Kurz nach dem ich aufgebrochen bin, erreiche ich am nächsten Morgen bereits das Tal der Kupa. Zunächst geht es durch Wiesen und an einigen Häusern vorbei.
Kupa Tal
Schöne Wegweiser aus Holz zeigen mir an, dass ich mich bereits im Risnjak Nationalpark befinde. Nach gut zwei Kilometern erreiche ich ein Haus, dass sich als das Infozentrum für den Fluss Kupa entpuppt. Zu dieser frühen Stunde ist allerdings noch kein Mitarbeiter des Nationalparks anwesend, wozu auch, außer mir ist noch niemand unterwegs...
Wegweiser im Risnjak Nationalpark
Bald treten die Wiesen zurück und ich laufe weiter flussauf in eine enge Waldschlucht. Der Dunst über dem Wasser verleiht der Szenerie eine leicht mystische Stimmung.
Die Kupa fließt durch eine Waldschlucht
Nachdem ich eine Holzbrücke überquert habe, beginnt der bislang schönste Teil der Wanderung! Doch zunächst nutze ich die Tatsache, dass noch niemand sonst unterwegs ist, zu einem erfrischenden Bad in der Kupa. Ja, der Fluss ist kalt! Wie ich später erfahre, hat das Wasser an der nur etwa 2 Kilometer entfernten Quelle lediglich 7 Grad Celsius!
Wasseramseln, Rotkehlchen und Gebirgsbachstelzen mit zitronengelber Brust sind am Ufer zu sehen.
Ein schmaler Pfad führt im Hang hoch oberhalb des 10- 20 Meter breiten Flusses mit seinem glasklaren, türkisen Wasser, dass aus dem leuchtend grünen Laub der Buchen scheint. Die dicken Stämme der Bäume sind meist üppig von Moos bedeckt. Oft fallen weiße Klippen steil zur Kupa ab. Toll, so macht das Wandern Spass!
Wunderbare Kupa Schlucht
Doch viel zu schnell erreiche ich den Beginn dieser herrlichen Landschaft. Ein Schild gibt Informationen über Izvor Kupe, die Quelle der Kupa. Zunächst wundere ich mich, wo der Fluss denn weiter fließt, bis ich realisiere, dass der teichartige Topf die Quelle der Kupa darstellt! Aus den Tiefen des Karstgesteins steigen hier riesige Wassermengen empor und so ist die Kupa schon ab ihrem Beginn ein breiter, wasserreicher Fluss! In dem glasklaren Wasser mache ich einige Forellen aus.
Die Kupa Quelle
Ab jetzt geht es bergauf, zunächst in einem trockenen Bachbett, dann auf einem Pfad durch Buchenwald mit vielen umgestürzten Bäumen an den Hängen. Aber glücklicherweise ist der Pfad gut und wird offensichtlich viel genutzt. Eine Biene besucht die Blüten des Gelben Fingerhut, den man bei uns nur sehr selten sieht.
Von Izvor Kupe geht es zunächst in einem Bachbett weiter
Biene an Gelbem Fingerhut
Ich gelange zu dem Ort Razloge, wo eine Straße beginnt, die durch den Nationalpark führt. An einem Infopunkt vorbei laufe ich Kilometer um Kilometer auf dem Asphalt. Sehr schade, gerade hier im Nationalpark sollte es doch möglich sein, eine bessere Route zu markieren, die Izvor Kupe mit dem Berg Risnjak verbindet! Allerdings herrscht kaum Verkehr.
Information an der Straße durch den Nationalpark
Größtenteils führt die Straße durch den Wald, aber vor dem Ort Malo Selo öffnet sich die Landschaft.
Vor Malo Selo
Ich laufe 12 Kilometer bis ich den Ort Crni Lug erreiche, der über ein Café und zahlreiche Privatunterkünfte verfügt. Offenbar ist der Risnjak Nationalpark ein beliebtes Urlaubsziel. Zwei Kilometer weiter gelange ich zum Nationalparkzentrum.
Doch bevor ich endlich zum Berg Risnjak aufsteigen kann, muss ich an einem Kassenhäuschen 45 Kuna, also umgerechnet etwa 6 Euro Eintritt bezahlen. Da die Angestellte englisch spricht, drücke ich mein Bedauern darüber aus, dass es keine Wanderroute gibt, die den nur 6350 ha großen Nationalpark durchquert.
Eine Aktivität die der Park anbietet, hört sich ganz interessant an: An einer Beobachtungshütte entfernt im Wald erscheinen regelmäßig Bären und können ungestört beobachtet und fotografiert werden. Es liegen auch Broschüren aus und auf Tafeln steht Wissenswertes über den Risnjak Nationalpark.
Am Infozentrum
Tafel mit Wissenswertem über den Park
Das eigentliche Infozentrum ist geschlossen, da noch gebaut wird. Offenbar hat die Touristensaison jetzt, Anfang Juli noch nicht begonnen.
Hinter den Gebäuden taucht der Weg in den Wald ein. Der Weg Horvatova Staza soll in 3 Stunden zum Gipfel führen. Zunächst verläuft die Route über einen breiten Forstweg. Zusätzlich zu den üblichen Markierungen hängen viele, rote Plastikstreifen in den Bäumen. Es scheint, als würde hier demnächst ein Rennen statt finden, dessen Verlauf intensiv markiert würde. Nach drei Kilometern beginnt dann aber ein schöner Pfad, der die Hänge traversierend langsam höher steigt. Einmal passiere ich ein tiefes Loch mit ca. vier Metern Durchmesser, dass in bodenlose Dunkelheit reicht.
Hier geht es tief nach unten
Der Wald ist voller weißer Felsen und meist mit dichtem, grünen Unterwuchs bewachsen. Besonders begeistern mich die zahlreichen, majestätischen, dunklen Tannen. Der Pfad wird gut unterhalten, daher sieht man oft über den Weg gefallenen Bäume, die durchgesägt wurden.
Unterwegs zum Risnjak
Ich war heute auf der Straße an einigen Bächen vorbei gekommen, hatte dummerweise aber meine Wasservorräte nicht aufgefüllt. Aus diesem Grund hoffe ich jetzt darauf, noch an einem Gewässer vorbei zu kommen. Leider erfüllt sich dieser Wunsch aber nicht, daher beschließe ich zu der Berghütte (Planinarski dom), unterhalb des Gipfels zu gehen.
Der Gipfel ist nicht mehr weit
Als ich gegen 18 Uhr die Hütte Schlosserov dom erreiche, denke ich zunächst, dass niemand da ist, da lediglich der Vorraum auf ist. Dann öffnet die Wirtin Vessa aber doch, und bittet mich in das geräumige Haus. Ich erfahre, dass die Hütte auf dem Risnjak von Mai bis Oktober täglich, ausser Dienstags, geöffnet ist. Die Übernachtung kostet 85 Kuna, dass sind etwa 11 Euro. Für lediglich sechs Euro zaubert die englisch sprechende, etwa 50- jährige Wirtin ein reichhaltiges Abendessen aus Nudeln, Würstchen, Brot und Salat auf den Tisch. Vessa lebt hier mit ihrem Mann und einer Tochter, die aber abgestiegen sind, um neue Vorräte zu besorgen. Diese müssen dann im Rucksack nach oben getragen werden, da keine Straße hierher führt!
Schlosserov dom
Nach dem Essen unternehme ich einen Spaziergang von der auf 1412 m gelegenen Hütte, zum Gipfel des Berges auf 1528 m. Durch Latschen und Felsen geht es steil bergauf. An einer Stelle ist ein Drahtseil zur Unterstützung gespannt, man braucht es aber nicht unbedingt.
Von oben hat man eine tolle Aussicht über die samtgrünen Berge mit ihren blendend weißen Felsen, bis hin zur buchtenreichen dalmatischen Küste.
lindgrüne Berge
Ich trage mich in das Gipfelbuch ein, und verweile noch einige Zeit hier oben. Bereits weit entfernt kann ich die Kirchen auf dem Bergrücken ausmachen, an denen ich gestern vorbei gekommen bin. Plötzlich nehme ich etwas Braunes unter mir war, ein Bär? Nein, einige Gämsen stehen auf den Matten unterhalb der Gipfelfelsen. Erstaunlich, dass es diese Alpentiere hier gibt, obwohl der Risnjak nicht besonders hoch ist, und überwiegend dicht bewaldet.
Gegen 21 Uhr bin ich zurück an der Hütte. Während ich ein Abendbier geniesse, versinkt draussen die Sonne in der Dunkelheit.
Zunächst ist der Weg gut markiert und einfach zu verfolgen, aber bald ist mal wieder fast nichts von einem Pfad zu sehen, ausser vereinzelten, blassen Markierungen. Ich muss über umgestürzte Bäume klettern und gelange schließlich in ein schönes Wiesental.
Hohes Gras
Über weite Strecken ist auch hier der Pfad nicht mehr zu erkennen. Dafür herrscht eine wahre Blütenpracht.
Blütenreichtum
Wahrscheinlich wurden die Wiesen hier noch bis vor einigen Jahren gemäht. Jetzt ist bereits deutlich zu sehen, wie der Wald sich anschickt, mit ersten jungen Bäumen die offenen Flächen zurück zu erobern.
Manchmal kann ich einer Fahrspur folgen, was das Laufen in der hohen Vegetation einfacher macht.
Wiesental
In einer der tiefen Spuren hat sich Wasser gehalten und es wimmelt von Kaulquappen.
Kaulquappen in wassergefüllter Fahrspur
Obwohl das Wandern in dem dicht bewachsenen Wiesental spannend ist, bin ich froh, als ich irgendwann einen festen Weg erreiche, auf dem ich deutlich schneller voran komme. Bald danach geht aber die mühsame Pfadsuche weiter. Immer wieder wechseln sich Abschnitte einfachen Vorankommens mit zeitraubender Suche nach der korrekten Route ab. Es ist wirklich erstaunlich, in welch dichten Gebüschen manchmal noch Markierungen zu finden sind. Es hat den Anschein, als würde dieser Wanderweg bereits seit vielen Jahren nicht mehr genutzt.
Ich überquere eine Straße auf einer Passhöhe und bin erschrocken über das Bild, welches sich hier über weite Strecken bietet: Der Buchenwald scheint großflächig am Vertrocknen zu sein. Zeichen für ein trockener werdendes Klima?
Stark geschädigter Buchenwald
Um nicht auf der Straße laufen zu müssen, suche ich mir einen eigenen Weg, zunächst in einem Wiesental und dann ein Stück weglos durch den Wald. Zurück an der Straße erhalte ich einen tollen Blick in Richtung des nächsten Wegeabschnitts: Weite Wälder unterhalb von einem Kamm der zu niedrigen Erhebungen führt.
Nach einiger Zeit laufe ich dann tatsächlich auf dem streckenweise offenen, aussichtsreichen Hügelrücken, bis zu dem tollen Aussichtsberg Tuhobic.
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Tuhobic
Der Hügel ist zwar nur 1103 Meter hoch, dennoch bietet er fantastische Ausblicke, zurück zum Risnjak mit seinen aus dem Waldmeer ragenden Felsen, und zu den vor mir liegenden Kämmen, über die die weitere Route führt.
Von der Autobahn, die ich oberhalb von einem Tunnel überquere, merke ich fast nichts, und dann wird der Weg richtig interessant...
Wie so oft gibt es zwar verblasste Markierungen, aber über weite Strecken führt der Pfad jetzt durch ein Brennesselmeer! Zunächst versäume ich, die Hosenbeine an meiner Zip Hose anzulegen und versuche mir mit den Wanderstöcken einen Weg frei zu schlagen. Aber natürlich bekomme ich dabei doch etliche Nesselhaare zu spüren, worauf hin, sich meine Beine rot färben. Na ja, Brennesseln sollen ja gut gegen Rheuma sein...
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Zwischendurch ist der Pfad weniger überwachsen.
Etwas einfacheres Vorankommen
Danach geht es aber wieder durch eine wahre Brennessel- und Brombeerhölle. O.K inzwischen trage ich doch lange Hosenbeine...
Brennesseln und Brombeeren
Als ich auf dem steinigen Grat weiterlaufe, kann ich wunderschöne, große Segelfalter fotografieren, die sich an Blüten laben.
Segelfalter
Blütenreicher Grat
Schließlich geht es bergab, durch dichten Buchenwald, wo ich schließlich den ersten, ebenen, unbewachsenen Lagerplatz seit langem entdecke und mein Zelt aufschlage. Da ich nur noch einen Liter Wasser habe, koche ich nicht, sondern esse statt dessen Schokolade. Es ist heiß, die Mücken schwirren um mich herum und als es dunkel wird, geistern zahllose Glühwürmchen durch die Nacht. Das von den Brennesseln hervorgerufene Kribbeln an den Beinen lässt mich kaum einschlafen und einige Male höre ich sehr laute Geräusche in der Nähe. Drückt ein Bär seine Unmut über meine Anwesenheit aus?
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