Kaum habe ich in Sterzing am Bahnhof eingekauft und einen Liter Walnusseis gegessen, erscheint schon meine alte Freundin Caroline, mit der ich mich zu einer kleinen Wanderung verabredet habe. Caroline liebt die Berge und ist deshalb konsequenterweise vor drei Jahren nach Südtirol ausgewandert, wo es ihr bestens gefällt. Meine Route führt für einige Kilometer durch das dicht besiedelte Tal, deshalb beschließen wir nach Pardaun zu fahren, und von dort direkt wieder aufzusteigen. Es ist ziemlich heiß, daher komme ich mit meinem frisch beladenem Rucksack ganz schön ins Schwitzen...
Zunächst geht es ab 1100 Meter Höhe durch den Wald, aber schließlich erreichen wir einen grasigen Kamm, der mit ständigen, tollen Aussichten zum Mareiter Stein auf 2192 Meter Höhe führt.
Mit angeregter Unterhaltung vergeht die Zeit wie im Flug und schon bald kehrt Caroline ins Tal zurück, während ich dem Kamm weiter folge.
Dummerweise hatte ich versäumt, ausreichend Wasser mitzunehmen und der Kamm ist komplett trocken. Daher steige ich Richtung Wurzer Alm ab, und stoße nach 20 Minuten auf ein Rohr, aus dem etwas von dem lebensnotwendigen Nass tropft. Super!
Ich kehre zurück zum Grat und setze dort meinen Weg fort. Allerdings wird das Gelände zunehmend steiler, daher steige ich wieder ein Stück ab, und schlage schließlich unterhalb des Hochspitz mein Lager auf. Bei dem herrlichen Wetter unternehme ich noch einen langen Spaziergang zum Neunergipfel, der mit einem Kreuz gekrönt ist, und mich das erste Stück meiner Route für morgen überblicken lässt.
Am nächsten Morgen ist es sehr dunstig, daher ist mein Zelt klatschnass. Schon nach einer Viertelstunde stehe ich auf dem Hochspitz, von wo ich die gestrige Route noch einmal schön zurück verfolgen kann.
Beim Abstieg begegne ich dem ersten und einzigen Alpensalamander auf dieser Tour, was mich sehr erstaunt! Bei früheren Besuchen in Tirol habe ich diese Amphibienart sehr häufig angetroffen. Der Alpensalamander ist das einzige Amphibium, welches bereits voll entwickelte Jungtiere zur Welt bringt!
Meine Route führt über den Grat weiter und kulminiert schließlich auf der Hohen Ferse (2696m). Der Gipfel liegt etwas abseits des Pfads, ist aber einfach zu erklimmen.
Mittlerweile hat die Sonne den Dunst größtenteils aufgelöst, so dass ich den Blick in die Ferne über zahlreiche Berggipfel schweifen lassen kann.
Auch nach diesem höchsten Punkt, folge ich dem teilweise ziemlich schmalen Grat weiter.
Als ich ein Murmeltier fotografieren will, passiert mir ein großes Missgeschick: Nachdem ich das Tele aufgeschraubt habe, verstaue ich mein Normalobjektiv in dem Köcher vor meiner Brust, ohne diesen jedoch richtig zu schließen. Als ich mich hinhocke und dabei etwas nach vorne beuge, fällt das Objektiv aus dem Köcher und ich kann es noch lange fliegen sehen...
Fotografieren ist für mich ziemlich wichtig, daher bin ich zunächst ziemlich geschockt. Ich steige ab und suche eine Zeit lang nach dem Objektiv, aber mir ist natürlich klar, dass es den Sturz nicht überstanden haben kann. Tatsächlich finde ich es auch nicht, und überlege fieberhaft, was ich jetzt tun soll. Zwar will ich mir jetzt eigentlich kein neues, ziemlich teures Objektiv zulegen, frage dann aber doch bei einigen Fotohändlern in Bozen und Sterzing an, ob sie meine Marke führen, allerdings mit negativem Ergebnis...
Ich denke sogar darüber nach, erst mal nach Hause zu fahren, um mir eine neue Linse zu besorgen. Schließlich laufe ich dann aber doch weiter, ab jetzt muss ich halt ausser bei den Tierbildern mit dem Smartphone arbeiten!
Auf einem alten Steinweg steige ich in ein weites Tal ab. Bei dem warmen Wetter tummeln sich trotz der Höhenlage hier sogar Eidechsen.
Eidechse
Als ich dann in Richtung Schneeberg aufsteige, fängt es bald an stärker zu regnen, so dass ich mein Lager aufschlage. Es gibt dann zwar noch eine kurze Regenpause, danach schüttet es aber wieder, von Donner begleitet.
Am Schneeberg befindet sich das einst höchstgelegene Bergwerk Europas. Hier wurden seit dem Mittelalter bis 1985 verschiedene Metalle wie Silber, Kupfer und Zink abgebaut. Überall sieht man noch Stollen, Gebäude und Reste von Bahnschienen.
Im Nebel steige ich bis auf fast 2700 Meter Höhe, danach geht es abwärts zur großen Schneeberghütte, wo ich im Regen bereits um 8 Uhr eintreffe und mir erst einmal einen Kaffee gönne.
Trotz Corona sind hier erstaunlich viele Gäste, offenbar größtenteils kommerzielle Wandergruppen.
Zwar nieselt es nur noch als ich weiter laufe, bald darauf schüttet es aber wieder. Daher nehme ich mir ein Zimmer im Gasthof Hochfirst an der Timmelsjochstraße, als ich dort gegen 11 Uhr eintreffe. Hier wird sogar meine Wäsche gewaschen, ich kann heiß duschen und relaxe mit w-lan Unterhaltung den Rest des Tages.
Am nächsten Morgen genieße ich dann noch ein tolles Frühstück, smit frischen Erdbeeren, dann breche ich wieder auf. In der Nacht ist es aufgeklart und kalt geworden, so dass die Ränder der Bäche mit Eis bedeckt sind. Es geht noch ein Stück abwärts, dann hoch zur Seebenalm, wo die neugierigen Kühe mich kaum vorbei lassen.
Offenbar hat man hier schreckliche Angst vor der Rückkehr des Wolfs, wie ein Plakat zeigt, auf dem dieses Raubtier als gefährliche Bestie dargestellt wird.
In Stufen steige ich durch die weite Almlandschaft an diesem herrlichen Morgen auf zum Scheibsee. Es dauert nicht lange, bis die Sonne wärmt und die Schmetterlinge erscheinen.
Von dem eher unspektakulären See geht es hoch zum Grubjoch auf 2685 Meter.
Hinter dem Pass folge ich zunächst dem Grat. Dort gibt es kurze, etwas ausgesetzte Steilstücke mit Seilsicherungen, die man aber nicht wirklich benötigt.
Unterhalb des Rauhjochs stoße ich auf eine ungewöhnliche Biwakkonstruktion. Diese verfügt über ein durchsichtiges Dach, daher ist es im Inneren erstaunlich hell und warm! Leider ist es für mich noch zu früh zum Lagern...
Ich befinde mich jetzt auf dem Tiroler Höhenweg, der von Mayerhofen nach Meran verläuft. Zwar geht es immer wieder ein Stück rauf und runter, aber im Prinzip verläuft die Route für lange Zeit im Hang durch grüne Matten, die von zahlreichen Bachschluchten unterbrochen werden.
Da heute Sonntag ist, sind einige einheimische Tageswanderer unterwegs. Schließlich steige ich zur Zwickauer Hütte auf, und traversiere weiter durch die jetzt schrofferen Felshänge.
Am Nachmittag wird sogar für einige Zeit der Gipfel der Hochwilde (3480 m) von den Wolken frei gegeben. Diesen Berg möchte ich morgen besteigen.
Bisher hatte ich schon einige Bäche auf Schneebrücken überquert, dann gelange ich an ein großes, steiles Schneefeld auf dem der Pfad weiter verläuft. Dieses sieht mir für meinen Geschmack zu gefährlich aus, daher umgehe ich es über die Felsen, was auch problemlos funktioniert.
An einer Stelle entdecke ich ein Depot von Rosenquarz, was offenbar ein Sammler angelegt hat.
Schließlich schlage ich mein Lager auf etwa 2350 Meter Höhe auf. Später unternehme ich noch einen kleinen Abendspaziergang.
Zwar ist die Gegend hier recht einsam, dennoch weidet Vieh auf den Matten und man blickt häufig ins besiedelte Tal.
In der Nacht wird es klar, so dass es wieder leicht friert. Am Morgen setze ich zunächst meine Traverse in den Hängen fort, wobei ich etliche Bäche durchqueren muss.
Als ich zur Stettiner Hütte aufsteige, laufe ich schließlich über weite, aber nicht zu steile Schneefelder. An der Hütte wird schwer gebaut, daher herrscht ziemlicher Lärm. Von dort beginnt der Aufstieg zum Hochwilden, den ich mir aber bei dem Krach schenke...
Kurz hinter der Hütte erreiche ich das Eisjöchel auf 2895 m Höhe.
Der Abstieg ins Pfossental führt teilweise über einen Plattenweg und ist sehr einfach. Daher ist es auch kein Wunder, dass mir hier bereits einige Leute entgegen kommen. Ausserdem treffe ich auf einige fotogene Ziegen.
Schließlich flacht der Talgrund ab, die ersten Lärchen erscheinen und der urige, alte Eishof lädt Wanderer zu einer Pause ein. Von denen gibt es hier im Naturpark Texelgruppe allerdings jede Menge. Das Pfossental ist aber auch wunderschön! Ich laufe hier auf dem Meraner Höhenweg.
Ich passiere noch zwei weitere, ähnliche Almen. Die Übernachtung mit Frühstück kostet hier lediglich 25 Euro!
Schließlich wird das Tal wieder schroffer und der Pfossenbach stürzt im Bergwald nach unten.
Am Gasthof Jägerrast ist der Parkplatz komplett voll mit Autos. Zwar hat mir das Pfossental sehr gut gefallen, aber für meinen Geschmack ist hier viel zu viel los, daher bin ich froh, dass ich jetzt wieder die ausgetretenen Pfade verlasse.
Allerdings gelange ich schon bald an Schilder, die den Durchgang verbieten. Ein Zettel von 2018 sagt, dass die Sperrung wegen eines Holzeinschlags vorgenommen wurde. Ich gehe davon aus, dass der Weg inzwischen wieder frei ist, bin aber doch ziemlich verwundert, welche Mühe man sich bei der Sperrung gegeben hat...
Vor der Grafalm muss ich massive Zäune überwinden, was ist denn hier los? Als ich voraus einen Bagger arbeiten sehe, halte ich es für besser, die Talseite zu wechseln und laufe weglos im lichten Lärchenwald am Hang weiter. Ich kann mir zwar nicht erklären, was hier abgeht, halte es aber für besser, kein Aufsehen zu erregen. Das funktioniert leider nicht, plötzlich rast ein Hund in einem Affenzahn auf mich zu. Der Besitzer stoppt die Bestie zwar mit einem Pfiff, lässt mich aber nicht so einfach weiter! Bald steht mir der sichtlich aufgebrachte, ältere Mann mit eindrucksvollen, stechenden, blauen Augen gegenüber und bedeutet mir ziemlich aggressiv, dass ich hier nichts zu suchen habe, und zurück gehen muss. Das habe ich natürlich nicht vor, und erzähle ihm, dass ich dachte, die Schilder seien nach dem Holzeinschlag vergessen worden. Natürlich beruhigt ihn das nicht gerade. Erst als ich deutlich erkläre, dass ich ein harmloser Wanderer bin, der sich überhaupt nicht für seinen Besitz interessiert, beruhigt sich der Mann und lässt mich schließlich weiter wandern. Puh!
Einem wenig benutzten, aber noch gut erkennbarem Pfad folge ich in Serpentinen aufwärts zu einem schön gelegenen Hochplateau, wo ich in der Nähe einer Hütte sogar einen Brunnen entdecke. Ich habe mal wieder kaum noch Wasser, daher kommt mir das sehr gelegen und ich schlage in der Nähe mein Zelt auf.
Später unternehme ich dann noch einen langen Abendspaziergang. Etliche Kühe grasen ganz oben auf dem Plateau, was nur auf einer Seite von einer Steinmauer umgeben ist. Offenbar ausreichend, um die Kühe zum Bleiben zu animieren.
Ich beobachte eine Gämse und etliche Kleinvögel, wie junge Steinschmätzer, die bereits flügge sind.
Als ich um 5:30 am nächsten Morgen wieder aufbreche ist es noch dunstig.
Bald tauche ich in den Lärchenwald ein und erreiche schon nach zwei Stunden den kleinen Wallfahrtsort Schnals, wo der kleine Laden aber erst in einer halben Stunde öffnet, weshalb ich noch einen Kaffee trinke.
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