Auf diesem Abschnitt wechsele ich auf die argentinische Seite der Grenze und erkunde den grandiosen Nahuel Huapi Nationalpark um den markanten Vulkan Cerro Tronador.
Obwohl Peulla nur per Boot erreichbar ist, handelt es sich doch um einen beliebten Touristenort, mit zwei großen, allerdings etwas in die Jahre gekommenen Hotels.
Peulla
Nichts desto Trotz macht der Ort auf mich eher einen ruhigen, verschlafenen Eindruck und ich kann mir schwer vorstellen, dass es Massen von Touristen hierhin verschlägt.
Ein kleiner Lehrpfad erklärt einiges über die Natur hier, von den aggressiven Bremsen (Tabaños) bis zu dem rhabarberähnlichen Pangue, den ich mit seinen kolossalen Blättern schon im letzten Jahr gesehen hatte.
Naturlehrpfad in Peulla
Die Ausreiseformalitäten am chilenischen Grenzposten sind rasch erledigt, und ich laufe auf einer breiten Piste, zunächst durch grüne Wiesen auf die Hauptkette der Anden zu.
Zur argentinischen Grenze
Es gibt hier kaum Verkehr, lediglich einige umgebaute LKW sind mit Touristen auf "Fotosafari". Bald habe ich das Farmland hinter mir gelassen und laufe das breite Tal des Rio Negro hoch, einem Fluss, der von den Gletschern des Cerro Tronador gespeist wird, dem fast 3500 Meter hohem Vulkanmassiv auf der Grenze.
Gletscherfluss Rio Negro
Nach einem längeren Anstieg überschreite ich am nächsten Tag den Grenzpass Perez Rosales. Vicente Perez Rosales war ein chilenischer Abenteurer und Politiker des 19. Jahrhunderts, nach dem der schon erwähnte Nationalpark benannt wurde. Der Pass bildet nicht nur die Grenze zwischen den beiden Staaten Chile und Argentinien, sondern grenzt auch die Nationalparks Vicente Perez Rosales (2310qkm) und Nahuel Huapi (7050 qkm) voneinander ab. Zusammen mit anderen Reservaten schützen sie ein riesiges Gebiete auf beiden Seiten der Andenkette.
Die Grenze liegt mitten im Wald
Bereits vor Mittag erreiche ich Puerto Frias am schönen blauen Lago Frias, wo sich die argentinische Grenzstation befindet. Ein Polizist sagt mir, dass der Weg über den Paso de las Nubes gesperrt sei, da die Brücke über den Rio Frias vor einiger Zeit bei einer Flut zerstört wurde. Als ich ihm erzähle, dass das kein Problem für mich sei, da ich mein Boot am Rucksack dabei habe, schaut er etwas ungläubig, sagt aber auch nicht, dass ich nicht auf den Weg gehen darf...
Der Weg über den Paso de las Nubes ist gesperrt
Die Grenzstation öffnet nach ca. einer Stunde erst, als das Fährboot eintrifft. Die aus verschiedenen Schiffsfahrten und dazwischen liegenden Bustransfers bestehende Tour von Bariloche in Argentinien nach Puerto Varas in Chile ist bei Touristen sehr beliebt, daher überrascht es mich nicht, dass sich schnell eine große Schlange zur Grenzabfertigung bildet. Zum Glück bin ich vorne, und kann bald schon loslaufen!
Zunächst folgt ein frisch freigeschlagener Pfad dem Lauf des Gletscherflusses Rio Frias.
Am Rio Frias
Doch bereits nach einer Stunde gelange ich an die Stelle, an der die Brücke fortgeschwemmt wurde. Zu meiner Überraschung liegt hier ein Packraft am Ufer! Bald taucht Cacho auf, er ist Guide beim Club Andino in Bariloche und will Kunden übersetzen, die aus Richtung Pampa Linda hierher wandern.
Die Brücke über den Rio Frias ist zerstört
Bevor ich mein Packraft zum Einsatz bringe, will ich probieren, ob sich der Fluss nicht durchwaten lässt. Tatsächlich habe ich schon dreiviertel der Strecke zurückgelegt, als der Bach zu tief und reissend wird, weshalb ich den Rückzug antrete. Die Überfahrt mit dem Packraft ist dagegen überhaupt kein Problem.
Toller Lagerplatz unter den Gletschern des Tronador
Wahrscheinlich wegen des rauhen, vulkanischen Gesteins sind meine Trailrunningschuhe inzwischen so zerschlissen, dass ich dringend Ersatz benötige, und daher beschliesse, am Ende dieser Etappe nach Puerto Varas zu fahren...
Schon nach einem Monat sind meine Schuhe
fertig mit der Welt...
Am nächsten Morgen führt ein deutlich besserer Pfad steil aufwärts zum Paso de las Nubes auf etwa 1400 Meter. Ein Stück oberhalb liegt das schön gelegene, bewirtschaftete Refugio Agostino Rocca, von dem aus ich meine gestrige Route bis zum Lago Frias zurück verfolgen kann.
Das Tal des Rio Frias
Der Abstieg auf schönen Pfaden führt zunächst lange am Hang entlang durch dichte Nirre Gebüsche, bis er wieder in schattige Lengawälder mit stellenweise dichtem Bambusunterstand eintaucht. Ausser einem jungen Paar, dass ich überhole, treffe ich zunächst nur Ursula, eine Schweizerin, die drei Monate lang in Peru und Chile unterwegs ist und dabei etliche Bergwanderungen unternimmt.
Begegnung mit einer Schweizer Wanderin
Einige Zeit führt der Pfad am herrlich türkis grünen Rio Alerce entlang, wo ich schließlich auch an einer abgelegenen Stelle mein Nachtlager aufschlage.
Rio Alerce
Schon nach einer Stunde habe ich am nächsten Morgen den winzigen Touristenort Pampa Linda erreicht, wohin wir 2011 von Bariloche gewandert waren. Es gibt hier zwei Campingplätze, ein Restaurant, einen Infopunkt des Nahuel Huapi Nationalparks und etwas außerhalb die Grenzstation, bei der ich rasch die Formalitäten für die Ausreise erledigt habe. Der größte und älteste Nationalpark Argentiniens wurde übrigens nach einem Ausdruck der Mapuche Sprache für den Jaguar benannt. Ironischerweise wurde die große Katze hier aber bereits in den 30'er Jahren ausgerottet...
Pampa Linda
Nachdem ich einen Abstecher zum Ventisquero Negro gemacht habe, einen von Vulkanasche bedeckten Gletscher, der in einem türkisen See mündet, bin ich zurück auf gutem Pfad zur chilenischen Grenze.
Ventisquero Negro
Vier Magellanspechte zeigen wenig Scheu vor mir, so dass ich sie ausgiebig fotografieren kann. Obwohl ich die schwarzspechtgroßen Vögel mittlerweile schon recht häufig beobachtet habe, freut es mich doch jedes Mal, wenn ich sie beim heraushämmern von Insektenlarven aus den Stämmen der Südbuchen beobachten kann.
Der spanische Name "Carpintero" für diese großen Vögel bedeutet "Zimmermann" da sie für ihre Nester geräumige Höhlen in die Bäume meißeln.
männlicher Magellanspecht
Der Anstieg durch das Valle Vuriloche ist ganz schön lang. Obwohl hier dichter Bambus wächst, wird der Pfad offensichtlich so gut benutzt, dass er ziemlich offen ist.
Dichter Bambus im Valle Vuriloche
Schließlich überquere ich die Grenze am 1400 Meter hohen Paso Vuriloche und steige ab zu einer sumpfigen Grassenke, wo sich der chilenische Grenzposten befindet.
Während die Rucksäcke einiger argentinischer Wanderer die gerade eingetroffen sind, von den Carabineros durchsucht werden, kann ich, nachdem ich meinen Pass vorgezeigt habe, rasch weitergehen.
Es ist auch möglich hier zu zelten, aber mir ist es lieber irgendwo im Wald zu übernachten...
Der chilenische Grenzposten
Dies scheint eine recht beliebte Wanderroute zu sein, denn bald treffe ich noch drei junge, chilenische Wanderer, die bereits seit 6 Tagen von Ralun aus unterwegs sind!
Begegnung mit chilenischen Wanderern
Der Wald hier oben ist glücklicherweise weniger dicht, daher finde ich einen guten Zeltplatz. Allerdings ist es ziemlich kühl und windig, daher esse ich meine Nudeln heute im Zelt.
Zelten unterhalb des Paso Vuriloche
Der offene Wald endet ein Stück weiter unten und dichter Bambusunterwuchs herrscht wieder vor. Dann gelange ich an recht offene Flächen die aber teilweise schon mit dichtem Gebüsch zugewachsen sind. Hier hat sicher bis vor einiger Zeit ein Siedler gelebt. Heute ist die Luft wieder klarer als gestern Nachmittag und ich habe herrliche Ausblicke auf den 3491 Meter hohen Monte Tronador mit seinen tief hinab in den Wald reichenden Gletschern.
Monte Tronador
Der Puesto Huachupen den ich bald passiere, wurde sicher von einem Siedler bewohnt, dient heute aber den Wanderern als Unterkunft.
Ich folge jetzt der Schlucht des Rio Blanco, dessen Seitenbäche ich auch einige Male über eine Hängebrücke überquere.
Hängebrücken im Tal des Rio Blanco
Nur selten erlauben die dichten Wälder einen Blick zurück zum Tronador, der langsam verschwindet. Toll diese weiten, dichten Laubwälder, die nur von kleinen Weideflächen unterbrochen werden.
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