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09.01.2015

Durch das Land der namenlosen Berge 9 - Hindernislauf durch herbstlich bunte Täler


Da wir wissen, dass uns eine schwierige Etappe bevorsteht, brechen wir am nächsten Morgen schon früh auf. Es ist feucht und kühl, obwohl es so scheint, als könne die Sonne den Dunst schon bald durchbrechen.


             
       


                                                   Ein herbstlicher Morgen
                     
Der Pfad ist von Anfang an kaum zu sehen, steil, eng und stellenweise überwuchert. Ein Erdrutsch hat den Weg verschüttet und wir gehen wie auf rohen Eiern über den rutschigen, feinen Schotter unmittelbar am Rand des Baches. Ständig rieseln Steinchen nach…
Dahinter scheint der Weg nicht weiter zu führen, und hoch aufragende Klippen machen uns bald klar, dass es hier sicher nicht weiter geht…
Am anderen Ufer konnten wir stellenweise auch einen Pfad ausmachen, müssen wir die Seite wechseln?
Obwohl überhaupt nicht klar ist, wo wir weiterlaufen müssen, strebt Bernd nach oben, ohne sich mit mir zu beraten. Meine Nerven sind aufgrund des schwierigen Terrains ohnehin schon angespannt, und das bringt das Fass zum Überlaufen. Für einen Moment verliere ich die Beherrschung und beschimpfe meinen Partner wüst, wegen der mangelnden Absprache. Glücklicherweise ist Bernd stets ziemlich gelassen und auch nicht nachtragend, so dass wir uns fünf Minuten später wieder vertragen haben…
Tatsächlich finden wir den Pfad wieder und setzen unseren Weg fort.


                                                                 Wo ist der Weg?

Zu unserer Überraschung tauchen schon bald die ersten Träger der anderen Gruppe auf. Bahadur, der Führer von Rai, kennt ja den Weg, daher kommen sie viel schneller voran.



                                                       Durch die steilen Felshänge

Irgendwann geht es für eine ganze Zeit wieder bergab durch knorrigen Birkenwald, bis in die Schlucht eines Nebenbaches. Hier wird es spannend, denn es gibt keine Brücke über den reissenden Wildbach, sondern lediglich einen rutschigen Baumstamm. Während man zunächst auf dem auf dem Stamm ausgelegten Geäst problemlos voran kommt, ist das letzte Stück zum anderen Ufer auf dem glatten, dünnen Stamm eine Herausforderung…Nun, wir gelangen auf die andere Seite ohne ins Wasser zu fallen, und beobachten dann fasziniert, wie die Träger mit ihren Bastkörben die Stelle meistern.
Wie die Deutschen der anderen Gruppe hier wohl zu Recht kommen?



                                               Abenteuerliche Baumstammbrücke

Auf der anderen Seite verlassen wir das Tal und es wartet ein langer, steiler Anstieg auf uns. Immer wieder können wir fantastische Blicke zurück zum Chyandi Khola mit seinen herrlich gelb leuchtenden Birkenwäldern geniessen.




                                                                     Chyandi Khola

Während wir fast immer in der Sonne laufen, gehen rings um uns Schauer mit weißen Fahnen nieder.
Einmal sehe ich ein Blauschafrudel entfernt in den Hängen.

                              Die Blätter des Storchschnabel haben sich verfärbt

Von einer grasigen Lehne aus, können wir bereits die Aufstiegsroute zum nächsten Pass, Chyargo La in Augenschein nehmen.

                                                Der Weg zum Chyargo La

Von oben sehen wir, dass im Tal des tiefer gelegenen Takla Khola nicht nur Birken, sondern auch Nadelbäume wachsen. Leider gibt es keinen Pfad durch dieses Waldtal, dass sich irgendwann mit unserem alten Bekannten, Tora Khola, vereinigt.

                                    Wie interessant wäre es, diesem Tal zu folgen...

Obwohl es heute nicht so schön ist, sind wir ganz berauscht von der Farbenpracht in den herbstlichen Tälern.




                                                               Goldene Täler

Noch weit oberhalb des Takla Khola tauchen wir in die Wälder ein. Nach der langen Zeit in baumloser Landschaft, fühlt es sich richtig gut an, mal wieder im Wald zu sein! Und wie schön dieser Urwald aus dicken, knorrigen Birken ist! Erst als wir schon fast am Bach sind, tauchen auch erste Kiefern und Tannen auf.

                               Im Tal des Takla Khola wachsen auch Nadelbäume

Den Takla Khola überqueren wir problemlos auf einer Brücke aus drei dünnen Stämmchen.
Während die anderen Gruppen hier im Wald bereits ihr Lager beziehen, laufen wir weiter das Tal des Chhimimaru Khola aufwärts.

                                         Hagebuttenähnliche Früchte

Schließlich schlagen auch wir an einem lauschigen Plätzchen im Birkenwald unsere Zelte auf. Ich würde gerne auch morgen noch hier bleiben, um die Gegend ausgiebig zu erkunden, womit Bernd zunächst einverstanden ist. Auch er findet es schön, dass wir heute in der geschützten Geborgenheit des Waldes lagern.



                                                               Lager im Birkenwald

Leider hat Bernd es sich am nächsten Morgen anders überlegt: Er fürchtet, dass uns der Proviant ausgeht, wenn wir nicht jeden Tag weiter laufen. Das sehe ich zwar anders, dennoch brechen wir schon bald wieder auf.
Zunächst laufen wir noch durch den Birkenwald, in den einige große, grasbewachsene Lichtungen eingesprengt sind. Noch ist das Wetter herrlich, aber aufziehende Wolken lassen uns ahnen, dass das nicht von langer Dauer ist….



                                            Der lichte Birkenwald bildet die Baumgrenze

Es dauert nicht lange und wir sind wieder auf den alpinen Matten. Der Pass scheint nicht mehr allzu weit entfernt zu sein. Die ersten Träger der anderen Gruppen überholen uns bereits, wenn wir eine Pause einlegen.


                                          Aufstieg zum Chyargo La

Als wir die die Grasmatten hinter uns lassen und durch Geröllfelder ohne Probleme weiter hoch steigen, hat der Himmel sich komplett zugezogen und es beginnt mit zunehmender Stärke zu graupeln. Glücklicherweise ist der Weg hoch zum Pass recht einfach. Oben angekommen erwarten uns Wind, Schneefall und dichter Nebel. Von einem Weg der nach unten führt ist nichts zu erkennen. Der direkte Abstieg würde uns schnell in zu steiles Gelände führen. Wir tasten uns durch vegetationslose Blockhalden. Von den anderen ist nichts zu sehen. Glüclicherweise dauert es nicht sehr lange, bis wir jenseits des felsigen Geländes auf einen guten Pfad stoßen. Hinter dem Chyargo La, verlassen wir im Übrigen auch den Shey Phoksumdo Nationalpark.



                                      Abstieg vom Chyargo La (5150 m)

Während wir in das Tal des Chham Khola absteigen, wird die Landschaft wieder freundlicher und kurzzeitig kommt sogar der blaue Himmel wieder zum Vorschein. Allerdings dauert es nicht sehr lange, bis dann der nächste Schauer nieder geht.



                                             Ins Tal des Chham Khola

Am Nachmittag verbreitert sich das Tal und wir haben die Zeltplätze von Thajuchaur erreicht. Während die anderen Gruppen hier lagern, gehen wir noch ein Stück weiter bis dahin, wo sich das Tal wieder verengt. Ein großer, höhlenartiger Überhang gewährt uns ein gutes Quartier.



                                                            Thajuchaur

Später erkunde ich noch ein wenig den Birkenwald in der Nähe und entdecke eine ganze Reihe weiterer Höhlen, die offenbar zur Yarsagumba Saison alle genutzt werden. Ansonsten sind wir auch im Tal des Chham Khola weder auf Vieh, noch auf Menschen gestoßen.
So dicke, knorrige Birken wie hier habe ich noch nirgendwo gesehen!

                                          Mächtige Birke

Das es während der Nacht regnet, kümmert uns wenig in unserer geschützten Höhle. Am Morgen sehen wir, dass die Schneefallgrenze nur wenig höher liegt. Wie gut, dass wir die hohen Pässe bereits hinter uns haben! Weiter oben wären die Bedingungen jetzt deutlich schwieriger!



                                         Nächtlicher Schneefall hat die Berge gezuckert

Wir setzen unseren Weg durch die üppige Wunderwelt dieses Himalayatales bald nach Sonnenaufgang fort.


   Während in den Tälern sich der Sommer verabschiedet, hält in den Bergen der Winter Einzug

Natürlich dürfen an einem so munteren Bach die Wasseramseln nicht fehlen. Sie sind etwas farbloser als ihre europäischen Cousins, leben sonst aber genau so.

                                                                     Wasseramsel

Auch dieses Tal ist nicht ganz einfach zu begehen, obwohl wir doch leichter als am Chyandi Khola vorankommen.

                        Auch im Chham Khola Tal gibt es einige schwierige Stellen

Einmal müssen wir den Bach durchwaten, was an der richtigen Stelle einfacher als erwartet ist. Kurz danach geht es auf einer abenteuerlichen Baumstammbrücke wieder auf die andere Seite. Als Bernd die Mitte der eigenwilligen Konstruktion erreicht hat, hält er es doch für besser, sich auf alle viere zu begeben...



                                        Interessante Baumstammbrücke

Mal fällt der Bach schluchtartig steil ab, dann geht es auch wieder eine Weile lang durch relativ ebene Abschnitte. Besonders schön finde ich das Tal, nachdem die ersten Nadelbäume auftauchen. Faszinerend zu sehen, welch dicke Tannen hier wachsen! Am Liebsten würde ich in diesem unberührten Tal ein Lager aufschlagen, um in Ruhe die Gegend zu erkunden und zu fotografieren. Doch leider möchte mein Partner lieber weiter...












                                       Das Tal des Chham Khola ist sehr abwechslungsreich

Erst kurz vor der Einmündung in den Mugu Karnali, sehen wir die ersten Axtspuren, und treffen dann auch zwei Männer. Die erste Begegnung seit Pho! Bald darauf erreichen wir den größeren Fluss und treffen einen Teil der anderen Gruppen bei einem Steinhaus. Shankar Rai ist auch schon da, und fordert uns auf, hier zu essen. Natürlich lassen wir uns die Gelegenheit für Dal Bhat nicht entgehen!
Ich probiere auch den selbstgebrannten Rakshi- Schnaps. Obwohl er nicht besonders stark ist, muss ich aber nicht mehr von dem lediglich nach Rauch schmeckendem Gebräu haben...

                                                 Das erste Haus seit Pho




                                   Von Pho zum Mugu Karnali

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