Da die Straße durch Monticello eine einzige Baustelle ist, muss ich zunächst einmal zum Ende der Stadt laufen, bis ich an eine geeignete Stelle zum Trampen komme.
Monticello liegt am Fuß der fast 3500 Meter hohen Abajo Mountains, daher ist es hier recht frisch und ich ziehe einen Fleecepullover über.
Nachdem ich etwas eine halbe Stunde gewartet habe, hält ein alter Mann und nimmt mich mit. Er will seinen Bruder abholen um mit ihm eine Quad Tour durch die Berge zu unternehmen. Die soll lediglich zur Vorbereitung einer Ausfahrt ihres Clubs dienen.
Mir sind zwar donnernde Motoren in der Wildnis ein Graus, aber natürlich gebe ich dazu keinen entsprechenden Kommentar ab…
Sein Bruder, den wir in Blanding abholen, ist ebenfalls schlank und fit. Ok , das liegt vielleicht daran, dass die Beiden noch nicht zur Fastfood- Zeit aufgewachsen sind.
An der Tankstelle außerhalb von Blanding wo sie mich absetzen, dauert es keine 5 Minuten bis ein großer Van mit Boot im Schlepptau hält. Es handelt sich um eine Mormonenfamilie mit ihren 4 Kindern, die eine Tour mit ihrem Boot auf dem Lake Powell unternehmen wollen. Zwar sollte man meinen, dass ein Immobilienmakler durch die zur Zeit herrschende Krise schwer gebeutelt ist, aber die ganze Familie strahlt den typisch amerikanischen Optimismus aus.
Voller Stolz erzählen sie davon, wie 1846 die ersten mormonischen Pioniere in mühsamen Planwagentrecks aus dem Osten hierher kamen.
Da sie wegen ihrer Religion von ihren Mitmenschen schwer unter Druck gesetzt wurden, entschlossen sie sich irgendwann im Wilden Westen ihr Glück zu suchen und fanden in Utah ihr „Gelobtes Land“
Bei Halls Junction habe ich wieder Glück, ein Bulli hält und schon sitze ich neben einem sympathischen professionellen Landschaftsfotografen, der in New Mexico sogar eine Galerie besitzt!
Häufig besucht er das Coloradoplateau um zu fotografieren, besonders der Capitol Reef Nationalpark hat es ihm angetan. Diesen werde ich auch demnächst kennen lernen, daher bin ich umso mehr gespannt.
Am Lake Powell vorbei geht es immer weiter durch die endlosen roten Einöden.
Ich kann es gar nicht richtig fassen, dass ich durch diese Landschaften wandere.
Schließlich erreichen wir den Startpunkt für meine nächste Etappe. Ich lasse meinen Rucksack am Straßenrand zurück um die Aufschrift auf einem Schild zu lesen, dass auf den Poison Springs Canyon hinweist.
Mich durchfährt ein wilder Schreck, als ich sehe, wie mein „Chauffeur“ über meinen Rucksack fährt!
Dieser bleibt unter dem Bulli hängen und wird über den Asphalt der Straße geschleift. Ich renne hinter her und brülle aus Leibeskräften. Offenbar zeigt das Wirkung. Der Fahrer hält mitten auf der Straße und steigt aus. Mein Rucksack liegt einige Schritte entfernt ebenfalls auf dem Belag der Straße. Während er diesen in Sicherheit bringen will, beginnt ein unglaubliches Schauspiel: Im Zeitlupentempo setzt sich der Bus in Bewegung und rollt langsam zur Straßenböschung hinter der ein Abhang liegt. Doch glücklicherweise stoppt ein großer Stein das Gefährt bevor es an Fahrt aufnimmt und den Hang hinabstürzt.
Mit vereinten Kräften gelingt es uns den Bulli zurück auf die Straße zu schieben. Dann begutachten wir den Schaden. Am Bus ist lediglich die Stoßstange etwas eingedellt, dafür sieht mein Rucksack arg mitgenommen aus. Etliche Löcher gähnen im Stoff, und Riemen sind abgerissen. Das Zelt, das außen befestigt war, erscheint ebenfalls ziemlich in Mitleidenschaft gezogen, und einer meiner Wanderstöcke ist verbogen.
Aber vor allem mache ich mir um meine Kamera Sorgen, die ich im Rucksack verstaut hatte. Glücklicherweise stelle ich fest, dass der Inhalt des Sacks unversehrt geblieben ist. Auch das Zelt hat nur einige kleine Löcher, lediglich der Beutel in dem es sich befand ist ziemlich zerfetzt.
Der Rucksack hat bereits viele Jahre auf dem Buckel daher kommt es mir vor allem darauf an, dass er noch halbwegs funktionstüchtig ist. Das scheint der Fall zu sein.
Nichts desto trotz verlange ich von dem Mann der von dem Vorfall deutlich stärker mitgenommen ist als ich, dass er mir den Schaden ersetzt. Der nächste Outdoorladen wo ich meine schadhafte Ausrüstung erneuern könnte befindet sich in Moab wohin weder ich zurück will, noch er, da das seine Pläne völlig durcheinander bringen würde.
Es bleibt also nur ein Schadenersatz in Geld. Wahrscheinlich hätte der Mann die von mir verlangten 200 Dollar sogar bezahlt, allerdings hat er nur 60 Dollar in bar dabei, und der nächste Ort mit einem Geldautomaten ist weit entfernt.
Nun, wichtiger als Geld ist mir meine Tour ohne Verzögerung fortsetzen zu können, daher nehme ich die 60 Dollar und wir verabschieden uns freundlich.
Endlich kann ich jetzt die Überquerung der Henry Mountains beginnen, auf die ich besonders gespannt bin. Die Henrys sind eine etwa 50 Kilometer lange Bergkette vulkanischen Ursprungs die aus der Wüste bis über 3500 Meter Höhe aufragen. Aufgrund ihrer extremen Abgelegenheit, waren sie der Gebirgszug der als letztes in den USA kartiert wurde. Besonders fasziniert mich, dass hier über 200 Bisons leben, die nach dem sie wie fast überall ausgestorben waren, bereits 1941 wieder angesiedelt wurden.
Vor mir ragen die Henry Mountains auf
Zunächst folge ich einer wenig befahrenen Fahrspur über eine mit Dornsträuchern locker bewachsene, heiße windgepeitschte Ebene.
Aus der Ferne kaum bemerkbar stoße ich auf einige Täler die sich schon bald canyonartig verengen. Es ist gar nicht so einfach, hier den richtigen Einschnitt zu finden, daher muss ich einmal auch ein Stück weit zurück laufen, nachdem ich festgestellt habe, dass der Canyon dem ich gefolgt bin in die falsche Richtung führt.
Auch hier sind die Sandsteinfelsen von den seltenen Fluten die aus den Bergen kommen regelrecht glatt poliert. Irgendwann stoße ich auf eine breite offenbar regelmäßig befahrene Piste. Auf der läuft es sich zwar langweilig, dafür gewinne ich rasch an Höhe.
Das erste Zeichen dafür, dass ich die trockenen Ebenen verlasse, ist das Auftauchen verstreuter Wacholder. Wieder einmal sieht es stark nach Gewitter aus, aber wie ich ja weiß, fallen meist, wenn überhaupt nur ein paar Tropfen. Schließlich beginnt der Bergwald voller Aspen mit weißer Rinde, hohen Kiefern und Douglasien. Ich habe lediglich 8 Liter Wasser von der Straße mitgenommen, da ich relativ sicher war, dass die Bäche in den Henrys nicht vollständig austrocknen.
Doch als ich Crescent Creek erreiche, ist das dicht bewachsene Bachbett zunächst knochentrocken. Erst ein ganzes Stück weiter aufwärts finde ich schließlich etwas von dem ersehnten Nass und schlage in der Nähe in einem Sagebrush- Gebüsch mein Lager auf. Beim Auspacken muss ich feststellen, dass bei einem der Platyphus Behälter das Überfahren des Rucksacks ein Loch hinterlassen hat, weshalb er natürlich nicht mehr brauchbar ist. Zum Glück ist Wasser auf dieser Etappe wohl kein großes Problem!
In der Nacht kommt starker Wind auf und es regnet heftig für einige Minuten. Offenbar beginnt die Gewittersaison jetzt doch!
Schöne Lichtstimmungen ergeben sich als am nächsten Morgen die Sonne durch die abziehenden dunklen Wolken über den Ebenen bricht.
Manchmal ergeben sich Ausblicke zu den jetzt bereits recht nah erscheinenden Gipfeln. Diese sind zwar recht hoch, wirken aber überhaupt nicht alpin. Nach der Sandsteinwüste freue ich mich über die mit Maultierhirschen und allerlei Kleinvögeln belebten Wälder hier umso mehr.
Aspen und sattgrüne Nadelwälder auf den Hängen der Henrys
Es gibt aber auch große Waldbrandflächen. Unter den ausgebleichten Stämmen wächst aber häufig bereits ein dichter Unterwuchs aus Aspen der bereits herbstlich gelb leuchtet.
Herbstlich gelb verfärbte Aspen erobern die Waldbrandflächen
Der einige Meter höhere Nordgipfel von Mount Ellen liegt in greifbarer Nähe. Dort oben ist ein Geocache versteckt, den ich eigentlich suchen wollte. Allerdings erscheint das Wetter ziemlich instabil daher möchte ich mich in diesen exponierten Lagen nicht länger als nötig aufhalten.
Schließlich erreiche ich den 3481 m hohen Südgipfel Mount Ellens.
Weit schweift mein Blick über die Wälder der Hänge hinab in die dunstige Wüste und bis zur bizarren Auffaltung des Waterpocket Fold, die ich in einigen Tagen erreichen möchte. Ein Sendemast stört mein Wildnisgefühl und wiederum muss ich feststellen, dass ich mir mehr von den Henry Mountains versprochen hatte.
Während ich lange weglos dem jetzt nicht mehr so übersichtlichen Grat folge braut sich über der Wüste ein Unwetter zusammen und kommt stetig näher. Als ich regelrechte Wasservorhänge nieder gehen sehe, wird mir klar, dass ich es wohl nicht mehr ganz schaffen werde. Im Eiltempo verlasse ich den Grat und schlage in einer halbwegs geschützten Mulde mein Zelt auf.
Wann erreicht mich der Regen?
Nachdem ich den Grat verlassen habe und mit dem Abstieg ins Tal des Sweetwater Creek beschäftigt bin, erwischt mich dann aber doch heftiger Regen. Das ich meine kurze Hose anlasse entpuppt sich schon bald als Fehler, denn durch die Verdunstungskälte wird es mir ziemlich frisch. Es dauert auch recht lange, bis ich im Kiefernwald einen Platz entdecke, der für ein Lager halbwegs geeignet ist.
Als der Regen schließlich aufhört laufe ich trotzdem weiter. Durchnässt bin ich sowieso schon, daher kann mir die klatschnasse, dichte Buschvegetation im Tal nicht mehr viel anhaben. An einer traumhaften Stelle mit mächtigen Ponderosa Kiefern erblicke ich 9 Wildhühner, dabei auch kleine Küken die im Gänsemarsch hintereinander her marschieren und dabei leise Geräusche von sich geben. Es handelt sich um wilde Truthühner, die ich noch nie zuvor gesehen habe ! Sogar der blaue Himmel ist wieder da, auch wenn immer wieder mal einige Tropfen fallen, was das Trocknen meiner Sachen erschwert. Trotz des Regens muss ich einige Zeit im Bachbett suchen, bis ich etwas Wasser gefunden habe.
Nach wie vor ist alles schwer durchnässt, daher kratze ich etwas Harz von einer Kiefer um damit meinen Hobo Kocher zu entfachen.
In der Nacht heulen einige Coyoten in meiner Nähe.
Am Morgen ist alles klamm und kühl. In langer Hose und Fleecepullover unternehme ich einen kleinen Spaziergang damit meine Sachen trocknen können bevor ich mein Lager abbaue. Im felsigen Kiefern- Wacholder Wald komme ich gut vorwärts und es macht Spaß die Gegend mal unter ganz anderen Bedingungen als dem gewöhnlichen, strahlenden Sonnenschein zu sehen. Als sich Aussichten über die Berge hinaus eröffnen, stelle ich fest, dass bereits jetzt, so früh am Morgen die nächste Gewitterfront aufzieht! Ich beeile mich und bin mit den ersten Blitzen aber noch vor Einsetzen des heftigen Regens wieder beim Zelt. Gewitter schon vor 9 Uhr morgens, offenbar hat die „Regenzeit“ jetzt richtig eingesetzt!
Bald ist die Sonne wieder da und gegen Mittag setze ich meinen Weg den Sweetwater Canyon abwärts fort. Bald stoße ich auf eine kleine Steilstufe, die sich aber einfach umklettern lässt.
Steilstufe im Bachbett
Der nächste Absatz nur ein Stückchen weiter ist dagegen viel schwieriger. Zwar gelingt es mir relativ einfach wieder aus dem Canyon zu klettern, aber danach erlauben die steilen Wände für längere Zeit keinen Wiedereinstieg. Ich mache dann den Fehler zu früh wieder in das Tal abzusteigen, was zunächst auch gut klappt. Es fehlen nur noch lächerliche drei Meter bis ich wieder am Grund der Schlucht bin. Ich erkunde verschiedene Varianten, muss dann jedoch erkennen, dass ich nur mit hohem Risiko weiterkäme. Seit dem ich gestern die Piste verlassen habe traf ich keinen anderen Menschen und werde wohl auch so schnell niemanden mehr sehen.
Es wäre dumm hier etwas zu wagen, was dann zu einem gebrochenem Bein und damit verbundener Bewegungslosigkeit führen würde. Die Vernunft siegt und ich steige mühevoll wieder nach oben. Als ich einige Zeit später eine wesentlich einfachere Abstiegsmöglichkeit entdecke, wird mir klar, dass meine Entscheidung goldrichtig war.
Sweetwater Canyon
Irgendwann erreiche ich wie im Führer beschrieben ein von Norden einmündendes Nebental, in dem es eine Quelle geben soll. Obwohl der Bach völlig trocken zu sein scheint, entdecke ich ein Stück weit aufwärts tatsächlich die Quelle. Im Gegensatz zu dem bisher vorgefundenem Wasser schmeckt dieses ziemlich bitter, aber was solls, trinken muss ich.
Da mir bewusst ist, dass das Wetter noch immer sehr instabil ist, wähle ich meinen Lagerplatz in der Nähe der Einmündung auf einer erhöhten Stufe mit Bedacht aus, obwohl ich mir natürlich nicht vorstellen kann, was da noch auf mich zukommt….
Ich unternehme einen Spaziergang um den weiteren Verlauf des Canyons zu erkunden. Doch als ich eine weitere Gewitterwand aus Osten kommen sehe, eile ich rasch zum Zelt zurück und beginne zu Kochen. Wenigstens sprudelt das Wasser bereits als es zu regnen beginnt. Es dauert nicht lange und der Regen wird stärker. Daher lasse ich meine Nudeln vor sich hin köcheln und suche Schutz unter einem Felsüberhang der ins Bachbett ragt. Schon bald wird aus dem leichten Regen ein wütender Hagelschauer und dann regnet es nicht mehr, es scheint als ob jemand ununterbrochen ganze Badewannen über jedem Quadratmeter ausleeren würde. Als das bis dahin knochentrockene Bett des Sweetwater Creek sich in ein langsam fließendes Rinnsal verwandelt, halte ich es für besser meinen schützenden Unterstand zu verlassen. Und ja, es dauert keine fünf Minuten mehr bis eine donnernde, schmutzig braune Welle angetost kommt, die mich locker fortgerissen hätte. Allerdings ist das Bachbett hier nur drei Meter breit, daher hätte ich es auch, in dem Moment als ich die Sturzflut sah noch geschafft, aus dem Sweetwater Creek zu kommen.
Flashflood
Mittlerweile stürzen von den steilen Felswänden ringsum regelrechte Wasserfälle herunter, die natürlich auch früher oder später im Creek landen.
Dann geschieht etwas Unglaubliches: Ganz in der Nähe meines Zeltes bricht ein großer Felsbrocken aus der Wand und kracht in einer Staubwolke etwa 20 Meter entfernt auf den Boden. Ein geologisches Ereignis geschieht quasi im Zeitraffer!
Der Felssturz in der Nähe meines Zeltes
Das Unwetter dauert nur wenige Minuten. Als ich zur Kamera greife, sieht der Bach bereits wieder relativ harmlos aus, kein Vergleich zur Gewalt der „Flashflood“ die durch den Canyon getobt ist.
Nach dem Unwetter
Mein Zelt hat das Unwetter gut überstanden. Obwohl an vielen Stellen noch das Wasser steht, herrscht bei mir kein „Land unter“. Ich bin froh, dass ich meine Wasservorräte bereits aufgefüllt habe, denn auch das Wasser im Nebencreek ist eine einzige graue Schlammsuppe, mit der man nicht einmal abwaschen kann…
Nach nur eineinhalb Stunden hat sich Sweetwater Creek zu einem nur noch schwach fließenden Rinnsal verwandelt.
Bald sind nur noch Spuren der Flashflood übrig
Am nächsten Morgen quälen mich einige „flüssige“ Durchfallattacken, das bittere Wasser der gestrigen Quelle war wohl doch nicht wirklich genießbar…
Erst gegen 7.30 gehe ich los. Es ist ziemlich kühl, dunstig und feucht, als wenn ich plötzlich in einer anderen Welt und nicht mehr auf dem sonnigen Coloradoplateau wäre. Zwar ist Sweetwater Creek bis auf einige Pfützen wieder trocken, aber die Steine im Bachbett sind von einer zähen Schlammschicht überzogen. Ich rutsche nicht aus, aber es fühlt sich bald so an, als hätte ich zentnerschwere Gewichte an den Stiefeln.
Irgendwann erreiche ich eine Piste, die auf das Hochplateau der Tarantula Mesa führt. Es scheint als setze sich langsam die Sonne wieder durch und der gewohnte strahlend blaue Himmel erscheint wieder. Die Fahrspur erklimmt das ansonsten ziemlich schroffe Plateau an einer relativ flachen Stelle. Ich freue mich ungemein als ich auf einem Felsen ein tiefes Loch mit frischem Wasser entdecke!
Immer wieder verhüllen Dunstschwaden die Umgebung. Bestimmt ein seltenes Ereignis in dieser trockenen Gegend!
Immer wieder verhüllen Dunstschwaden die Umgebung
Laut Führer gibt es nur eine Stelle an der man den Steilabfall des Plateaus hinabsteigen kann, daher bin ich in gespannter Erwartung ob es mir gelingen wird, diese Stelle zu finden.
Als ich die Piste verlasse navigiere ich anhand von Karte, Kompass, GPS und der Beschreibung aus dem Führer mit äußerster Konzentration um die Schlüsselstelle nicht zu verfehlen.
Wie komme ich von der Mesa wieder herunter?
Als ich auf einige Steinmännchen stoße, bin ich ziemlich erleichtert. Aber die hatte ich in Johns Canyon ja auch gefunden…
Die Abstiegsroute ist zunächst ziemlich unübersichtlich und immer wieder muss ich erst einmal ein wenig suchen, wo es weiter geht, aber schließlich habe ich die Stelle erreicht, von der es im Führer heißt, dass man hier wohl besser den Rucksack an einem Seil herablässt…
Nun, ich habe kein Seil dabei, da es mir zu risikoreich erschien, dass mein Gepäck bei so einer Abseilaktion abstürzt, daher hatte ich mir vorgenommen keine Route einzuschlagen die ich nicht mit Gepäck bewältigen kann. Soweit die Theorie…
In der Realität ist es tatsächlich sehr viel schwerer Kletterabschnitte mit einem großen Rucksack auf dem Rücken zu bewältigen und auf dem Hayduke Trail gibt es manchmal kurze Stufen, bei denen ein Herablassen des Rucksacks sinnvoll wäre.
Was solls, ich habe kein Seil, also muss es so gehen.
Zwar ist mir etwas mulmig, aber das Kletterstück entpuppt sich als einfacher als ich befürchtet hatte, und ich gelange glücklich in die Blockfelder unterhalb.
Abstieg von Tarantula Mesa
Mittlerweile ist das nächste Gewitter aufgezogen und es regnet auch eine Zeit lang.
Diesmal habe ich aber Glück, zwar lassen die dunklen Wolken ein Unwetter erwarten, aber ich befinde mich offenbar lediglich am Rand der Gewitterzone.
Wieder einmal kann ich die ganz besonderen Lichtstimmungen genießen, die die Felslandschaft in ein unwirkliches Licht tauchen.
Ein Gewitter zieht auf
Unwirklich anmutende Lichtstimmungen
Eine extrem enge Schlucht, in der man durchaus klaustrophobische Gefühle entwickeln kann, ist nicht einfach zu passieren. Der Schlamm der gestrigen Flashfloods ist noch überall als zähflüssige Masse vorhanden.
Umso größer ist die Freude als ich ein breites Tal voller grüner mit alten Wacholdern bestandenen Grasflächen erreiche. Schilf verrät, dass hier permanent Wasser vorhanden ist und tatsächlich entdecke ich unweit eines perfekten Lagerplatzes auch eine gute Wasserstelle.
Zwar wird es nach Einbruch der Dunkelheit recht kühl, aber in meine leichte Daunenjacke gehüllt sitze ich noch lange draußen und sehe den jagenden Fledermäusen zu.
Am Morgen ist es frisch und ich laufe mit Windshirt und langer Hose los. Der Hayduke Trail soll weiter über alte Viehwege und Minenstraßen führen, aber wie gestern schon ist kaum noch etwas davon zu erkennen. Da ich auch heute keinem eindeutigen Canyon folge, ist wieder hohe Konzentration erforderlich um eine günstige Route durch das schwierige, aber wunderschöne Gelände zu finden.
Den Bergen des Waterpocket Fold, die ich von den Henrys zum ersten Mal sah, bin ich jetzt bereits recht nah gekommen. In der klaren Morgenluft eröffnen sich herrliche Ausblicke auf die Farbenpracht der unterschiedlichen Gesteinsschichten der Auffaltung.
Waterpocket Fold
Schließlich muss ich einen Weg in den Swap Canyon finden. Zwar schlage ich nicht die Route des Führers ein, aber der Abstieg bereitet mir keine Schwierigkeiten.
Hinter einer Felsschwelle entdecke ich einen großen Pool. Es scheint, als ob meine Wasserprobleme fürs erste aufgrund der Gewitter gelöst sind…
Ein Schild verrät den Beginn des Capitol Reef Nationalparks. Da dieser wunderschöne Park indem das Waterpocket Fold liegt, nur relativ wenig von Touristen besucht wird, ist das Permit für Wanderungen mit Übernachtung hier im Gegensatz zu den anderen Nationalparks kostenfrei.
Gegen 13 Uhr erreiche ich den Burr Trail, eine Schotterstraße auf der es noch etwa 60 Kilometer bis Boulder sind, einem kleinen Ort in dem ich neue Verpflegung kaufen möchte. Es gibt hier nur wenig Verkehr, aber obwohl die ersten Autos die ich sehe in die falsche Richtung fahren, halten die Fahrer an, und fragen mich ob alles ok ist.
Typische, nette hilfsbereite Amerikaner!
Der Burr Trail war ursprünglich eine Route auf der Rinder von ihren hochgelegenen Sommerweiden in der Nähe von Boulder zu den tiefgelegenen Winterweidegründen am Colorado getrieben wurden.
Nach einer Stunde hält ein Paar aus Arizona in ihrem kleinen Jeep und nimmt mich mit. Da sie unterwegs häufig halten um Fotos zu machen, benötigen wir 2 Stunden bis wir den mit lediglich 180 Einwohnern sehr kleinen, verstreuten Ort Boulder erreichen.
Es gibt hier eine größere wahrscheinlich recht teure Unterkunft, die Boulder Mountain Lodge, die einen guten Eindruck auf mich macht, aber ausgebucht ist und einige private Unterkünfte. In der Circle Mountain Lodge nehme ich mir ein Zimmer und genieße zunächst die warme Dusche.
Der Supermarkt in Monticello war weniger gut bestückt als der in Moab, was wird mich nun hier in dem winzigen Boulder erwarten?
Meine Wirtin gibt mir einen Tipp, wo ich einkaufen soll. Ich brauche dann zwar eine halbe Stunde bis zum Laden Hill and Hollow an einer Tankstelle, dieser erweist sich aber als erstaunlich gut sortiert. Von ordentlichem Müsli bis zu Nussmischungen finde ich für die nächste Etappe alles was mein Herz begehrt.
Boulder liegt unterhalb des Aquarius Plateaus auf über 2000 Meter Höhe. Im Kontrast zur tiefer gelegenen Sandsteinwüste gibt es in der Umgebung bereits wieder grüne Wiesen und Wälder.
Abends genieße ich ein hervorragendes Beef Stew gekrönt von einer Portion Schokoladenkuchen im Burr Trail Grill.
Obwohl ich im Komfort eines weichen Bettes eigentlich gut schlafen sollte, gelingt mir das mal wieder nicht besonders. Irgendwie schlafe ich in meinem Zeltchen oder unter den Sternen viel besser.
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