Auf diesem Abschnitt erkunde ich das Cochamo- Tal, das "Yosemite" Patagoniens und gelange schließlich entlang des Rio Puelo wieder nach Argentinien.
Morgens gegen 8:30 fahren sogar zwei Busse von Puerto Varas nach Cochamo. Während der eine aber lediglich bis zum Ort fährt, bringt einen der andere direkt bis zum Startpunkt der Wanderung, wodurch man sich einige Kilometer auf Asphalt spart...
Ankunft im Valle CochamoDer Bus ist voller junger Wanderer und nach der Ankunft herrscht großes Gewimmel, weil jeder sich startklar macht. Eigentlich muss man sich hier registrieren und eine Reservierung vorzeigen. Tatsächlich hatte ich gestern noch in Puerto Varas eine Unterkunft gebucht. Dennoch ignoriere ich die Schlange selbstbewusst und schon bin ich unterwegs...
Registrierung am Beginn der Wanderung
Die 13 Kilometer bis La Junta sind zweifellos der bei weitem beliebteste Wanderweg, dem ich in Patagonien folge, entsprechend ist der Weg auch ausgetreten. Es ist seit langem ja ziemlich trocken, aber ich kann mir gut vorstellen, was für eine Schlammschlacht hier sonst wohl oft statt findet...
Breite, schlammige Wege
Da ich sofort die anderen Busankömmlinge hinter mir gelassen habe, ist der Weg auch nicht sooo voll, dennoch begegne ich sehr vielen Wanderern. Eigentlich mag ich so populäre Wege nicht besonders, aber das Valle Cochamo ist tatsächlich sehr schön. Vor allem als über dem Fluss die glatten, grauen Granitfelsen auftauchen, kann man sich schon ein wenig nach Yosemite versetzt fühlen.
Die Wanderung im Valle Cochamo ist schön
Yosemite Feeling
Eine Hängebrücke und eine Seilbahn, mit der man zu den Zeltplätzen auf dem anderen Ufer des Flusses gelangt, sorgen für Abwechslung.
Lustige Seilbahn
Auf dem Zeltplatz Aventura ist noch jede Menge Platz frei, allerdings habe ich eine Reservierung für das Refugio Cochamo, die ich zunächst stornieren muss. Die Chefin Silvia ist sehr verständnisvoll und erklärt mir, dass das Reservierungssystem hier eingeführt wurde, da das Tal an zu vielen Besuchern zu ersticken drohte. Es gibt zwar nur 15 Schlafplätze in ihrem Refugio, aber auf den 5 Zeltplätzen von La Junta ist Raum für 500 Leute!
Als ich erwähne, dass eine langfristige Reservierung für Langstreckenwanderer ziemlich unpraktikabel ist, erklärt sie mir, dass das kein Problem sei. Nicht alle Zeltplätze im Tal seien dem Reservierungssystem angeschlossen und so lange es freie Plätze gibt, würden auch Wanderer die über keine Reservierung verfügen in das Valle Cochamo gelassen.
Silvia, die nette Chefin des Refugio
Ich schlage mein Zelt beim herrlich gelegenen Camp Aventura auf. Die große Wiese ist keineswegs überfüllt und es herrscht unter den jungen Chilenen eine angenehme Ferienatmosphäre.
Camp Aventura
Am nächsten Tag unternehme ich eine Wanderung auf den Cerro Arco Iris, einen tollen Aussichtsberg über dem Tal.
Unmittelbar nach Sonnenaufgang bin ich bereits unterwegs und habe den schönen Bergwald für mich allein. Hier ragen einzelne majestätische Alerce Koniferen aus dem Laubwald. Diese tollen Bäume hatte ich ja schon 2011 im Hornopiren Nationalpark kennen gelernt.
Alerces
Weiter oben wundere ich mich ein wenig, als die ersten Kletterseile erscheinen, denn man kann hier noch an die Baumwurzeln geklammert auch ohne Hilfsmittel nach oben gelangen. Das funktioniert jedoch nicht mehr an den glatten Granitfelsen, die ein Stück weiter folgen. Man kann nur hoffen, dass einem auf den relativ langen Abschnitten die Kraft nicht ausgeht, oder das Seil sich gar löst oder reisst, denn es gibt ansonsten hier nirgendwo Halt...
Allerdings sind auch diese Stellen für jemanden der halbwegs fit ist und keine Höhenangst hat, gut machbar. Jedenfalls sieht es stark aus, wenn man am Seil hoch über dem Cochamo Tal nach oben steigt...
Glatte Granitpassagen erklimmt man am Seil
Ich beobachte den Aufstieg von Andrea und Patrick, einem jungen bayerischen Paar, das für einige Monate durch Chile und Argentinien reist. Anschließend steigen wir zusammen weiter hoch, wobei die Aussichten über das Tal und die Granitberge immer fantastischer werden, je höher wir kommen.
Zum Gipfel des Cerro Arco Iris
Bereits um 12 Uhr sind wir oben, immerhin ein Anstieg von etwa 240 Meter im Tal bis auf 1525 Meter Höhe hier oben!
Die weite Aussicht über das Tal zur Bahia Cochamo und den Vulkanen Osorno und Tronador ist einfach fantastisch!
Cerro Arco Iris (1525 m)
Gut, dass wir schon früh aufgebrochen sind, denn zu unserem Erstaunen trifft bald nach unserer Ankunft ein steter Strom von Bergwanderern auf dem Gipfel ein. Ich hatte geglaubt, dass die ausgesetzten Seilpassagen viele Leute abschrecken, aber der Cerro Arco Iris ist auch bestimmt der Höhepunkt des Valle Cochamo!
Beim Abstieg kommen mir tatsächlich für meinen Geschmack viel zu viele Leute entgegen...
Die Menschen wirken
wie Zwerge in der Granitwand
Zurück im Wald kann ich die roten Blüten der Kletterpflanzen bewundern, die auf der grauen, glatten Rinde der säulenförmigen Alerces wachsen.
Blüten auf den Alerce Stämmen
An manchen Stellen ergibt sich noch einmal ein Blick über das dicht bewaldete Cochamo Tal aus dem die glatten, grauen Granitwände aufragen.
Cochamo Tal
Auch der Fluss am Talgrund ist ein kleines Paradies und wird natürlich bei der Hitze von vielen Leuten zum Baden genutzt.
Paradiesischer Fluss
Um meine Vorräte zu schonen, kaufe ich mir von meinem Kleingeld bei der Familie, die den Zeltplatz betreibt, einige frische Krapfen (Sopapillas) zum Abendbrot und breche danach noch einmal auf. Neben dem Weg zum Arco Iris gibt es hier einige weitere, jedoch längst nicht so belaufene Wege. Ohne Rucksack, kann ich dem vielfältigen Regenwald mehr Aufmerksamkeit zuwenden und das Spiel der Sonnenflecken auf den hohen Farnen genießen. Einige mit Seilen und Helmen bewehrte Kletterer sind gerade auf dem Weg zu einer Route, wo sie bestimmt übernachten.
Leider muss ich an einem hohen Wasserfall umdrehen, da ich es sonst vor dem Dunkel werden nicht zurück zum Zeltplatz schaffe...
Es gefällt mir sehr gut in La Junta und es gibt abseits der Wege in den tollen Granitbergen noch viel zu entdecken, aber irgendwie zieht es mich denn doch weiter, daher breche ich am nächsten Morgen wieder auf...
Kaum zu glauben, aber 99 % aller Leute die ins Valle Cochamo kommen, gehen nur die 13 Kilometer bis La Junta! Zwar ist der Pfad auch weiter oberhalb noch gut zu erkennen und wirkt benutzt, aber kein Vergleich zu der Strecke unterhalb. Meistens bin ich in ziemlich unberührt wirkendem, tollen Wald unterwegs, nur selten gewährt eine Grasfläche Blicke auf die schroffen Granitberge, die das Tal einfassen.
Seltener Blick auf die schroffen Berge
Außer wenigen Wanderern begegnen mir auch zwei urig aussehende Reiter die über den Paso Leon nach Argentinien wollen. Der eine trägt sogar eine Pistole am Gürtel, wie sich das für einen richtigen Cowboy gehört...
Begegnung auf dem Trail
Am Arco Wasserfall fließt der Bach unter einem Steinbogen hindurch in einen klaren Pool, der von Basaltsäulen gesäumt wird, schön!
Arco Wasserfall
Obwohl der Pfad fast immer gut zu erkennen ist, kommt man hier nur langsam voran. Es geht viel auf- und ab, man balanciert über Steine, läuft durch eingeschnittene Hohlwege und es gibt sogar einige zum Teil mit Bohlen ausgelegte Sumpfstrecken.
Durch offenes Sumpfland
Es gibt hier keine alten Rodungen mehr, dementsprechend ist der Wald wunderschön und unberührt. Manchmal sehe ich kleine graue Kolibris und höre ihr Brummen und selten einmal ragen einige Alerces aus dem Laubwald.
Kurz unter einem Pass auf 1020 Meter schlage ich mein Lager an einem kleinen, von Libellen umschwärmten See auf. Es ist immer noch sehr heiß, daher kommt mir ein Bad gerade recht. Da das Gewässer die meiste Zeit im Schatten liegt, ist es erstaunlich kalt...
Lager an einem kleinen Waldsee
Hinter dem Pass gelange ich an einen größeren See, an dessen Südende es auch einen deutlich benutzten Lagerplatz am Strand gibt.
Hier gibt es einen Lagerplatz
Weiter geht es durch dichten Wald mit ziemlich viel Bambus. Erst in der Nähe des Lago Vidal Gornaz tauchen die ersten Kühe im Wald auf und ich laufe dann über eine weite, offene Grasfläche zu einem Anwesen mit Zeltplatz.
Weiden am Lago Vidal Gornaz
An diesen traumhaft gelegenen, schmalen See führt keine Straße. 5 junge Chilenen campen hier und genießen die Einsamkeit.
Bald habe ich mein Packraft fertig gemacht und breche auf zu der etwa 8 Kilometer langen Überfahrt über das spiegelglatte Gewässer.
Ich paddele über den Lago Vidal Gornaz
Der See ist herrlich bei dem schönen Wetter, allerdings wurde der ursprüngliche Wald hier wohl schon vor langer Zeit abgebrannt, weshalb dichter Busch, unterbrochen von einigen Weideflächen die Hänge bedeckt.
Auch bei meinem Ausstieg am Südende des Sees gibt es ein Haus mit Zeltplatz. Der Pfad der von hier aus weiter führt, ist viel einfacher, als der durch das Cochamo Tal, daher komme ich rasch voran. Einige Siedler haben sich hier nieder gelassen, daher laufe ich meist durch jüngeren Wald, der nach den ersten Rodungen nachgewachsen ist.
In der Nähe des Torrentoso Camps gibt es tiefe Pools am Rio Manso, die einige Chilenen zum Baden nützen.
Oberer Rio Manso
Nach einem kalten Abendbrot aus Harina Tostada, Erdnüssen, Kakaopulver, Butter und etwas Salami laufe ich weiter in den schönen Abend hinein.
Der Rio Manso verschwindet bald in einer tiefen Schlucht an deren Steilhang der Pfad durch die dichte Vegetation verläuft.
Es wird später und später und ich hätte längst schon mein Lager aufgeschlagen, aber es gibt hier weder Wasser, noch halbwegs ebene, nicht zu dicht bewachsene Stellen. Erst gegen 20 Uhr, nach 13 Stunden unterwegs, finde ich einen geeigneten Zeltplatz hoch oberhalb der Schlucht.
Abend über dem Rio Manso
Am nächsten Morgen benötige ich eineinhalb Stunden für die ersten drei Kilometer! Immer wieder führt der Pfad abwärts in tiefe Seitenschluchten um anschließend steil wieder anzusteigen. Schließlich führt der Weg aber auch auf flachere Absätze, die oft von Siedlern genutzt werden. Keine ursprüngliche Natur, aber eine schöne Kulturlandschaft, die mir im Gegensatz zum dichten Wald auch Ausblicke in die umgebende Landschaft gewährt. Die Siedler hier sind echte Selbstversorger, die Rinder, Schweine, Schafe, Hühner u.s.w halten, Kartoffeln anbauen und oft auch Gemüse in mit Plastikfolien bespannten Gewächshäusern ziehen.
Weideland
Lediglich zweimal treffe ich junge Chilenen, die ins Cochamo Tal wandern wollen. Obwohl dies eine bekannte Wanderroute ist, wird sie offenbar nicht sehr stark frequentiert.
Chilenische Wanderer
Am Nachmittag gelange ich nach einem steilen Abstieg wieder an den Rio Manso. Zwar hat Jan eine mögliche Einsetzstelle erst ein ganzes Stück unterhalb eingezeichnet, aber der Bach wirkt hier, am Ende der Schlucht auf mich durchaus Packraft geeignet, daher mache ich kurz entschlossen mein Boot fertig.
Packrafting- Start am Ausgang der Schlucht
Tatsächlich entpuppt sich der Fluss als durchgehend fahrbar. Es ist ein Genuss auf dem herrlich grünen Wasser dahinzugleiten. Zahlreiche Kurven und spritzige Kiesbankschwälle sorgen für Abwechslung. Zweimal halte ich kurz an, um einen besseren Überblick zu gewinnen. Dennoch unterschätze ich die Wellen in einem Schwall etwas und bin hinterher nass bis auf die Unterhose, kein Problem bei der Hitze...
Auf dem Rio Manso
Bei einem Zeltplatz hat Jan den Einstieg eingezeichnet und der Fluss wird breiter und langsamer. Dennoch muss man auch hier aufpassen, denn zahlreiche Bäume liegen im Wasser. Jetzt bläst mir ein starker Gegenwind entgegen, so dass ich manchmal kaum vorwärts komme, und dass auf einem strömenden Fluss...
Schließlich schlage ich mein Lager auf einem Grasstreifen über dem Fluss auf. Wind und Hitze sind ideal zum Wäsche waschen, die Gelegenheit kann ich mir nicht entgehen lassen...
Hier auf fast Meereshöhe ist es noch lange sehr warm und ich kann den milden Abend genießen. Zwei Pferde besuchen mich zum Trinken am Fluss, scheinen aber ziemlich scheu zu sein.
Schöner Lagerplatz
Als ich mich am nächsten Morgen startklar mache, färbt die aufgehende Sonne die Spitzen der gegenüberliegenden Berge, schön!
Sonnenaufgang am Fluss
Noch etwa eine Stunde paddele ich durch die weite Kiesbanklandschaft, bis ich die Mündung in den breiten Rio Puelo erreiche, den ich gleich überquere.
Zunächst weglos, dann auf einem Pfad gelange ich zu einem Hof, wo mir die Leute freundlich verraten, wo der Weg weiter führt. In Puerto Varas hatte ich eine Karte gesehen, auf der die Wanderroute am Rio Puelo eingezeichnet war, aber bald stellt sich heraus, dass sie wohl heute kaum noch benutzt wird. Es gibt zwar nach wie vor Verbindungswege, die die verschiedenen Siedlergehöfte verbinden, diese sind aber in sehr unterschiedlichem Zustand, von gut zu sehen bis ziemlich zugewachsen...
Siedlerland am Rio Puelo
Muss man den nicht am selben Tag aus Chile aus- und dann in Argentinien wieder einreisen? Du hast ja quasi im "Niemandsland" zwischen den beiden Grenzposten übernachtet. Gab das keine Probleme?
AntwortenLöschenNein, danach wurde an dem argentinischen Posten überhaupt nicht gefragt, es scheint also kein Problem zu sein!
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