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26.11.2023

Auf dem Desert Trail durch die Wüsten der USA 12, Dyer - Tonopah

 



3,5 Tage, 95 Kilometer, 2900 Höhenmeter

Auf dieser Etappe überqueren wir steil emporragende Bergketten, wo es noch erstaunlich viel Schnee gibt. Wir überschreiten den mit über 2800 Meter höchsten Punkt des Desert Trails, bewundern farbige Vulkanberge, entdecken eine Pfeilspitze, die von der langen indianischen Besiedlung dieses abweisenden Landes kündet, baden in einer heißen Quelle und erfahren amerikanische Gastfreundschaft.

Nachdem wir uns jeweils dreieinhalb Liter Wasser abgefüllt haben, stehen wir um 13 Uhr in Dyer an der Straße und wollen zurück in die Wüste trampen. Das dies ein sehr freundlicher Ort ist, merken wir daran, dass eine Frau bei uns hält, die zwar gerade beschäftigt ist, aber anbietet uns später mitzunehmen! Außerdem fragt uns ein Mann, der offenbar auf dem nahegelegenen Campingplatz arbeitet, ob er uns helfen kann. Gegen 14:30 steigen wir dann tatsächlich bei Cindy ein, einer Schulsekretärin um die 50, die uns einfach so die 56 Kilometer zurück zum Desert Trail fährt, obwohl sie dort gar nichts zu tun hat! Sie ist früher selber viel gelaufen, und bestätigt uns, dass Dyer ein guter Ort zum Leben ist, eine kleine Gemeinschaft, die offenbar gut zusammenhält. 

Direkt an der Straße gibt es eine Kuhtränke mit Schlaucheinlauf, aus dem wir jeder erst einmal einen Liter Wasser trinken, bevor wir weiterlaufen. Eine weite Ebene überqueren wir auf Kuhpfaden, streckenweise läuft eine 20-köpfige Rinderherde vor uns, sogar einige Kälber sind dabei. Der Himmel ist für die Wüste ungewöhnlich grau und entfernt gehen  Regenschauer nieder. Erst als wir den Beginn der nächsten Gebirgskette erreichen, schlagen wir unser Lager in einem Trockenbett auf. In der Nacht regnet es stetig, wenn auch nicht allzu kräftig. Gegen Morgen klart es auf, es wird kalt und unsere Zelte gefrieren! Querfeldein laufen wir zu einer alten Fahrspur, der wir dann stetig aufwärts folgen. Schon bald gelangen wir auf eine dünne Neuschneedecke. Verschneite Kakteen und Joshua Trees, was für ein bizarrer Anblick! Bald hüllt uns dichter Nebel ein, was das Vorankommen nicht gerade erleichtert, als wir den Weg verlassen, und durch das nicht zu steil ansteigende Gelände weiterlaufen. Hier in der Kiefern- Wacholder Zone ist es so kalt, dass wir Handschuhe und unsere Jacken tragen. Auf 2300 Meter Höhe folgen wir eine Zeit lang dem Grat und gelangen schließlich in einem Wash zurück in tiefere Lagen, was auch bedeutet, dass wir den Schnee hinter uns lassen. Hier wachsen wieder Joshua Trees und voraus erhebt sich die steile Felsmauer des Sheep Mountain. Gegen 11:30 erreichen wir den großen Teich der Big Spring, wo es von Fröschen wimmelt, die vom Ufer in das Gewässer springen, als wir uns nähern. Wir müssen unser Wasser nicht aus dem Teich auffüllen, denn ein Stück oberhalb entdecken wir einen Schlauch, aus dem das Wasser sprudelt. Obwohl es noch nach Regen aussieht, tröpfelt es nur ein wenig. Wir folgen ein Stück einem Fahrweg und laufen dann weglos in einen Canyon, der im dunklen Vulkangestein bald eng und steil wird. Das Vorankommen ist schwierig und langsam, aber schließlich haben wir bei 2300 Meter wieder einen Kamm erreicht, dem wir eine Zeit lang weiter folgen, wobei wir schöne Aussichten über die schneebedeckte Sierra Nevada und den Piper Peak erhalten, unser nächstes Ziel. Wir wandern dann eine ganze Zeit lang über eine weite Hochebene und steigen schließlich recht steil ab. Wie immer ist es uns wichtig, einen geschützten Lagerplatz zu finden, und wir entdecken schließlich einen Traumplatz zwischen hohen Felsen und großen Wacholdern. Da es hier auf 2200 Meter Höhe wieder windig und kalt ist, ist es für uns Gold wert, einen guten Platz gefunden zu haben. 

Auch in dieser Nacht friert es leicht, aber dann wandern wir in einen wunderschönen Morgen hinein, an dem sich die Schneeberge der Sierra klar aus dem blauen Himmel abheben. Schließlich gelangen wir auf einen Fahrweg, dem wir bis in die Nähe der McAfee Spring folgen. Hier sprudelt das Wasser üppig fließend aus einem Schlauch, so dass wir unseren Vorrat gut auffüllen können. Wir steigen dann in der mit dichtem Kiefernwald bewachsenen Schlucht ziemlich steil aufwärts, kommen aber recht gut voran. Anke entdeckt eine rot- schwarze Pfeilspitze aus vulkanischem Obsidiangestein. Bevor die ersten Weißen im 19- Jahrhundert hierherkamen, durchstreiften nomadische Paiute Indianer die Berge und Wüsten Nevadas. Eine ihre wichtigsten Nahrungsquellen waren die Samen der Pinyon Kiefern, aber auch die Jagd auf Wildschafe und Gabelböcke hatte große Bedeutung. Wann wohl ein Jäger die Pfeilspitze verloren hatte?

Schließlich verlassen wir die Schlucht und wandern nicht zu steil weiter aufwärts durch teilweise über zwei Meter hohen Sagebrush. 

Bereits um 11 Uhr erreichen wir den felsigen Gipfel des Piper Peak. Mit 2856 Metern ist das der höchste Punkt des Desert Trail! Der Blick schweift weit über ein vulkanisches Plateau, auf dem es sogar einen kleinen Schmelzwassersee gibt, zu den schneebedeckten Bergen der Sierra Nevada und den höheren Bergketten Nevadas. Es gibt sogar ein Gipfelbuch von 1986, in dem wir aber keinen unserer Vorgänger auf dem Desert Trail entdecken. Zumindest wir tragen uns aber ein!

Der Abstieg führt uns zunächst durch zerklüftetes Vulkangestein, bis wir auf einen steilen Schneehang gelangen. Glücklicherweise ist der Schnee so weich, dass es trotz der Steilheit des Geländes nicht gefährlich ist, den Hang hinabzugleiten. Als der Hang dann in eine steile Rinne mündet, wird das Vorankommen im weichen Schnee, in dem wir häufig in tiefe Löcher einbrechen, ziemlich mühsam, vor allem, da wir jetzt häufig umgefallene Kiefern umgehen müssen. Hier auf der Nordseite, reicht die Schneedecke noch erstaunlich weit nach unten. Während der Mittagspause in der Sonne trocknen wir Schuhe und Socken. Auch als wir schließlich die weiße Pracht hinter uns lassen, ist das Vorankommen in der dicht bewachsenen Schlucht  ziemlich mühsam. An der Jeff Davis Spring gedeiht um die Quellaustritte saftig grüner Rasen. Anke findet glücklicherweise ein Stück Schlauch, mit dem wir das Wasser in unseren Beutel leiten können. Mit jeweils 3,5 Litern geht es dann weiter. Weiter unterhalb verengt sich der Canyon und wir müssen einen hohen Absturz auf der rechten Seite umgehen, was aber ziemlich einfach ist. Auch danach müssen wir noch einige Stufen kletternd bewältigen, die alle gut zu bewältigen sind, aber für willkommene Abwechslung beim Wandern sorgen. Später weitet sich die Schlucht, und wir genießen es in den Abend hinein zu laufen, zwischen hellen und braunen Bergen. Es ist hier viel wärmer als an den letzten Tagen, daher genießen wir es noch lange draußen zu sitzen, obwohl es hier erstaunlich viele kleine Mücken gibt. 

Am Morgen ist es windig und kalt, so dass wir mal wieder Handschuhe und gefütterte Jacken tragen. Der Sand des Trockenbetts ist so kompakt, dass wir regelrecht zu fliegen scheinen. Schon bald erreichen wir die weite Ebene des Fishlake Valley. Als wir bereits einige Wohnmobile sehen, die um die heiße Quelle herum geparkt sind, müssen wir noch eine schlammige Salzmarsch barfuß überqueren. An der Quelle gibt es  zwei große Teiche voller schwarzer Blesshühner und quakender Frösche. In einem kleinen Betonbecken, in den das heiße Wasser geleitet wird, sitzt bereits jetzt um 8:30 ein Mann zu dem wir uns gesellen. Die Temperatur ist perfekt und es ist eine wahre Wohltat, an dem noch recht kühlen Morgen, das warme Wasser zu genießen. Wir unterhalten uns gut mit John Johnson, dem Mann der schon vor uns in dem Becken war und er lädt uns schließlich sogar ein mit ihm zu frühstücken! Doch zuvor erscheint ein anderer Mann um die 70, der 1978 als Hippie nach Indien unterwegs war, und dabei unter anderem nach Kabul in Afghanistan gelangt war. John hat einen großen Trailer, und bereitet für uns Unmengen von Pfannkuchen zu. Er ist um die 50, arbeitet nach seiner Militärkarriere als Ausbilder bei dem Elektroauto Hersteller Tesla und hat eher liberale Ansichten, was uns sehr sympathisch ist. Als wir schon fast aufbrechen wollen, erscheint ein weiterer Mann, der hier aufräumt und sich dazu freiwillig engagiert. Er erklärt uns, dass die vermeintlich natürliche heiße Quelle eigentlich ein altes Ölbohrloch sei. Von Beruf ist er Geologe und erzählt uns von dem Bergbau Boom hier im westlichen Nevada. Dabei geht es in erster Linie um Gold und Lithium. Allerdings meint er, dass die Umweltauflagen so hoch seien, dass es wohl nur wenig schädliche Auswirkungen der neuen Minen geben wird. Ob das wohl stimmt? Es gäbe erstaunlich viel chinesischen Einfluss in den Bergbaufirmen und die Immobilienpreise hier seien durch den Boom extrem gestiegen. 

Als wir nach über drei Stunden schließlich weiterlaufen, geht es zunächst durch eine von Fahrspuren durchfurchte, weite Ebene. Entfernt ragt ein Bohrturm auf. Ganz sicher hat alleine schon die Suche nach neuen Rohstoffvorkommen durchaus große Auswirkungen auf die Landschaft. Wir gelangen in eine sehr trockene, wüstenhafte Schlucht, wo sich aber stellenweise Teppiche von kleinen, violetten Blumen zeigen. Schließlich erreichen wir einen Pass hinter dem wir über eine von grünen Sträuchern bedeckte Hochebene wandern. Wir überqueren eine Straße und wandern dann am Fuß einer bunten Bergkette entlang. Die Quelle, die sich dort befinden soll, erweist sich als fast trocken, glücklicherweise haben wir noch genug Wasser. Da es mal wieder sehr windig ist, benötigen wir dringend einen geschützten Platz. Aber der Wash, in dem wir schließlich unsere Zelte aufstellen, gewährt nur wenig Schutz, so dass wir uns Sorgen um unsere Nylonbehausungen machen. Mittlerweile sind unsere Schuhe so von Löchern übersät, dass ständig Sand in sie gerät, was das Wandern nicht gerade erleichtert. 

Als es später richtig dunkel ist, lässt der Wind glücklicherweise nach. Am nächsten Morgen erwartet uns ein toller Sonnenaufgang. Durch einen Canyon zwischen bunten Bergen steigen wir auf zu einem Pass und durchqueren anschließend eine weite Ebene. Wir beobachten eine Lerche aus der Nähe und sehen drei nicht scheue Gabelbockweibchen, die uns einige Male ziemlich nah herankommen lassen. 

Bereits um 8:30 Uhr sind wir an der Straße und befürchten, hier ziemlich lange stehen zu müssen, da in erster Linie LKW vorbeifahren, die erfahrungsgemäß Anhalter nur selten mitnehmen. Aber wir haben Glück, schon nach einer Stunde hält ein Tesla, und der 38-jährige Physiotherapeut Eric, nimmt uns 80 Kilometer weit bis zu der Kleinstadt Tonopah mit. Eric ist begeisterter Kletterer und will in der nächsten Zeit nach Bishop ziehen, einem Mekka für kletterbegeisterte, am Fuß der Sierra Nevada. 

Die Minenstadt Tonopah wirkt auf uns gleich sympathisch und wir werden in dem von uns gebuchtem Hotel freundlich aufgenommen. Da es jetzt bald Mittag ist, nutzen wir die Gelegenheit, das Buffet von Hometown Pizza aufzusuchen. Es gibt Salat satt und Softdrinks sind im Preis von nur 10 Dollar enthalten, ein Paradies für uns hungrige Wanderer!

Nachmittags  kleidet Anke sich dann aus einem Second Hand Store neu ein. Fleecejacke, Schuhe und T-Shirt für nur 10 Dollar! Erstaunlicherweise ist die Qualität der Sachen ziemlich gut, so dass meine Freundin die Sachen lange tragen kann. Zurück am Motel bietet uns eine Frau an, uns zu Supermarkt und Waschsalon zu fahren! Wir erfahren dabei, dass sie mit einem Mann verheiratet ist, der bei Probebohrungen zur Rohstoffsuche arbeitet, und 60 Tage lang 10-Stunden Schichten fährt, um dann 10 Tage am Stück frei zu haben. Wir kaufen Lebensmittel für 15 Tage ein, und waschen unsere Kleidung in einem Waschsalon. Dort unterhalten wir uns mit Burgess, der gerne läuft und davon träumt, nach Alaska zu gehen. 

Den Abend verbringen wir dann mit Eis und Chips auf unserem Zimmer. 


Wir finden eine Pfeilspitze


Zurück in die Wüste

Ein nebliger Morgen


Neuschnee









Blick zum Sheep Mountain


Big Spring


Ein klarer Morgen


McAfee Spring



Blick vom Piper Peak


Gipfelbuch von 1986

Abstieg vom Piper Peak





Anke braucht neue Schuhe...






Fishlake Valley



Durch die Salzmarsch

Fishlake Hot Spring


John lädt uns zum Frühstück ein




Im Sonnenaufgang unterwegs


Farbige Berge







Lerche


Die Gabelböcke zeigen wenig Scheu





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