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19.12.2014

Durch das Land der namenlosen Berge 7 - Auf dem Dach der Welt

Da eine lange, anstrengende Wanderung bis jenseits des Nyingma Gyanzen La Passes vor uns liegt, stehen wir bereits um 4 Uhr auf, und laufen um halb sechs im Licht unserer Stirnlampen los. Gleichzeitig mit uns hat sich das Team der Deutschen auf den Weg gemacht. Herrmann, Klaus und Uli sind allesamt sehr nett, und es macht Spass, sich während der Pausen mit diesen fitten Männern in ihren Siebzigern zu unterhalten. Aber auch ihre Mannschaft wirkt sehr professionell. So waren sowohl der Koch, als auch der junge Sherpa Führer Nima schon einige Male auf dem Mount Everest. 
Zunächst führt der hier noch gut erkennbare Weg durch ausgedehnte Geröllhalden zu einem etwa 4800 Meter hohen Pass, den wir schon im Abstieg zum Tora Khola ausgemacht hatten.

                         Am Morgen ist noch nicht klar, ob es ein schöner Tag wird




                             Aufwärts durch fast unbewachsene Flächen

Als wir den Pass erreichen, denken wir, dass das Gröbste schon hinter uns liegt. Später werden wir merken, dass dem nicht ganz so ist…
Während ich bisher im T-Shirt laufen konnte, weht hier oben ein scharfer Wind, so dass ich rasch Regenjacke und Handschuhe überziehe.
Unser nächstes Ziel ist ein langer Grat, wiederum könnte man meinen, dass es anschließend bergab geht, aber weit gefehlt...



                     Wir steigen auf zum First des Weltdaches

Gegen Mittag haben wir schließlich das Dach der Welt erreicht. Die Aussichten von hier oben sind absolut fantastisch. Am Besten gefällt mir der Blick nach Tibet, aber sowohl das Kanjiroba Massiv Dolpos, als auch die fernen Dhaulagiri und Annapurna lassen sich ausmachen.

                                                     Der Blick Richtung China


                                              Das Kanjiroba Massiv

                                    Wahnsinn, hier oben zu stehen!



                                       Die Pyramide des Damphesail (6103)


                                                                         Kanjiroba

Im Schatten der Felsen finden wir auch Schutz vor dem kalten Wind und essen etwas. Bernd hat endlich einmal die Gelegenheit Macadamia Nüsse gegen für ihn Wohlschmeckenderes einzutauschen…
Der weitere Weg auf dem breiten Grat ist wie ein Spaziergang auf dem Dach der Welt. Während man ja normalerweise hinter einem Pass bald absteigt, bleiben wir sehr lange, langsam weiter aufsteigend, auf großer Höhe. Glücklicherweise ist das Wetter heute perfekt dafür. Nicht nur, dass man bei Regen, Nebel oder Schnee die Aussicht weniger vollkommen genießen könnte. Es bedarf nicht viel Fantasie sich vorzustellen, wie hart, oder auch einfach vollkommen unmöglich der Nyingma Gyanzen La bei schlechteren Bedingungen sein kann.



                                              Auf dem Dach der Welt

Anchließend geht es durch steile Geröllhalden weiter aufwärts. Von einem Weg ist hier nichts mehr zu erkennen und auch der Pass ist nur zu erahnen. Dieser Abschnitt ist zwar schwieriger aber bei den heutigen guten Bedingungen unschwer zu machen.



                                                         Wo ist der Pass?

Doch gegen 14 Uhr ist es schließlich geschafft: Wir haben die Passhöhe des Nyingma Gyanzen La (5563 m) erreicht! Einige der Träger waren trotz ihrer riesigen Lasten noch vor mir oben, doch nach und nach treffen auch alle anderen ein.






                                       Auf dem Nyingma Gyanzen La

Das Wetter ist jetzt nicht mehr ganz so schön und in der Ferne gehen sogar einige Schauer  nieder.

                                               Der Beginn des Abstiegs

Nachdem wir mit dem Abstieg begonnen haben, gelangen wir bald an eine unangenehme Passage durch sehr steiles, rutschiges, feines Geröll. An manchen Stellen muss man sehr genau darauf achten wohin man tritt, ansonsten findet man sich einige hundert Meter tiefer wieder…
Bernd würde sich normalerweise an solchen Stellen mit dem Eispickel einen Weg in das feine Material kratzen, aber diesmal haben wir ja aus Gewichtsgründen weder Pickel noch Steigeisen mitgenommen.
Wenn dieser Hang mit vereistem Schnee bedeckt ist, wäre er aber ohne Eisausrüstung unbegehbar…
Glücklicherweise liegt der gefährliche Abschnitt bald hinter uns und es geht unschwer über leblose Gesteinsflächen nach unten.

                                     Der schwierigste Abschnitt liegt hinter uns

Wir hätten den Weg über den Pass sicher auch alleine gefunden, allerdings darf man die Navigationsschwierigkeiten hier nicht unterschätzen, wie wir später noch erfahren sollten…
Als wir schon fast ein zum Swaksa Khola führendes Nebental erreicht haben, wartet auf uns eine makabre Überraschung: Jemand hat einen menschlichen Schädel mitten auf dem Weg platziert. Vielleicht ist da jemand durch eine der zahlreichen Berggefahren umgekommen. Wer aber kommt auf die Idee, einen Totenschädel so markant zu präsentieren, und aus welchem Grund? Wir werden es nicht erfahren.



                            Jemand hat einen menschlichen Schädel auf den Weg gelegt

Auf dem weiteren Abstieg durch ein Gerölltal ist vom Weg nichts mehr zu erkennen, aber unsere Richtung ist ja eindeutig. Während die deutsche Gruppe und die beiden Nepalesen bereits ihr Lager aufschlagen, gehen Bernd und ich weiter abwärts zum Swaksa Khola.



                                                         Oberhalb des Swaksa Khola

Schließlich erreichen wir den Bach, der unterhalb in den Tora Khola mündet. Allerdings verhindern unzugängliche Schluchten, dass man auf direktem Weg hierher gelangen kann. Die Route über den Nyingma Gyanzen La ist die einzige Möglichkeit nach Mugu zu gelangen.
Zunächst folgen wir dem offenen Flusstal aufwärts, bis wir an eine Stelle gelangen, wo eine Klippe den weiteren Weg versperrt. Wir finden die Route durch die Felsen, die aber nicht ganz einfach ist, vor allem wenn man mit großen Rucksäcken bepackt ist…

                                Eine Klippe am Swaksa Khola ist nicht ganz einfach zu überwinden

Da der Einbruch der Dunkelheit unmittelbar bevor steht, sind wir froh, dass wir hinter den Uferfelsen auf einen Überhang stoßen, der mit einigen Steinen von früheren Reisenden etwas windfester gemacht wurde. Die Temperatur hier auf ca. 4300 Meter beträgt lediglich drei Grad und es weht eine scharfe Brise. Dennoch schlafe ich in meinem guten Daunensack ohne den Schutz meines "Zeltes".
Wir waren heute über 12 Stunden fast ständig unterwegs um dieses Ziel zu erreichen...

                                      Ein geschützter Lagerplatz

2 Kommentare:

  1. Bei dem Schädel könnte man sich die Frage stellen: "Sein oder Nicht Sein?"
    lg Tine

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  2. Na ja, auch die Nepalesen, die den Kopf gesehen hatten, wussten damit nicht so wirklich etwas anzufangen. Im tibetischen Buddhismus werden Tote traditionell nicht begraben, sondern zerstückelt in alle Winde zerstreut, bzw. Geier Futter….

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