Erto.

                                                Blick zurück nach Erto

Irgendwann gelange ich aber wieder in die Buchenwaldzone. Auf einem Plateau geht es dann durch einen tollen Mischwald in dem auch Fichten, Lärchen und Tannen vertreten sind. Zwar ist das kein Urwald, aber die letzten Jahrzehnte wurde hier sicher kein Holz mehr gefällt, daher wirkt der Wald auf mich sehr urwüchsig, ein wenig an die Via Dinarica erinnernd.

                                      Ein toller Mischwald

Der Pfad wird nur ganz selten begangen, aber als ich an eine ehemalige Alm gelange, sehe ich dort Leute, die bei dem Bivacco Zanette offenbar das Wochenende verbringen.

                                     Nicht mehr bewirtschaftete Alm

Es wimmelt hier von Eidechsen und einmal schlängelt sich sogar eine kleine Schlange vor mir davon. Etliche Blumen sehe ich hier zum ersten Mal auf dieser Tour. Eine große Schmetterlingsraupe zeigt mit ihrem markanten Äußeren potenziellen Fressfeinden, dass mit ihr nicht gut Kirschen essen ist.

                                        Interessante Schmetterlingsraupe

Der Pfad verläuft jetzt lange in einer Höhe von um die 1700 Meter. Dennoch geht es immer wieder auf und ab. Die Topographie dieser Berge ist extrem steil, daher werden die Almen auch nicht mehr genutzt. Während auf den Sonnenhängen eher lichte, wärmeliebende Vegetation gedeiht, dominiert ansonsten der dichte, schattige Buchenwald. Mit den Alpen hatte ich sonst eigentlich nur Nadelwälder die von Fichten geprägt werden assoziert, daher bin ich überrascht von den ausgedehnten Buchenbeständen hier in den südlichen Dolomiten.

                                              Der Weg verläuft im Hang

                                        Selten benutzter Pfad im Buchenwald

Obwohl die Gegend heiß und trocken wirkt, gibt es im schattigen Wald schöne Bäche, die kleine Wasserfälle bilden.


                                     Kleiner Wasserfall

Nach einem sehr langen, steilen Abstieg durch den Wald gelange ich an die verschlossene Hütte Casera Feron, wo ich mein Zelt aufschlage.
Am nächsten Morgen ist in der Frugna Schlucht der Pfad kaum noch zu erkennen. Immer wieder muss ich lange in der dichten Vegetation suchen, wo es weiter geht. Ab und zu stoße ich glücklicherweise noch auf eine Markierung.  Leider ist der Weg auch in meiner GPS- Karte nicht richtig eingezeichnet...

                               Kaum noch zu erkennender Pfad 

Der Ausstieg aus der Schlucht entpuppt sich dann als ziemlich schwer, mit dichter Vegetation und einigen Klettereien an steilen Felsabstürzen. Dabei ist es wieder glühend heiß.

                                Ausstieg aus dem Frugna Tal

Für die schlappen drei Kilometer bis zur Forcella Frugna auf lediglich 1565 Metern benötige ich dann auch tatsächlich fünf Stunden!
Der Weg auf der anderen Passseite ist viel besser und ich erkenne schon den Valbona Pass, mein nächstes Ziel.

                              Blick zum Valbona Pass

Der Goldregen setzt immer wieder tolle, leuchtende Punkte in die Landschaft.


                                             Goldregen


Im Valle Chialedina angekommen, wasche ich mich und meine Sachen  erst mal. Als ich dann nach einer Stunde weiter laufe sind die Klamotten schon wieder relativ trocken!
Ich gelange kurz an einen Fahrweg und steige dann zunächst auf einem Pfad relativ gemächlich auf, bis der eigentliche Passanstieg beginnt. Zwar ist der Valbona Pass mit 2130 Metern nicht sehr hoch, aber der Aufstieg beginnt bei lediglich 1000 Metern Seehöhe!
Dementsprechend ist man hier ziemlich lange unterwegs in komplexem Gelände, wo sich felsige Schrofen und grasige Abschnitte aneinanderreihen. An drei Stellen gewähren Stahlseile dabei zusätzliche Sicherheit. Während zwei davon auch ohne Sicherung gut machbar wären, bin ich an einer sehr ausgesetzten Stelle froh über die Hilfe! 

                                             Steiler Aufstieg

Schließlich erreiche ich einen Absatz von dem es etwas weniger steil über einen Grashang weiter geht. Weniger steil ist dabei aber relativ...

                                 Blick von einem Absatz ins Tal

                                      Passo di Valbona (2130 m)

In der Nähe des Passes gibt es eine Höhle, die als Biwak eingerichtet wurde, sie wirkt auf mich aber kühl, feucht und ungemütlich, daher steige ich weiter ab, was ziemlich einfach ist.
Kurz bevor ich mein Lager aufschlage, sehe ich dann in einiger Entfernung ein großes Rudel von Muffelschafen, die ich dann auch erst einmal anpirsche um sie zu fotografieren.


                      Die Muffelwidder grasen in einiger Entfernung

Mein Lagerplatz in der alpinen Umgebung ist richtig toll. Leider gibt es hier kein Wasser und ich hatte versäumt, meine Vorräte im Tal aufzufüllen. Glücklicherweise finde ich ein Schneefeld in der Nähe und fülle meine Flaschen mit dem Weiß, dass dann langsam schmilzt.

                                        Toller Lagerplatz

Bei einem langen Abendspaziergang kann ich das Rudel von etwas 20 Muffelwiddern mit ihren spiraligen Hörnern längere Zeit beobachten. Da sie gerade ihr Sommerfell anlegen, wirken sie etwas zerzaust. Zwar sind sie nicht übermäßig scheu, halten aber stets einigen Abstand zu mir.








                                                       Eindrucksvolle Tiere!

Obwohl es sommerlich warm ist, blüht hier oben immer noch der Frühlingsstrauch Seidelbast!

                                                    Seidelbast

Hier verlasse ich den Dolomitenhöhenweg Nr. 6 endgültig und laufe ab jetzt auf dem Nr. 7 weiter. Zum Aufbruch am nächsten Morgen färbt die Sonne bereits die Berge.

                                          Im Sonnenaufgang

Während ich gestern Abend nur Widder gesehen hatte, begegnen mir jetzt zwei Schafrudel mit kleinen Lämmern.

                                      Muffelschaf mit Lamm

Durch Grasland und Schotter steige ich auf zu einem Grat dem ich über die Forcella della Lastra und den Col Mat lange folge. Die Route ist zwar nicht ganz einfach, dafür werde ich mit fantastischen Ausblicken über die Dolomiten in der klaren Morgenluft belohnt. 

                                          Ein klarer Morgen in den Dolomiten

                                         Morgenstimmung

                                Lange Zeit folge ich dem Grat

                                               Schneckenliebe

                                               Gratroute

                                            Blick zurück über den Grat

                                                 Herrliche Aussichten

Schließlich verlasse ich den Grat. Zunächst ist die Abstiegsroute in dem dicht bewachsenen Gelände schwierig zu verfolgen, wird dann aber zunehmend einfacher.

                                           Dicht bewachsene Steilhänge


                                       Gigantischer Regenwurm

Der Abstieg nach Soverzene im Piave Tal ist lang und heiß, glücklicherweise gelange ich irgendwann an eine Quelle wo ich mich endlich mal wieder satt trinken kann!
Im Tal angekommen verrät mir ein Spaziergänger, dass es zwar in Soverzene keinen Laden gibt, dafür aber sogar einen Lidl im Nachbarort Cima i Pra!
Lebensmittel in Italien sind ziemlich teuer, dagegen wartet der Lidl mit  fast deutschen Preisen auf.
Hier habe ich fast das südliche Ende der Alpen erreicht und wende mich jetzt Richtung Nordwesten. 

                          Lidl in Cima i Pra

Schwer bepackt mit neuen Vorräten lasse ich bald das dicht besiedelte Tal mit seiner verkehrsreichen Autobahn hinter mir und ächze mich im Schweiße meines Angesichts den megasteilen Talhang hoch. Bald habe ich das Gefühl, wieder einmal die Zivilisation hinter mir gelassen zu haben. Es wachsen in dieser niedrigen Höhe sogar Eichen und es wimmelt von Schmetterlingen. 

                                    Auf den niedrigen Hängen wachsen Eichen

                                             Widderchen besucht Blüte

Da das Wetter stabil ist, baue ich mein Zelt nicht auf, sondern schlafe unter freiem Himmel. Bei meinem Lager sehe ich zunächst eine Gämse, sehr unerwartet in dieser niedrigen Höhe, dann sehe ich eine fette, schwarze Schlange vorbeischlängeln...

                                      Übernachtung unter freiem Himmel























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