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02.11.2016

Via Dinarica - 1300 Kilometer durch die Berge des Balkan 5/ Kroatien/ Bijele Stijene




Als ich morgens wieder aufbreche, liegt noch leichter Dunst über den weiten Wiesen, es scheint ein schöner Tag zu werden! Bereits in aller Frühe höre ich einen Schuss und sehe ein Auto langsam die Täler abfahren. Jäger? Wilderer?



Noch liegt etwas Dunst über den Tälern



Nach 2,5 Kilometern taucht der Fahrweg in den Wald ein, der hier überwiegend aus hohen Fichten und Tannen besteht. Der Weg ist zwar nicht besonders spannend, dafür komme ich schnell voran, was später, als ich auf interessante Pfade gelange, nicht mehr der Fall ist...


                       Die Sonne setzt sich durch

Ich komme an einem großen Blockhaus vorbei, wahrscheinlich gehört das Anwesen einem kroatischen Wanderverein. Das Gebäude ist verschlossen und niemand kann mir Auskunft geben.

                         Das Domizil eines Wandervereins?

Kurz danach biegt ein Pfad nach rechts ab. Den ganzen Rest des Tages werde ich auf absolut traumhaften, schmalen Wegen durch eine wilde Landschaft aus märchenhaftem Wald mit unzähligen, oft bizarr geformten weißen Felsen unterwegs sein! Obwohl einige Markierungen darauf hinweisen, dass die Gegend schon mal Wanderer sieht, sind die Pfade keineswegs ausgetreten. Das Vorankommen ist aufgrund der dichten Vegetation und dem unwegsamen Felsterrain sehr langsam.

                               Märchenhafter Wald

                         Ja, das ist der Weg...





















                                 Mächtige Ahorne

Mit ein wenig Klettern gelange ich auf die Felsgruppe Samarske Stijene. (1301 m). Nach allen Richtungen erstrecken sich Wald und  fantastische, schneeweißen Felsen. Eine Kulisse wie aus einem Winnetou Film! Zwar sind die Berge hier nicht sehr hoch, aber das wilde Felsterrain bietet einen der schwierigsten Abschnitte der Via Dinarica! Der Vihoraski put genannte Pfad, der die Felsgruppen Samarske und Bijele Stijene verbindet, ist unheimlich schön, aber auch anstrengend und fordernd. Man sollte trittsicher in felsigem, dicht bewachsenen Terrain sein und leichtes Klettern mögen, dann kann man diesen etwa 4 Stunden erfordernden Abschnitt der Via Dinarica richtig genießen!


                                    Samarske Stijene

Als ich nach dem Abstecher zur Spitze der Felsen zurück zum Pfad gelange, treffe ich zu meiner Überraschung zwei junge Kroatinnen aus Varazdin. Sie waren gestern auf dem Risnjak und haben in der Hütte von Tuk übernachtet. Inklusive Frühstück mussten sie dafür 20 Euro bezahlen.
Ein abfliegender Schwarzspecht passt perfekt zu dem urwaldartigem Wald, durch den ich laufe. Gegen Mittag erreiche ich eine Abzweigung. Ein Schild verrät, dass es zu der Hütte Ratkovo Skloniste geht. Diese will ich mir anschauen und bin  überrascht, wie schön die Skloniste in einen Felsüberhang integriert wurde! Aber natürlich ist es für mich noch zu früh zum Hierbleiben, obwohl die Umgebung wirklich toll ist.



                                      Ratkovo Skloniste

Nach meiner Mittagsschokolode laufe ich stundenlang weiter einsam durch das wilde Terrain Richtung Bijele Stijene. Häufig passiere ich tiefe Löcher und weite, üppig bewachsene, kreisrunde Dolinen, wo die Erosion das Kalkgestein ausgehöhlt hat, um diese Einsenkungen zu schaffen. Zwar sind die Berge nicht sehr hoch  dennoch kommen bei ständigem Auf- und Ab viele Höhenmeter zusammen.














                   Unterwegs zur Bijele Stijene

Das Felslabyrinth wird immer bizarrer und irgendwann passiere ich einen klettersteigartigen Abschnitt, der über Stahlleitern und entlang von mit Seilen abgesicherten Stellen führt.












                                      Klettersteigartiger Abschnitt

Am Gipfel des Ljuska liegt ein Gipfelbuch aus und kurz danach treffe ich drei kroatische Wanderer. Ich frage sie nach den Schwierigkeiten der weiteren Route und erfahre, dass sie gerade das steilste Stück bewältigt haben. Für mich geht es einige Meter fast senkrecht abwärts, aber kein wirkliches Problem.
Nach den Felsstücken gelange ich an einen tollen Zeltplatz mit grünem Gras inmitten der krassen Erosionsformen. Hier in dem streng geschützten Reservat ist das Zelten zwar nicht erlaubt, wird aber offenbar regelmäßig praktiziert.
Es hat sich jetzt bewölkt und ich kann mir vorstellen, dass ein Gewitter aufzieht...


                            Krabbeln unter riesigen Baumstämmen




                                           Krasse Erosionsformen

Die Hütte Bijele Stijene hat aber auch einen einfacheren Zugang, daher treffe ich in der Umgebung einige Wanderer. Dennoch entdecke ich Edelweiss, mitten auf dem Pfad!


                                   Edelweiss

Zu meiner Überraschung wimmelt es an der Hütte Bijele Stijene von jungen Leuten. Ich erfahre, dass sie zu einem Bergklub aus Zagreb gehören und über das Wochenende Reparaturen an der Hütte vorgenommen haben.


                       Kuca Bijele Stijene

Eine gut deutsch sprechende Frau erklärt mir die Unterschiede der einzelnen Hüttenformen in Kroatien: Ein Dom ist eine bewirtschaftete Herberge, die in der Regel im Sommer immer geöffnet ist. Eine Kuca, wie diese, ist dagegen nur am Wochenende auf und die Übernachtung kostet ca. 9 Euro. Dagegen bezeichnet man als Skloniste einfache Hütten, in denen kostenlos geschlafen werden kann.
Als ich nach Wasser frage, erfahre ich, dass ein Stück abseits ein Brunnen liegt. Den zugehörigen Eimer lässt man an einem Seil herab und kann so seine Wasservorräte auffüllen.




        Ich fülle meine Wasservorräte aus dem Brunnen auf

Fünf Minuten weiter gelange ich an die Skloniste, die stets geöffnet ist und recht gemütlich wirkt.


                       Skloniste an der Bijele Stijene

Da die Wolken inzwischen wieder abgezogen sind, gehe ich noch ein Stück weiter abwärts durch schönen Buchenwald, bis ich schließlich mein Lager aufschlage. Heute war wieder ein fantastischer Tag! Allerdings habe ich manchmal leichte Kopfschmerzen. Da ich ja nur selten an eine Wasserstelle komme, muss ich mit meinen Vorräten stark haushalten und trinke zu wenig. Das ist sicher der Grund für die Kopfschmerzen!


                            Lager im Buchenwald

Nach einer milden Nacht geht es zunächst auf gut sichtbarem Pfad weiter durch den wilden Wald.


                       In diesem Terrain ist man sehr langsam

Als die Sonne eine Waldwiese beleuchtet, kann ich Schmetterlinge und Schwebfliegen bei bestem Licht schön fotografieren.



Schwebfliegen an Distel




















Distelfalter

Tagpfauenauge

                                      Farbtupfer im Morgenlicht

Irgendwann stoße ich auf den ersten festen Weg seit 24 Stunden! Aber auch danach folgt der hier Kapela Mountain Trail genannte Weg keineswegs durchgehend den Forstraßen. Immer wieder geht es über pfadartige, oft überwachsene Abschnitte. Manchmal ist gar kein Weg mehr zu sehen, aber verstreute Markierungen. Mein GPS erweist sich als fast unersetzlich um auf Kurs zu bleiben...
An einer Straße gelange ich an die große, nicht einladende Stalak Kuca, ein Teil eines ehemaligen Forstgebäudes. Kurz danach höre ich laute Geräusche und gelange dann an den Ort des Geschehens. Der schöne Pfad wird hier zu einer breiten Forststraße ausgebaut!


              Schade, der schöne Pfad wird zu einer Forststraße

Der Wald hier liegt in keinem Schutzgebiet. Wo bisher das schwierige Gelände dafür sorgte, dass zu weiten Teilen urwaldartige Bestände erhalten blieben, scheint seit einigen Jahren die forstliche Erschließung zu laufen. Manchmal wandere ich auch durch Gebiete, in denen vor kurzem Holz geschlagen wurde. Überall sieht man dann breite, von Maschinen zerfurchte Rückewege und häufig sind die meisten dicken Bäume verschwunden. Wirklich schade, da es ansonsten so wilde Wälder in Europa kaum noch gibt. Hier wäre ein großflächiger Nationalpark angebracht!
Gegen 13:30 erreiche ich Duliba Skloniste. Muffig und heruntergekommen möchte man hier nicht übernachten! Allerdings gibt es vor der Hütte eine Zisterne, aus der ich Wasser schöpfen möchte. Leider gibt es weder Eimer noch Seil...
Glücklicherweise habe ich etwas Reepschnur dabei und in der Hütte entdecke ich zwar keinen Eimer, aber einen Topf. Beim heraufziehen des Topfes aus dem Schacht verliere ich zwar stets den größten Teil des Wassers, aber schließlich habe ich es geschafft, meine 5 Plastikflaschen und den 2,5 l Platyphusbeutel aufzufüllen. Damit habe ich wieder meine üblichen 4,5 Liter, von denen ich weiß, dass sie mir 24 Stunden reichen....



           Duliba Skloniste ist ziemlich heruntergekommen

Etwa eine Stunde später erreiche ich auf einem schönen, aber sehr zugewachsenen Pfad die Felsgruppe Kolovratske Stijene. Zwar weniger spektakulär als die Felsen, die ich gestern besucht habe, dafür sehr einsam und mit tollem Blick über die Waldberge bis zum Meer. Die höheren Gipfel des Velebit kommen zum ersten Mal in Sicht. Es gibt wie immer in Kroatien auch ein Gipfelbuch. Bereits mehr als zwei Wochen ist es her, dass jemand sich eingetragen hat!



                        Kolovratske Stijene

Der Abstieg ist zwar nicht allzu steil, dafür reicht mir der dichte Bewuchs manchmal bis über den Kopf...
Weiterhin wechseln sich schwierige, überwucherte Abschnitte mit Forstwegen ab, auf denen ich schnell voran komme. Eigentlich mag ich so breite Wege überhaupt nicht zum Wandern. Aber hier bieten sie willkommene Atempausen...
Als ich gegen 17:30 dabei bin mein Zelt aufzuschlagen, kommt ein Baummarder, dessen gelbe Kehle ihn deutlich von dem häufigeren Steinmarder unterscheidet, nur 30 Meter von mir entfernt vorbei. Unmittelbar darauf knacken Äste und ein weibliches Stück Rotwild zieht ebenfalls ganz in der Nähe vorbei!
Als ich später an einen Baumstamm gelehnt sitze, beobachte ich einen Schwarzspecht. Leider ist er für ein gutes Foto zu weit entfernt!
Ein weiterer toller, teilweise schwieriger Wandertag neigt sich dem Ende zu. Ich bin begeistert davon, diesen wilden Wald zu durchstreifen!


                 Hier besuchen mich Rotwild und Baummarder








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