Ich bin erst einige Meter gegangen, als ich auf eine gut sprudelnde Quelle am Weg stoße. Diese trockene Nacht war unnötig...
Mratinje ist ein idyllisch gelegenes, nettes Dörfchen. Als besonderes Willkommen gibt es hier einen kleinen Pavillon in dem man sitzen kann. Es gibt Kaffeetassen und Slivowitzflaschen. Gut, davon koste ich denn doch nicht, aber tolle Idee!
Kaffeepavillon in Mratinje
Bald durchbricht die Sonne den Morgendunst und ein schöner Tag bricht an.
Mratinje
Ich folge einem Fahrweg durch die harmonische Kulturlandschaft talabwärts. Noch einmal geht der Blick zurück zum Maglic und den umliegenden Bergen.
Blick zurück zum Maglic
Talawärts zum Piva See
Schließlich erreiche ich den Piva Stausee, und folge etwa fünf Kilometer weit einer Straße an seinem Westufer. Es gibt glücklicherweise fast keinen Verkehr, so kann ich die Aussichten auf den türkisen, fjordartigen See fast ungestört genießen. Das Gewässer lädt mich natürlich zum Baden ein, aber nur am Anfang wäre das Seeufer bequem zu erreichen gewesen.
Piva Stausee
Ein Stück weit laufe ich sogar durch einen Tunnel, bis ich schließlich die Staumauer erreiche.
Im Tunnel
Unmittelbar hinter der Staumauer führt die Via Dinarica steil aus der Schlucht heraus. Obwohl es hier Wanderwegmarkierungen gibt, will ein Angestellter der Stromgesellschaft, der der Damm gehört, mir verbieten weiter zu gehen. Ich lasse mich auf keine Auseinandersetzung ein, sondern zeige lediglich auf die Wanderwegmarkierungen und meinen Rucksack, dann setze ich unbeirrt meinen Weg an einem Häuschen vorbei fort. Der Mann der mich angesprochen hat, will wahrscheinlich auch nur seine Ruhe, und setzt mir daher keinen Widerstand entgegen...
Tatsächlich steht auf den Schildern der Kraftwerksgesellschaft, dass der Durchgangverboten ist...
Der Anstieg aus der Piva Schlucht, die auf 680 Meter Höhe liegt, bis zum oberen Rand des Canyons auf 1200 Meter zieht sich ziemlich in die Länge und ist in der Hitze ganz schön anstrengend...
Schließlich bin ich jedoch oben und wandere durch eine weite Plateaulandschaft, mit seltenen, kleinen Weilern, in denen zum Teil noch sehr schöne, alte, schindelgedeckte Holzhäuser stehen. Manchmal führt der Weg auch durch Nadelwald, aber meistens geht es durch grüne, bucklige Weiten.
Oberhalb der Piva Schlucht
Schindelgedeckte Holzhäuser
Bucklige Weiten
Zwar gibt es hier in Montenegro nicht mehr die Schilder der Via Dinarica, dafür mangelt es nicht an anderen Wegweisern...
Gegen Mittag ziehen Wolken auf, und es regnet einige Tropfen. Zwar sieht es stark danach aus, als würde sich der Regen fortsetzen, aber erst später geht ein heftiges Gewitterschauer nieder. Natürlich verstaue ich mein Smartphone gleich in der Tasche meiner Regenjacke, aber es hat doch einige Tropfen abbekommen und geht nicht mehr an!
Mittlerweile laufe ich auf Asphaltsträßchen, nicht sehr interessant, aber stellenweise sind die Ränder der Straße voll von leckeren Himbeeren, mit denen ich mir den Bauch vollschlage.
Nach ca. 35 Kilometern erreiche ich den Ort Nedajno, wo es eine tolle Unterkunft gibt, man kann hier Zelten oder in einem Zimmer übernachten. Und nicht zuletzt gibt es für wenig Geld sehr gutes Essen! Jelena, die Tochter des Hauses, studiert in Podgorica Informatik, "schmeißt" aber im Sommer den Betrieb hier. Leider bringt auch das Austrocknen mit Reis mein Smartphone nicht wieder zum Leben. Jetzt habe ich zwei Kameras die gar nicht oder nicht mehr richtig funktionieren, es ist zum Haare ausraufen!
Nach einem leckeren Frühstück wandere ich in den Susica Canyon hinein, wobei ich zu Beginn einige schöne Ausblicke habe, die sich jedoch nicht mit der Rakitnica Schlucht messen können.
Der Susico See ist um diese Jahreszeit ausgetrocknet und auch oberhalb des Sees befindet sich zunächst kein Wasser im Flussbett. Dafür wandere ich hier im Durmitor Nationalpark mal wieder durch einen tollen Wald mit mächtigen Tannen und Ahornen.
Zwar ist stellenweise auch mal Wasser im Flussbett, bevor es wieder versickert, aber auch der hohe Wasserfall, der im Frühjahr bestimmt beeindruckend ist, führt Mitte August kein Wasser mehr.
Schließlich steige ich noch einmal ein Stück weit auf, bis zum schön gelegenen Skrcko See. Oberhalb des Sees gibt es eine Hütte, aber ich suche mir einen schönen Platz zum Zelten.
Während zunächst noch die Sonne sticht, dauert es nicht lange und es braut sich ein Unwetter zusammen. Von meinem Logenplatz kann ich alles gut verfolgen und mich dann rechtzeitig ins Zelt zurückziehen, als das Gewitter losbricht.
Ein Gewitter zieht auf
Allerdings fällt nur relativ wenig Regen und irgendwann ist der Spuk auch vorbei und ich unternehme noch einen Abendspaziergang zum See.
Skrko See
Glücklicherweise kann ich zumindest noch einige Bilder mit meiner "richtigen" Kamera machen, das ist aber ziemlich mühsam und der Ausschuss gewaltig.
Am Morgen liegt der Dunst noch in den Tälern, während ich unter einem strahlend blauen Himmel weiter aufsteige. Zum ersten Mal seit Kroatien beobachte ich einige Gämsen. Toll der Blick abwärts zum Susica Canyon, an dessen Rand sich Nedajno schmiegt.
Zu meiner Überraschung kommt mir eine junge Wandererin entgegen. Als sich dann noch herausstellt, dass die 26-jährige Maria aus Sankt Petersburg stammt, komme ich aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, und nutze die Gelegenheit um ihr viele Fragen über Russland zu stellen.
Schließlich erreiche ich den flachen Gipfel des 2330 Meter hohen Planinica. Gute Zeltplätze gibt es ja hier, aber bei einem Gewitter möchte ich nicht auf dem Berg sein! Das haben sich die beiden Franzosen dann auch gedacht, die ich hier treffe. Sie haben eine harte, kalte Nacht im Zelt hinter sich, und der Eine ist so mitgenommen, dass er noch gar nicht aus dem Schlafsack gekrochen ist...
Auf dem Weg vom Planinica zum Crno Jezero, dem schwarzen See, begegnen mir mehr Wanderer, als auf der ganzen Via Dinarica! Die Pfade sind gut markiert und ausgetreten, für meinen Geschmack ist hier jedoch entschieden zu viel los. Das gilt erst recht für den Schwarzen See, den ich schon 1988 kennen gelernt hatte! Na ja, das ist lange her, daher ist es wohl kein Wunder, dass sich der Durmitor Nationalpark stark verändert hat.
Mit einem erneuten Gewitter erreiche ich Zabljak, wo ich in einem Hotel noch einmal versuchen möchte, mein Smartphone zum Laufen zu bringen, aber leider wieder erfolglos...
Inzwischen wimmelt es hier von Hotels und der Supermarkt ist gut gefüllt. Ich kann mich noch erinnern, wie ich 1988 bei einem alten Partisanen abgestiegen war, wo der Morgen stets mit einigen Schnäpsen begonnen wurde...
Zabljak ist sicher der bedeutendste Touristenort an der Via Dinarica. Ob Wandertouren durch den Durmitor Nationalpark oder Rafting im Tara Canyon, der mit 1300 Metern tiefsten und mit 96 Kilometern längsten Schlucht Europas.
Ich weiß das gute Essen und die Begegnung mit anderen Reisenden zu schätzen, bin aber dennoch froh, als ich am nächsten Morgen wieder in einsamere Gefilde eintauche. Viel zu lange wandere ich auf breiten Fahrwegen durch schöne Graslandschaften. Das Durmitor Massiv wird immer kleiner...
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