Die Durchquerung des Puyehue Nationalparks, mit dampfenden Lavafeldern, die erst beim letzten Ausbruch des Vulkans, im Jahr 2011 entstanden sind, ist ein weiterer großer Höhepunkt meiner Patagonienwanderung.
Bevor ich aus Futrono aufbreche, kaufe ich im Supermarkt Proviant für 15 Tage ein. Dafür bezahle ich umgerechnet 75 Euro, Chile ist auch bei niedrigen Komfortansprüchen kein billiges Reiseland...
Der Bus zurück zum Lago Maihue fährt leider erst um viertel vor zwölf ab, daher bin ich auch erst um 13:30 zurück am See. Glücklicherweise ist es heute nicht besonders windig, obwohl am Nachmittag häufig auf den patagonischen Seen viel Wind aufkommt. Am Fähranleger mache ich mein Packraft fertig und steche gleich in See. Unter einem grauen Himmel wirkt der Lago Maihue nicht sehr attraktiv, ausserdem sind seine Ufer für meinen Geschmack zu sehr besiedelt, wenn es hier auch nur verstreute Häuser gibt. Da es nicht nach möglicherweise gefährlichem Wind aussieht, halte ich mich nicht in der Nähe des Ufers, sondern überquere den Lago in ziemlich direkter Linie. Für die 7 Kilometer benötige ich eine Stunde und fünfundvierzig Minuten.
Nach der Überquerung des Lago Maihue
Oberhalb des Sees stehen einige villenartige Holzhäuser und es gibt sogar einen Golfplatz. Zunächst denke ich an ein Hotel, aber nirgendwo sehe ich ein Schild, was darauf hinweist. Ein Stück weiter auf einer breiten Piste, treffe ich dann 4 chilenische Mountainbiker, 2 junge Männer, ein Mädchen und eine ältere Frau. Ihrem Aussehen nach wirken sie ziemlich europäisch und sprechen gut englisch, was in Chile nicht sehr häufig ist. Nach einer kurzen Unterhaltung mit den netten Leuten, die gerade Beeren pflücken, ist mir klar, dass sie zu der Familie gehören, die die luxuriösen Villen am See besitzt. Natürlich sind sie Angehörige der chilenischen Oberschicht, zeigen das mir gegenüber aber überhaupt nicht, sondern sind sehr freundlich und interessiert an meiner Wanderung.
Später begegne ich dann noch einem Pick-up mit weiteren Mountainbikern, die sogar wissen, dass der GPT hier verläuft. Einer stellt sich als Verwalter des Besitzes vor, und meint, dass er überhaupt nichts dagegen hat, dass Wanderer hier durchkommen!
Die Schotterstraße steigt ziemlich steil an und es gibt in der dichten Vegetation keinen möglichen Zeltplatz. Dann gelange ich aber an einen kleinen See, den Jan als Lagerplatz eingezeichnet hat, und ich finde ein schönes Plätzchen abseits der Piste.
Guter Lagerplatz an der Straße
Auch am nächsten Morgen folge ich für vier Stunden der Straße weiter, einer der langweiligsten Abschnitte die ich bisher auf dem GPT gelaufen bin...
Stundenlang auf breiten Pisten
Schließlich wird der Weg schlechter, führt aber immer noch durch stark aufgelichtete Wälder mit sehr dichtem Unterwuchs.
Stark ausgebeuteter Wald
Hinter einem einzelnen Gehöft beginnt ein Pfad, der stetig bergauf führt. Auch hier wirkt der Wald noch geplündert, alle dickeren Bäume wurden gefällt. Erst kurz vor Beginn des Puyehue Nationalparks, auf den ein Schild hinweist, beginnt "richtiger" Wald. Dieser ist erstaunlich offen ohne den üblichen Unterwuchs, und lässt sich auch ohne Weg begehen. Da die Wasserstellen hier im Sommer ziemlich unsicher sind, schlage ich mein Lager auf, als ich in einer Schlucht etwas Wasser entdecke, was von den im Schatten nur langsam schmelzenden Schneeresten gespeist wird.
Nachdem ich Nudeln auf meinem Hobo gekocht habe, unternehme ich noch einen Spaziergang. Endlich wieder in schöner, zivilisationsferner Wildnis!
Bald tauchen die aschegrauen Kämme des Cordon Caulle/ Puyehue Gebietes auf. Der Anblick einer Mondlandschaft über den dichten, grünen Wäldern hat etwas surreales, unterstrichen von dem leichten Schwefelgeruch der über der Landschaft liegt. Der Wald unmittelbar unter den nackten Ödflächen ist grau von Asche und sicher bei dem letzten, großen Ausbruch des Vulkans, vor nur 6 Jahren zerstört worden!
Die ersten Blicke auf die Mondlandschaft von Puyehue
Nach einem steilen Anstieg erreiche ich am nächsten Morgen rasch die Baumgrenze bei etwa 1500 Metern. Die dünne Eisschicht auf einigen Pfützen kündet von einer klaren Nacht, auf die jetzt ein strahlender Morgen folgt. Je höher ich steige, desto schöner wird die Landschaft!
Ein glasklarer Morgen
Die Vulkanlandschaft öffnet sich
Es liegt hier oben noch erstaunlich viel Schnee aber ich kann einem Pfad folgen, der bis zu einer sehr beeindruckenden, aktiven Geothermalzone voller rauchender Fumarolen und blubbernder Schlammtöpfe führt.
Vielfarbige, dampfende Geothermalzone
Der Pfad endet hier, und ich wandere weiter weglos durch die grandiose, offene Landschaft. In geschützten Tälern wächst etwas Gras, ansonsten wirkt die Gegend ziemlich leblos. Kurze, steile An- und Abstiege wechseln sich mit weiten Becken ab, in denen ich rasch voran komme. Vor allem muss mein Kurs um die kohlrabenschwarzen, bizarren Wüsten aus grober, frisch erstarrter Lava herumführen, da ich dort nur sehr langsam vorwärts kommen würde, in steter Gefahr mir die Knöchel zu brechen...
Bald ist es eigentlich sehr warm, aber der stetige Wind sorgt für Abkühlung, daher laufe ich in langärmligem Sweatshirt. Mein Rucksack fühlt sich bereits etwas leichter an, aber wiegt sicher immer noch über 25 Kilogramm...
Glücklicherweise ist der feine, graue Vulkanstaub gut zu bewandern, ohne dass ich bei jedem Schritt tief versinke.
Ich stoße auf kein Wasser und kaue daher manchmal etwas Schnee, um meinen Durst zu löschen.
Hochgelegene Vulkanwüste
Der Puyehue taucht auf
Unglaubliche Kontraste
Eigentlich hatte ich vor, noch heute den Gipfel des 2236 Meter hohen Vulkans zu erreichen, muss aber erkennen, dass er noch weit entfernt ist, obwohl er in unmittelbarer Nähe zu sein scheint. In der klaren Luft kann man Entfernungen kaum einschätzen...
Der Puyehue ist noch weit entfernt
Zum ersten Mal sehe ich die ebenmäßige Schneehaube des Vulkans Osorno, der mich noch lange begleiten wird. Während ich zeitweise den Eindruck habe, nur von Wüste umgeben zu sein, sehe ich irgendwann wieder grünere Landschaften unter mir.
Der Osorno erscheint
Später nachmittags habe ich die Lavafelder hinter mir gelassen und blicke weit zurück in die Richtung aus der ich gekommen bin.
Diese krasse Landschaft habe ich durchwandert
Obwohl die Gegend unheimlich schön und auch nicht allzu schwer zu durchwandern ist, sehe ich nichts was auf andere Besucher hinweist, weder Fußspuren noch Müll oder gar Menschen selbst...
Ich möchte eigentlich nicht unbedingt in dieser leblosen Wüste lagern und tatsächlich, am späten Nachmittag stoße ich auf Grasflächen, die sogar von einigen Kühen beweidet werden. Es gibt hier sogar Wasser, was will ich mehr?
Das erste Gras seit langem...
Später erlebe ich einen traumhaften Sonnenuntergang mit den Vulkanen Osorno und dem zackigen Puntiagudo im Vordergrund.
Puntiagudo und Osorno
Später bescheint dann der volle Mond mein Camp, was für ein Tag geht zu Ende!
Die Nacht ist ziemlich kalt und ich muss leider feststellen, dass mein viel gebrauchter Daunenschlafsack nicht mehr richtig wärmt...
Ich lasse meinen Rucksack versteckt zurück und mache mich nach Sonnenaufgang auf den Weg zum Gipfel des Puyehue. Zunächst weglos, aber schließlich gelange ich auf eine deutliche Zick- Zack Spur, die nach oben führt. Zu meiner Überraschung muss ich keine Schneefelder überqueren und bereits nach eineinhalb Stunden stehe ich oben auf 2236 Meter und kann die gletschergefüllte Kraterschüssel unter mir bewundern.
Auf dem Puyehue
Entfernt sehe ich bereits den hohen, zackigen Gipfel des Tronador, (3491 Meter), dem hohen Vulkan an der argentinischen Grenze, dem ich bereits auf meiner ersten Patagonientour nah gekommen war.
Tronador, Puntiagudo und Osorno
Beim Abstieg treffe ich die ersten Menschen im Puyehue Nationalpark, 6 Israelis, die im Refugio unterhalb des Gipfels übernachtet haben und jetzt den Berg besteigen wollen.
Blick zurück zum Puyehue
Bald tauche ich wieder in den Südbuchenwald ein, der am Anfang grau und abgestorben ist, dann aber grün und ziemlich offen.
Der Pfad hinab ist sehr steil und weiter unten wird die Vegetation auch wieder dichter, mit interessanten, roten Blüten einer Kletterpflanze.
Hübsche Blüten im Grün
Ein Stück vor der Straße gelange ich aus dem Wald in grünes Weideland, passiere ein Hotel und laufe dann noch einige Kilometer auf der Straße 215 bis nach Anticura wo es ebenfalls ein Hotel, einen Stützpunkt der Forstbehörde Conaf und einen Zeltplatz gibt. Da ich ja genügend Proviant im Rucksack habe, halte ich mich aber nicht auf, sondern laufe gleich weiter. Hier sehe ich Markierungen des Sendero de Chile. Dieser war ehemals als durchgehender Weitwanderweg geplant, als sich jedoch herausstellte, wie schwierig ein solches Projekt ist, ließ man es bei einzelnen, nicht zusammen hängenden Abschnitten...
Ein schöner Pfad, der allerdings zweimal durch umgestürzte Bäume blockiert wird, folgt dem Lauf des Rio Anticura, den ich schließlich über eine Hängebrücke überquere.
Zu meiner Überraschung treffe ich auf der anderen Seite eine Gruppe Jugendlicher aus Santiago, die in Anticura eine Woche in einer Art Feriencamp verbracht haben.
Begegnung mit chilenischen Jugendlichen
Ich zelte an der Brücke auf nur noch 450 Meter Meereshöhe und bin überrascht als es am nächsten Morgen für zweieinhalb Stunden recht heftig regnet. Eigentlich nichts ungewöhnliches hier, aber immerhin der erste Niederschlag nach den ersten Tagen meiner Wanderung!
Ich schlafe länger und laufe erst gegen 9 Uhr los, als der Regen aufgehört hat. Da der Pfad aber zunehmend zugewachsen ist, bin ich in der dichten Vegetation bald klatschnass. Regelrechte Schauer gehen auf mich herab, wenn ich Bambus oder Fuchsien nur leicht streife...
Blöderweise habe ich kein Regenzeug an...
Blöderweise habe ich kein Regenzeug an...
Lago Todos los Santos
Am Seeufer angelangt, finde ich nur einige Boote und angebundene Pferde vor. Es gibt hier keine reguläre Fähre, daher müssen Wanderer ihre Überfahrt vorher organisieren!
Glücklicherweise habe ich ja mein Packraft dabei und kann gegen Mittag in See stechen.
Am Seeufer angelangt, finde ich nur einige Boote und angebundene Pferde vor. Es gibt hier keine reguläre Fähre, daher müssen Wanderer ihre Überfahrt vorher organisieren!
Glücklicherweise habe ich ja mein Packraft dabei und kann gegen Mittag in See stechen.
Der Osorno ragt über dem See auf
Besonders schön wird es, als die Sonne am Abend hinter dem Osorno versinkt. Kaum zu glauben, was für ein Glück ich mit dem tollen Wetter im eigentlich regnerischen Patagonien habe!
Sonnenuntergang am Lago Todos los Santos
Mein Geburtstag beginnt mit der weiteren Überfahrt über den See. Obwohl ein heißer Tag anbricht, ziehe ich zum ersten Mal meinen Trockenanzug an. Diese großen Seen können einfach zu schnell ihr Gesicht verändern, und so ein Anzug ist einfach eine Lebensversicherung im Fall einer Kenterung...
So früh am Morgen sehe ich nur einmal ein Motorboot, ansonsten habe ich den schönen, von steilen Bergen eingefassten See für mich allein. Allerdings scheinen da und dort Wochenendhäuser über dem See zu stehen, die aber kaum auffallen.
Zunächst halte ich mich relativ dicht am Ufer, da es aber auf dem Wasser heute sehr ruhig ist, wage ich schließlich die direkte Überfahrt zum Fährhafen Peulla, vielleicht 5 Kilometer über offenes Wasser. Lange Zeit scheint es mir als ob ich kaum voran komme, aber schließlich kann ich doch an Land gehen und habe den zweiten großen See bewältigt!
Ankunft in Peulla
Besonders schön wird es, als die Sonne am Abend hinter dem Osorno versinkt. Kaum zu glauben, was für ein Glück ich mit dem tollen Wetter im eigentlich regnerischen Patagonien habe!
Sonnenuntergang am Lago Todos los Santos
Mein Geburtstag beginnt mit der weiteren Überfahrt über den See. Obwohl ein heißer Tag anbricht, ziehe ich zum ersten Mal meinen Trockenanzug an. Diese großen Seen können einfach zu schnell ihr Gesicht verändern, und so ein Anzug ist einfach eine Lebensversicherung im Fall einer Kenterung...
So früh am Morgen sehe ich nur einmal ein Motorboot, ansonsten habe ich den schönen, von steilen Bergen eingefassten See für mich allein. Allerdings scheinen da und dort Wochenendhäuser über dem See zu stehen, die aber kaum auffallen.
Zunächst halte ich mich relativ dicht am Ufer, da es aber auf dem Wasser heute sehr ruhig ist, wage ich schließlich die direkte Überfahrt zum Fährhafen Peulla, vielleicht 5 Kilometer über offenes Wasser. Lange Zeit scheint es mir als ob ich kaum voran komme, aber schließlich kann ich doch an Land gehen und habe den zweiten großen See bewältigt!
Ankunft in Peulla
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