All die Schrammen und Dornen, die ich mir beim gestrigen Versuch aus der Schlucht zu klettern eingefangen habe, sind bereits am nächsten Morgen entzündet. Nimmt man dann noch die zahllosen Sandfliegenbisse dazu, könnte man auch meinen, ich sei gerade einer Folterkammer entstiegen...
Das Wasser, dass bei der Kenterung in einige meiner Gefrierbeutel gelangt war, hat bereits mein Müsli zum Teil in den Zustand der Gärung versetzt. Ich esse jetzt nicht mehr auf was ich Hunger habe (O.K, die Auswahl ist ohnehin ziemlich begrenzt...) sondern, das was schon am stärksten vergammelt ist, bevor ich es wegwerfen müsste...Schon mal vergorenes Müsli und Muckipulver mit Cookiegeschmack (Wow, coole Wortschöpfung, gemeint ist natürlich Eiweißpulver...) gegessen? Lecker...
Bereits um 7 Uhr bin ich wieder unterwegs und schon sehr gespannt, wie ich weiterhin mit dem Tuichi klarkommen werde...
Es dauert dann auch nicht lange, bis mich eine Walze im Auslauf einer Stromschnelle umwirft. Auch diesmal kann ich mich am Boot festhalten, dass rasch kieloben treibend an einer Felswand landet. Glücklicherweise ist das Wasser hier nicht besonders tief, so dass ich zum Stehen komme und das Boot ohne Probleme wieder aufrichten kann. Heute morgen habe ich übrigens das Paddel gut festgebunden...
Grünes Wasser, wilder Wald...Da ich mir vorgenommen habe, die Stromschnellen jetzt gründlicher zu erkunden, nehme ich dann häufig die Gelegenheit wahr, und trage mit meinem Gepäck um. Dabei stellt sich meist heraus, dass eigentlich alles fahrbar wäre, allerdings habe ich nach der zweiten Kenterung heute auch keine große Lust mehr, viel zu riskieren. Mit viel Gepäck in einer abgelegenen Wildnis unterwegs zu sein, ist etwas Anderes, als entspanntes Packraften in der Zivilisation...
Meist muss ich mich ziemlich auf den Fluss konzentrieren, daher mache ich kaum Bilder und nehme auch hauptsächlich nur während der Pausen die herrlichen Umgebung in mich auf. Es herrscht jetzt Traumwetter, auch wenn es immer heißer wird. Die 20 Grad vom Beginn der Tour sind kaum noch vorstellbar...
Der Tuichi ist häufig nur 30 Meter breit
Während ich gegen Mittag meine Nüsse esse, tauchen drei Otter einige Male aus dem Fluss auf, einer kommt sogar kurz bis auf eine Sandbank...
Das es hier auch durchaus größere Bewohner gibt, erlebe ich während der Erkundungen am Ufer. Fast überall erblicke ich riesige Jaguarfährten im Sand, leider zeigt sich aber keine der eleganten Großkatzen, die am Strand vielleicht nach Schildkröteneiern sucht...
Da ich meine ganze nasse Ausrüstung in der Sonne gründlich trocknen möchte, schlage ich schon recht früh das Lager auf einem tollen, kleinen Sandstrand mitten in der Schlucht auf. Zwar lasse ich es mir nicht nehmen, ein Bad in dem angenehm kühlen Wasser des Flusses zu nehmen, schlüpfe dann wegen der Sandfliegen aber rasch wieder in meine Kleider. Erst nach Einbruch der Dunkelheit verschwinden die Plagegeister stets pünktlich, so dass ich dann noch ein wenig im Sand liegend die Nacht genieße.
Am nächsten Tag folgen die großen Stromschnellen fast lückenlos aufeinander.
San Pedro Canyon
Insgesamt fünf Mal trage ich meine Ausrüstung heute um. Dabei plagen mich zur Abwechslung mal nicht die Sandfliegen, sondern Massen von kleinen, schwarzen, stachellosen Bienen, die in ihrer Gier nach Salz und Flüssigkeit am Liebsten in Augen, Ohren und Haare vorstoßen...
Bevor ich anlege, muss ich stets beurteilen, auf welcher Seite ich überhaupt portagieren kann. Oft muss ich dann über dunkle, glatte Felsen balancieren, was mit Boot und Rucksack gar nicht so einfach und vor allem ziemlich anstrengend ist. Da ich dabei einige Male ohne ernstere Folgen stürze, stellt sich die Frage, was denn gefährlicher ist, die Befahrung des wilden Wassers oder die Bewältigung schwerer Umtragestellen?
Portage oder fahren?
Seltener, ruhiger Abschnitt
Am Nachmittag gelange ich zu einer sehr langgezogenen Schnelle, deren Befahrung mir zu riskant scheint. Leider verhindern die steilen, hier unmittelbar zum Fluss abfallenden, dicht bewachsenen Uferfelsen auch ein Umtragen direkt am Tuichi. Mir bleibt nichts anderes übrig, als mich wieder mit großer Mühe durch den Wald zu schlagen. Eine Machete wäre jetzt Gold wert! Es gibt auch weniger üble Regenwälder, aber der hier ist wirklich sehr dicht! Ich muss ziemlich weit nach oben, und gelange schließlich abenteuerlich kletternd durch eine steile Rinne wieder zum Fluss. Ich habe genug für heute, allerdings gibt es hier keinen ebenen Lagerplatz. Was solls, es sieht nicht nach Regen aus, also improvisiere ich etwas, was zwar nicht besonders stabil ist, oder schön aussieht, mich aber zumindest vor den Insekten schützt...
Improvisierter Lagerplatz
Zwei riesige Felsen stehen hier ganz in der Nähe mitten im Fluss!
Die Strömung bricht sich an zwei mächtigen Felsen
Ich hoffe, morgen den schwierigsten Abschnitt des Flusses hinter mir zu haben, weiß aber, dass es bis dahin noch ein gutes Stück Arbeit sein wird...
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