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27.11.2018

Greater Patagonian Trail 2018- 11 von Palena nach La Junta auf dem Rio Palena



Auf diesem Abschnitt paddele ich etwa 100 Kilometer des Rio Palena, und erlebe dabei wie der Fluss nach langem Dauerregen  mächtig anschwillt...
Nachdem ich im Wohnzimmer meiner Gastfamilie gefrühstückt habe, laufe ich durch den Ort Palena. Es gibt hier sogar eine Touristeninformation und einen Geldautomaten! Nach zweieinhalb Kilometern auf der Straße habe ich die Brücke über den Rio Palena erreicht, wo ich in den Fluss einsetzen will. Ein sichtlich benutzter Trampelpfad führt zum Wasser wo ich am Strand genug Platz habe, um mein Packraft startklar zu machen.

                                                       Start an der Brücke über den Rio Palena

Die Fahrt beginnt mit flotter Geschwindigkeit in dem zunächst noch ziemlich flachen, steinigen Gewässer. Bald erreiche ich eine nicht einsehbare scharfe Linkskurve in der ein umgestürzter Baum die Fahrrinne zu blockieren scheint. Ich versuche am flachen, steinigen, rechten Ufer anzulegen, um mir ein besseres Bild zu verschaffen, und steige aus dem Boot aus, das ich dann neben mir durch die Strömung treidele. Diese ist aber so stark, dass ich das Boot kaum halten kann, daher schwinge ich mich wieder in mein Packraft, bevor es mir aus der Hand gerissen wird und versuche jetzt vor der gefährlichen Kurve am linken Ufer anzulegen, was aber auch misslingt. So eine Situation sollte man unbedingt vermeiden, aber jetzt bleibt mir nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass ich an dem Hindernis in der Strömung vorbei lenken kann, was auch gerade so gelingt. Glück gehabt!
Ich hatte den Palena unterschätzt, denn nach dem was ich gelesen habe, ist er ein recht einfacher Fluss. Allerdings folgt jetzt eine Stromschnelle auf die nächste, oft in scharfen, kaum einsehbaren Kurven. Zweimal liegen noch Bäume im direkten Stromzug, an Stellen, die man besser nicht paddelt...
Aber mit dem Packraft ist ein Umtragen ja stets schnell und einfach zu bewältigen! Ansonsten sind die Kiesbankschwälle ziemlich harmlos, obwohl man sich auf dem oberen Palena schon auf den Fluss konzentrieren muss, macht die Fahrt richtig Spass, zumal die Landschaft fantastisch ist. Steile, mit dichtem Grün bewachsene Hänge säumen den Fluss. Anfangs meist hoher Wald, dann immer wieder auch Buschland, was verrät, dass der Wald hier in der Vergangenheit gerodet oder abgebrannt wurde. Das Wasser ist kristallklar und das Wetter fantastisch. Ein toller Packraftingfluss!
Einige Male teilt sich der Palena in verschiedene Arme. Hier ist es wichtig, dem wasserreichsten Lauf zu folgen, da man ansonsten leicht in zu flaches, steiniges Terrrain gelangt. Jan hat einige Stromschnellen in seinem Track markiert, dass sind aber längst nicht alle, und auch nicht unbedingt die Größten und Schwierigsten. Je nach Wasserstand ist der Palena eben sehr unterschiedlich, was ich im Verlauf dieser Etappe auch noch deutlich bemerken sollte.
Besonders schön ist ein Abschnitt der durch eine tiefe Schlucht, mit  grauen Steilwänden führt. Sehr eindrucksvoll, aber auch stellenweise etwas unheimlich, da man nie weiß was in der Nächsten der zahlreichen Kurven wartet...
Hinzu kommt, dass das Tosen der Kiesbankschälle ziemlich laut ist, aber nicht unbedingt ein Indikator für die Schwierigkeit...





                                                Idylle am Palena


                                                              Steiniger Nebenarm

                                               Schluchtartige Abschnitte

                                          Hier ist der Fluss ruhiger



                                     Die scharfen Kurven erfordern Aufmerksamkeit

Nach 17 Kilometern wird der Fluss offener und übersichtlicher. Leider habe ich es jetzt mit starkem Gegenwind zu tun, so dass ich trotz Strömung ganz schön arbeiten muss...

                                                Der Palena wird offener

Jetzt im März ist die Touristensaison offenbar schon weitgehend vorbei, daher treffe ich nur ein Anglerboot und zwei junge amerikanische Paare, die sich am Ufer sonnen. Sie erzählen mir, dass sie für Kost und Logis bei einem Deutschen arbeiten, der ein Holzhaus in der Nähe des Flusses baut. 
Kurz nachdem ich die Fähre "El Tranquilo" passiert habe, gelange ich an eine Stromschnelle, die bei Jan als XXL markiert ist. Große dunkle Felsblöcke liegen hier im Fluss, der aber übersichtlich ist und hier nicht sehr viel Gefälle hat. Daher sieht die Stelle für mich nicht unfahrbar aus, aber da ich zum Erkunden an Land gegangen bin, umgehe ich den kurzen Stromschnellenabschnitt.

                                      "XXL-Stromschnelle"

Kurz danach schlage ich mein Lager auf einem grasigen Streifen über dem Fluss auf. Hier merke ich, dass der Palena keineswegs ein Wildnisfluss ist. Auf der anderen Flussseite fahren Autos auf einer Piste und an  offeneren Stellen weiden überall Kühe, die zu verstreuten Gehöften gehören. Stellenweise sind die Hänge grau, von Waldbränden die noch nicht lange zurück liegen, und wo das nicht der Fall ist, hat meist dichter Sekundärwuchs den ursprünglichen Urwald ersetzt. Obwohl der Palena gerade heute landschaftlich sehr schön war, ist er doch nicht so ursprünglich, wie er gerne vermarktet wird...
Nach dem Essen genieße ich noch den milden Abend auf meiner Matte liegend, aber später beginnt es zu regnen und hört während der Nacht auch nicht mehr auf!
Da es morgens immer noch regnet, döse ich zunächst vor mich hin, breche aber schließlich um 9:30 doch auf. Zwar hat der Niederschlag auch dann noch nicht nachgelassen, aber mit dem Trockenanzug ist das nicht schlimm, obwohl die Landschaft natürlich bei blauem Himmel besser aussieht. Andererseits hat es auch fast etwas mystisches, wie die weißen Dunstschleier über Bergen und Fluss hängen. 
Zweimal stoppe ich vor einer nicht einsehbaren Stromschnelle, aber generell ist der Fluss heute übersichtlicher und einfacher, wenn auch noch immer etliche Schwälle für etwas Action sorgen.
Mitunter nieselt es nur leicht, dann gehen wieder dicke Tropfen auf den Fluss herunter. Nur selten macht der Regen eine richtige Pause.


                                     Ein Regentag auf dem Rio Palena

Obwohl ich keinen Menschen sehe, ist die Gegend am Fluss doch dünn besiedelt, worauf Kühe und einige Hütten hinweisen. Mein Abendlager schlage ich wieder auf einem kurz gefressenen Grasstreifen auf, der ein idealer Zeltplatz ist. Bald regnet es wieder stark, so dass ich nicht auf meinem Hobo koche, sondern eine kalte Mahlzeit aus Harina Tostada, Erdnüssen, Butter und Kakaopulver zu mir nehme. 

                     Lager am Fluss

Es regnet die ganze Nacht weiter und erst gegen 8 am nächsten Morgen scheint es trockener zu werden. Nach 36 Stunden fast ununterbrochenem Regen ist der Fluss jetzt deutlich angeschwollen. Musste ich vorher noch darauf achten, stellenweise genügend Wasser unter dem Boot zu haben, ist das jetzt gar kein Problem mehr. Einige Stromschnellen sind verschwunden, dafür bauen sich jetzt an vielen Stellen mitten im Fluss ganze Berge hoher Wellen auf, über die ich regelrecht hinweg reite. Obwohl das Gefälle hier nicht mehr so hoch wie am Beginn ist, hat der Fluss durch das viele Wasser richtig Power und ich komme rasant vorwärts. Allerdings haben sich jetzt an vielen Stellen kraftvolle Strömungen und Strudel gebildet. Es gilt also stets das Wasser zu lesen, ansonsten wird man leicht aus dem Gleichgewicht geworfen. Mir ist das Kenterrisiko jetzt zu groß, daher verpacke ich heute meine Kamera wasserdicht...
Einmal gerate ich beim Zusammenfluss zweier Arme in einen Strudel der mich dreht, ohne dass ich etwas dagegen tun kann...
Natürlich entlässt der Wirbel mich auch bald wieder!
Über lange Zeit wirkt die Flusslandschaft heute einsamer und wilder als gestern. Vor allem eine Reihe von Waldschluchten können mich in den Glauben versetzen, in abgelegener Wildnis zu sein. Zwischendurch regnet es immer auch mal wieder und ab 11 Uhr verwandelt sich der bisher so klare Palena in eine sedimentbeladene, gelbe Brühe.

                                                 Hochwasser am Palena

Am Nachmittag ist die Landschaft wieder offener, ich sehe einige Häuser und fahre an einer Lodge vorbei. Einmal führt eine Straßenbrücke über den Fluss. 
Bereits gegen 16 Uhr habe ich über vierzig Kilometer zurückgelegt und schlage mein Lager auf einer großen Insel zwischen zwei Flussarmen auf. 

                                             Der Trockenanzug ist hier wichtig

Tatsächlich kommt am Abend die Sonne etwas heraus, als ich auf einem kleinen Spaziergang das Eiland erkunde. Dagegen waren am Morgen die entfernten Berge schon leicht mit Puderzucker bestreut, der erste Neuschnee!


                                                                  Abendsonne

Als ich am Morgen aufwache, fühle ich mich schlapp, unwohl und kalt. Zudem habe ich wohl etwas Fieber. Nichts desto trotz schleppe ich mich zum Boot, und habe in eineinhalb Stunden die letzten 9 Kilometer bis vor La Junta zurückgelegt, wo ich den Fluss verlasse und zum Ort gehe. Es fängt wieder heftig an zu regnen, daher bin ich froh, dass ich am Ortsanfang im Hospedaje Marisel einchecken kann, wo ich mich erst mal erholen will. Allerdings ist es ziemlich ungemütlich und kalt, weshalb ich mich tief in den Decken vergrabe...
Am nächsten Tag gegen Mittag geht es mir besser, der Regen hat erst mal aufgehört und ich erkunde ein wenig den Ort. La Junta ist relativ groß, dennoch gibt es keinen richtigen Supermarkt, sondern ich muss durch einige Läden stöbern, um Vorräte für die nächste Etappe zu kaufen. Ich finde es erstaunlich, dass die ganze Gegend erst ab den 50'er Jahren besiedelt wurde und dann ab den 80'er Jahren, als die Carreterra Austral gebaut wurde, einen kleinen Boom erlebte. Die Carreterra die durch den Ort führt, ist eine wichtige  Nord- Süd Verbindung, die diesen Teil Südchiles erst an das Straßennetz angeschlossen hat.
Ich kaufe ein Busticket nach Puerto Cisnes, denn ich habe vor aufgrund von Windrichtung und Strömung entgegen meiner eigentlichen Reiserichtung hierher zurück zu paddeln. 


                                                        La Junta





































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