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18.12.2013

Anakondas und Riesenotter - Flussexpedition durch die Regenwälder Guyanas 2000




Spät abends landet unsere Maschine auf dem Timehri Airport, 40 Kilometer außerhalb von Georgetown, der Hauptstadt Guyanas. Neben Martin, der schon an der Borneoexpedition teilgenommen hatten, ist als dritter Mann Markus dabei. Er ist ein 34-jähriger Maschinenbauingenieur, der über umfangreiche Reiseerfahrungen verfügt. Nach Touren auf Grönland, Alaska und Feuerland ist dies allerdings seine erste Kanuexpedition im tropischen Regenwald.
Die Einreiseformalitäten durchlaufen wir problemlos, leider stellt sich heraus, daß der Rucksack von Martin nicht mitgekommen ist.
Murvin von Rimas Guesthouse, in dem wir unsere erste Übernachtung gebucht haben, bringt uns in seinem Wagen in die Stadt. Wenn er sich nicht um das Hotel kümmert, wäscht er Gold im Landesinneren. Seine Erzählungen geben uns einen Vorgeschmack, auf das was uns erwartet.
Am nächsten Morgen beginnen wir mit den Vorbereitungen für die Expedition. Gute Hilfe leistet dabei Wilderness Explorers, ein guyanisches Reiseunternehmen, mit dem wir bereits in Deutschland e-mail Kontakt aufgenommen hatten.
Mit ihrer Unterstützung ist es kein Problem, die Genehmigungen für die Indianerdörfer zu erhalten, die auf unserem Weg liegen. Der Beamte im Bureau of amerindian affairs ist selber indianischer Abstammung und zeigt sich interessiert an unserer geplanten Reise. Natürlich vergisst er nicht, uns vor den Kaimanen zu warnen!
Etwas anders drückt sich Sandy de Freitas aus. Sie lebt auf Dadanawa, der größten Ranch im Süden des Landes. Als wir sie bei Wilderness Explorers treffen, begrüßt sie uns mit den Worten: "Ihr seid also die verrückten Deutschen, die auf dem Essequibo sterben wollen".

Na ja, uns ist klar, daß 500 Kilometer auf zwei Urwaldflüssen, die zum Teil mit Stromschnellen und Wasserfällen gespickt sind und durch absolut unbewohnte Wildnis führen, nicht unbedingt einfach sind. Aber wir werden sehen!

Zwar hat Georgetown mit seinen breiten Alleen und einigen schönen Holzhäusern aus der holländischen Kolonialzeit einen gewissen Reiz, dennoch sind wir froh, als Martins Rucksack endlich da ist und wir in das Innere aufbrechen können.

                                                             Georgetown

 Ursprünglich hatten wir vor, mit einem LKW auf der Piste in den Süden zu fahren. Da wir aber bereits einige Zeit durch das Warten auf das fehlende Gepäckstück verloren haben, ziehen wir vor zu fliegen. Außerdem hat es sehr viel geregnet, so daß die Piste wahrscheinlich in schlechtem Zustand ist.
Kurze Zeit nach dem der 9-sitzige Flieger abgehoben hat, weichen die Zuckerrohrplantagen und verstreuten Siedlungen zurück und machen dem fast ununterbrochenem, grünen Teppichs des Regenwaldes Platz. Jetzt stellen wir mit eigenen Augen fest, daß das Land von der Größe Großbritanniens extrem dünn besiedelt ist. 90% der 750000 Einwohner leben in einem schmalen Küstenstreifen, das Landesinnere ist fast menschenleer.


                                                    Mit Kleinflugzeug in das Landesinnere

Etwas unheimlich wird uns, als wir in einen heftigen Tropenregen geraten, der die Sicht fast auf null reduziert. Doch dann haben wir die Schlechtwetterfront hinter uns, die Ausläufer der Pakaraima Berge tauchen auf, und abrupt endet der Wald. Wir haben die Rupunni Savanne erreicht, ein Grasland mit verstreuten Indianersiedlungen und einigen großen Ranches. In Lethem an der brasilianischen Grenze endet der Flug. Wir kaufen 30kg Verpflegung pro Person, im wesentlichen Reis, Nudeln, Mehl und Farine, das ist geröstetes Maniok.
Schon am nächsten Tag geht es im Geländewagen, den wir für teures Geld gechartert haben, über die Savanne weiter nach Süden. Hohe Termitenbauten und verstreute Palmenhaine erinnern an Afrika. Beim Durchqueren angeschwollener kleiner Bäche versinkt der Wagen manchmal tief im Wasser, schafft es jedoch immer die andere Seite zu erreichen.


                                                        Zunächst kommen wir noch mit einem Geländewagen voran

Schließlich müssen wir den Rupunni überqueren. Wir erwarten eine Motorfähre, sind dann aber überrascht, als etwa 15 Cowboys von der nahegelegenen Dadanawa Ranch, den Ponton aus Ölfässern mit Muskelkraft auf die andere Seite ziehen und schieben.

                                                                 Flussüberquerung mit Ponton Brücke

 Duane, der Verwalter der Ranch, dessen Frau wir in Georgetown trafen, hat unsere geplante Tour schon einmal durchgeführt. Dabei verlor er allerdings sein Motorboot mit allen Vorräten an einem Wasserfall. Er schätzt unsere Chancen die Befahrung erfolgreich durchzuführen als ziemlich gering ein.

                                               Man beachte die Felle...

Davon lassen wir uns natürlich nicht entmutigen und erreichen abends das von Wapisiana-Indianern bewohnte Dorf Aishalton. Hier treffen wir Regis James, einen 32-jährigen Indianer, der bereits häufig vor allem wissenschaftliche Expeditionen begleitet hat, und gleich zusagt uns zu begleiten. Ein Brief der unser Kommen ankündigte, erreichte ihn bereits vor einem Monat. Regis war uns von Dr. Jevan P. Berrangé empfohlen worden, einem britischen Geologen, der Anfang der 70er Jahre den Süden Guyanas kartiert hat. Nach unserer Borneo-Expedition hatten Martin und ich überlegt, dass es sinnvoll ist, in Südamerika mit zwei Booten unterwegs zu sein. Aus Sicherheitsgründen, aber auch um lebendigere Fotos zu erhalten. Markus hatten wir über eine Anzeige im Internet kennengelernt. Als vierten Mann beschlossen wir einen Einheimischen mitzunehmen, da man viel mehr über eine Gegend erfährt, wenn man einen kundigen Begleiter hat. Auf der Expedition stellte sich heraus, das wir mit Regis eine ausgezeichnete Wahl getroffen hatten.
Einige tiefe Bäche mit steilen Uferböschungen machen den Weg ab Aishalton für Geländewagen unpassierbar. Daher laden wir unser Gepäck auf einen Karren, der von zwei Ochsen gezogen wird.



                                                  Mit dem Ochsenkarren unterwegs


Leider habe ich mir eine schwere Erkältung zugezogen. Unter Fieber und häufigen Hustenattacken schleppe ich mich dahin. Trotzdem bin ich von der weiten Landschaft mit ihren rollenden Hügeln begeistert, über die zahlreiche Greifvögel kreisen. Die starken Regenfälle der letzten Zeit haben das Land mit sattem Grün überzogen. Oft kommen wir an Flächen vorüber, die noch vor kurzem überschwemmt waren.

                                      Wir durchwandern eine schöne Savannenlandschaft

Die Eltern von Regis, denen das Gespann gehört, begleiten uns bis zum nächsten Ort, den wir abends erreichen.
Karaudanawa ist eine sehr ausgedehnte Siedlung. Zwar leben hier nur etwa 1000 Menschen, aber zwischen den einzelnen palmblattgedeckten Lehmhäusern liegen weite offene Flächen. Wir zeigen unsere Genehmigung vor und werden vom Chef des Dorfes freundlich begrüßt. Die Tuschau oder Captain genannten Oberhäupter der Indianer werden regelmäßig neu gewählt und haben eine wichtige Funktion im Dorfleben. Seit mehr als 50 Jahren sind die Wapisiana missioniert und tragen westliche Kleidung. Viele setzen dennoch ihren traditionellen Lebenstil fort, in dem der Wanderfeldbau von Maniok die größte Rolle spielt, aber auch Jagd und Fischfang ihren Beitrag zur Ernährung leisten. Die jungen Männer wandern allerdings zunehmend in die nahegelegenen Städte Brasiliens ab.
Am nächsten Morgen setzen wir unseren Weg mit einem frischen Ochsengespann fort. Stellenweise müssen wir den Karren steile Böschungen hochschieben, oder die Fahrt bergab abbremsen, um zu verhindern, daß der schwere Wagen den Ochsen in die Hinterbeine fährt.



                                                                       "Ochsentour"

Immer wieder durchqueren wir in die Savanne eingesprengte Dschungelinseln. Große Rote oder Blaugelbe Aras bieten faszinierende Anblicke.
Wir übernachten bei der Hütte einer Familie, die in der Nähe ihrer Felder liegt. Die Savanne ist zu trocken für den Anbau von Maniok und anderer Feldfrüchte, deshalb müssen die Indianer oft weit laufen, um zu ihren Gärten zu gelangen. Um den weiten Weg nicht jeden Tag zurücklegen zu müssen, schlafen sie in provisorischen Hütten in der Nähe ihrer Felder.

                                                        abendliche Idylle

Am dritten Tag unserer Wanderung zum Kuyuwinifluß lassen wir die Savanne hinter uns. Offenbar ist es schon lange her, daß dieser Wegabschnitt befahren wurde. Häufig müssen wir die Äste umgestürzter Bäume beiseite räumen. Erst kurz vor Einbruch der Dämmerung erreichen wir den Fluß, wo wir zum ersten Mal unsere beiden Zelte aufschlagen.
Das laute Konzert der Brüllaffen verrät, daß wir nun endgültig in den Regenwald eingetaucht sind.
Wir benötigen am nächsten Morgen einige Zeit, bis unsere beiden Schlauchkanus beladen und aufgepumpt sind, haben aber keine Probleme unser für 30 Flusstage kalkuliertes Gepäck unterzubringen.
Schon nach 20 Minuten paddeln, sehen wir am rechten Ufer einige schnittige Einbäume liegen. In das steile Ufer gegrabene Treppenstufen führen zu dem erst vor wenigen Monaten gegründeten Dorf Kuyuwini Landing. Es wird von Wai-Wai Indianern bewohnt, die vorher weiter im Süden des Landes ansässig waren.

                                                           Wai-Wai Kinder

Die Wai-Wai gelten als die am wenigsten von der Zivilisation beeinflußten Indianer Guyanas. Ihre Schießkünste mit Pfeil und Bogen sind unter den acht anderen Stämmen des Landes berühmt. Wir nutzen die Gelegenheit und kaufen einen Bogen. Regis ist zwar kein Wai-Wai, beherrscht aber ebenfalls diese Waffe. Außerdem erstehen wir einige riesige Angelhaken. Unsere mitgebrachten sind viel zu winzig für die Monsterfische Guyanas.
Schließlich verabschieden wir uns und beginnen unsere Flußexpedition. Zunächst ist der Kuyuwini mit etwa 40 Metern Breite gut überschaubar. Uns begegnet das letzte Boot für die nächsten Wochen…
Wir nutzen die Gelegenheit um einen schönen Fisch fürs Abendessen zu erstehen.


                                       Die letzte Bootsbegegnung für Wochen


                                                          Paddeln ins Unbekannte
               
Bald verengt sich der Lauf des Kuyuwini und wir gleiten durch überschwemmte Sümpfe voller stachliger Palmen. Oft sind die Durchfahrten so eng, daß unsere Boote nur knapp hindurchpassen. Ständig fürchten wir eine Berührung mit den langen, spitzen Palmdornen, die sicher unsere Bootshaut durchlöchern würden. Doch alles geht gut. Immer weiter gleiten wir entlang der Blättervorhänge voller herabhängender Lianen. Der überschwemmte Wald ist erstaunlich still und erzeugt eine bedrückende Atmosphäre. Dennoch ist es faszinierend auf dem engen Flußlauf immer weiter in das wuchernde Grün vorzudringen.

                                              Vorsichtiges Manövrieren im stachligen Labyrinth

Gegen 16 Uhr erreichen wir einen Lagerplatz, der uns geeignet erscheint. Doch Regis rät zur Weiterfahrt. Ein dicker morscher Ast hängt über dem ausgewählten Camp. Der Rat des Indianers ist wohlbegründet. Schließlich wurde er bereits einmal während des Schlafes in einem Lager von den Ästen eines umstürzenden Baumes begraben und kam nur knapp mit dem Leben davon!
Etwas später finden wir einen anderen Platz und schlagen unsere Zelte auf dem erhöhten Ufer im Schatten des Hochwaldes auf.
Zum Frühstück backt Markus leckere Fladenbrote im Feuer, die wir mit mitgebrachter Marmelade und Honig bestreichen. Das Vogelleben am Kuyuwini erweist sich als reich. Immer wieder beobachten wir verschiedene Eisvögel, Tukane und Aras. Manchmal hängen Kolonien von an meterlangen Halmen aufgehängten Nestern überm Wasser. Die Behausungen der schwarz-gelben Stirnvögel erinnern an die Weber Afrikas.
Am Nachmittag treffen wir zwei Wai-Wai, die gerade einen Trupp Klammeraffen erfolglos angepirscht hatten. Obwohl wir am Kuyuwini wiederholt die Reste alter Lager sehen, sollen die beiden Indianer die letzten Menschen bleiben, die wir auf unserer Flußexpedition treffen.
Über unserem Lagerfeuer geht ein riesiger Dreiviertelmond auf. Glühwürmchen stürzen sich in die Flammen, zwei Frösche liefern sich ein Gesangsduell und große, Fische fangende Fledermäuse fliegen lautlos im Zick-Zack über das Wasser.
Nach drei Tagen passieren wir zwar noch manchmal enge Passagen, haben die Sümpfe aber hinter uns gelassen.

                                                    Die Sümpfe liegen hinter uns

Trotz des guten Wasserstandes, hat der Fluss wenig Strömung und wir müssen uns ganz schön anstrengen um mit unseren Luftbooten 20 Kilometer am Tag zurückzulegen. Über Nacht legt Regis meist mit kleinen Fischen beköderte Leinen aus, mit denen wir verschiedene Welsarten oder den Raubfisch Aymara fangen. Der Indianer sieht fast immer die Tiere als erster. Ohne seine scharfen Augen würden wir sicher nur die Hälfte beobachten. So macht er uns auch auf einen Tapir aufmerksam, der vor uns den Fluss überquert. Zunächst glauben wir, das größte Landsäugetier Südamerikas mit unseren Booten erreichen zu können um ein gutes Bild zu erhalten. Dann erweist sich der vielleicht fünf Zentner schwere Koloss jedoch schneller als erwartet.

                                                                Ein Tapir überquert vor uns den Fluss

Einfache Gravuren in den Uferfelsen weisen darauf hin, daß hier früher Indianer lebten. Der Tarumastamm, der hier siedelte, wurde in den 20er Jahren von einer Grippewelle nahezu ausgelöscht, wie das bei vielen Indianervölkern Amazoniens der Fall war, die keine Abwehrkräfte gegen die von den Weißen eingeschleppten Krankheiten hatten. Die wenigen Überlebenden schlossen sich den Wapisiana und Wai-Wai an. Heute kann man die übrig gebliebenen Indianer, die Taruma sprechen, an einer Hand aufzählen.
Obwohl wir auf dem Höhepunkt der Trockenzeit unterwegs sind, regnet es fast jeden Tag. Auch hier Anzeichen eines veränderten Klimas? Allerdings macht uns der Regen wenig aus, da wir nach den Schauern rasch wieder trocknen.
Der Hochwald über den Steilufern wird nie überschwemmt und ist weniger dicht. Wir haben keine Probleme auf etlichen Erkundungsstreifzügen einen Weg durch ihn hindurchzubahnen. Allerdings ist es äußerst wichtig den Rückweg sorgfältig mit der Machete zu markieren, da man sich leicht im Dschungel verläuft, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Vor einigen Jahren verirrte ich mich im Regenwald des afrikanischen Kongogebietes und benötigte eine Woche, bis ich aus dem Urwald herausgefunden hatte! Für unsere an europäische Landschaften gewöhnten Augen gibt es nur wenig auffällige Geländepunkte und die Sichtweite beträgt selten mehr als 10-20 Meter. Regis zeigt uns die Pfade und Höhlen der Gürteltiere, weist auf Heilpflanzen hin oder verrät wo ein wütender Jaguar die Rinde eines dünnen Baumes mit seinen Krallen zerfetzt hat. Bei einem anderen Streifzug können Markus und ich einen Klammeraffentrupp aus der Nähe bewundern. Die verängstigten Affen schleudern sogar Äste aus der Krone herab, um uns Eindringlinge aus ihrem Reich zu verscheuchen. Einmal trete ich fast auf eine dünne, grüne Schlange im Laub. Die meisten der Reptilien hier sind ungiftig, trotzdem habe ich erst einmal einen ganz schönen Schreck! Ähnlich ergeht es Martin, der beim Wasser holen in der Dunkelheit auf eine große, braune Vogelspinne trifft.

                                                                         Vogelspinne

Als wir einen Löffel zum Größenvergleich für ein Foto neben sie legen, attackiert sie mit einem wilden Sprung und streift dabei das Bein von Markus. Regis erzählt, daß man an ihrem Biss sterben kann!
Auch die Begegnungen am Fluß bleiben interessant. So sehen wir meterlange Zitteraale, die mächtige Stromstöße aussenden können. Kleine Kaimane liegen meist unter den Vorhängen des Ufergebüsches. Unsere erste Anakonda sehen wir zusammengerollt in der Sonne auf der Uferböschung liegen. Der Körper der gut oberschenkeldicken Schlange ist durch seine grün-braune Fleckung nur verschwommen auszumachen. Als wir uns ihr vom Land bis auf wenige Meter nähern, entrollt sie sich in einer blitzschnellen Bewegung und gleitet mit erstaunlicher Geschwindigkeit ins Wasser.
Ein anderes Mal hören wir laute rasselnde Geräusche. Regis erkennt sie gleich als "Riverdogs". Kurz darauf schwimmt die Armada aus 5 Riesenottern rasch auf uns zu, taucht immer wieder ab und verschwindet schließlich. Diese größte Otterart kann zwei Meter Länge erreichen und ähnelt mit ihren scharfen Reißzähnen mehr einem Wolf als einem possierlichen Marderverwandten. Durch rücksichtslose Pelzjagd sind die Riesenotter in großen Teilen ihres Verbreitungsgebietes bereits ausgestorben. Doch hier in Guyana sehen wir fast täglich Gruppen von ihnen.

                                                         Neugierige Riesenotter

Bei einer abendlichen Bootstour, die Markus kurz vor Sonnenuntergang unternimmt, hat er das große Glück zwei Jaguare in den Uferbäumen klettern zu sehen.
Die einzigen Stromschnellen des Kuyuwini sind bei dem hohen Wasserstand verschwunden, daher freuen wir uns, als wir nach neun Tagen den Essequibo erreichen. Wir wissen von Dr. Berrangé, daß dieser Fluss mit zahlreichen Stromschnellen und Wasserfällen gespickt ist.
Doch die ersten beiden Tage strömt er träge in seinem breiten Bett dahin. Dann ändert sich die Landschaft dramatisch: Dunkle Felsen sind überall zu sehen, einige Hügel tauchen auf und oftmals teilt sich der Fluß um ein Gewirr von Inseln in zahlreiche Arme. Große rote Pacu-Fische schwimmen im klaren Wasser, kleine Kaimane sonnen sich auf den Felsinseln und beachten uns kaum. Manchmal springt ein Capybara ins Wasser, das mit 50 kg schwerste Nagetier der Welt.

                                                       Capybaras

 Die Gegend wird so gut wie nie von Menschen besucht, auch nicht von Indianern. Regis glaubt, daß daher die wilden Tiere kaum Angst vor uns haben. Da er einen nächtlichen Jaguarüberfall fürchtet, zieht er es vor im Zelt, statt in seiner Hängematte zu übernachten. Zwar besucht uns keine Raubkatze, aber ein Riesengürteltier läuft nachts geräuschvoll durch das Camp, wie die Spuren am anderen Morgen beweisen.
So ganz wohl ist uns auch nie beim baden, denn wir wissen, daß Piranhas allgegenwärtig sind. Kaum ist ein Angelhaken im Wasser verschwunden, hängt auch schon einer der Raubfische mit den rasiermesserscharfen Zähnen an der Leine. Ihre Gier ist so groß, daß selbst wenn sie gerade einen Haken verschluckt haben und freigekommen sind, sie sofort wieder anbeißen. Trotzdem bleibt es dabei, wir essen sie und nicht umgekehrt! Allerdings stecken die Piranhas voller Gräten und sind daher nicht gerade unser liebster Speisefisch.

                                                            Piranha

Auch die Kaimane sind oft in der Nähe. Bei einer Gelegenheit schaut ein zwei Meter langer Bursche Markus beim waschen aus fünf Meter Entfernung zu! Nachts können wir manchmal ihre roten Augen im Taschenlampenlicht erkennen.

                                              Ein Kaiman wartet in einer Stromschnelle auf Beute

Lautes Rauschen kündigt die ersten Stromschnellen an. Auf ganzer Breite überwindet der Fluß eine etwa 2,5 Meter hohe Schwelle. Natürlich legen wir vorher am Ufer an und erkunden die beste Durchfahrt. Schließlich finden wir eine Art Wasserrutsche über die wir problemlos zwischen den Felsen hindurch schießen.
Die hohen Wellen lassen kaum einen trockenen Faden an uns. Allerdings sind uns solche gelegentlichen Abkühlungen bei den hohen Temperaturen sehr willkommen. An den Hauptfall schließen sich über einige Kilometer weitere, kleinere Stromschnellen an, bevor wir wieder längere Zeit durch ein ruhigeres Stück gleiten. Diese Kombination aus mehr oder weniger hohen Fällen mit kleineren Stromschnellen, auf die ruhige Abschnitte folgen, wiederholt sich häufig am Essequibo. Zwar fahren wir auch mal ein Stück unfreiwillig rückwärts, sind ansonsten aber zufrieden mit dem Verhalten unserer schwer beladenen Boote im Wildwasser. Die Beurteilung der Strömungsverhältnisse, auf die die Festlegung der Fahrroute folgt, ist ebenso wichtig wie Kraft und Geschicklichkeit beim Umgang mit dem Paddel.



                                            In den Stromschnellen des Essequibo

Während wir vorher meist auf den hohen Uferböschungen im dichten Wald campierten, bieten sich nun oft herrliche Lagerplätze auf offenen, kleinen Inseln. Gelbe Sandstrände vor der Kulisse weiß schäumender Wasserfälle verleihen regelrechte Urlaubsatmosphäre.

                                                       Traumhafter Lagerplatz

Wir nutzen die Gelegenheiten um öfter mal einen Ruhetag einzuschieben. Die Nähe der Stromschnellen bietet einerseits interessante Wildwassertrainingsmöglichkeiten, mit dem leer nur 13kg schwerem Boot. Daneben bieten sich manchmal schmale Kanäle an, um das Insellgewirr per Boot zu erkunden. Das Rauschen der Fälle kan man oft kilometerweit hören, wodurch die Orientierung bei ausgedehnten Waldexkursionen erleichtert wird. Kleine, oft nur 20 Meter breite Kanäle durch das Inselgewirr bieten sich für Erkundungen im Boot an.
Zwar beobachte ich bei den Ausflügen in das Innere des Waldes, die ich meist allein unternehme auch große Tiere wie Brüllaffen und Pekaris. Wesentlich häufiger sind jedoch Begegnungen mit kleinen Lebewesen, wie zum Beispiel stahlblau gefärbten Schlupfwespen, die über ihren langen Legestachel Eier in Maden versenken, die in einem vermoderndem Baum leben.

                                                                        Ich bin giftig!





Zwar durchbrechen nur selten die Farbtupfer von Orchideen- oder Lianenblüten das Blättergewirr aber die tausende von unterschiedlichen Grüntönen und Blattformen lassen den Wald keineswegs langweilig erscheinen.

                                                               Seltene Blütentupfer im Grün des Waldes

Langsam wird unsere Kost eintöniger, da Frisches wie Knoblauch und Zwiebeln, aber auch Wurst und Marmelade bereits verspeist sind.



                                                       Wir essen Fisch in allen Variationen...

Trotzdem läßt Markus es sich nicht nehmen, mich an meinem Geburtstag mit über dem Feuer gebackenem Kuchen zu überraschen!
Die Abende am Lagerfeuer mit Regis sind stets ein Erlebnis, egal ob er von Bush Dai-Dai erzählt, dem einäugigen Riesen der tief im Wald lebt und nach Menschenfleisch lechzt oder von noch immer unter den Indianern praktizierter schwarzer Magie. Natürlich erhalten wir auch viele Informationen über Guyana, insbesondere die Situation der Indianer. Jeden Abend singt er ein Lied für uns, mal auf englisch, mal auf Wapisiana. Regis komponiert sogar einen Song über unsere Reise.

                                                                        Lagerleben

Einige Male sehen wir truthahngroße Hokkos, fette, schwarze Hühnervögel die wir vielleicht mit einem Pfeil erlegen könnten. Allerdings belassen wir es dabei, nur mit der Kamera zu schießen. Als wir nachts unmittelbar am Ufer sitzen, kommt der Bogen aber doch noch zum Einsatz: Regis hat einen Aymara gesehen und es gelingt ihm, den Fisch zu schießen. Kurz darauf, als er wieder bei uns sitzt, nimmt er eine Bewegung im Wasser wahr. Er leuchtet mit der Taschenlampe und feuert fast im selben Augenblick seinen Pfeil ab. Der halbmeterlange Aymara flüchtet unter unser Boot, Regis gelingt es, ihn am Pfeil festzuhalten und tötet ihn dann mit seiner Machete.
Weniger beeindruckt zeigt sich unsere dritte Anakonda die sich am Ufer sonnt. Wir möchten sie gerne auch in Bewegung fotografieren und werfen daher mit kleinen Stöckern nach ihr. Sogar als Markus sie mit dicken Prügeln trifft, reagiert sie in keiner Weise. Wahrscheinlich denkt die Schlange: "Schon wieder so ein dämlicher Ast den der Wind vom Baum schmeißt".


                                   Anakonda-die mächtigste Riesenschlange der Welt

Schließlich geben wir auf und setzen die Fahrt fort.
Bisher konnten wir fast alles mit unseren Booten fahren. Nur zweimal mußten die Boote an einer Leine durch eine Stromschnelle dirigieren, deren Befahrung uns zu gewagt erschien.


                                                        Treideln durch unbefahrbare Stromschnellen

Schließlich können wir es uns nicht erlauben, in dieser Wildnis Ausrüstung oder gar ein Boot zu verlieren.
Schomburgk Falls, über die das Wasser 6 Meter tief tost, möchten wir natürlich nicht unbedingt befahren! Aus der Beschreibung von Dr. Berrangé wissen wir, daß man den Hauptfall über einen schmalen Kanal auf der linken Seite umfahren kann. Wir finden diesen Flußarm und müssen dann nur noch ein kurzes Stück treideln um zum Fuß des Wassserfalls zu gelangen.
Die Landschaft wird immer schöner, voller Dschungelberge, Sandinseln und schwarzer Felsen. Einige Tage später erreichen wir Sawkins Falls. Regis und ich fahren als erste. Eine Rutsche führt durch hohe Wellen, bereitet uns aber weiter keine Probleme. Dann kommt das zweite Boot mit Martin und Markus.
Ich verfolge ihre Fahrt im Sucher der Kamera um eine schöne Serie zu fotografieren. Die Beiden treffen die Durchfahrt etwas zu weit links und werden von einer mächtigen Querwelle getroffen, die das Boot in einem Sekundenbruchteil auf den Kopf stellt. Martin gerät unter das Kanu und verliert dabei seine Brille. Glücklicherweise gelingt es den Beiden sich am Boot festzuhalten und sich rasch wieder nach oben zu schwingen.
Der Großteil der Ausrüstung steckt kentersicher im Mittelschlauch, aber auch die auf Deck festgebundenen Säcke blieben an ihrem Platz. Martin hat leider keine Ersatzbrille dabei, daher ist das Versinken seiner Augengläser ein ziemliches Handicap, daß er aber mit Humor trägt. Von nun an ist unser Fotograf halbblind, schießt aber noch erstaunlich gute Bilder!


                                                                        Kenterung

Kurz danach stehen wir vor dem nächsten Abschnitt der Sawkins Falls. Der Hauptstrom in einer scharfen Rechtskurve ist felsengespickt und absolut unbefahrbar. Ein etwas kleinerer Arm daneben verschwindet unter einem höhlenartigen Überhang. Der weitere Verlauf ist nicht einsehbar, daher würde nur ein Lebensmüder in diesen Kanal einfahren. Wir probieren am äußerst rechten Rand einer Insel unser Glück, müssen aber wieder feststellen, daß es für uns hier kein Durchkommen gibt. Selbst das Boot an einer Leine über die Stufe zu treideln ist an dem steilen Ufer nicht möglich. Dann entdecken wir das Felsbrocken gefüllte Bett eines schmalen Kanals, durch den nur nach starken Regenfällen Wasser fließt. Da hier lediglich eine kurze Strecke in relativ offenem Terrain umzutragen ist, lassen wir die Boote aufgepumpt. Allerdings transportieren wir jeden der drei durch Reißverschlüsse verbundenen Schläuche einzeln, entnehmen jedoch nicht das Gepäck aus dem Mittelschlauch.
Nach einer Stunde haben wir das Hindernis umgangen und stehen vor der letzten Stufe der Fälle. Am linken Rand erscheint die Durchfahrt möglich. Nach einer scharfen Kurve muß eine schmale Rutsche zwischen bemoosten Felsplatten getroffen werden. Danach bietet ein kleines Kehrwasser ohne Strömung eine Atempause, bevor es durch eine weitere Durchfahrt in die Hauptströmung mit ihren hohen Wellen geht. Das erste Boot kommt ohne Probleme durch, doch Markus und Martin verfehlen die Rutsche und bleiben auf einer Felsplatte hängen. Die Strömung hebt das Boot an und Martin der vorne sitzt, stürzt aus seiner knieenden Position in das Wasser. Sofort kommt das leichter gewordene Boot frei, aber nur wenige Meter bleiben bis zur nächsten Schwelle. Trotz der kurzen Distanz gelingt es Martin sich vorher wieder auf das Boot zu schwingen. Ich befürchte schon die nächste Kenterung, da den Beiden nach diesem Kletterkunststück nicht genug Zeit bleibt, die Durchfahrt zu treffen. Doch diesmal haben sie Glück und rutschen über die knapp überspülte Steinplatte ohne erneut hängenzubleiben. Auch die Sandale die Martin bei der Kenterung verloren hatte, kommt angeschwommen und wir können die Fahrt fortsetzen. Die Erlebnisse des heutigen Tages werden Markus wohl unvergessen bleiben, denn er hat Geburtstag!
Dumpfes Grollen, tiefer und lauter als alles was wir bisher vom Essequibo gehört haben, kündigt den King George V Wasserfall an. Im Gegensatz zu den Fällen die wir bereits kennengelernt haben, teilt sich der Fluß hier nicht in viele Arme, sondern stürzt nur von einer kleinen Felsinsel an der Kante unterbrochen, zwölf Meter in die Tiefe. Vorsichtig nähern wir uns dem Abgrund am linken Rand, haben dann aber kein Problem unsere Boote und die Ausrüstung über die nur bei Hochwasser überspülten Felsen zu tragen. Ein herrlicher Sandstrand in einer Bucht direkt unterhalb entschädigt uns für die Mühen. Natürlich lassen wir es uns nicht nehmen, hier einen Rasttag einzulegen, bevor wir die Fahrt fortsetzen.


                                                         King George V Wasserfall


Hinter dem Wasserfall folgen weitere Stromschnellen und der Fluß fließt zwischen dunkle Felsen eingezwängt über eine längere Strecke rasch dahin. Doch vor den Manarowafällen verliert er im Gewirr zahlreicher Inseln wieder an Fahrt.
Wir wissen, daß sich diese Fälle in einigen unübersichtlichen Kaskaden über mehr als einen Kilometer erstrecken, daher ist ein längeres Umtragen unvermeidlich. Nachdem wir oberhalb der ersten Stufe an Land gegangen sind, brechen Regis und ich auf, um die Portageroute zu suchen, die Dr. Berrangé bei seiner Fahrt auf dem Essequibo Anfang der 70er Jahre vorgefunden hatte. Tatsächlich stoßen wir schon bald auf eine zum Teil zugewachsene, aber noch immer gut sichtbare Schneise. Sie war von Kautschuksammlern angelegt worden, die bei Hochwasser von der Siedlung Apoteri flußaufwärts fuhren, um das begehrte Harz des Balata-Baumes zu sammeln. Bis Ende der 70er Jahre war es eines der wichtigsten Exportgüter Guyanas und wurde unter anderem zur Ummantelung von Kabeln verwendet.
Leider führt uns der Pfad nur zu einem Platz oberhalb einer anderen Kaskade, wo wir das Nachtlager aufschlagen wollen. Wir müssen den halbstündigen Weg zweimal zurücklegen um unser ganzes Gepäck in den Rucksäcken hierher zu befördern. Diesmal verpacken wir auch die Boote. Wir benötigen längere Zeit um am nächsten Tag die weitere Umtragungsroute zu erkunden und einen Weg auszulichten. Von der alten Schneise entdecken wir nur noch ein kurzes Stück.
Gegen Mittag haben wir dann die Umtragung der Fälle beendet. Wir brechen zu einem Landausflug auf, da wir in dem dichten Wald bisher noch nicht viel von den Manarowafällen gesehen haben. Über schwarze Gesteinsblöcke marschieren wir in der Schlucht des Essequibo aufwärts. In das tosende Wildwasser ergießen sich von der rechten Seite immer wieder hohe Kaskaden über saftig grün bewachsene Felsen. Schließlich erklettern wir einen hohen Uferfelsen und genießen den wohl schönsten Anblick am Essequibo: Den etwa 20 Meter hohen Hauptfall der Manarowafälle, der zwar nicht die beängstigende Wucht des King George Falles aufweist, dafür aber ein malerisches Panorama aus blauem Himmel, weißem Wasser und üppiger Vegetation bildet.


                                                                  Manarowafall

Zwar bildet Grün den Hauptton, aber auch blau blühende Jacarandasträucher und rot-orange Blumen wachsen auf den Felsen in der sprühenden Gischt. Am nächsten Tag erreichen wir den letzten großen Wasserfall, King William IV. Er wurde 1849 von Wilhelm Schomburgk benannt, einem Deutschen der im Auftrag der englischen Krone die Kolonie erforschte. Seine Reise den Essequibo aufwärts endete an diesem Hindernis. Erst 1875 gelang es Barrington-Brown den Essequibo in ganzer Länge aufwärts zu befahren.
Wir stoßen auf eine gut sichtbare Portage und haben daher kein Problem den Fall zu umgehen.
Zurück am Fluß stoßen wir auf einen wunderschönen Lagerplatz an einer Stelle wo ein kleiner, klarer Bach einmündet. Ein großer Zitteraal und ein bunter kleiner Eisvogel nutzen diesen Platz um auf Fischjagd zu gehen.

                                                                   Eisvogel

Als ich bei einem Streifzug durch die Urwaldberge still an einem Baum gelehnt sitze, höre ich leise trappelnde Geräusche. Kurz darauf ziehen 13 Pekaris, das sind kleine Wildschweine, im Gänsemarsch an mir vorbei.
Bei der Weiterfahrt müssen wir noch einmal einige Stromschnellen bewältigen, dann ändert sich die Landschaft: Die Hügel weichen zurück und der Fluß strömt in seinem breiten Bett langsam dahin. Während wir vorher nur maximal 2 Meter lange Reptilien gesehen haben, tauchen nun häufig Schwarze Kaimane auf, für die die Wasserfälle offenbar unüberwindliche Barrieren darstellen. Diese größten Reptilien Südamerikas können 6 Meter Länge erreichen und sind wegen ihrer begehrten Häute in großen Teilen ihres Verbreitungsgebietes bereits ausgestorben. In Guyana sind sie noch recht häufig, aber scheu. Wenn sie uns bemerken, stürzen sie sich gleich ins Wasser, auch wenn wir noch weit entfernt sind.
Als wir bei einer kleinen Insel Sand im hohen Bogen durch die Luft fliegen sehen, denken wir zuerst auch an Kaimane. Doch als wir langsam näher gleiten, stellen wir fest, daß zwei große Arranschildkröten dabei sind Kuhlen zur Eiablage zu graben. Eine bemerkt uns und stürzt mit einer Geschwindigkeit ins Wasser, die man dem plump aussehendem Tier kaum zutraut. Ein Truthahngeier verschwindet ebenfalls. Er hatte nur wenige Meter von den Schildkröten entfernt, auf eine Gelegenheit gewartet, die Eier zu stiebitzen. Doch die andere Schildkröte können wir in aller Ruhe aus der Nähe betrachten. Sie ist ungefähr einen Meter lang und sicher 30 kg schwer. Bei den Indianern und anderen Bewohnern Amazoniens sind sowohl ihr Fleisch als auch die dünnen, kleinen Eier sehr begehrt. Daher sind auch sie vom Aussterben bedroht.


                                             Wir überraschen eine große Arranschildkröte beim Eier legen

Auf einer unserer Karten sind auf diesem Abschnitt des Flusses zwei Siedlungen eingezeichnet. Uns begegnet ein Indianer in seinem Kanu aber erst unmittelbar vor Apoteri.

                                                            Begegnung vor Apoteri

 Wir erfahren, daß die Dörfer in der Karte schon vor sehr langer Zeit aufgegeben wurden. Apoteri an der Einmündung des Rupununi war einst ein wichtiges Zentrum der Balata-Industrie. Doch heute leben die hier wohnenden Macushi und Wapisana ausschließlich von den Erträgen ihrer Felder, Jagd und Fischerei.
Nach über 500 Kilometern und 29 Tagen, wovon wir 23 gepaddelt sind, ist unsere Reise auf Kuyuwini und Essequibo beendet.
Der Empfang ist freundlich aber zurückhaltend. Ein junger Mann spricht uns an und wir erfahren, daß er als Kind seinen halben Arm durch einen Kaiman verloren hat. Wir werden in einem Gebäude der Balata-Firma, das jetzt als Gästehaus dient einquartiert, und verbringen den Nachmittag damit, die Boote zu entladen und unsere Ausrüstung zu verpacken.

                                                   Ankunft in Apoteri

Doch als wir im Licht des Vollmonds in die Siedlung gehen, naht der Höhepunkt des Tages! An vielen Hütten wird uns Parikari angeboten, ein alkoholisches Getränk auf Maniokbasis, dessen Konsistenz, Stärke und Geschmack stark schwankt. Das tuen auch wir, nachdem wir unsere Geburtstagsparties ausgiebig nachgefeiert haben!

                                                          Lecker Parikari...

Zwar hatten die Indianer hier schon häufig Gäste, aber wir sind offenbar die ersten, die Parikari trinken. Vielleicht wußten die anderen ja, daß Speichel eine wichtige Zutat bei der Herstellung darstellt!

                                                                 Die Nachwirkungen…

Am nächsten Tag fahren wir mit einem gemieteten Motorboot den Rupunni aufwärts.
Markus stellt fest, dass in seinem Arm eine Dasselfliegenlarve lebt, die Entfernung ist aber kein Problem…

                                                 Die fiese Larve muss raus...

Regis hatte uns von seiner guten Bekannten Dianne Mc Turk erzählt, die auf ihrer Ranch Karanambo seit 20 Jahren verwaiste Riesenotter aufzieht, und Ökotourismus betreibt. Wir hatten uns mit ihr über Funk von Apoteri aus unterhalten und sie hatte uns eingeladen, sie zu besuchen.
Bei Annai werden wir von einem Geländewagen abgeholt und erreichen die Ranch spät abends. Mrs. Mc Turk ist eine eindrucksvolle Lady, die uns interessante Geschichten aus ihrem Leben erzählt.

                                                  Bei Dianne McTurk

Der Großteil ihrer Kunden sind Vogelbeobachter, die hier in den Altwässern und Lagunen des Rupuni ein reiches Betätigungsfeld vorfinden. Auch wir erkunden am nächsten Tag mit einem Indianer vom Boot aus die Landschaft des Savannenflusses. Wir sehen unzählige Kaimane, blühende Amazonas Lilien, deren runde Blätter einen Meter Durchmesser haben, Riesenstörche, zahlreiche Eisvogel- und Reiherarten, sowie viele andere Vögel. Die meisten Arten kennen wir schon aus dem Regenwald, aber in diesem Vogelparadies ist die Fülle an Individuen noch beeindruckender. Höhepunkt des Tages ist ein Habicht, der am Ufer einer nur 30 Zentimeter langen aber hochgiftigen schwarz-rot-gelb gefärbten Korallenschlange gegenübersteht, sich aber offensichtlich nicht traut sie anzugreifen und bei unserem näherkommen verschwindet.
Der Wagen von Dianne bringt uns nach Lethem, das wir ja schon kennen. Wir wollen auf der Piste zurück nach Georgetown und finden auch einen Schwarzen, der dorthin fahren will. Später treffen wir dann aber einen Macushi, der uns vor unserem Chauffeur warnt. Dieser würde Drogengeschäfte machen und auch wir könnten Probleme kriegen, wenn bei einer Kontrolle etwas bei ihm gefunden wird. Wir beherzigen den Ratschlag und nehmen ein Flugzeug, da kein anderes Auto die Strecke fährt.
Noch einmal beeindruckt uns der unendliche grüne Teppich der Regenwälder Guyanas. Wie wir erlebt haben, gibt es in diesem Land noch viel unberührte Natur. Doch schon haben große Holz-und Bergbaufirmen mit der Ausbeutung der natürlichen Reichtümer begonnen. Wir befürchten, wenn es nicht jetzt gelingt große Schutzgebiete auszuweisen, wird es in einigen Jahren vielleicht zu spät sein. Eine der letzten grandiosen Tropenwaldwildnisse würde dann unwiederbringlich verschwunden sein.

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