In der Nacht herrscht lange Zeit ziemlicher Lärm bei Guido und Ricky. Der Krach nervt, ansonsten denken wir uns nichts weiter dabei. Doch am nächsten Morgens sehen wir die Bescherung: So wie es mir im Madidi Nationalpark erging, wurden das Zelt unserer Begleiter in der Nacht von Blattschneiderameisen attackiert, die große Löcher in das Material gefressen haben...
Wir wollen unbedingt vor dem Erwachen der Bienen aufbrechen, schaffen das aber nicht ganz...
Um so froher sind wir, als wir dem Terror der Schweißbienen endlich entronnen sind. Dies war das schlimmste Lager bislang!
Auch Silvia hat sich von den gestrigen Strapazen gut erholt, daher erreichen wir ohne Probleme den Rand des Plateaus, den ich ja gestern schon erkundet hatte.
Der Rand des Huanchaca Plateaus
An dem Bach, den ich gestern entdeckt hatte, schlagen wir unser Lager auf. Hier weht stets eine leichte Brise, daher gibt es keine uns peinigenden Insekten. Was für eine Wohltat! In dem tiefen Pool ganz in der Nähe kann man sogar schwimmen. Wenn ich jetzt schon wüsste, wer hier wahrscheinlich wohnt, würde ich mir das aber zweimal überlegen...
Ich hatte Guido bereits gestern vorgeschlagen, an dem fischreichen Bach im Regenwald zu warten, während Silvia und ich alleine für einige Tage das Plateau erkunden. Dies hatte der Führer zwar zunächst aus Pflichtgefühl abgelehnt, als wir unser Lager erreicht haben, stimmt er allerdings diesem Vorschlag zu. Wahrscheinlich nicht zuletzt, weil die Beiden nicht genug Essen dabei haben, und daher auf die Fischbeute angewiesen sind...
Nachmittags unternehmen Silvia und ich eine Wanderung um die Umgebung des Lagers zu erkunden. Zwar zeigt der verkohlte Boden, dass hier überall vor kurzem Brände gewütet haben, aber jetzt ist die Landschaft schon wieder von einem grün- samtenen Teppich aus frischem Gras überzogen.
Frisches Gras verheißt neues Leben auf den Brandflächen
In vielen Senken fließen kleine Bäche die von Palmen gesäumt werden. Zwar sind auch hier die Feuer nicht spurlos vorüber gezogen, aber es scheint, als könnten sich die angekokelten Palmen wieder erholen.
Palmen säumen die Bachläufe
Neues Grün nach den Bränden
Auf dem abgebrochenen Stamm einer Palme beobachten wir längere Zeit ein Paar Gelb- Blauer Aras, die hier offenbar ihren Nistplatz haben. Die großen Papageien sind überhaupt nicht scheu, und lassen sich aus relativ großer Nähe fotografieren.
Die Aras nisten gerne in abgebrochenen Palmen
Die Landschaft ist ziemlich abwechslungsreich, neben den weiten, grünen Grasflächen gibt es auch dichte Waldinseln und savannenartiges Buschland. Hier entdecken wir ein kleines Rudel von vier Pampashirschen. Zunächst schleichen wir uns ziemlich vorsichtig an, aber auch die Hirsche benehmen sich keineswegs scheu und so können wir sie bei kleinen Rangeleien und dem Fegen des Geweihs beobachten. In einem großen Teil ihres Verbreitungsgebietes in Südamerika ist diese Wildart sehr selten geworden, vor allem weil immer mehr Flächen für den Sojaanbau genutzt werden. Wie viele andere, hauptsächlich in Brasilien vorkommende Tierarten haben sie hier auf dem Plateau ein großes, geschütztes Territorium gefunden.
Pampashirsche
Zurück im Lager machen wir uns rasch daran, Nudeln zu kochen und verpassen dabei beinahe den fantastischen Sonnenuntergang über dem Plateau.
Unsere beiden Begleiter sind am nächsten Morgen schon seit einiger Zeit aufgebrochen, als wir Ricky erspähen, der rufend auf uns zu läuft. Zunächst verstehen wir nicht, was er möchte, aber dann wird klar, dass er und Guido einen Tapir entdeckt haben, den sie uns zeigen möchten. Wir lassen alles stehen und liegen und folgen unserem jungen Freund so schnell wie möglich. Dann sehen wir auch Guido, der mit seinen Händen auf einen Pool im Bach deutet. Als wir näher hinsehen, entdecken wir den Tapir, der dort tatsächlich im glasklaren Wasser taucht!
Nach einiger Zeit kommt er wieder an die Oberfläche, schwimmt zum Bachrand und entfernt sich erst gemächlich, dann in flotterem Trab, um schließlich doch noch einmal stehen zu bleiben.
Ein tolles Erlebnis! Der Flachlandtapir ist das größte Säugetier Südamerikas und kann mehr als eine Vierteltonne wiegen! Die glatte Haut und wenig elegante Gestalt erinnern ein wenig an ein Flusspferd, welches aber viel größer ist. Im Madidi Nationalpark war ja ein Tapir nachts in mein Lager gekommen und auch am Kuyuwini in Guyana hatte ich die Tiere schon gesehen. Allerdings hatte ich bisher angenommen, dass Tapire den dichten Wald als Lebensraum brauchen. Um so erstaunter bin ich, einen Tapir hier im offenen Grasland zu sehen!
Der Tapir taucht auf
Faszinierende Begegnung mit einem Flachlandtapir
Wir haben fünf Tage Zeit um auf einer Rundwanderung das Plateau zu erkunden, daher bauen wir schon bald das Zelt ab, und brechen auf.
Wildpfade erlauben oft rasches Vorankommen
Die heißen Felsen werden von großen Agamen bewohnt
Es gibt hier aber auch größerer Reptilien. So schlängelt sich einmal eine recht große Schlange davon, auf die ich zwischen den Felsen fast getreten wäre...
Leider ist es stets etwas dunstig
Unsere Hoffnung, dass auch die weiteren Lager so schön frei von Insekten sind, wie das Erste, erfüllt sich leider nicht. Auch auf dem Plateau schlagen die Schweissbienen erbarmungslos zu, wenn der Wind nicht weht.
So zieht Silvia sich oft schon in den Schutz des Moskitonetzes zurück, während ich noch ein wenig umherwandere.
Papagei
Nachdem wir am Morgen in einem Pool geschwommen haben, stellt Silvia fest, dass sie ihre Uhr dort liegen gelassen hat. Rasch eile ich zurück und finde das Utensil auch. Als ich zurück laufe, begegnet mir dann noch einmal ein Tapir, aber leider habe ich die Kamera bei Silvia gelassen...
Bereits recht früh am Morgen verfärbt sich der Himmel dunkel und es herrscht eine schwüle, merkwürdige Stimmung. Allerdings dauert es nicht lange, und der Wolkenbruch beginnt. In kürzester Zeit sind wir bis auf den letzten Pfaden durchnässt und schlagen schließlich das Zelt auf, um das Ende des Unwetters abzuwarten. Das lässt dann zwar nicht lange auf sich dauern, aber leider klart die Atmosphäre nicht mehr wirklich auf.
Nach dem Regen
Auf unserer Wanderung sehen wir einige Male Karakaras, hübsche Greifvögel, die meist am Boden jagen.
Sonnenuntergang
Immer wieder stoßen wir an den Bachläufen auf herrliche Aufweitungen. Diese Pools nutzen wir nicht nur zum Baden, sondern bleiben immer wieder eine Zeit lang still sitzen um dort Tiere zu beobachten und zu fotografieren. Allerdings zwingen uns die Bienen immer nach einer gewissen Zeit wieder zum Aufbruch. Wir würden hier ein Vermögen für ein Kopfnetz ausgeben!
Die Pools bieten Tierbeobachtungsmöglichkeiten
Kolibri
Ein Kormoran trocknet seine Flügel
Trinkender Schmetterling
Während über Tag das Licht meist grell und wenig zum Fotografieren geeignet ist, sind die Abendstimmungen oft traumhaft.
Abendstimmung
Während vor allem ich bisher in den Pools ziemlich bedenkenlos gebadet habe, zeigt uns ein unheimliches Erlebnis, dass das vielleicht doch keine so gute Idee ist...
Wir machen Pause auf den Felsplatten unmittelbar neben einem nicht einmal Meter breiten Bächlein, aus dem ich zuvor unsere Wasserflaschen aufgefüllt hatte. Aus dem Augenwinkel nehme ich etwas im Wasser wahr und sehe noch einmal genauer hin. Irgendetwas hat sich dort versteckt. Dann wird mir klar, dass eine große Schlange dort halb unter den Steinen verborgen liegt, nicht einmal einen Meter von dort entfernt, wo ich die Flaschen gefüllt hatte...
Offenbar ist das Reptil neugierig und entfernt sich etwas aus der Deckung, scheinbar um uns genauer zu betrachten. Erst nach und nach sehen wir, dass es sich bei der Riesenschlange um eine 5-6 Meter lange, oberschenkeldicke, kupfer- schwarze Anakonda handelt, die größte Würgeschlange der Welt!
Diese Schlangen jagen bevorzugt vom Wasser aus, wie rasend schnell sie sein können, hatte ich schon in Guyana erlebt...
Für die Anakonda wäre es ein Leichtes gewesen, mich zu attackieren. Wahrscheinlich erschien ich ihr nur etwas zu groß, weshalb mir das erspart geblieben ist...
Einige kleine Fische, die unmittelbar neben ihrem Kopf vorbei schwimmen, würdigt sie keines Blickes...
Minutenlang mustert uns die Schlange, leider können wir dabei kaum ihren ganzen Körper sehen, weshalb mir nur einige Bilder ihres Kopfes gelingen. Schließlich zieht sie sich in die perfekte Tarnung unter dem Grün der Ufersteine zurück.
Ein tolles, aber auch unheimliches Erlebnis, ich glaube von jetzt an, überlege ich mir die Sache mit dem Baden noch mal...
Unheimliche Begegnung mit einer Anakonda
Am letzten Tag wollen wir zurück zu unserem ersten Lager auf dem Plateau. Dabei müssen wir auch große Flächen von niedrigem Buschwald und Waldinseln durchqueren. Da das Durchqueren solcher Wälder mühselig ist, und den Einsatz der Machete erfordert, umgehen wir einen solchen, großen Waldbestand weiträumig, was ziemlich viel Zeit erfordert.
Waldinsel
Blöderweise sind wir schon lange nicht mehr auf einen Bach gestoßen, daher gehen unsere Wasservorräte zur Neige. Da ich erfahrungsgemäß mit Durst recht gut klar komme, überlasse ich meiner Begleiterin das restliche Wasser. Wir sind dann aber froh, als wir endlich wieder das weite, gut zu begehende Grasland erreichen.
Schnelles Vorankommen im Grasland
Nach ca. 21 Kilometern, die wir heute zurück gelegt haben, erreichen wir schließlich unseren ersten Lagerplatz. Morgen wollen wir uns mit Guido und Ricky wieder treffen, weshalb es Abschied nehmen von der großartigen Einsamkeit des Huanchaca Plateaus heißt.
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