Auf diesem Abschnitt paddele ich lange über mehrere, durch kurze Flussabschnitte verbundene Seen und wandere dann durch das Vorland der Anden auf der argentinischen Seite. Mancher Abschnitt stellt sich dabei als überraschend schwierig heraus...
Da ich es mir nicht nehmen lasse, morgens das schöne Frühstück in der Ruca Kitai zu geniessen, starte ich für meine Verhältnisse ziemlich spät und hoffe, dass sich das nicht auf dem großen Lago Rivadavia rächt. Wie schon öfter geschrieben, am Nachmittag kommt auf den patagonischen Seen meist heftiger Wind auf...
Doch zunächst setze ich mein Boot unmittelbar am Hotel ein, und paddele noch etwa fünf Kilometer auf dem ruhigen Rio Carrenleufu.
Der Carrenleufu ist hier breit und ruhigAn der Mündung in den Lago Rivadavia sehe ich einige Fliegenfischer im flachen Wasser stehen und es gibt auch Schlauchboote mit Anglern. Glücklicherweise bekomme ich von der Straße die hoch über dem Ufer verläuft nichts mit.
Obwohl es mittlerweile schon recht spät ist, bleibt der See so glatt, dass sich sogar die Berge in seinem Wasser spiegeln und ich ganze Wiesen von Unterwassergräsern bewundern kann! Es gibt eine Reihe von guten Plätzen für eine Pause und ich empfinde es als wahren Genuss über diesen schmalen, langgestreckten See zu gleiten.
Der fjordartige Lago Rivadavia
Nach 13,5 Kilometern auf dem See, erreiche ich den Ausfluss Rio Rivadavia. Ein Schild verkündet, dass der Fluss für Motorboote gesperrt ist, eine schöne Regelung! Zunächst zeigt sich der Fluss breit und ruhig zwischen dicht mit hohen Bäumen bestandenen Uferhängen hindurchfließend.
Zunächst gibt sich der Rivadavia ruhig
Allerdings hat Jan hier vier Stromschnellen eingezeichnet, auf die ich gespannt bin! Dieses scheint ein bei Fliegenfischern sehr beliebter Fluss zu sein, die hier Forellen angeln wollen, erfahre ich bei der Begegnung mit 2 Ruderbooten argentinischer Guides die amerikanische Kunden auf Angeltour begleiten. Bald wird der Fluss schneller und macht richtig Spass! Nur dreimal muss ich mich vor Baumhindernissen die in einer Kurve mitten im Stromzug liegen in Acht nehmen. Im Zweifelsfall ist es immer sinnvoll, an so einer Stelle ans Ufer zu gehen, die Lage genauer zu beurteilen und gegebenenfalls ein kleines Stück nicht zu paddeln, was hier überall gut möglich ist.
Der Rivadavia ist ein flotter Fluss
Allerdings sollte man den Fluss auch nicht unterschätzen, einmal werde ich hinter einer Kurve bei der Ausfahrt aus der Strömung fast umgeworfen, was ich gerade noch so verhindern kann, indem ich mich mit dem Paddel auf dem Wasser abstütze...
Da ich es hier am Fluss so schön finde, schlage ich mein Nachtlager im Wald auf der hohen Uferböschung auf. Mit dem Boot dort rauf zu gelangen, kostet zwar etwas Anstrengung, lohnt sich aber!
Waldlager am Rio Rivadavia
Am nächsten Morgen nehme ich schon in meinem geschützten Lager einen leichten Windhauch wahr...
Als ich dann bald den recht kleinen Lago Verde erreiche, verraten die kabbeligen Wellen gleich, dass es auf der offenen Wasserfläche fast schon stürmt! Ich gehe an Land und ziehe mir erst einmal den Trockenanzug an, obwohl der See ja nicht groß ist, hätte eine Kenterung in dem kalten Wasser ansonsten ohne Zweifel fatale Folgen. Irgendwann ist der See aus dem Schatten aufgetaucht, und wie so oft erstrahlt ein intensiv blauer Himmel. Leider habe ich es jetzt mit Gegenwind zu tun, gegen den ich kaum anpaddeln kann. Zwischendurch denke ich schon daran, es erst einmal aufzugeben, aber nach fast zwei Stunden habe ich die 3,5 Kilometer des Lago Verde hinter mir gelassen!
Gegenwind auf dem Lago Verde
Der Rio Arrayanes, die Verbindung zum Lago Futalaufquen stellt sich dagegen als ruhiges Gewässer heraus, an dem ich in Ruhe etliche Vögel beobachten kann. Ich gleite an einem Zeltplatz vorbei, von dem ich aber fast nichts mit bekomme und erreiche bereits nach einer Stunde den großen Lago Futalaufquen.
Rio Arrayanes
Auch hier ist es ziemlich windig, zu meiner großen Freude muss ich aber jetzt nicht mehr dagegen paddeln, sondern werde sogar kräftig angeschoben!
In einer idyllischen Kiesbucht mache ich eine Schokopause, während ein Paar, dass hier in der Nähe zeltet, seine Wäsche wäscht.
Kiesbucht am Lago Futalaufquen
Schließlich erreiche ich Punta Mattos, wo jeweils ein Arm des Sees Richtung Westen und Richtung Osten verläuft. Da ich keine Lust mehr auf Boot fahren habe, möchte ich über drei Kilometer offenes Wasser nach Süden zur Playa Blanca paddeln, wo ein Wanderweg bis an den Strand geht. Allerdings überlege ich einige Zeit, ob ich die ausgesetzte Überfahrt bei diesem Wind wirklich wagen sollte, stürze mich dann aber doch in die Wogen, in der Hoffnung, dass mir das Glück mit dem Rückenwind erhalten bleibt....
Alles geht gut, und ich erreiche den gegenüberliegenden Strand, wo das argentinische Paar Susanne und Daniel mit ihrem Motorboot angelegt hat. Die sympathischen Lehrer laden mich zum Essen ein und ich erfahre, dass vor einiger Zeit ungewöhnlich viel nassser Schnee gefallen war, der viele Schäden an den Bäumen angerichtet hat. Hier an der Playa Blanca ist der Weg noch nicht wieder frei gemacht worden.
Susanne und Daniel
Ein Cucao will mein Tagebuch lesen
Daniel bietet mir an, mich mit seinem Boot ein Stück weiter bis zu der Stelle zu fahren, ab wo der Wanderweg bereits geräumt ist, was ich gerne annehme.
Und tatsächlich, als ich dann sehe, wieviel hier umgebrochen war, wird mir klar, dass es kein Zuckerschlecken und auch nicht ungefährlich wäre, sich dadurch zu arbeiten...
Hier wurde der Schneebruch schon beseitigt
Dieser Wanderweg, hier im argentinischen Nationalpark Los Alerces ist Teil der Huella Argentina, einem über 500 Kilometer langen Weitwanderweg, der allerdings noch viele Lücken beinhaltet, und offenbar zunehmend in Vergessenheit gerät. Zumindest hier ist der Pfad jedoch mit blau- weissen Schildern gut markiert.
Huella Andina
Von lediglich 500 Meter am See, führt der Pfad steil bergan, zu einem Aussichtspunkt auf über 1100 Meter Meereshöhe!
Die Aussicht von hier über Lago Futalaufquen und Lago Verde bis zu den Gletscherbergen des Andenhauptkamms ist fantastisch!
Aussichtspunkt hoch über dem Lago Futalaufquen
Ein Stück weiter schlage ich mein Lager auf und gelange am nächsten Tag auf einer weniger steilen, recht schönen Route zurück zum See. Leider ist der Wald teilweise verbrannt, offenbar sind Waldbrände ein großes Problem auf der argentinischen Seite der Berge.
Eine Informationstafel und ein schlichtes Kreuz erinnern an Siedler, die hier einst gelebt haben, ansonsten hat der Wald die Gegend zurück erobert.
Infotafel des Nationalparks
Schließlich erreiche ich den idyllisch und ruhig wirkenden Ort Villa Futalaufquen in dem etliche Gebäude als Blockhäuser errichtet wurden. Neben der Verwaltung des Nationalparks gibt es hier auch einen Gesundheitsposten, sowie einen kleinen Laden. Etliche Anbieter vermieten Hütten- Cabanas.
Die Huella Andina ist ab hier geschlossen, was ich aber ignoriere, da der GPT auf der Huella verläuft.
Zu meiner Freude geht es nicht auf breiten Wegen weiter, wie ich erwartet hatte, sondern auf gut markierten Pfaden. Die Landschaft ist ziemlich trocken und über weite Strecken ist auch hier der Wald verbrannt. Das hat allerdings den Vorteil, dass ich fast ständig herrliche Ausblicke auf die Berge der Anden erhalte.
Auf der Huella Andina
Verbrannter Wald mit Aussicht auf die Berge
Erst hinter einer Farm wird der Weg deutlich schlechter und ich muss häufiger suchen. Tatsächlich lege ich dann die letzten 600 Meter bis zum Abzweig eines Fahrwegs auf der parallel laufenden Straße zurück.
Der Weg endet bei einem Gehöft und ich bin zunächst etwas ratlos, wo es weiter geht, aber eine Frau weist mir die Richtung zu einem Pferdepfad, nicht ohne eindrücklich darauf hinzuweisen, dass ich vorsichtig mit Feuer sein soll...
Der Weg durch dichtes Buschland ist sehr schön, aber an Abzweigungen muss ich mich immer wieder entscheiden, wo ich weiter laufen will, aber da der GPS-Track stimmt, ist das kein großes Problem.
Auf einem Pferdepfad durch das Buschland
Mir gefällt die Landschaft hier überraschend gut, ich hatte gar nicht damit gerechnet, dass dieser Abschnitt des GPT schön ist, wenn auch ganz anders, als was ich bisher durchwandert habe...
Inzwischen ist es März, so dass es wohl langsam normal wird, dass es morgens ziemlich frisch ist.
Früher Morgen im Buschland
So starte ich auch heute mit Handschuhen und Climalite Jacke. Der Pfad ist jetzt ziemlich zugewachsen, voll Bambus und Dornenranken. Dennoch gibt es auch immer wieder einige majestätische Coigue Bäume unter denen sich schöne Lagerplätze finden. Irgendwann existiert auf dem GPS- Track gar keine Pfadspur mehr, und ich folge anderen Trampelpfaden, die das Vieh hinterlassen hat, zu einem Zaun, an dessen Rand ich auch halbwegs gut vorwärts komme. Als der jedoch durch einen Sumpf führt, drehe ich um, und suche mir schließlich einen Weg auf der anderen Seite des Zaunes. In dieser trockenen Gegend möchte ich Sissy eigentlich nicht mit nassen Füßen herumlaufen...
Zurück auf dem Track gelange ich zu einem Apfelbaum auf einer Freifläche, der mit Früchten behangen ist. Nach einem zweiten Frühstück stopfe ich mir die Taschen voll, so dass ich auch noch länger etwas von den Äpfeln habe...
Ein tolles Geschenk
Bald hört der Pfad wieder auf. Zwar sind es nur noch 300 Meter bis zu einem Fahrweg, aber die haben es in dem dichten Gebüsch in sich. Lästigerweise wimmelt es auch wieder von den üblen Stachelsamen...
Dornenbüsche und Stachelsamen foltern mich
Ich laufe nur kurze Zeit auf einem Schotterweg und dann weiter auf Graswegen in die tiefe Schlucht des Rio Desaguadero. In drei Stunden habe ich lediglich vier Kilometer zurückgelegt...
Weites Buschland
Ein Pfad verläuft aufwärts zum Schluchtrand, wo ich zwei Häuser und einige Pferde vorfinde, aber keinen Menschen sehe. Zunächst führt ein recht guter Pfad am Schluchtrand weiter. Dann erreiche ich den Abzweig einer Trailvariante von Jan. Da vom Hauptweg hier nichts mehr zu erkennen ist, folge ich der Alternative weiter, die aber auch stark zugewachsen und schwer zu verfolgen ist.
Zugewachsener Pfad
Manchmal geht es über noch nicht zugewachsene, grasige Lichtungen, aber meist quäle ich mich durch dichten, dornigen Busch, etwas für Masochisten...
Selten ist der Pfad etwas offener
Zu meiner Überraschung stoße ich dann aber auch auf Abschnitte, wo der Weg vor kurzem frei geschnitten wurde. Hier komme ich zwar einfacher vorwärts, aber jetzt muss ich mehr auf die Dornenzweige am Boden achten...
Teile des Weges wurden vor kurzem frei geschnitten
Ich gewinne stetig an Höhe und gelange schließlich in schattigen Lengawald mit Bambusunterstand und dicken Stämmen. Der Pfad folgt hier ehemaligen Holzabfuhrwegen, von denen mittlerweile aber nur noch wenig zu erkennen ist.
Auf einer Lichtung im Wald schlage ich mein Lager auf, in der Hoffnung, dass der bedrohlich schief stehende Baumriese während der Nacht nicht auf mein Zelt kippt...
Lager auf einer Waldlichtung
Abends unternehme ich noch einen Spaziergang durch den Wald, der nach dem ganzen Buschland für mich so überraschend ist. Der Tag war zwar hart, aber ich bin auch ziemlich zufrieden, und genieße das Gefühl, den Wald für mich alleine zu haben!
Am nächsten Morgen gelange ich bald zurück auf die Hauptroute des GPT, wo der Pfad deutlich besser ist, und stellenweise mit Plastikbändern markiert.
Der Weg ist jetzt deutlich besser
Heute kann ich auch einige der schönen, grün- roten Papageien, die in einem Baum sitzen, ablichten. Obwohl hier ja schon einmal Holz eingeschlagen wurde, wirkt der Wald erstaunlich unberührt.
Patagonische Papageien
Nach zwei Stunden gelange ich aus dem Wald in der Nähe einer Blockhütte auf einen Fahrweg, dem ich lange Zeit bergab folge, mit schönen Aussichten auf die Berge. Das Waldband in dem ich übernachtet hatte, ist gar nicht weit von der Baumgrenze entfernt!
Bergab auf einer Fahrspur
Bevor ich eine land- und forstwirtschaftliche Versuchsfarm erreiche, komme ich an einer Reihe von Apfelbäumen unterschiedlicher Sorten vorbei. Ein weiteres kulinarisches Fest!
Auf dem weitläufigen Gelände der Versuchsfarm ist niemand zu sehen, wahrscheinlich da heute Samstag ist. Ansonsten sollen sich Besucher hier anmelden...
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