Gibt es eine Gegend in Afrika in der es viele Wildtiere, traditionell lebende Nomaden und eine schöne Landschaft gibt, bei deren Durchwanderung man sich ein wenig wie einer der Entdecker des 19. Jahrhunderts fühlen kann?
Dieser Frage ging ich bei meiner Wanderung im Nordosten Ugandas nach. Doch zunächst einmal möchte ich erzählen, wie ich darauf kam, eine Wanderung dort zu unternehmen.
Kurz nach meiner Rückkehr aus Australien, im Herbst 2012, telefonierte ich mal wieder mit Gabriel. Gabriel ist ein 26- jähriger Student, der trotz seines jungen Alters schon eine ganze Menge anspruchsvoller Trekkingtouren, vor allem in Alaska unternommen hat.
Er erzählte mir, dass er in seinen nächsten Semesterferien nach Ostafrika möchte. Dabei hatte er zunächst eine Radtour in Äthiopien im Sinn. Da er noch keinen Partner für diese Unternehmung hatte, fragte er mich, ob ich interessiert sei.
Nun, Afrika war lange Zeit mein Lieblingskontinent, den ich schon viele Male bereist hatte, daher war ich gleich von dem Gedanken entzündet, mal wieder eine Reise dorthin zu unternehmen.
Abgesehen davon konnte ich mir auch sehr gut vorstellen, mit Gabriel unterwegs zu sein. Zwar hatten wir uns noch nie persönlich getroffen, aber von dem was er im Internet geschrieben hatte und einigen Telefonaten erschien er mir ein interessanter, sympathischer Typ zu sein. Obwohl er nie zuvor in Afrika gewesen war, ging ich davon aus, dass er mit der Entschlossenheit und Zähigkeit die er bei seinen bisherigen Trekkingtouren gezeigt hatte, auch überall sonst gut klar kommen würde.
Zwar war ich auch schon einmal mit dem Mountainbike in Kenia unterwegs gewesen, allerdings reizte mich die Vorstellung einer Radtour wenig.
Aber der Gedanke einer Afrikareise hatte mich gepackt. Während ich einen Waldspaziergang unternahm, dachte ich über mögliche Ziele in Ostafrika nach, die mich interessieren könnten. Zwar gibt es dort in den Nationalparks durchaus noch große Wildnisgebiete, aber leider ist es dort in der Regel verboten, das Auto auch nur für ein paar Schritte zu verlassen, geschweige denn trekken zu gehen.
Zwar gibt es in einigen Gegenden sogenannte Walking Safaris, diese bieten aber natürlich nicht die Freiheit die ich beim trekken schätze und sind zudem sehr teuer.
Außerhalb der Parks und Reservate gibt es dagegen meist nur noch wenig Wild, dafür aber viele Menschen, kurz gesagt, Landstriche die das Potenzial für selbstorganisierte Wildnistrekkingtouren mit afrikanischem Flair bieten, sind dünn gesät.
Aber nach einigem Nachdenken und kurzer Internetrecherche hatte ich eine Gegend entdeckt, die für eine Unternehmung nach meinem Geschmack lohnend erschien: Karamoja!
Karamoja ist die Nordostprovinz Ugandas, deren Bewohner bis vor kurzem fast alle als Nomaden lebten. Während der Rest Ugandas meist grün und üppig erscheint, ist Karamoja trocken und karg. Daher ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass es die ärmste und am wenigsten entwickelte Gegend des Landes ist. Es gibt dort nur einige Staubpisten und selbst die größeren Orte sind noch nicht an das Stromleitungsnetz des Landes angeschlossen.
Auch in normalen Jahren gibt es nur eine Regenzeit, die relativ wenig Niederschlag bringt, oft fällt diese aber nur schwach aus oder findet gar nicht statt.
Zu den Problemen des Naturraums kam die weite Verbreitung automatischer Waffen. Gewaltsamer Viehraub war seit jeher unter den Nomaden Ostafrikas weit verbreitet. Während die Auseinandersetzungen bis in die siebziger Jahre noch im Wesentlichen mit dem Speer ausgetragen wurden, war bis in die jüngste Zeit fast jeder Mann mit einem Kalaschnikow Sturmgewehr bewaffnet. Man kann sich unschwer vorstellen, dass das die Zahl der Opfer bei den Kämpfen und auch die allgemeine Unsicherheit in vorher unbekannte Dimensionen gesteigert hat.
Durch massiven Einsatz des ugandischen Militärs ist Karamoja seit wenigen Jahren wieder weitgehend befriedet.
Aus alten Reiseberichten wusste ich, dass Karamoja lange Zeit als eines der großen Wildtierparadiese Ostafrikas galt. Walter Bell, ein schottischer Großwildjäger kam 1902 als erster Weißer in diese Gegend und machte ein Vermögen mit dem Elfenbein der Elefanten die er in Karamoja schoss.
Auch nach Ende der Kolonialzeit in den sechziger Jahren setzte der junge ugandische Staat die Naturschutzpolitik der Engländer fort und stellte den größten Teil Karamojas unter Schutz.
Obwohl diese Reservate größtenteils noch heute bestehen, war aus dem Internet lediglich zu entnehmen, dass der Kidepo Valley Nationalpark im äußersten Norden Karamojas zwar lange Zeit stark von Wilderei betroffen war, sich inzwischen die Wildbestände aber wieder erholt haben.
Über die anderen Reservate las ich widersprüchliches. Während manche schrieben, dass es in den Reservaten nur noch zahme Kühe gibt, fand ich heraus, dass seit kurzem in manchen Teilen die Safarijagd wieder erlaubt ist. Berichte von Jägern schwärmten von einem Afrika wie im 19. Jahrhundert mit mehr Wildtieren als in manchem Nationalpark.
Aus Karten und Google Earth wusste ich, dass sich entlang der Grenze zu Kenia ein Bergkette mit einigen Gipfeln zwischen 2000 und 3000 Metern Höhe erstreckt, was landschaftliche Abwechslung versprach.
Nun, alles was ich in kurzer Zeit über Karamoja recherchiert hatte, klang vielversprechend und so überrascht es wenig, dass auch Gabriel gleich Feuer und Flamme für eine Trekkingexpedition nach Karamoja war. Eine Durchquerung der ganzen Provinz vom Mount Elgon im Süden bis zur sudanesischen Grenze im Norden erschien uns sehr lohnend, wenn auch schwierig.
Allerdings gab es noch viel zu tun, bevor es losgehen konnte...
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