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11.11.2018

Greater Patagonian Trail 2018- 7 von Peulla nach Cochamo



Auf diesem Abschnitt wechsele ich auf die argentinische Seite der Grenze und erkunde den grandiosen Nahuel Huapi Nationalpark um den markanten Vulkan Cerro Tronador.
Obwohl Peulla nur per Boot erreichbar ist, handelt es sich doch um einen beliebten Touristenort, mit zwei großen, allerdings etwas in die Jahre gekommenen Hotels. 

                                                                                                 Peulla

Nichts desto Trotz macht der Ort auf mich eher einen ruhigen, verschlafenen Eindruck und ich kann mir schwer vorstellen, dass es Massen von Touristen hierhin verschlägt. 
Ein kleiner Lehrpfad erklärt einiges über die Natur hier, von den aggressiven Bremsen (Tabaños) bis zu dem rhabarberähnlichen Pangue, den ich mit seinen kolossalen Blättern schon im letzten Jahr gesehen hatte.


                                                                 Naturlehrpfad in Peulla

Die Ausreiseformalitäten am chilenischen Grenzposten sind rasch erledigt, und ich laufe auf einer breiten Piste, zunächst durch grüne Wiesen auf die Hauptkette der Anden zu.

                                            Zur argentinischen Grenze

Es gibt hier kaum Verkehr, lediglich einige umgebaute LKW sind mit Touristen auf "Fotosafari". Bald habe ich das Farmland hinter mir gelassen und laufe das breite Tal des Rio Negro hoch, einem Fluss, der von den Gletschern des Cerro Tronador gespeist wird, dem fast 3500 Meter hohem Vulkanmassiv auf der Grenze.

                                            Gletscherfluss Rio Negro

Nach einem längeren Anstieg überschreite ich am nächsten Tag den Grenzpass Perez Rosales. Vicente Perez Rosales war ein chilenischer Abenteurer und Politiker des 19. Jahrhunderts, nach dem der schon erwähnte Nationalpark benannt wurde. Der Pass bildet nicht nur die Grenze zwischen den beiden Staaten  Chile und Argentinien, sondern grenzt auch die Nationalparks Vicente Perez Rosales (2310qkm) und Nahuel Huapi (7050 qkm) voneinander ab. Zusammen mit anderen Reservaten schützen sie ein riesiges Gebiete auf beiden Seiten der Andenkette.

                                           Die Grenze liegt mitten im Wald

Bereits vor Mittag erreiche ich Puerto Frias am schönen blauen Lago Frias, wo sich die argentinische Grenzstation befindet. Ein Polizist sagt mir, dass der Weg über den Paso de las Nubes gesperrt sei, da die Brücke über den Rio Frias vor einiger Zeit bei einer Flut zerstört wurde. Als ich ihm erzähle, dass das kein Problem für mich sei, da ich mein Boot am Rucksack dabei habe, schaut er etwas ungläubig, sagt aber auch nicht, dass ich nicht auf den Weg gehen darf...

                    Der Weg über den Paso de las Nubes ist gesperrt

Die Grenzstation öffnet nach ca. einer Stunde erst, als das Fährboot eintrifft. Die aus verschiedenen Schiffsfahrten und dazwischen liegenden Bustransfers bestehende Tour von Bariloche in Argentinien nach Puerto Varas in Chile ist bei Touristen sehr beliebt, daher überrascht es mich nicht, dass sich schnell eine große Schlange zur Grenzabfertigung bildet. Zum Glück bin ich vorne, und kann bald schon loslaufen!
Zunächst folgt ein frisch freigeschlagener Pfad dem Lauf des Gletscherflusses Rio Frias. 

                                                             Am Rio Frias

Doch bereits nach einer Stunde gelange ich an die Stelle, an der die Brücke fortgeschwemmt wurde. Zu meiner Überraschung liegt hier ein Packraft am Ufer! Bald taucht Cacho auf, er ist Guide beim Club Andino in Bariloche und will Kunden übersetzen, die aus Richtung Pampa Linda hierher wandern.



                                   Die Brücke über den Rio Frias ist zerstört

Bevor ich mein Packraft zum Einsatz bringe, will ich probieren, ob sich der Fluss nicht durchwaten lässt. Tatsächlich habe ich schon dreiviertel der Strecke zurückgelegt, als der Bach zu tief und reissend wird, weshalb ich den Rückzug antrete. Die Überfahrt mit dem Packraft ist dagegen überhaupt kein Problem.

Cacho will Kunden mit dem Packraft übersetzen

Nach der Überfahrt wird der Weg richtig schlecht und man merkt, dass er kaum noch benutzt wird. Ich schlängele mich unter umgestürzten Stämmen hindurch, werde immer wieder vom Bambus festgehalten, überwinde sumpfige Stellen und komme insgesamt nur langsam vorwärts. In der dichten Vegetation gibt es nirgendwo einen Platz zum Zelten. Erst gegen Abend erreiche ich einen traumhaften, offenen Wald der offensichtlich relativ häufig zum Campen genutzt wird, obwohl Schilder das untersagen...
Nicht weit entfernt stürzen 16 Wasserfälle donnernd von den Gletschern des Tronador hinab.



                       Toller Lagerplatz unter den Gletschern des Tronador

Wahrscheinlich wegen des rauhen, vulkanischen Gesteins sind meine Trailrunningschuhe inzwischen so zerschlissen, dass ich dringend Ersatz benötige, und daher beschliesse, am Ende dieser Etappe nach Puerto Varas zu fahren...

                            Schon nach einem Monat sind meine Schuhe 
                                                 fertig mit der Welt...
                            
Am nächsten Morgen führt ein deutlich besserer Pfad steil aufwärts zum Paso de las Nubes auf etwa 1400 Meter. Ein Stück oberhalb liegt das schön gelegene, bewirtschaftete Refugio Agostino Rocca, von dem aus ich meine gestrige Route bis zum Lago Frias zurück verfolgen kann.

                                                     Das Tal des Rio Frias

Der Abstieg auf schönen Pfaden führt zunächst lange am Hang entlang durch dichte Nirre Gebüsche, bis er wieder in schattige Lengawälder mit stellenweise dichtem Bambusunterstand eintaucht. Ausser einem jungen Paar, dass ich überhole, treffe ich zunächst nur Ursula, eine Schweizerin, die drei Monate lang in Peru und Chile unterwegs ist und dabei etliche Bergwanderungen unternimmt.

                                Begegnung mit einer Schweizer Wanderin

Einige Zeit führt der Pfad am herrlich türkis grünen Rio Alerce entlang, wo ich schließlich auch an einer abgelegenen Stelle mein Nachtlager aufschlage.

                                                     Rio Alerce

Schon nach einer Stunde habe ich am nächsten Morgen den winzigen Touristenort Pampa Linda erreicht, wohin wir 2011 von Bariloche gewandert waren. Es gibt hier zwei Campingplätze, ein Restaurant, einen Infopunkt des Nahuel Huapi Nationalparks und etwas außerhalb die Grenzstation, bei der ich rasch die Formalitäten für die Ausreise erledigt habe. Der größte und älteste Nationalpark Argentiniens wurde übrigens nach einem Ausdruck der Mapuche Sprache für den Jaguar benannt. Ironischerweise wurde die große Katze hier aber bereits in den 30'er Jahren ausgerottet...

                                                              Pampa Linda

Nachdem ich einen Abstecher zum Ventisquero Negro gemacht habe, einen von Vulkanasche bedeckten Gletscher, der in einem türkisen See mündet, bin ich zurück auf gutem Pfad zur chilenischen Grenze.

                                                       Ventisquero Negro

Vier Magellanspechte zeigen wenig Scheu vor mir, so dass ich sie ausgiebig fotografieren kann. Obwohl ich die schwarzspechtgroßen Vögel mittlerweile schon recht häufig beobachtet habe, freut es mich doch jedes Mal, wenn ich sie beim heraushämmern von Insektenlarven aus den Stämmen der Südbuchen beobachten kann.
Der spanische Name "Carpintero" für diese großen Vögel bedeutet "Zimmermann" da sie für ihre Nester geräumige Höhlen in die Bäume meißeln.

                                                 männlicher Magellanspecht

Der Anstieg durch das Valle Vuriloche ist ganz schön lang. Obwohl hier dichter Bambus wächst, wird der Pfad offensichtlich so gut benutzt, dass er ziemlich offen ist.

                                         Dichter Bambus im Valle Vuriloche

Schließlich überquere ich die Grenze am 1400  Meter hohen Paso Vuriloche und steige ab zu einer sumpfigen Grassenke, wo sich der chilenische Grenzposten befindet. 
Während die Rucksäcke einiger argentinischer Wanderer die gerade eingetroffen sind, von den Carabineros durchsucht werden, kann ich, nachdem ich meinen Pass vorgezeigt habe, rasch weitergehen.
Es ist auch möglich hier zu zelten, aber mir ist es lieber irgendwo im Wald zu übernachten...

                                        Der chilenische Grenzposten

Dies scheint eine recht beliebte Wanderroute zu sein, denn bald treffe ich noch drei junge, chilenische Wanderer, die bereits seit 6 Tagen von Ralun aus unterwegs sind!

                                    Begegnung mit chilenischen Wanderern

Der Wald hier oben ist glücklicherweise weniger dicht, daher finde ich einen guten Zeltplatz. Allerdings ist es ziemlich kühl und windig, daher esse ich meine Nudeln heute im Zelt.

                                          Zelten unterhalb des Paso Vuriloche

Der offene Wald endet ein Stück weiter unten und dichter Bambusunterwuchs herrscht wieder vor. Dann gelange ich an recht offene Flächen die aber teilweise schon mit dichtem Gebüsch zugewachsen sind. Hier hat sicher bis vor einiger Zeit ein Siedler gelebt. Heute ist die Luft wieder klarer als gestern Nachmittag und ich habe herrliche Ausblicke auf den 3491 Meter hohen Monte Tronador mit seinen tief hinab in den Wald reichenden Gletschern.

                                                               Monte Tronador

Der Puesto Huachupen den ich bald passiere, wurde sicher von einem Siedler bewohnt, dient heute aber den Wanderern als Unterkunft. 
Ich folge jetzt der Schlucht des Rio Blanco, dessen Seitenbäche ich auch einige Male über eine Hängebrücke überquere.

                                    Hängebrücken im Tal des Rio Blanco

Nur selten erlauben die dichten Wälder einen Blick zurück zum Tronador, der langsam verschwindet. Toll diese weiten, dichten Laubwälder, die nur von kleinen Weideflächen unterbrochen werden.


Dichte Südbuchenwälder


Einmal erspähe ich nur wenige Meter vor mir im Dickicht einen Patagonien- Sperlingskauz. Diese kleine Eulenart ist wenig scheu und teilweise tagaktiv. Sie mustert mich unbeweglich und fliegt erst ab, als ich ihr zu nah komme.



                                           Patagonien- Sperlingskauz

Es sind zwar insgesamt nicht viele, aber dennoch komme ich auf diesem Abschnitt immer mal wieder an offenen Weiden und hübschen Holzhäusern der einsamen Siedler vorbei, die ihr Land dem Wald abgerungen haben. Die Grasflächen bringen Abwechslung in die weite Waldlandschaft und ermöglichen Ausblicke, die ansonsten hier nur sehr selten wären. Wie an vielen Stellen der Welt ist aber auch in Chile der Sog der Städte gigantisch, weshalb viele Siedler aufgeben. Ihre Häuser verfallen, die Weiden werden vom Wald zurück erobert und die Pfade wachsen zu.

                                         Verlassenes Siedlerhaus

Nachdem ich lange oberhalb des Flusses gewandert bin, gelange ich am Nachmittag mal wieder an den Rio Blanco zurück, der zwischen Granitblöcken hindurch tost und an manchen Stellen 70 Meter breit ist!
Je tiefer ich komme, desto dichter und dunkler wird die Vegetation, ein wahrer Regenwald!
Dennoch gelingt es mir einen Platz für mein Zelt abseits des Pfades zu finden. Am nächsten Morgen dauert es ziemlich lange, bis es unter dem dichten Kronendach halbwegs hell wird...

                                              Düsterer, dichter Wald

Wie auch gestern, unterbrechen immer mal wieder offene Weideflächen das dichte Grün.

                                            In den Wald eingestreute Weideflächen

An einer Stelle verschwindet der mächtige Rio Blanco in einer Klamm, die nur fünf Meter Breite hat, und von einer Brücke überspannt wird!

                   

                                          Eindrucksvolle Klamm

Einmal nehme ich hinter einem Siedlergehöft einen falschen Pfad, ein Mann dort hatte etwas hinter mir hergerufen, aber erst als mir klar wird, dass ich falsch gelaufen bin, dämmert es mir, dass er mich auf den richtigen Weg hinweisen wollte...
Ansonsten treffe ich nur zweimal drei Wanderer, dafür kann ich endlich aber einmal den hübschen, drosselgrossen Huilo- Huilo aus der Nähe fotografieren.


                                                  Huilo- Huilo

Dagegen bleiben die dunklen, kleinen Waldhühner, die ich zweimal beobachte so im Dickicht verborgen, dass ich sie nicht ablichten kann.
Dichte, junge Waldteile wurden wahrscheinlich in der Vergangenheit schon mal gerodet, und sind dann nachgewachsen. Dagegen gibt es auch offene Bestände mit alten Bäumen.

                                             Manchmal ist der Wald offener

Am Nachmittag verdüstert sich der Himmel und die Wolken hängen tief. Als ich dann mein Lager aufgeschlagen habe, regnet es kräftig für einige Stunden. Da ich unter diesen Bedingungen gar nicht erst versuche, auf meinem Hobo zu kochen, ist es gut, dass ich ausreichend Erdnüsse dabei habe, so dass die Küche heute kalt bleibt.
In der Nacht hat es sich stark abgekühlt und regnet auch am Morgen noch. Daher beschließe ich zum ersten Mal auf dieser Tour in meinem neuen Trockenanzug zu wandern. Das funktioniert auch sehr gut, da es kühl genug ist, komme ich nicht ins Schwitzen...
Obwohl mir Sonne und blauer Himmel lieber sind, passt die düstere Stimmung mit tief hängenden Wolken und dichtem Dunst über den steilen Hängen wohl eigentlich besser zu diesem Regenwald!

                                                            Regenwald...

Meist laufe ich heute dicht am Bach, den ich immer wieder überqueren muss. Kein Problem mit meinem wasserdichten Anzug!
Stellenweise ist auf den Kiesbänken kein Pfad zu erkennen, der taucht aber im Wald immer wieder auf.

                                              Weglos über Kiesbänke

Gegen Mittag stoße ich hinter dem Lago Camotue wieder auf die Hauptroute des GPT, die vom Lago Todos los Santos kommt. Nach einem Anstieg in einem Bachtal gelange ich auf einen Fahrweg, die ersten Häuser tauchen auf und schließlich laufe ich noch 14 Kilometer auf einer Piste talabwärts. 
Drei Männer erzählen mir bei einer Pause, dass um 17:30 ein Bus von Ralun nach Puerto Varas fährt. Diesen will ich natürlich nicht verpassen, und schaffe es auch tatsächlich rechtzeitig an der Straße in der Nähe der Reloncavi Bucht zu sein. 
Um 19 Uhr kommen wir dann in der Touristenstadt Puerto Varas an. 
Die Stadt ist herrlich am riesigen Llanquihue See gelegen und wurde im 19. Jahrhundert von deutschen Kolonisten gegründet. Bald erfahre ich, dass die meisten Unterkünfte hier ziemlich ausgebucht und auch teuer sind. Schließlich gibt mir eine nette Hostelbesitzerin den Tip, es im "Helenhaus" im Stadtzentrum zu probieren. 
In dieser recht großen Herberge erhalte ich dann tatsächlich ein Einzelzimmer für ca. 20 Euro inklusive Frühstück, sehr günstig für Puerto Varas!
Den nächsten Tag verbringe ich damit, mir die dringend benötigten neuen Schuhe, sowie Vorräte für eine Woche zu kaufen. Ausserdem bummele ich natürlich durch die nette Stadt mit alten Holzhäusern und einem schönen Strand am See, über dem entfernt der Osorno aufragt. Es gibt hier etliche Outdoorläden und Cafés mit deutschem Kuchen!

                                                  In Puerto Varas

                                Der Osorno ragt über dem See auf










                






























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