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18.11.2013

Patagonien 4 - Durch Nahuel Huapi 2

Der Tronador und die rosa gefärbten Wolken spiegeln sich im klaren Wasser des Sees.
Es macht mir viel Freude durch den morgendlich stillen Südbuchenwald der von einigen sumpfigen Lichtungen durchsetzt ist aufzusteigen. Der Pfad ist gut zu erkennen und führt zuletzt durch niedrigen Buschwald bevor ich eine natürliche Aussichtskanzel aus Granitfelsen erreiche. Steile, glatte ein wenig an Yosemite erinnernde graue Wände fallen zum Lago Frey und zum Fjord Brazo de la Tristeza des riesigen Nahuel Huapi Sees ab. Das helle Grün der Wälder bietet schöne Kontraste zu den Gletschern des Monte Tronador. Leider ist die Sonne schon zu hoch gestiegen, so dass die Fotobedingungen nicht mehr gut sind. Bernd hatte ganz recht, abends kann man hier viel schönere Bilder machen!
Bei der Rückkehr zeigt sich die Laguna Ilon jetzt im klaren Morgenlicht.

                                                         Laguna Ilon mit Monte Tronador




Erst gegen 11 gehen wir los. Der gut sichtbare Pfad führt zum Teil durch offenen Südbuchenwald aber auch über größere Grasflächen. Wir sehen keine Kühe, aber ihre Hinterlassenschaften sprechen eine deutliche Sprache. Zwar fragen wir uns wie die Wiederkäuer hierher in den Nationalpark gelangen, aber offenbar gelingt es ihnen zu verhindern, dass die Offenflächen vom Wald zurück erobert werden.
Gegen Mittag erreichen wir einen felsigen Aussichtspunkt der gegenüber der Gletscherabbruchkante des Tronador liegt. Von dort stürzen etliche Wasserfälle in die Tiefe.


                                               Wasserfälle entspringen dem Tronador Gletscher

Der weitere Abstieg durch zunehmend üppiger werdenden, fast an den chilenischen Regenwald erinnernden Wald ist ziemlich steil. Aber schließlich erreichen wir den Rio Alerce. Ein Seil ist über das Gewässer gespannt. Aber zur Zeit steht das Wasser nur kniehoch, daher wäre die Überquerung auch so unproblematisch.
Zunächst kommt uns ein Reiter entgegen, dann haben wir auch schon Pampa Linda erreicht. Es gibt hier ein ziemlich teuer aussehendes Hotel und einen großen Campingplatz. So menschenleer die Berge auch sind, hier am Ende der Straße genießen eine Menge Urlauber diesen schönen Erdenfleck.
Die Rangerstation sollte eigentlich noch geöffnet sein, aber der Eingang ist bereits verschlossen.

                                                       Rangerstation in Pampa Linda

Die enge Zufahrtsstraße ist jeweils in einer Richtung gesperrt. Erst um 16 Uhr soll sie wieder geöffnet werden. Daher wundern wir uns, dass schon um kurz nach drei die ersten Autos sich in Bewegung setzen. Als wir ebenfalls in die Richtung gehen, stellen wir fest, dass die Fahrzeuge nur bis zur Polizeistation fahren, wo sich bald eine lange Schlange gebildet hat.
Wir kommen mit zwei älteren Argentiniern ins Gespräch, die uns schließlich einladen, auf der Ladefläche ihres Pick- up mitzufahren.
Die Schotterpiste bietet uns ein staubiges Vergnügen, aber die Landschaft ist grandios. Zunächst geht es durch das breite, offene Tal des Rio Manso, dann am Lago Mascardi entlang. Das Wasser des Sees schimmert in überirdischen, türkisen Farben. Kein Wunder, dass sich hier einige Zeltplätze befinden. Nach 45 Kilometern erreichen wir die Hauptstraße nach El Bolson, und fahren noch ein Stück Richtung Bariloche.
Wir wollen als nächstes eine Tour durch die Cordillera Nirihuau machen. Der Ausgangspunkt des Weges den wir nehmen möchten, befindet sich in der Nähe einer Tankstelle, soviel wissen wir. Allerdings sehen wir nirgendwo einen Weg von der Straße abzweigen, während wir über den Asphalt traben. Auch ein Paar das uns entgegenkommt und die Angestellten der Tankstelle haben keine Ahnung, wo der Weg sein könnte.
Glücklicherweise kommt Bernd auf die Idee, bei einem ehemaligen Hotel zu fragen. Und tatsächlich, sie kennen den Weg der im Prinzip unmittelbar bei dem Haus, allerdings gut getarnt beginnt. Erst als wir ein Stück in den Wald gelaufen sind, stoßen wir auf rote Markierungen.
Da es schon spät ist, beschließen wir hier unser Lager aufzuschlagen. In dem Wald aus Südbuchen und mächtigen Andenzypressen wurden einige Bäume gefällt, trotzdem wirkt er noch ziemlich urwüchsig.
Leider finden wir in der Nähe kein Wasser, daher geht jeder von uns einmal zur Tankstelle um unsere Wasservorräte aufzufüllen.

 Durch die Cordillera Nirihuau

Mit 12 Grad ist es bereits morgens recht warm. Wir füllen noch einmal unsere Wasservorräte bei der Tankstelle auf, und beginnen dann den Anstieg. Das erweist sich allerdings als überflüssig, den bereits nach einer halben Stunde gelangen wir an einen Bach.
Beim Club Andino in Bariloche hatten wir erfahren, dass die Cordillera Nirihuau nur selten begangen wird, daher sind wir gespannt was wir vorfinden werden.
Zunächst ist der Weg mit roten Punkten und einigen Plaketten recht gut markiert. Nur an größeren Lichtungen, die auch hier von den Kühen offen gehalten werden, müssen wir immer wieder ein wenig nach dem Weg suchen.
Viele alte, umgestürzte Bäume nötigen uns zu einigen Kletteraktionen.
Die starken Nadelbäume verschwinden schon bald und wir laufen wieder durch wunderschönen, offenen Lenga- Wald.

                                  Durch den Wald zu den Kämmen der Cordillera Nirihuau

Gegen Mittag erreichen wir eine Granitkanzel die fantastische Aussichten über die Seenwelt Nahuel Huapis bietet.
Es gibt hier sogar ein Gipfelbuch von 1997 das bislang aber nur sehr wenige Einträge aufweist.
Von jetzt an ist von den in der Karte eingezeichneten Wegen kaum etwas zu sehen, auch die üblichen Steinmännchen fehlen.
Die Kämme in diesem Teil des Nationalparks sind weniger schroff und oft recht breit und über weite Strecken gut zu begehen. Das bietet natürlich ständige spektakuläre Ausblicke!
Offenbar regnet es hier bereits deutlich weniger als am Hauptkamm, da die Vegetation ziemlich ausgetrocknet wirkt.
Als wir eine Fotopause auf einem kleinen Felshügel einlegen, streicht ein Kondor zum Greifen nahe bei uns vorbei. Geistesgegenwärtig gelingt es mir einen Schnappschuss zu machen, der sogar scharf ist!

                                                                            Kondor

Während um die Mittagszeit an der Felsenkanzel kein gutes Licht zum Fotografieren herrschte, werden jetzt die Ausblicke über das Seengebiet zunehmend schöner.


                                                         Herrliche Aussichten über das Seengebiet

Leider hat die schöne Kammwanderung irgendwann ein vorläufiges Ende. Wir steigen durch loses Schottergeröll zu einer sumpfigen Senke hinab. Hier entdecken wir große Fährten von Wildtieren und rätseln zunächst, von wem die Abdrücke stammen. Bald entdecken wir die Urheber allerdings. 4 Pferde laben sich am satten Grün!
Nachdem wir zu einer weiteren Senke gelangt sind, beratschlagen wir über den weiteren Weg. Die direkte Route über einen steilen Bergrücken erscheint relativ schwierig und gefährlich. Daher beschließen wir einen Umweg am Hang entlang zu wählen.
Auch diese Route entpuppt sich in dem losen, steilen Geröll als nicht ganz einfach, und ich bin froh als wir am Ende der Hangquerung angelangt sind ohne in eine Schuttlawine geraten zu sein…
Der weitere Aufstieg in einem Bachtal zu einem Pass ist dann nicht mehr schwierig.
Vom Cerro de las Hormigas versuchen wir unsere weitere Route zu übersehen.
Eine unbewirtschaftete Hütte des Andenclubs, das Refugio Alto Nirihuau muss ganz in der Nähe sein, verbirgt sich aber wohl im Gestrüpp des oberen Nirihuau Tales.
Ein Stück weit unterhalb des Passes finden wir einen schönen Lagerplatz in der Heidevegetation oberhalb eines Baches.


Während Bernd, der immer noch nicht richtig fit ist sich ausruht, erkunde ich schon mal den weiteren Weg. Der dichte Südbuchenbusch im Tal sträubt sich meinem Durchquerungsversuch, daher entdecke ich die Hütte auch nicht.
Nach dem ich einen steilen Anstieg bewältigt habe, gelange ich auf ein karges, weites Hochplateau. Bald stoße ich auf einige Steinmännchen die mich zur Laguna Hosseus führen.
Der ruhige Abend reizt mich zum Weiterlaufen, aber irgendwann kehre ich zurück zum Lager.
Ein weiterer toller Trekkingtag neigt sich seinem Ende zu und ich bedauere dass die Freiheit des Wanderns für mich bald vorläufig ein Ende hat.
Am nächsten Morgen sind wir bei schönem Wetter wieder unterwegs. Hochflächen, breite Kämme und Geröllfeldtraversen wechseln einander ab, aber da wir auf keine ernsthaften Hindernisse stoßen kommen wir gut voran.
Von den Steinmännchen ist bald nichts mehr zu sehen, was solls, das Gelände der Cordillera Nirihuau eignet sich gut für wegloses Wandern.

                                                            Aufstieg zur Hochebene

Immer wieder faszinieren uns die Kontraste zwischen den ockerfarbenen Hängen und den grünen Waldtälern. Besonders vom 2140 Meter hohen Cerro Confluencia ergeben sich faszinierende Weitsichten.

                                               Grüne Waldtäler und ockerfarbene Hänge

Während wir über breite Schotterkämme weiter wandern, sehen wir sogar noch einmal einen Kondor.

                                               Unterwegs auf breiten, steinigen Kämmen

Doch irgendwann müssen wir die luftigen Höhen wieder verlassen und steigen hinab in das Tal des Arroyo Nirihuau. Bald haben wir die Zone des fast undurchdringlichen Buschwaldes erreicht. Das beste Vorankommen gewährt hier noch das felsige Bett des Baches. Zwar sind etliche Turnübungen erforderlich und immer wieder müssen wir die ins Bachbett hängenden zähen Zweige der Südbuchen zurückbiegen, aber Schritt für Schritt gelangen wir langsam tiefer.
Nachdem wir eine große, offene Sumpffläche überquert haben, stoßen wir schließlich im Wald auf einen Pfad, der bald sehr gut erkennbar und einfach zu bewandern ist.
Wir müssen ganz in der Nähe der in der Karte eingezeichneten Hütte Villa Horrible sein, stoßen aber nicht auf sie. Obwohl wir längst an einem guten Lagerplatz vorbei gekommen sind, laufen wir weiter talabwärts.

                                                                   Im Tal des Arroyo Nirihuau

Schließlich kehren wir um und entdecken ganz in der Nähe des uns vorher schon aufgefallenen guten Lagerplatzes Steinmännchenmarkierungen, die zur anderen Seite des Baches weisen. Wir folgen den Steinen ein Stück weiter und stehen schließlich vor der kleinen Blockhütte. Sie ist zwar etwas vermüllt, ansonsten können wir nicht nachvollziehen was an ihr „horrible“ ist.

                                                                   Refugio Villa Horrible

Offenbar wird die Hütte ziemlich regelmäßig von Einheimischen genutzt, daher auch der gut sichtbare Pfad hierher.
Unser Lager schlagen wir dann aber doch lieber an dem Platz direkt am Fluss auf.

                                                                        Unser letztes Lager

Während Bernd Tagebuch schreibt unternehme ich noch einen Abendspaziergang.
Wie immer gefällt mir der Wald mit seinen zum Teil meterdicken Stämmen außerordentlich gut. Während ich unter einem Baum stehe, fällt ein Schwarm grüner Papageien mit etwas karminrot im Gefieder in der Krone ein. Ziemlich unerwartet, dass in diesen kühlen Wäldern sonst eher exotische Vögel leben.
Davon abgesehen, kommt es mir aber so vor, dass der Wald hier eher arm an größeren Tieren und auch Vögeln im Vergleich zu Deutschland ist. Das kann mich aber auch täuschen.
Am nächsten Morgen laufen wir weiter talabwärts. In den Wald sind jetzt auch zunehmend trockene, offene Flächen eingestreut, die manchmal von unzähligen blühenden Feuerlilien bewachsen sind. Ein Fest für die Augen!

                                                                       Wunderschöne Lilien

Dennoch wundern wir uns, als wir auf eine etwa 50 Zentimeter lange, erdbraune Schlange vor uns auf dem Weg stoßen. Wir hatten angenommen, dass es für Reptilien hier immer noch zu kalt ist.
Die Schlange zeigt keine Scheu und lässt sich ausgiebig von uns fotografieren.

                                                                      Kleine Schlange

Irgendwann stoßen wir auf einen Fahrweg und begegnen einem Jungen, der zu Pferd Schafe hütet. Statt mit Wald sind die Hügel jetzt hauptsächlich mit Buschland bewachsen.
Nachdem wir die ersten Häuser erreicht haben, sind wir noch etwa eine Stunde unterwegs bis wir schließlich an der Hauptstraße stehen. Hier so kurz vor Bariloche mitgenommen zu werden, stellen wir uns bei unserem leicht abgerissenen Äußeren recht schwierig vor.
Aber wir haben Glück, bald hält ein Bus, der uns komfortabel zurück in die Stadt bringt.
Natürlich lassen wir uns es nicht nehmen, auch hier abends noch einen „Tenedor libre“ aufzusuchen. Unser Essvermögen ist gigantisch!
Am nächsten Morgen trennen sich unsere Wege, während Bernd zu weiteren Abenteuern an die Südspitze des Kontinents fährt, nehme ich einen Bus zurück nach Santiago von wo ich nach Hause fliege.

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