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21.09.2013

Durch das wilde Karamoja 19 - Der Weg nach Kidepo

Später erscheinen Losike und Lochapp triumphierend: Sie haben einen Führer gefunden, der die Wasserstellen bis zum Mount Zulia kennt. Lodjang ist 27 und zog bis vor drei Jahren mit seinem Vieh durch den Busch. Wie die anderen beiden verlor auch er seine Kühe bei einem Überfall und versucht sich seitdem in Kaabong irgendwie über Wasser zu halten. Er spricht kein Englisch, daher wollen wir Losike weiter bei uns behalten. Aber auch Lochapp will mit uns kommen, allerdings ohne Bezahlung.
Ich nutze die Gelegenheit mein zerrissenes Hemd für wenig Geld bei einem Straßenschneider flicken zu lassen und wir hauen uns in einem kleinen Restaurant den Bauch mit gutem, günstigem afrikanischen Essen voll.
Da die Route zum Mount Zulia im 15 Kilometer entfernten Kathile startet, gehen wir am Morgen zum Treffpunkt der Mopedfahrer und "chartern"4 der Boda- Bodas.

                                                  Boda- Bodas



Losike und Lochapp haben ihre Köpfe frisch rasieren lassen, und einen Teil ihres gestern für den ersten Abschnitt erhaltenen Lohns gleich in neue Kleidungsstücke investiert. Bevor wir wieder richtig anfangen zu wandern, gibt es noch einmal am Ortsende eine für uns erst rätselhaft erscheinende Zwangspause. Unsere Leute wollen sich bei einer Hütte "African Tea" besorgen. Dabei handelt es sich natürlich nicht um Tee, sondern um Hirseschnaps...

Heute folgen wir meist Pfaden in das Bergland um den Mount Morungole der bis auf knapp 3000 Meter aufragt.

                                          Mount Morungole

Lodjang scheint sich doch nicht so gut auszukennen und wirkt ziemlich unsicher, was die Wasserstellen angeht. Daher beschließen wir schon beizeiten ein Lager unterhalb eines frei stehenden Hügels aufzuschlagen. Losike und Lodjang bieten an zum Wasser holen in das noch recht weit entfernte Dorf Usake zu gehen. Gabriel und ich ziehen es vor am Lager zu bleiben, da es in Usake einen Militärposten gibt, und wir nicht mehr Aufmerksamkeit als notwendig wecken wollen.

Ab 18 Uhr begeben wir uns zum Fotografieren auf den Hügel und werden nicht enttäuscht. Die Aussichten über Berge und Buschland sind grandios!


                         Faszinierende Aussichten 

Die Gegend um den Morungole erhält etwas mehr Niederschlag, daher ist es auch kein Wunder, dass an den Berghängen die Felder durch Brandrodung vorbereitet werden. Dabei ist der Fortbestand des Waldes entscheidend für die Wasserversorgung der Region...



             Brandrodung an den Hängen des Mt. Morungole

An meinen Händen haben sich seit kurzem riesige, furchterregende Wasserblasen gebildet. Merkwürdigerweise habe ich mir die Hände in der Sonne verbrannt, so etwas hatte ich noch nie!

Möglicherweise hat mich das Doxicyclin, dass ich zur Malariaprophylaxe verwende, lichtempfindlicher gemacht...
Zu unserer Überraschung gelangen wir am nächsten Morgen bald an einen plätschernden Bach mit frischem Wasser, von dem uns Lodjang nichts erzählt hatte.

                                               Ein unverhoffter Bach

Von der ehemaligen Piste der wir eine Zeit lang gefolgt waren, ist bald fast nichts mehr zu erkennen und häufig müssen wir uns durch übermannshohes Gras kämpfen. Lochapp, dem alten Zündler geht das so sehr auf die Nerven, dass er wiederholt das knochentrockene Gras ansteckt, bevor ich ihn darum bitte das zu lassen. Während wir schon seit längerem Brandgeruch in der Nase hatten, gelangen wir schließlich an ein Buschfeuer, dass sich durch das Gras frisst. Mir ist nicht recht wohl dabei, aber wollen wir keinen größeren Umweg machen, müssen wir an einer Stelle unmittelbar an den Flammen vorbei laufen. Na ja, das Feuer scheint ganz gut kalkulierbar zu sein, denn für unsere Begleiter ist der Marsch in die Flammen offenbar keine größere Sache.


                    Wir müssen durch ein Buschfeuer laufen

Die verbrannte Landschaft ist natürlich erheblich einfacher zu durchqueren und der Kontrast zwischen üppiger Vegetation und vom Feuer durchwalzten Flächen ist frappierend.


                                        Im Brandgebiet

Schließlich liegen die Brandflächen hinter uns. Zu Lodjangs Erstaunen wird die Gegend offenbar seit Jahren nicht mehr beweidet, daher lösen sich die Pfade allmählich auf, und wir suchen uns weitgehend unseren eigenen Weg durch die dichte Vegetation. Gegen Mittag öffnet sich der Blick über eine weite Ebene bis zu den Bergen an der Grenze des Südsudans, unserem Ziel.

Zu meiner großen Freude stoßen wir auch endlich wieder auf Büffelfährten. Es scheint hier also noch großes Wild zu geben! Wir überqueren einen versumpften Bachlauf. Im Nachhinein bedauere ich es sehr, dass wir dort kein Lager aufgeschlagen haben, von dem aus wir die weitere Gegend hätten erkunden können. Doch wir wollen heute Pirre erreichen, einen abgelegenen Rangerposten an der Grenze des Kidepo Valley Nationalparks. Wir gehen davon aus, dass wie versprochen die Wildschutzbehörde in Moroto die Verwaltung von Kidepo über unser Erscheinen informiert hat.
Doch zunächst scheint es, als ob wir den Posten nicht finden werden. Lodjang unser "Führer" scheint sich hier überhaupt nicht auszukennen. Die Anzeichen von Wildtieren, Büffelwechsel und auch Elefantenfährten werden immer häufiger. Zahlreiche von Büschen dicht bewachsene, tief eingeschnittenen Trockentäler müssen von uns durchquert werden.

        Im dichten Busch an der Grenze von Kidepo

Doch wir haben Glück, irgendwann stoßen wir auf einen Pfad dem wir folgen und der uns schließlich zu dem Posten der Wildhüter bringt. Pirre besteht aus 5 wellblechgedeckten Hütten und wurde erst 2004 errichtet. Fünf Ranger sind hier stationiert. Natürlich sind sie sehr überrascht über unser Erscheinen, denn noch nie zuvor haben sie auf diese Weise Besuch erhalten! Leider waren sie auch nicht über Funk von unserem Eintreffen unterrichtet worden. Die Wildhüter sind freundlich, raten aber davon ab weiter zum Mount Zulia an der südsudanesischen Grenze zu laufen. Toposa Nomaden aus dem Nachbarland würden dort ihr Vieh weiden. Nebenbei würden sie sich auch als Wilderer betätigen. Zwar habe es auch schon etliche bewaffnete Zusammenstöße mit Rangern und Soldaten gegeben, dennoch würde es sogar das ugandische Militär vermeiden in die Grenzregion zu gehen. Wenn wir dorthin gehen wollen, wäre dies nur mit einer massiven Militäreskorte möglich. Na ja, wir wollen wandern und friedlich Land und Leute erkunden, aber keinen Krieg anzetteln, daher kommt dieses Angebot für mich auf keinen Fall in Frage. Bis vor drei Jahren hätten die Toposa auch in der Umgebung von Pirre geweidet. Seitdem sie von dort vertrieben wurden, sei das Wild zurückgekehrt erzählen die Ranger. Die Wildhüter können uns keine Erlaubnis geben weiter Richtung Mount Zulia oder in den Kidepo Valley Nationalpark hinein zu wandern geben, daher versuchen sie über Funk den Leiter des Nationalparks zu erreichen. Schließlich gelingt es den Kontakt herzustellen und der Chief Warden wird noch heute einen Geländewagen schicken, da er uns persönlich sprechen will.
Erst nach Einbruch der Dunkelheit trifft das Fahrzeug ein, und wir werden von Lesley, dem agilen Tourismuschef des Parks begrüßt. Während der Fahrt versuchen wir ihn davon zu überzeugen, dass es für den Nationalpark von Nutzen sein könnte, wenn uns die Erlaubnis für die Durchquerung zu Fuß erteilt werden würde. In anderen Nationalparks Afrikas werden sogenannte Walking Safaris durchgeführt, auf denen Gäste in Rangerbegleitung durch den Busch wandern. Dieses Konzept gibt es bisher in Uganda von den Bergen abgesehen noch nicht. Daher versuchen wir uns als eine Art von "Pionieren" für diese neue Art des Tourismus darzustellen. Es wirkt so, als hätten wir Lesley nach einiger Zeit halbwegs überzeugt.
Während der Fahrt sehen wir eine Menge Nachtschwalben auf der Piste, viele Ducker und einen seltenen Bat eared Fox, eine Fuchsart mit ungewöhnlich großen Ohren. Nach der Durchquerung des breiten, trockenen Sandbetts des Kidepo Flusses, blockiert ein anderes Fahrzeug der Nationalparkverwaltung die Piste. Kurzerhand wird aus Sicherheitsgurten ein Abschleppseil fabriziert und nach mehrmaligem Reißen steht der andere Wagen schließlich auf der Flussböschung. Beim anschließendem Anschieben helfen wir natürlich kräftig mit.
Erst gegen 22.30 Uhr erreichen wir Apoka, den touristischen Mittelpunkt des Nationalparks. Es gibt dort eine Reihe von Unterkünften, man kann aber auch zelten.

                            Touristenunterkünfte in Apoka

Bevor wir uns schlafen legen, haben wir noch eine interessante Unterhaltung mit zwei jungen, relativ wohlhabenden Paaren aus Kitgum, einer 200 Kilometer entfernten Stadt die den Park auch zum ersten Mal besuchen. Schön, dass inzwischen auch Einheimische die afrikanischen Nationalparks besuchen.

Der Kidepo Valley Nationalpark war lange Zeit stark von der Wilderei betroffen, aber seit einigen Jahren ist es der Nationalparkverwaltung gelungen die Situation unter Kontrolle zu bringen und die Wildbestände steigen wieder.
Als ich auf meiner Matte auf dem Rasen liege, höre ich einen Löwen in der Nähe brüllen und gegen Morgen ziehen Zebras und Büffel in der Nähe vorbei.

                 Büffel grasen in der Umgebung von Apoka

Während wir lange auf das Fahrzeug warten, dass uns am Morgen zum Parkhauptquartier bringen soll, fotografiere ich eine Warzenschweinfamillie im Camp.


                                 Warzenschweine

Schließlich erscheint ein LKW und Lesley begleitet uns zum Parkhauptquartier in der Nähe von Karenga. Die grünen Hügel von Kidepo kommen dem Bild was man vom klassischen Afrika hat, sehr nahe. Wir sehen zahlreiche Büffel und auch viel anderes Wild auf der Fahrt. Kein Wunder, dass das Gras stellenweise rasenartig kurz geschoren wirkt. Hoffentlich wird uns erlaubt durch die traumhafte Landschaft weiter zu wandern!

Leider erfüllt sich diese Hoffnung nicht. Der Chef des Nationalparks, ein kleiner, würdevoller Mann, der es gewohnt ist Befehle zu erteilen, behandelt uns eher als Straftäter als als Gäste. Von Beginn des Gesprächs an ist klar, dass wir keine Chance haben mit unseren Argumenten durchzukommen. Auch die Erwähnung unserer Kontakte in Moroto hilft uns nicht im Geringsten. Zwar wäre uns erlaubt von Apoka aus in Rangerbegleitung kurze Spaziergänge zu machen, aber eine längere Unternehmung wird uns vor allem mit der Begründung der mangelnden Sicherheit verweigert. Ich könnte mir schon vorstellen zwei oder drei Tage in Apoka zu verbringen um wenigstens etwas von Kidepo zu erleben, aber Gabriel hat den Alternativvorschlag gemacht, das Teilstück unserer Karamoja Wanderung, das wir nach dem Debakel in Pian- Upe ausgelassen hatten, nachzuholen. Losike und Lochapp kennen sich dort aus, daher könnte unser bewährtes Team weiter zusammen laufen. Das klingt nicht schlecht, daher beschließen wir unseren Kurzbesuch in Kidepo zu beenden.





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