Nachdem ich zu einem Sattel aufgestiegen bin, sehe ich unter mir bereits Martinicki Katun. Bei einem einzelnen Gehöft melkt jemand trotz der frühen Stunde bereits die Kühe. Daneben wuseln aber auch Hühner, Pferde, Ziegen und Schafe um den Hof herum. Viehwirtschaft wie aus einer anderen Zeit! Gar nicht gefallen mir die großen Hunde, die mit bedrohlichem Kläffen versuchen den unerwünschten Eindringling zu vertreiben.
Martinicki Katun am frühen Morgen
Ab jetzt laufe ich stundenlang auf Fahrwegen ohne Verkehr. Das ist zwar eher langweilig, dafür entschädigen mich die fantastischen Lichtstimmungen, die der Morgen bereit hält.
Faszinierende Lichtstimmungen
Selten einmal passiere ich einige Häuser, meist bin ich alleine in der weiten grünen Landschaft. Das Wetter scheint sich heute deutlich zu verschlechtern. Zeitweise ist es sehr windig und entfernt sehe ich bereits Regenvorhänge nieder gehen. Zum ersten Mal seit langem laufe ich mit langer Hose.
Zu den oft schönen, traditionellen Holzhäusern halte ich gerne etwas Abstand, denn die oft riesigen Hütehunde möchte ich nicht aus der Nähe kennen lernen...
Verstreute Häuser
Dort regnet es
Die grünen Hügel Montenegros
Nach 14 Kilometern passiere ich ein großes Gebäude, das nach einer Berghütte aussieht. Allerdings ist das Haus verschlossen und kein Schild weist darauf hin, wie man hier übernachten kann...
Manchmal sehe ich Wegeschilder für den CT1, eine Weitwanderroute durch Montenegro, die auch die Via Dinarica im Wesentlichen nutzt.
Als ich mich Mojkovac nähere, ergeben sich Ausblicke in das Tara Tal. Die steilen Hänge sind dicht besiedelt und genutzt. So ähnlich sieht es auch in Nepal aus...
Für den langen, steilen Abstieg in das Tara Tal, bleibe ich auf dem Track, obwohl der CT1 in eine andere Richtung führt. Bald schon ist von einem Pfad nichts mehr zu sehen. Dafür kann ich einige wunderschöne Haselhühner beobachten, die sich in einer Birke nieder gelassen haben. In Deutschland wäre das schon fast sensationell, hier dagegen scheinen die Vögel, die naturnahe Wälder brauchen, nicht selten zu sein...
Ohne Weg und Steg kämpfe ich mich die steilen Hänge hinab. Glücklicherweise finde ich immer relativ lichte Waldbestände und bleibe nicht in einem dichten Gebüsch stecken...
Schließlich habe ich aber das Tal erreicht und laufe auf einer Nebenstraße nach Mojkovac. Die Tara ist hier eher ein bescheidenes Bächlein und liegt auf 820 Meter Höhe.
Das Leben in dem kleinen Städtchen konzentriert sich um den zentralen Platz, an dem Läden und Cafés liegen. Nachdem ich eingekauft habe, verspeise ich erst mal 1,5 kg Schoko- und Vanilleeis im Park...
Obwohl bald ein Gewitter loszubrechen scheint, wandere ich noch aus der Stadt hinaus. Der Track stimmt mal wieder nicht mit den tatsächlichen Wegen überein, so dass ich mir meinen eigenen Weg bahne, bis ich schließlich auf eine Viehtriebroute stoße, die steil bergauf führt. Gerade rechzeitig, bevor das Unwetter so richtig beginnt, schlage ich mein Zelt in einem Buchenwald auf.
Gerade noch rechtzeitig schlage ich mein Lager auf
Am nächsten Morgen ist es neblig und sehr feucht. Während es beim Zeltabbau nicht regnet, setzt bald stetiges Nieseln ein, dass sich im Laufe des Tages zu einem richtigen Dauerregen auswächst.
Irgendwann erreiche ich die große Hütte Dzambas, natürlich auch mal wieder leer und verschlossen...
Durch den Nebel tappe ich in der watteweichen Landschaft herum. Ich sehe kaum etwas, wundere mich aber, dass ich immer wieder bei Hirtenhäusern lande, die von den obligatorischen Hütern bewacht werden. Meist folge ich Fahrwegen, worüber ich bei der Nässe nicht wirklich böse bin...
Schade, dass ich rein gar nichts sehe, denn die Bjelasica Berge und der Biogradska Nationalpark sind sicher sehr schön...
Gegen Mittag steige ich ab zum Sisko jezero, an dessen Ufer einige Hütten stehen, die wohl als Wochenendziel dienen. Ich nutze den Wetterschutz zum Kochen und laufe dann unschlüssig weiter. Bald komme ich aber zu der Erkenntnis, dass ich lieber auf besseres Wetter morgen hoffe, als noch länger durch den Nebel zu tappen, daher schlage ich schon relativ früh mein Lager im Wald auf. Es scheint hier fast überall Vieh und Hütten zu geben, daher muss ich etwas suchen, bis ich ein verstecktes Plätzchen an einem Steilhang finde.
Am Morgen regnet es zwar nicht mehr, aber die dicke Nebelsuppe hängt nach wie vor in den Bergen. Mal kann ich Fahrwegen folgen, aber immer wieder führt der Track auf meinem GPS weglos ins nasse Gras. Wenn ich mehr sehen würde, könnte man wahrscheinlich hier auch eine einfachere Route nehmen, aber bei den herrschenden Sichtverhältnissen bleibe ich lieber auf dem Track. Der Ursolovacko jezero scheint relativ häufig besucht zu werden, wovon Feuerstellen und Müll künden!
Hinter dem See steige ich wieder nach oben und bin endlich in einer Landschaft ohne Vieh und Menschen. Klar ist die traditionelle Hirtenkultur faszinierend, aber für meinen Geschmack war mir gestern zu viel los, und das trotz des Nebels! Die grasigen Kämme auf denen ich jetzt laufe, wären bei besserem Wetter sicher extrem aussichtsreich. Mein GPS verrät, dass die größte Höhe, die ich erreiche, 2079 Meter beträgt. Allerdings kann man auch bei besserem Wetter nicht zum Gipfel des 2122 Meter hohen Zekova Glava steigen, da dort ein militärisches Sperrgebiet ist!
Anschließend steige ich ab und gelange schließlich langsam aus dem dichten Nebel heraus. Vranjak ist ein "Eco Katun". Dort werden Touristen in Bungalows untergebracht, die ein wenig an die traditionellen Almhäuser erinnern sollen. Da es mir aber noch zu früh zum Übernachten ist, laufe ich überwiegend auf Fahrwegen weiter.
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