Schwarzspecht
Auch zur Mittagspause regnet es wieder und mein Glück verlässt mich nicht: Diesmal kann ich mich bei einer Art Wochenendhaus unterstellen.
Schließlich verlasse ich die Fahrwege und wandere auf einem schönen Steig im Hang entlang einer Wasserleitung zu den Steinhäusern von Mazucchero Inferiore. Diese ehemalige Alpsiedlung scheint bewohnt zu sein, offenbar von Aussteigern, die hier ein alternatives Leben führen, ich bekomme aber niemand zu sehen.
Jetzt ziehen auch die Wolken ab und die heiße Sonne erscheint wieder.
Aus der Richtung bin ich gekommen
Der Pfad verläuft oberhalb des Tals
Der Bewuchs hier ist fast dschungelartig dicht, passend zu dem Waschküchenwetter! Schließlich gelange ich aus dem dichten Wald auf eine offene, ehemalige Weidefläche, die inzwischen aber sehr dicht mit Birken, Ebereschen Brombeeren etc. bewachsen ist. Stellenweise ist der Pfad kaum noch zu erkennen.
Blick zurück zur Toce Ebene
Schließlich schlage ich mein Lager auf einem Absatz bei den Ruinen der ehemaligen Alpe Nagarei auf.
Lager bei der Alpe Lagarei
Bereits nach einer Stunde erreiche ich am nächsten Morgen das herrlich gelegene Bivacco Pian del Lago auf 1700 Meter, wo ich mir erst einmal ein zweites Frühstück gönne, aus Resten die ich in der Hütte entdecke: Etwas Brot, eine Banane und nicht zu unterschätzen, ein kleiner Rest Rotwein....
Zweites Frühstück
Leicht beschwingt setze ich meinen Weg auf dem ziemlich zugewachsenem Pfad fort bis zu einem Grat, unter dem der Lago di Ravinella liegt.
Die Umgebung des Lago Ravinella
Ab hier ist der Pfad gut zu erkennen und ich treffe bereits die ersten Tageswanderer. Hinter dem Colle dell Usciolo auf 2037 Meter beginnt dann der Abstieg nach Campello Monti, vorbei an bewirtschafteten Almen. Der Ort liegt auf 1300 Meter im Strona Tal.
Campello Monti
Ich steige nicht ganz bis zu dem idyllisch gelegenen Örtchen ab. Hier verläuft die Grande Traversata delle Alpi, ein Weitwanderweg der die ganzen italienischen Westalpen durchquert. Dabei verläuft der Weg von Tal zu Tal über die Pässe und bleibt nur selten in der alpinen Stufe. Einen Teil dieses Wegs hier im Nordteil hatte ich schon 2005 kennen gelernt. Da meine Route aber im Allgemeinen höher verläuft, werde ich zwar im weiteren Verlauf der Wanderung immer mal wieder auf die GTA stoßen, ihr aber nur selten für längere Zeit folgen.
Campello Monti ist offenbar ein beliebter Startpunkt für Leute, die einige Etappen der GTA wandern wollen, so treffe ich auch zwei Frauen aus München.
Ich verlasse die GTA aber bereits wieder und steige auf in Richtung der Bocchetta delle Vache. (2224 m).
Zum ersten Mal auf meiner Wanderung stoße ich hier auf Tafeln zum Umgang mit den Schutzhunden, die das Vieh, vor allem die Schafe, vor Wölfen schützen sollen. Nachdem der Wolf Anfang des 20. Jahrhunderts in den italienischen Alpen ausgerottet war, findet ausgehend von den französischen Seealpen seit Mitte der 90'er Jahre eine Wiederbesiedlung statt, so dass mittlerweile um die 300 Wölfe in den italienischen Westalpen leben.
Hinweise zum Umgang mit den Herdenschutzhunden
Ich habe hier das Walsergebiet des Piemont erreicht. Die Walser sind alemannischen Ursprungs und besiedelten ursprünglich die Täler am Ursprung der Rhone im schweizerischen Wallis. Im 13. und 14. Jahrhundert verließen etliche Gruppen ihre Heimat und ließen sich in bis dahin unbesiedelten hochgelegenen Bergtälern nieder und brachten ihre eigene Kultur mit, die auch heute zum Teil noch lebendig ist.
Tafel zur Geschichte der Walser
Die Berghänge sind teilweise von Kühen übersät und ich treffe eine Gruppe von jungen Leuten, die gestern einen offenbar vom Wolf gerissenen Pelzträger entdeckt haben. Von weitem sehe ich einen Hirten, der mit zwei Männern in grüner Uniform diskutiert. Geht es hier um die Entschädigung für ein vom Wolf getötetes Schaf?
Es steht hier viel Vieh in den Bergen
Als ich die Bocchetta del Vache erreiche, zieht Nebel auf und ein kühler Wind bläst.
Bocchetta del Vache (2224 m)
Ich will heute noch nicht weiter absteigen, daher schlage ich schon recht früh mein Lager auf einem Absatz unterhalb des Passes auf.
Lager unterhalb der Bocchetta del Vache
Später unternehme ich dann noch einen ausgedehnten, weglosen Abendspaziergang zum Punto del Pizzo auf 2332 Meter. Schräge Sonnenstrahlen durchbrechen die Wolken und ich sehe Regenschauer im Flachland der Poebene nieder gehen.
Die Sonne durchbricht die Wolken
Als ich in der Dämmerung wieder beim Zelt ankomme, flattert dort sogar eine Fledermaus umher, was mich auf dieser Höhe wundert.
Am nächsten Morgen geht es zunächst ein Stück steil bergab zur verlassenen Alpe Casera, dann auf einem schönen Grasweg weiter. Schließlich erkenne ich bereits die ersten Ortsteile von Rimella im Tal.
Bereits um 8 Uhr bin ich am Rathaus von Rimella, wo es mittlerweile sogar freies w- lan gibt! Überhaupt habe ich den Eindruck, dass sich die Gegend seit 2005 ziemlich gemausert hat. Während damals Zeichen des Verfalls überall sichtbar waren, sind heute viele Häuser nett herausgeputzt, es gibt Informationstafeln und die Wege sind deutlich besser markiert.
Auch das Hotel Fontana, in dem wir damals übernachtet hatten, existiert noch und scheint sich reger Beliebtheit zu erfreuen. Die Wanderinnen die ich gestern getroffen hatte, sind auch da...
Das Hotel Fontana in Rimella
Ich folge kurz der Straße und überquere dann den Mastallone. Hoch über dem Bach liegt der Weiler Roncaccio Inferiore, der keinen Straßen- sondern lediglich Seilbahnanschluss hat.
Blick zurück nach Rimella
Der weitere Weg führt mich durch die abwechslungsreiche Kulturlandschaft oberhalb des Mastallone. Die Gegend ist vom Vieh geprägt, allerdings nur ziemlich extensiv. An etlichen Stellen künden Birken und Eschen die Rückkehr des Waldes an. Bei dem netten Örtchen Boca Superiore gelange ich an die Straße, der ich ein Stück weit folge. Glücklicherweise gibt es fast keinen Verkehr.
Vor Santa Maria parkt ein bemaltes, altes Wohnmobil mit deutschem Kennzeichen, auch eine Art die Gegend kennen zu lernen...
Auch andere Deutsche sind hier unterwegs
Am Ortsende verkündet ein Schild, dass es hier einen Posto Tappa gibt. Das sind die einfachen Unterkünfte, die die GTA- Wanderer nutzen können.
Posto Tappa in Santa Maria
Bald verlasse ich die Straße und steige auf einem ehemals für Maultiertransporte mit Steinplatten befestigtem Weg ( Mulattiera) auf, in Richtung Lago Barranca. Ich bin sehr erstaunt über die Massen an Menschen die mir entgegen kommen, damit habe ich jetzt, mitten in der Woche nicht gerechnet! Offenbar verbringen doch viele Leute ihren Urlaub in den Bergen. Ich folge dem Mastallone Tal weiter, was an einer Stelle sogar einen Wasserfall birgt.
Aufwärts auf einer Mulattiera
Wasserfall im oberen Mastallone Tal
In der Umgebung des Lago Barranca wimmelt es von Schafen. Ein gerade erst geborenes Lamm wird von seiner Mutter gesäugt.
Massen von Schafen am Lago Barranca
Hinter dem See lasse ich die Besuchermassen hinter mir und steige hoch zum Colle d' Egua auf 2239 Meter.
Der Abstieg erfolgt über beweidete Almen am bewirtschafteten Rifugio Buffalora vorbei. Mir begegnet ein junger Mann mit einem Maultier, der Vorräte zu einer höher gelegenen Alm bringen will. Leider spricht er kein englisch.
Hier werden die Almen noch mit Maultieren versorgt
Schließlich schlage ich ausser Sichtweite des Pfads im offenen Lärchenwald mein Lager auf. Ich bin jetzt auf lediglich 1500 Meter Höhe.
Kurz nachdem ich am nächsten Morgen aufgebrochen bin, beobachte ich in der Nähe der Steinhäuser einer Alpe einen großen Fuchs.
Begegnung am frühen Morgen
Oberhalb der Alpe Bruc verlasse ich die GTA mal wieder und steige im Lärchenwald auf zur Alpe Passone, in deren Umgebung Rinder und Schafe weiden. Natürlich gibt es auch scharfe Hunde, daher versuche ich mich dem Vieh nicht zu dicht zu nähern. Die Alpe ist bewohnt und eine Frau kommt aus dem Haus um mir den weiteren Weg zu erklären.
Alpe Passone
Es geht auf einem unmarkierten Weg weiter durch den Lärchenwald am Hang, wo sich, als die Sonne erscheint, die Schmetterlinge tummeln.
Tief im Tal liegt der Ort Carcoforo.
Stelldichein
Ich gelange dann wieder auf einen markierten Weg, nehme aber einen falschen Abzweig und bemerke erst nach einiger Zeit meinen Fehler. Da ich nicht wieder absteigen will, traversiere ich weglos im Hang durch die Landschaft mit ihren Granitplattenabsätzen.
Die Landschaft fällt hier in Stufen ab
Bevor ich dann zur Bocchetta di Badile auf 2250 Meter gelange, tauche ich in Nebel ein, der sich auf dieser Höhe hartnäckig hält.
Nebel vor der Bocchetta di Badile (2250 m)
Ich steige ab in die Nähe des Rifugio Massero. Ab dort geht es wieder aufwärts und mir begegnen etliche Tageswanderer. Am Colle della Bottiglia auf 2607 Meter beginnt ein Klettersteig. Ich überlege kurz dieser Route zu folgen, es ist mir aber zu feucht und neblig dazu.
An der Colle della Bottiglia beginnt ein Klettersteig
Allerdings ist die Traverse am Hang durch ausgedehnte Blockfelder auch ziemlich unangenehm. Danach gibt es ein kurzes, mit einigen Sicherungen versehenes Steilstück, das zum Colle del Valle auf 2625 Meter führt.
Auch der Abstieg zum Rifugio Valle ist stark vom Nebel verhüllt, der nur selten aufreisst. Eigentlich gibt es hier genug Markierungen, aber in dem Nebel muss ich doch öfter mal suchen, bis ich wieder auf Farbe stoße.
Die Landschaft ist meist nebelverhüllt
An dem Rifugio sind etliche Leute zu sehen, aber ich setze meinen Weg fort. Auf einem Felsen sitzt ein Vogel, den ich zunächst für einen Falken halte, bis mir klar wird, dass es sich um einen Kuckuck handelt!
Im Frühjahr hatte ich die Vögel öfter gehört und gesehen, die Kuckucke sind offenbar durchaus häufig in den Alpen.
Ein kurzer Aufstieg führt mich zur Bocchetta del Toro auf 2340 Meter. Überall grasen Rinder. Auch wenn ich keine Tiere sehe, höre ich doch ihre Glocken. Einmal treffe ich einen Hirten der mit seinem Hund nach den Tieren schaut, aber kein Englisch spricht.
Die Route führt mich weiter durch die Hänge hoch oberhalb des Ortes Rima. Schließlich schlage ich mein Lager zwischen Alpenrosen und Heidelbeeren auf. Der Nebel beginnt nur ein kleines Stück oberhalb, daher unternehme ich nur einen kurzen Abendspaziergang, bei dem ich aber immerhin drei auffliegende Birkhähne beobachte.
Als ich am nächsten Morgen über die Blockfelder zum Colle Piglimo auf 2485 Meter aufsteige, ergeben sich schöne Stimmungen, als die Berggipfel zum Sonnenaufgang aus dem Wattewolkenmeer aufsteigen.
Morgenstimmung am Colle Piglimo (2485 m)
Als sich die Nebel dann weiter heben, zeigt sich sogar kurz das jetzt ziemlich nah erscheinende Monte Rosa Massiv.
Das Monte Rosa Massiv taucht kurz aus dem Nebel auf
An der Alpe Faller fum Tschukke ( Was für ein Name!) zweigt meine Route eigentlich ins Tal ab. Ein aggressiv bellender Hund lässt mich aber zunächst etwas zweifeln, ob ich an ihm vorbei gehen soll. Dann erscheint eine junge Frau und erklärt mir auf italienisch, dass der Weg den ich eigentlich nehmen möchte zugewachsen sei, und ich besser auf dem Hangweg bleiben soll, was ich dann auch tue.
Lebendige Almwirtschaft
An der Alpe Faller Ekku zu der ich kurz darauf gelange, weiden sogar Schweine, eine Premiere auf dieser Alpentour!
Schweine an der Alpe Faller Ekku
Hier gelange ich auf die Tour de Monte Rosa, die das Bergmassiv umrundet und ziemlich beliebt ist. Dementsprechend treffe ich auch einige Wanderer, die eine Mehrtagestour unternehmen. Der Abstieg nach Alagna zieht sich dann noch ziemlich in die Länge, aber die Wege sind sehr gut, so dass ich schnell vorankomme und gegen Mittag den sehr touristischen, alten Walserort erreiche.
Obwohl der Ort nicht sehr klein ist, gibt es keinen Supermarkt, sondern lediglich einen Laden, der überwiegend regionale Produkte an die Touristen verkauft und entsprechend teuer ist. Es werden aufgrund der Corona Situation nur wenige Leute gleichzeitig eingelassen, weswegen ich etwas warten muss.
Einkauf in Alagna
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