Ich hatte ja bereits erwähnt, dass die Yosemite High Route, auf der ich jetzt laufe, von Andrew Skurka erkundet wurde. Im Gegensatz zu anderen Wanderrouten, die im Netz frei verfügbar sind, muss man diese für 25 Dollar von Skurka kaufen. Dafür erhält man einen sehr groben Track für das GPS und eine Sammlung von detaillierten Karten, als pdf- Dateien, auf denen wichtige Punkte der Route eingezeichnet sind. Ich hatte mir diese Karten nicht ausgedruckt, sondern lediglich auf dem Smartphone gespeichert. M Zu Hause am Bildschirm hatte ich dann mit der Gaia- app einen eigenen Track gezeichnet. Für die Navigation hier in der Sierra nutze ich also eine Kombination aus meinem Track und den gespeicherten pdf- Karten. Das funktioniert recht gut, führt aber keineswegs dazu, dass ich dem Gerät "blind" folgen kann. Die genaue Route muss ich nach den tatsächlichen Geländegegebenheiten selber festlegen. Dieses System gefällt mir ganz gut, ich kann mich an einer vorgegebenen Route orientieren, die aber noch mehr als genug Spielraum für eigene Entscheidungen lässt!
Der heutige Wandertag führt mich über fünf Pässe, die von flachen, grasigen Tälern unterbrochen werden.
Ich frühstücke draußen und wandere um 6.20 los. Meine Route verläuft weiter im Tal, statt wie gestern Abend oberhalb. An den Rändern der Pfützen hat sich Eis gebildet! Weiter oben flacht das Tal ab und ich sehe Shelf Pass an seinem Ende. Der direkte Aufstieg scheint schwierig zu sein, daher bleibe ich ein Stück rechts und gelange problemlos nach oben. Dort fällt der Grat als Schneefeld sehr steil ab, daher traversiere ich über die Granitblöcke zum Pass auf 3250 m.
Ich kann im Abstieg den steilsten Schneefeldern ausweichen und gelange stellenweise auf nicht so steilem, noch harten Schnee tiefer in ein Bachtal.
Durch offenen, gut zu durchwandernden Wald traversiere ich zum Thomson Creek. Nach seiner problemlosen Durchquerung steige ich über ein Blockfeld auf zum niedrigen Willow Pass. Die ausgedehnten Weidenbestände kann ich im Abstieg größtenteils vermeiden.
Schließlich gelange ich ins Tal des Rancheria Creek, wo ein Pfad durch das rasenähnliche, ausgedehnte Grasland der Kerrick Meadows führt. Kaum gelange ich auf den Weg, als ein älteres Paar auftaucht, das ich kurz grüße.
Am Bach lege ich meine Schokoladenpause ein und dehne mich ein wenig. Es bedeckt sich jetzt und zum ersten Mal auf der Tour verschwinden Sonne und blauer Himmel für einige Stunden. Ich beobachte einige kleine Streifenhörnchen und einen Dreizehenspecht im Kiefernwald. Schließlich zweigt ein Pfad Richtung Rock Island Pass ab, dem ich durch den Wald aufwärts folge. Ich sehe den nächsten, niedrigen Pass bereits als ich den Weg verlasse und weglos weitergehe. Hinter dem niedrigen Pass steige ich gleich wieder ab.
Schließlich gelange ich in das ebene Tal, dass zum Rock Island Lake führt. Ich durchwate barfuß den Zulauf, folge dem Seeufer und steige unschwierig hoch zu einem Pass.
Der Abstieg durch einen Gully ist steil und nicht ganz einfach, zum ersten Mal auf der Tour muss ich kurz auch meine Hände einsetzen. Schließlich gelange ich in ein weiteres, flaches Grastal: Crazy Mule Gulch. Bald steige ich recht flach durch Wald und über Granitblöcke hoch zu einem breiten Kamm auf dem ein kleiner See liegt. Der Abstieg erscheint mir nicht möglich, daher traversiere ich auf dem Grat zu einer offenen Grasfläche, wo ein Bach seinen Ursprung hat. Diesem folge ich abwärts, sehr steil über ausgedehnte Granitplatten, Der Bach formt eine kleine Schlucht in dem glatten, rosigen Granit. Nach einer kleinen Rutsche wechsele ich auf die linke Seite und bewege mich auf den steilen Platten langsam abwärts. Das ist zwar gut machbar, aber es ist schon wichtig, dass man eine gute Route wählt. Der Rücken trägt seinen Namen „ Selbstmord- Ridge“ nicht zu Unrecht...
Schließlich gelange ich zum Slide Creek, dem ich durch den Kiefernwald aufwärts folge. Mittlerweile ist auch die Sonne wieder da und die Mücken sind schlimm, so dass ich anhalte und mich einsprühe, was ich normalerweise nur sehr selten tue!
Ich sehe an feuchten Stellen einige Male rote und weiße Orchideen.
Um 18 Uhr schlage ich mein Lager auf dem Nadelteppich im Kiefernwald abseits des Bachs auf. Ich will unter freiem Himmel schlafen und mache es mir auf der Zeltunterlage gemütlich. So ein Lager unter freiem Himmel wird auch "Cowboycamp" genannt.
Zum Sonnenuntergang auf 2790 m beträgt die Temperatur noch 12 Grad.
In der Nähe hat ein Schwarzbär einen Haufen hinterlassen...
Als ich am Bach Wasser schöpfe, schwimmt eine 20 Zentimeter lange Forelle völlig arglos unmittelbar neben meinen Händen...
Mit Einbruch der Dunkelheit gehen die meisten Mücken schlafen, und ich kann noch ein wenig den Sternenhimmel bewundern, bevor ich einnicke.
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