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01.03.2024

Kluane 2 - Cottonwood Loop

 



5 Tage, 88 Kilometer, 2315 Höhenmeter Aufstieg


Auf unserer letzten Wanderung in Kanada, erkunden wir den knapp 90 Kilometer langen Cottonwood Loop im Kluane Nationalpark/ Yukon Territory. Wir erleben herrliche Herbstfarben und sehen einige Grizzlybären, davon einen wirklich nah…

Nachdem wir uns im Besucherzentrum des Kluane Nationalparks in Haines Junction noch etwas umgeschaut haben, buchen wir unsere nächste Wanderung, 5 Tage auf dem Cottonwood Loop. Zwar gibt es hier keine festen Zeltplätze auf die man beim Lagern beschränkt ist, allerdings gibt es Bereiche, die offenbar stärker von den Grizzlybären frequentiert werden, weshalb man dort nicht campen darf…

Nachdem wir damit fertig sind, kaufen wir im recht gut ausgestatteten Laden der örtlichen Tankstelle ein. Die Sonne ist jetzt richtig einladend, daher lassen wir uns auf der Bank vor dem Laden eine große Schale Eis schmecken, als uns eine Frau anspricht. Anne- Marie ist knapp 70 und schon mit 40 in die USA ausgewandert, wo sie 14 Jahre illegal gelebt hat, bevor sie nach Kanada gegangen ist und gerade einen Roadtrip unternimmt. 

Später halten wir dann an der Straße unsere Daumen raus und zu unserer Überraschung nimmt uns der Ranger Derrick mit, der uns die Permits für den Cottonwood Loop ausgestellt hatte!

Derrick hat Feierabend und bietet uns an, einfach so die 54 Kilometer zum Beginn unserer Wanderung zu fahren! Er ist 33 und stammt eigentlich aus Frankreich, lebt aber schon seit 18 Jahren in Kanada, wo er Tourismus studiert hat. Danach hat er als Guide bei verschiedenen Firmen gearbeitet und bestreitet jetzt seine erste Saison bei Parks Canada. 

Es ist sehr interessant sich mit ihm zu unterhalten, aber schon viel zu schnell sind wir am Ausgangspunkt unserer Wanderung und laufen dann noch einige Kilometer auf einem Fahrweg durch hohen Pappelwald, der noch erstaunlich grün ist. Schließlich schlagen wir abseits des Wegs unser Lager auf und holen später noch Wasser aus dem nahegelegenen Bach. Für den zehnten September ist es erstaunlich warm, so dass wir noch lange draussen sitzen können. 


Unser erstes Lager am Cottonwood Loop

Am nächsten Morgen ist es zunächst grau und bedeckt, daher verbringen wir noch etwas Zeit mit Vorlesen und Podcast hören im Zelt, bevor wir gemütlich um 8:20 starten. Wir lassen unsere Zelte zurück, da wir lediglich einen Abstecher zum Shorty Creek unternehmen wollen. Allerdings fällt mir bald auf, dass ich das Bärenspray im Lager vergessen habe. Ich laufe also zurück um es zu holen, während Anke schon mal Kaffee und Kakao kocht. Nachdem wir einen Bach barfuß durchquert haben, führt uns eine deutliche Fahrspur durch recht dichten Wald aus Balsampappeln und Aspen langsam aufwärts. Überall zeigen sich die leuchtenden gelben und roten Farben des Herbstes, ob auf Weidenröschen oder Storchschabel oder den Blättern von Aspen und Pappeln. Schließlich endet der Weg an der Abbruchkante eines Baches. Rostige Behälter die hier herum liegen, sind wahrscheinlich Hinterlassenschaften des Goldgräbercamps, dass es hier um 1898 gegeben hat. Wir gehen noch ein Stück weiter, müssen dann aber feststellen, dass der Bewuchs aus Zwergbirken und Weiden hier so dicht ist, dass das Vorankommen extrem mühsam wäre. 

Schließlich treten wir den Rückzug an, gehen zurück zum Lager und brechen von dort gegen 14 Uhr wieder auf. 


Langsam kommt die Sonne raus


Aufwärts im Wald

Die Bären laben sich an Beeren


Letzte Blüten






Dichter Zwergbirkenbusch

Stäublinge

Bald folgen wir der Piste weiter durch Pappel- und Fichtenwald zum Alder Creek, der sich mit verschiedenen Armen durch ein weites Kiesbett windet. Wir durchwaten den Hauptarm barfuß und einmal begegnen uns sogar zwei Autos, die zu einer Angellodge außerhalb des Nationalparks gehören. Während der Fahrweg weiter zum Mush Lake führt, biegen wir auf den Cottonwood Trail ab, einen alten Weg, der früher von den Indianern benutzt wurde und steigen durch den Wald weiter aufwärts, bis wir einen winzigen, halbwegs freien Platz oberhalb von einer Böschung finden, wo wir unsere Zelte aufbauen. Später unternehme ich noch einen Erkundungsgang weiter aufwärts, bei dem ich einige Fichtenhühner beobachte, die uns heute schon einige Male begegnet waren und einen karmesinroten Finkenvogel. 


Das breite Kiesbett des Alder Creek



Finkenvogel



Fichtenhahn und Henne

Am nächsten Morgen steigen wir weiter auf Richtung Dalton Pass. Als wir aus dem Wald gelangen, ist die Sonne da und wir können die wunderbaren Herbstfarben so richtig genießen. Zu unserer Kaffeepause gegen 10 Uhr am Weg, ist es bereits sehr angenehm in der Sonne. Dalton Pass ist langgestreckt und flach. Obwohl wir hier lediglich auf 1200 Meter Meereshöhe sind, wandern wir bereits durch alpine Tundra. Häufig begegnen uns Schneehühner, die bereits dabei sind langsam ihr weißes Wintergefieder anzulegen und dann entdecken wir entfernt am Hang zwei dunkle Punkte. Zunächst denke ich auf Grund der Farbe an Schwarzbären, es sind aber die an ihrem mächtigen Nacken gut zu erkennenden Grizzlys. Eine Mutter mit ihrem bereits recht großen Jungen gräbt im Hang nach Wurzeln, wobei wir ihnen aus sicherer Entfernung eine ganze Zeit lang zuschauen können. Da wir es nicht eilig haben und es uns hier in der offenen Tundra so gut gefällt, schlagen wir bereits um 15 Uhr unser Lager auf. Später unternehme ich dann noch einen Streifzug in der Umgebung, wobei ich aber nichts Spektakuläres entdecke.


Kaffeepause

Zahlreiche Hühner begegnen uns



Aufwärts zum Dalton Pass











Grizzlybären mit Jungem 



Die Schneehühner verfärben sich langsam



Abend in der Bergtundra

Da es gestern in der Tundra stellenweise recht feucht war, müssen wir am nächten Morgen wieder in nasse Socken und Schuhe steigen, was im ersten Augenblick unangenehm ist, da die Temperaturen noch ziemlich niedrig sind, sich aber bald gibt, nachdem wir uns warm gelaufen haben. Wir steigen ab zum Victoria Creek, wo der Weg zunächst endet und wir uns ein Stück durch die Weiden am Bach schlagen müssen. Da es dort aber immer wieder Lücken gibt, kommen wir dennoch gut voran. Schließlich gelangen wir wieder auf einen guten Pfad, an dem es sogar einige Tafeln mit Kilometrierung gibt. Wir steigen leicht abwärts in ein weiteres Tal und danach hoch zu einem breiten Pass. Obwohl es größtenteils bewölkt ist, bricht die Sonne immer wieder durch und sorgt für schöne Lichtstimmungen. So leuchten die Pappelflecken am Bach intensiv zitronengelb. Teilweise ist die Landschaft dicht mit niedrigen Weiden und Zwergbirken bewachsen, es gibt aber auch offene Bereiche. Einige Male finden wir mächtige Elchschaufeln. 


Leuchtendes Morgenlicht

Elchschaufel

Zitronengelbe Pappeln



Wir folgen ein Stück weglos dem Bach



Die Vegetation ist stellenweise sehr dicht


Gut sichtbarer Pfad

Irgendwann sehe ich wieder etwas Dunkles an einem Hügel. Als wir uns dann während der Mittagspause hinsetzen, erkennen wir, dass es sich um einen weiteren Grizzly handelt, der langsam über den Hang zieht, und immer mal wieder länger irgendwo verharrt, um etwas auszugraben. 

Schließlich geht es abwärts in das Tal des Cottonwood Creek, wo wir in einen reinen Pappelwald gelangen, der schon stark gelb verfärbt ist. Dagegen haben viele der Weidenröschen inzwischen bereits eine braune Farbe angenommen. Wir überqueren den schmalen Bach über einen Baumstamm, den ich extra zu diesem Zweck in das Gewässer geworfen habe. Schon ziemlich früh beziehen wir unser Lager im Schutz einiger niedriger Fichten am Rand einer großen, langgestreckten Freifläche.


Der Bär zieht längere Zeit über den Hang und gräbt immer mal wieder etwas aus


Ins Tal des Cottonwood Creek

Stellenweise leuchten die Weidenröschen noch rot

Im Pappelwald



Am Cottonwood Creek



Immer wieder sind Freiflächen in den Wald eingestreut


Es gibt hier auch Nadelwald


Ob der Bärenhaufen etwas zu bedeuten hat?

Später breche ich mal wieder zu einem Erkundungsgang auf, während Anke im Lager bleibt. Zunächst folge ich dem Pfad weiter über die große, offene, trockene Fläche, die mit Flechten und einigen Zwergbirken schütter bewachsen ist. Schließlich drehe ich um, gehe jetzt aber weglos, gegen den Wind unmittelbar am Rand des an die Freifläche angrenzenden, teilweise dichten Waldes entlang. Als ich ein Knacken höre und kurz eine Bewegung sehe, nehme ich an, es könnte sich um einen Bären handeln, daher gehe ich zurück zum Pfad, der über die Freifläche verläuft, um eine plötzliche Begegnung auf kurze Distanz zu vermeiden. Da ich ja gegen die Windrichtung gelaufen bin, kann mich der Bär wahrscheinlich nicht riechen.

Dann sehe ich den Grizzly tatsächlich mit der Schnauze am Boden in lediglich etwa vierzig Meter Entfernung. Das ist unangenehm nah, aber auch faszinierend, Fotos aus so kurzer Distanz machen zu können. Irgendwann scheint das riesige Grizzlymännchen etwas zu bemerken und schaut in meine Richtung. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, ihm klar zu machen, dass da ein Mensch ist. Daher spreche ich ihn mit „Hallo Bär“ an. Daraufhin macht das imposante Tier auf dem Absatz kehrt und verschwindet im Gebüsch. Ein tolles, spannendes Erlebnis, auch wenn da schon das Adrenalin geflossen ist…

Zurück im Lager stellen wir unsere Essenstonnen zur Vorsicht noch etwas weiter weg und hören in der Nacht kurz die Brunftrufe von Elchkühen.


Der Grizzly taucht auf



Bemerkt er mich?


Jetzt spreche ich den Bären an

Am nächsten Morgen regnet es, so dass wir erst um 10 Uhr aufbrechen. Bald zeigt sich Sonne und stückweise blauer Himmel, so dass die von leichtem Neuschnee gepuderten Berge sehr malerisch wirken. Wir steigen auf einem Pfad durch Zwergbirken bergan und gelangen dann auf eine alte Fahrspur, die wohl früher zu einer Mine geführt hat. Frische Quadspuren weisen darauf hin, dass hier immer noch gefahren wird, vielleicht von Indianern auf Jagdausflug? Bald regnet es wieder, aber wir genießen die herbstliche Stimmung mit bunten Hängen und vernebelten Bergen. Victoria Creek ist zwar knietief, aber das Durchwaten stellt kein Problem dar. Schließlich schlagen wir unser Lager im Regen auf einer offenen Terrasse in der Nähe des Bachs auf. 


Neuschnee hat die Berge gepudert



Am nächsten Morgen ist das Wetter wieder schön und wir wandern durch den Wald zum großen Kathleen Lake, über dessem blauen Wasser die Berge malerisch aufragen. An einer Stelle ist der Seehang abgerutscht, weshalb wir einen großen Umweg nach oben absolvieren müssen. Dafür werden wir durch noch schönere Ausblicke belohnt. Schließlich gelangen wir dann wieder zurück an den See und folgen dem guten Pfad bis zu einem Campingplatz in der Nähe der Straße, wo wir schon nach einer Viertelstunde einen Lift mit zwei jungen Frauen erhalten, die über den Sommer in Haines/ Alaska gearbeitet hatten. Zurück in Haines Junction melden wir uns im Visitor Center zurück, wo wir die Bärencontainer abgeben, und schriftlich über unsere Bärenbeobachtungen berichten. Anschließend gehen wir zum Hostel Wanderers Inn, wo wir im Garten zelten dürfen. Trotzdem können wir uns auch drinnen aufhalten, wo wir die Küche nutzen und einige interessante Leute kennen lernen. 


Herbstmorgen


Kathleen Lake




Herbstbunter Wald

Tolle Ausblicke über Kathleen Lake

Das Hostel in Haines Junction

Den nächsten Tag verbringen wir geruhsam in Haines Junction und unternehmen lediglich nachmittags eine etwa 6 Kilometer lange Spazierrunde am Dezeadach Lake, wo einige Tafeln die Natur der Umgebung erläutern. Im Hostel lernen wir dann noch ein Biologenpaar aus Alaska kennen, die uns viel über den nördlichsten Bundesstaat der USA erzählen, was Lust macht, auch selber mal dorthin zu reisen. Elisabeth und Brendan haben dagegen gerade in einem Freiwilligenprojekt gearbeitet und bieten an, uns morgen zurück nach Whitehorse mitzunehmen. Doch zunächst unternehmen sie noch einen Abstecher mit uns zum Kluane Lake, den wir ja schon kennen. Noch einmal dürfen wir die grandiose Landschaft des Yukon genießen. Auf dem Weg zurück erfahren wir an einem Parkplatz, dass die ehemals bis Alaska verbreiteten Bisons in der Umgebung von Whitehorse erfolgreich wieder angesiedelt wurden. 

In der Hauptstadt des Yukon übernachten wir dann noch einmal in dem Hostel dass wir schon kennen und fliegen am nächsten Tag nach Vancouver, wobei wir grandiose Aussichten über Gletscher und Fjorde des Küstengebirges erhalten. Eigentlich wollten wir dann direkt nach Deutschland weiter fliegen, erfahren aber, dass dieser Flug auf Morgen verschoben wurde. Egal, wir erhalten ein Hotel von der Fluglinie und treffen abends noch Anke’s alten Freund Andrew und dessen Kumpel Davis mit denen wir essen gehen. Andrew hatte mir sein Zelt nach Nevada geschickt und ist ebenfalls ein begeisterter Wanderer, der letztes Jahr auf dem Continental Divide Trail von Mexiko nach Kanada durch die Rocky Mountains gelaufen war. Seit kurzem leidet er allerdings an einer mysteriösen Krankheit und wird zunehmend schwächer. Wir hoffen sehr, dass er sich davon erholt, aber wieder einmal wird uns klar, dass man im Leben wenn es irgendwie geht, die Dinge tun sollte, die einem wirklich Freude machen, so lange das möglich ist…












































1 Kommentar:

  1. Danke für die wertvollen Ressourcen, die Sie in diesem Blog geteilt haben

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