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15.07.2014

Wie ich lernte nasse Füsse zu lieben 6 - 460 Kilometer durch die schottischen Highlands

Beim Zeltabbau erwische ich eine kurze Regenpause, bald darauf geht es aber lustig weiter…
Das Gelände voller tiefer, erdbrauner Torfgräben verlangsamt meine Geschwindigkeit ganz erheblich. Schließlich erreiche ich einen Pass und steige ab zu einem See. Erst als ich diesen erreiche, wird mir klar, dass ich ins falsche Tal abgestiegen bin. Ich hoffe nur, dass ich von dem Bergrücken, den ich als nächstes erklimme in das Glen Coul mit seinen steilen Wänden absteigen kann.
Vom höchsten Punkt des Rückens ergeben sich bereits schöne  Ausblicke in das von Steilwänden eingefassste Tal, in das ein Wasserfall stürzt.

                                                         Glen Coul



Am Talausgang treffe ich auf den Meeresarm Loch Coul. Es regnet immer noch, und ich überlege kurz auf besseres Wetter in der nahe gelegenen Bothy zu warten. Ich entschließe mich dann aber, doch weiter zu gehen. Im Prinzip habe ich wieder die Hauptroute des Cape Wrath Trail erreicht und ein Pfad soll weiter nach Glendhu führen. Leider entdecke ich zunächst keine Spur eines Weges, werde irgendwann aber doch fündig und erklimme die Hänge oberhalb der Bucht. Trotz Regenwetter ist die Aussicht zurück auf Glencoul sehr schön.

                                                           Die Umgebung der Glen Coul Bothy

Als ich zur nächsten Bucht Glendhu absteige, wird das Wetter schlagartig schön und ich kann sogar im T- Shirt laufen!

                                                                    Glendhu

An der Glendhu Bothy vorbei, folge ich einem Fahrweg paralell zu dem nach Tang riechenden Meeresarm, dessen Hänge von blühenden Ginsterbüschen gelb gefärbt sind. Stellenweise wachsen immergrüne Stechpalmen am Ufer.

                                                               Stechpalme

Schließlich verlasse ich das Meer und wandere auf einem breiten Weg landeinwärts zum Loch an Leithaid Bhuain.

                                         Loch an Leithaid Bhuain

             Ein schmaler Pfad führt mich durch eine hügelige Landschaft voller kleiner Seen.


                      Landschaft südlich von Ben Dreavie

Trotz Sonnenschein weht jetzt ein scharfer, kalter Wind, daher schätze ich mich glüclich, als ich eine perfekt windgeschützte Stelle für mein Lager entdecke, die mir die Möglichkeit gibt, alle meine klammen Sachen zum Trocknen auszubreiten. Sogar Socken und Schuhe sind fast trocken!
Später wandere ich auf dem Pfad weiter zum breiten Gipfelplateau des 503 Meter hohen Ben Dreavie.

                                                       


                                    Auf dem Plateau des Ben Dreavie

Die Rundumsicht ist toll und im Prinzip wäre dies ein toller Platz für ein Lager, aber wegen dem starken Wind bin ich noch immer froh über meinen geschützten Zeltplatz…

Nach einer Nacht mit leichtem Frost steige ich bei herrlichem Wetter  am nächsten Morgen weglos vom Ben Dreavie zum Loch Stack ab.

                                                            Tolles Wetter

An einigen Stellen wachsen sogar Orchideen.

                                   Orchidee in der Nähe des Loch Stack

Im Tal angekommen folge ich ein Stück weit der kaum befahrenen Straße und biege an dem Gut der Lochstack Lodge in einen Fahrweg ein, der mich zurück in die Berge führt.




                           Oberhalb von Loch Stack

Nach einigen Kilometern verlase ich den Weg und laufe weiter weglos Richtung Nordwesten. Wie so oft sehe ich ab und zu einige braune, auffliegende Moorschneehühner und stoße auf deren Hinterlassenschaften.

                                Hier war ein Moorschneehuhn

Über einige Berghänge wandere ich in das Tal des Loch a Garbh - bhaid Mor.

             
                                          Bleiche Berge mit langen Kämmen


                                 Im Tal des Loch a Garbh- bhaid Mor

Vor Rhiconich stoße ich auf einen Pfad, dem ich bis zu dem Ort folge. Obwohl die Lage des kleinen Ortes am Meeresarm Loch Inchard fantastisch ist, hat das Hotel geschlossen und etliche Häuser stehen zum Verkauf.


                                          Rhiconich am Loch Inchard

Im klaren Abendlicht folge ich einige Kilometer weit der Uferstraße bevor ich bei Achriesgill wieder landeinwärts marschiere. Bald verlasse ich einen Weg und laufe weglos durch die weiten Moore mit tollen Blicken auf die einzeln stehenden Berge der Umgebung.

                                     Weglos durch die weite Moorlandschaft

Obwohl die Gegend eben erscheint, ist der Untergrund viel zu uneben und nass um mein Zelt aufzuschlagen. Schließlich finde ich aber doch einen tollen Platz unterhalb einer kleinen Felswand, bei der Ruine einer ehemaligen Hofstelle.
Wieder mal eine grandiose, "mongolische" Landschaft, über der ich einen einsamen Steinadler fliegen sehe!

                                                      Toller Lagerplatz

Nach dem Kochen unternehme ich ab 20 Uhr noch eine Wanderung zum Berg An Socach. Der Gipfel ist weiter entfernt als man denkt, glücklicherweise sind die Tage hier in Nordschottland im Mai ja sehr lang…
Der abendliche Spaziergang wird einer der Höhepunkte meines Schottland Aufenthaltes. Für solche Erlebnisse nehme ich gerne nasse Füsse und einen schweren Rucksack in Kauf!

                                      Abendliche Stimmung vom Gipfel des An Socach fotografiert


                                       Die zerfurchte Küste ist nicht weit


                                        Abwurfstange eines Rothirsches 

Als ich auf dem Rückweg einen weiteren Hügel besteige sind die Berge bereits rötlich gefärbt und der Vollmond geht auf.

                                Die untergehende Sonne färbt die Berge

Die Sonne versinkt im Meer.

                           Sonnenuntergang über dem Meer

Kurz bevor es endgültig dunkel ist, erreiche ich gegen 22 Uhr wieder mein Zelt. Noch lange höre ich das Meckern der Sumpfschnepfen über den Mooren.
Bei zunächst schönem Wetter und 6 Grad Außentemperatur wandere ich am nächsten Morgen weiter. Leider zieht es sich bald zu und einige Schauer gehen nieder. Schon gestern Abend hatte ich erste Blicke auf Sandwood Bay erhascht. Aber bevor ich das Meer erreiche, passiere ich Strathan Bothy.


                                                             Strathan Bothy

Der Ofen im Inneren des Gebäudes wird mit Torf beheizt. Das nötige Material hierzu müssen die Gäste  aus einem nahegelegenen Torfstich gewinnen und zum Trocknen aufschichten.

                                                Torfstich an der Strathan Bothy

Doch schließlich erreiche ich die von Klippen eingefasste, malerisch gelegene Sandwood Bay mit ihrem weiten Sandstrand. Ich entdecke einige Zelte in den Dünen und ein Mann hat offenbar so gute Laune, dass er anhaltend jodelt. Ungewohnte Klänge im Norden Schottlands...


                                                       Sandwood Bay

Über die weiten, nicht zu schwer zu durchquerenden Moore setze ich meinen Weg fort. Eigentlich könnte ich noch heute Cape Wrath erreichen, aber entfernter Geschützdonner  lässt mich Böses ahnen…
Gegen 14 Uhr erreiche ich Strathchailleach Bothy.








                                                 Strathchailleach Bothy

Das Gebäude war für über 40 Jahre das Zuhause eines Einsiedlers, dessen Malereien noch immer die Wände im Inneren des Hauses schmücken.






                                            Die Geschichte von James Macrory- Smith




                                                              Die Küche der Bothy

Obwohl ich während der Vorbereitung der Reise zu Hause dachte, der äußere Norden Schottlands sei eher flach und langweilig, begeistert mich die Weite der Landschaft mit ihren Hügeln und darüber wandernden Wolken total.
Leider erreiche ich nicht mein Ziel, Cape Wrath. Schilder und hochgezogene Flaggen verraten, das eine militärische Übung im Gange ist, weshalb der Bereich jenseits des Keisgaig River gesperrt ist.





                                          Eine Militärübung verhindert, dass ich das Kap erreiche

Ich überlege kurz trotzdem weiter zu marschieren, verwerfe diese leichtsinnige Idee aber gleich wieder und laufe zurück zur Strathchailleach Bothy, in der ich die letzte Nacht meiner Wanderung verbringen möchte. Sieben Kilometer vor Cape Wrath muss ich umkehren...
Da das Wetter jetz schön und stabil ist, unternehme ich noch einen ausgedehnten Abendspaziergang zu einem jenseits der Bothy aufragenden Berg.

                                              Abendspaziergang zu einem Berg

Noch einmal sehe ich eine ganze Menge Rotwild und mir gelingen einige Fotos.

                                                          Rotwild

Zum vorerst letzten Mal darf ich einen herrlichen Abend in den Weiten Schottlands erleben.




                                                                Ein schöner Abend

Obwohl ich im geschützten Inneren der Bothy schlafe, kommt mir die Nacht eher kalt vor. Am nächsten Morgen werde ich wieder mit herrlichem Wetter begrüßt und trete bald den Rückmarsch zur Sandwood Bay an.



                                                    Lochan nan Sac





                                              Oberhalb von Sandwood Bay

Wieder stehen etliche Zelte in dem weiten Dünenbereich verstreut. Aber auch Wildkaninchen wohnen hier.



                                                                  Wildkaninchen

Vor der Küste fällt ein markanter Felsturm ins Auge.


                                             Felsen vor Sandwood Bay

Schließlich schlendere ich über den weiten Sandstrand und unterhalte mich mit zwei schottischen Campern.

                                  Am Strand von Sandwood Bay

Ein Stück oberhalb des Strands beginnt der Weg nach Blairmore. Noch einmal schweift mein Blick Richtung Cape Wrath, eine tolle Wanderung nähert sich langsam ihrem Ende…

                                                Blick zurück Richtung Cape Wrath

Auf dem Weg begegnen mir etliche Tageswanderer.  Als ich eine Pause am Wegesrand einlege, spreche ich ein junges Paar an, das in meine Richtung wandert. Ich habe Glück Andrew und Jill haben ihr Auto in Blairmore geparkt und bieten mir an, mich zum Bahnhof nach Lairg mitzunehmen. Echtes Glück!
Von Lairg gelange ich ohne Probleme nach Inverness, wo ich mich noch einen Tag lang umschauen kann. Meine Trailrunningschuhe haben die Wanderung gut weggesteckt, lediglich an der Ferse ist das Futter etwas aufgescheuert. Eine Schwachstlelle, die ich mir bei einem Schuster durch ein Leder verstärken lassen will.
3300 Kalorien waren zwar o.k für 20 Tage. Allerdings habe ich ca. 4 kg abgenommen, was ca. 30.000 Kalorien Defizit entspricht. Eine ganze Menge, da ich auch sonst über keine großen Fettreserven verfüge…
An einem wunderschönen Freitagnachmittag erreiche ich schließlich Edinburgh und habe vor meinem Rückflug am nächsten Morgen noch ein wenig Zeit in dieser tollen Stadt umher zu bummeln.




                                                           In Edinburgh

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