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19.02.2014

Durch die Dschungel von Kambodscha 2 - Seima 1

Es ist paradox: Schilder an der Straße weisen auf das geschützte Snuol Wildreservat hin, dabei reicht unmittelbar dahinter frisch gerodeter Wald bis zum Horizont. Mit Feuer und Bulldozern werden hier großflächig Gummibaumplantagen angelegt. Offenbar heute ein typisches Bild in Kambodscha, wo selbst auf dem Papier streng geschützte Gebiete zur industriellen Rodung frei gegeben werden.
Ich sitze im Bus von Pnomh Penh nach Sen Monorom in der Mondulkiri Provinz im Nordosten des Landes. Bald werden wir das Gebiet erreichen, welches ich mir für meinen langen Dschungeltrek ausgesucht hatte, und mir schwant Übles. Auf Google Earth sah die Gegend sehr gut aus, ohne Pisten und kahl geschlagene Flächen, aber wie wird die Realität sein?



Nun, ich erlebe eine positive Überraschung, zum ersten Mal während der Busfahrt erreichen wir eine unberührt wirkende Naturlandschaft, mit tollem, bergigem, immergrünen Regenwald. Meine geplante Route habe ich aus Google Earth in mein GPS übertragen, und so kann ich mit angeschaltetem Gerät schon mal sehen, wie es an meinem Startpunkt aussieht. Alles wirkt gut, und so weicht meine Spannung ein wenig einer erwartungsvollen Vorfreude.
Der erste Teil meiner Wanderung soll durch das 3000 qkm große Seima Waldreservat führen. Hier ist die amerikanische Naturschutzorganisation Wildlife Conservation Society (WCS) aktiv. Laut deren Website birgt das Gebiet noch zahlreiche Naturschätze wie eine Elefantenpopulation, Wildrinder wie Gaur und Banteng, einige bedrohte Primatenarten und eventuell noch ein paar Tiger. Vor dem Abflug hatte ich e-mail Kontakt mit der Organisation, da hier auch Ökotourismus aufgebaut werden soll, und ich eventuell mit einem einheimischen Führer gehen wollte. Es gelang mir auch im Internet einen Guide zu finden, der zunächst interessiert zu sein schien. Als ich allerdings etwas detaillierter beschrieb, was ich vorhabe, meldete er sich aus mir  unbekannten Gründen nicht mehr…
Kein Problem, dann gehe ich halt wie gewohnt allein…
Allerdings hatte ich von der WCS erfahren, dass ich für die Wanderung im Reservat Genehmigungen von drei verschiedenen Ministerien benötige, und man empfahl mir, mich frühzeitig in die Mühlen der Bürokratie zu stürzen….
Das tat ich natürlich nicht und so beschloss ich möglichst unauffällig im Wald zu verschwinden. Dazu kann ich natürlich nicht den Bus auf offener Strecke anhalten…
Daher ist mein Plan in Sen Monorom zu übernachten und mich dann morgen früh mit einem Moped 50  Kilometer zurück fahren zu lassen um dann direkt an der Straße den Trek zu beginnen.
Sen Monorom, der Hauptort der Mondulkiri Provinz hat einen eher dörflichen Charakter und liegt recht pittoresk inmitten von grasbedeckten Hügeln. Es gibt hier eine gewisse, touristische Infrastruktur und so  kann ich schnell in einem Guesthouse einchecken. Ich mache nur nebulöse Angaben über mein Vorhaben, so dass der Betreiber des Hotels zwar ein wenig verwundert wirkt, aber verspricht für morgen früh ein Moped zu organisieren.
Abends gehe ich in den Ort um etwas zu essen. Es ist Silvester und obwohl das kambodschanische Neujahrsfest erst im April statt findet, wird auch der Jahreswechsel mit Liveband und Karaoke gefeiert.
Am nächsten Morgen nach dem Frühstück erscheint der Mopedfahrer wie verabredet. Sobald ich hinter ihm Platz nehme und wir den Ort verlassen haben, entspanne ich mich deutlich, denn eine gewisse Befürchtung hatte ich, dass der Guesthouse Betreiber wegen meinem offensichtlich merkwürdigem Vorhaben die Behörden verständigt…
Die Straße nach Sen Monorom wurde erst 2009 asphaltiert, vorher war es wohl nicht so einfach den Ort zu erreichen, wie ich gelesen hatte…
Es ist ein schöner Morgen, daher halten wir zweimal an der Straße für kurze Fotostopps.

                               Unterwegs zum Startpunkt meiner Wanderung

Schließlich erreichen wir meinen Startpunkt. Dem Fahrer erzähle ich, dass ich nur etwas im Wald in der Nähe der Straße fotografiere und anschließend per Anhalter nach Snuol weiterfahre…
Von der Straße waren mir bereits einige schmale Wege aufgefallen, die in den Wald führen, auf einem solchen lege ich jetzt die ersten Meter zurück. Allerdings will ich in jedem Fall eine Begegnung mit Menschen vermeiden, die zu unnötigen Komplikationen führen könnte, daher marschiere ich schon bald ins dichte Unterholz des immergrünen Regenwaldes.
Mein Rucksack wiegt mit Proviant für 20 Tage 27 kg, eine ganz schöne Last, wenn man ziemlich untrainiert aus dem europäischen Winter kommt und sich bei 30 Grad Hitze durch üppige Dschungelvegetation kämpfen muss…

                                                Proviant für 20 Tage im Rucksack

Bereits hier, in der Nähe der Straße gefällt mir der Wald sehr gut: Viele verschiedene Baumarten mit zum Teil recht starken Stämmen. Im Regenwald wandern heißt stets mit großer Aufmerksamkeit den Weg des geringsten Widerstands zu wählen. Von Lianen umschlungene Labyrinthe und ausgedehnte Bambusdickichte sollte man nach Möglichkeit meiden…
Einige Male höre ich das Klatschen von durch die Baumkronen hangelnden Affengruppen, aber es ist in der dichten Vegetation schwer, mehr als nur ein Stück Fell zu sehen.
Die tief eingeschnittenen Täler sind oft von umgestürzten Bäumen gespickt, die zu allerhand Turnübungen verleiten, aber wirklich gut kommt man so nicht voran.
Eine etwa fünf Meter hohe Wasserfallstufe, muss ich über die Hänge umgehen, rutsche dann aber doch noch ein Stück weit auf dem Hosenboden…

                                         Hindernisparcours aus Bambus

Bereits jetzt entdecke ich, was mich auf dieser Wanderung sehr stört: Häufig passiere ich schmale, von Mopeds genutzte Pfade und entdecke immer wieder frisch gefällte Bäume, deren Holz offenbar mit den Mopeds abtransportiert wird. Zunächst hoffe ich, dass das mit zunehmender Entfernung von der Straße aufhören wird.
Auf meinen Google Earth Ausdrucken habe ich die Täler markiert, da ich glaube, dort auf Bäche zu stoßen. Nach 2,5 Stunden in denen ich nur 2 Kilometer Luftlinie zurückgelegt habe, stoße ich auf das erste größere Tal. Der Bach der hier fließt, ist allerdings bis auf einige Wasserlöcher bereits ausgetrocknet. Das erstaunt mich, weil die Trockenzeit normalerweise erst im Dezember beginnt…
Sicherheitshalber entkeime ich das stehende Wasser mit Tropfen, die ich für solche Fälle dabei habe.
Hier am Wasser beobachte ich einige Libellen.

                                                         Libelle

Natürlich habe ich keine Machete dabei, aber stellenweise wäre so ein Werkzeug wirklich nützlich. Besonders die zahlreichen, kleinen Täler die ich queren muss, sind ziemlich dicht bewachsen.
Meine Route folgt häufig dem Verlauf der Kämme. Dummerweise verlaufen auch die Mopedpfade oft auf den Bergrücken. Um schneller voranzukommen laufe ich auch zeitweise auf so einer Piste,
aber natürlich immer in Bereitschaft schnell im Unterholz zu verschwinden. Wenn ich auf illegale Holzfäller stoßen würde, hätte ich wahrscheinlich kein Problem, andererseits hat ein einsamer Weißer bestimmt einige wertvolle Sachen in seinem Rucksack…
Einmal höre ich Mopedgeräusche und gehe schnell in Deckung. Gerade rechtzeitig, denn kurz darauf kommen 2-3 Krafträder vorbei…
Ich folge einem steilen, eingeschnittenen Tal abwärts und höre dann vor mir in den Bäumen Affen. Um sie besser anpirschen zu können, lasse ich meinen Rucksack liegen und laufe nur mit Kamera und Fernglas weiter. Leider bekommen ich die Primaten nicht vor die Linse. Ich bin in einem weiteren Tal angelangt, und schlage mein Lager oberhalb, bei dem Gerüst eines alten Unterstands auf. Durch das Tal fließt ein Bach mit klarem Wasser voll kleiner Fische. Ein Stück weit folge ich dem Gewässer und setze mich dann eine Zeit lang auf einen Baumstamm am Wasser. Ein Vogel mit schwarzem Kopf und prächtigem, weißen Leierschwanz fliegt immer wieder kurz über den Bach. Spannend wird es als einige Affen in den Uferbäumen auftauchen. Zwei von ihnen bekomme ich zu Gesicht. Sie sind recht groß und schwarz, mit einem langen, weißen Schwanz und einem hellen Gesicht. Das Foto, das ich schieße ist leider nicht besonders gut…

                                      Langur

Wahrscheinlich handelt es sich um eine Langurenart, die hier in Seima ihren weltweiten Verbreitungsschwerpunkt hat.
Ich habe nur 4 Kilometer Luftlinie seit dem Start zurückgelegt, bin aber guter Stimmung und froh hier zu sein. Allerdings hoffe ich sehr, dass die Mopeds und Motorsägen in den nächsten Tagen abnehmen…
Zunächst einmal höre ich aber sogar noch in der Nacht kreischende Sägen und ratternde Krafträder…
Jetzt in der Trockenzeit gibt es kaum Blutegel, aber zwei der ekligen Sauger haben es an diesem luftfeuchtem Ort sogar in mein Zelt geschafft...








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