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12.12.2023

Auf dem Desert Trail durch die Wüsten der USA 15, Lovelock - Empire

 



5 Tage, 143 Kilometer, 4823 Höhenmeter Aufstieg

Auf dieser Etappe erleben wir zahlreiche Gewitter, die die Landschaft in magisches, aber auch bedrohlich erscheinendes Licht tauchen, werden von einem Sandsturm überrollt, überschreiten Bergketten und wandern durch weite Ebenen.


Bevor wir Lovelock mit Essen für 5 Tage und je 3,5 Liter Getränken verlassen, nutzen wir noch längere Zeit das Internet der Bibliothek. Auch wenn der nächste Winter noch weit entfernt ist, gilt es für mich doch schon, die Vortragssaison vorzubereiten. Als wir dann weiter durch den Ort laufen, stellen wir fest, dass uns Lovelock doch ganz gut gefällt, mit kleinen, hübschen Häuschen und grünen Gärten. Es ist kühl und bedeckt, während wir auf einer Straße die Stadt verlassen. Schon bald nach dem letzten Haus schlagen wir unser Zelt auf, da das Gewitter, das in den Bergen tobt, jetzt auch Lovelock zu erreichen scheint. Allerdings fällt bei uns nur etwas Regen und schon nach einer Stunde gehen wir weiter. Wir verlassen den Asphalt und folgen einer Piste durch dürres Buschland. Vor einem weiteren Schauer schützen wir uns mit unserer Bodenplane. 

Über den Bergen zucken weiterhin die Blitze und der Himmel ist teilweise fast nachtschwarz. Im nächsten Augenblick scheint sich das Unwetter auch bei uns auszutoben, daher schlagen wir um 16:30 wieder ein Zelt auf. Es bleibt aber bei wenigen Tropfen, daher laufen wir bald weiter talaufwärts. In einem Guzzler schwimmt ein toter Skorpion und schließlich schlagen wir am Eingang der Trinity Range unser Lager auf. Die Grillen zirpen, obwohl der blaue Himmel wieder erscheint, ist es noch ziemlich kühl.

Noch vor Sonnenaufgang sind wir am nächsten Morgen wieder unterwegs. Je weiter wir in die schokoladenbraunen Berge der Trinity Range vordringen, desto grüner wird es, mit Sagebrush und Gras. Einmal passieren wir einen wassergefüllten Guzzler. Wir überschreiten einen Pass und wandern dann in felsigem Terrain abwärts. Lowry Well, in einem mächtigen LKW- Reifen enthält nur wenig, nicht besonders gut schmeckendes, stehendes Wasser, dennoch füllen wir uns jeweils 1,5 Liter ab. Wir folgen ein Stück weit einer Piste und laufen dann weglos über die gewaltige Granite Springs Ebene. In den flankierenden Bergen toben Gewitter und wir sehen Regenvorhänge fallen, aber über uns scheint die Sonne! Dann sehen wir eine Wand aus Sand auf uns zurollen. Wir wissen, dass uns die Mauer bald erreichen wird und suchen Schutz unter einem Busch in einer kleinen Mulde. Wir drehen dem Sandsturm den Rücken zu und sind Sekunden später vom Staub eingehüllt. Aber ebenso schnell wie er gekommen ist, ist der Spuk auch wieder vorbei und wir laufen über die wenig bewachsene Sandebene weiter auf die Sahwawe Mountains zu, wo das Gewitter immer noch tobt und die Gipfel in dunkelblaue Wolken eingehüllt sind. Lediglich einige Büsche spenden uns hier in der Ebene etwas Schutz. Aber wir haben Glück, die Unwetter ziehen ab und die Nacht wird ruhig. 

Obwohl es nicht geregnet hat, ist unser Zelt am Morgen ziemlich nass. Sehr ungewöhnlich, bei der normalerweise niedrigen Luftfeuchtigkeit in der Wüste. 

Im Sonnenaufgang laufen wir weiter über die riesige Ebene. Einmal läuft ein großes Maultier direkt auf uns zu, stoppt immer wieder um uns zu beäugen und kommt dann wieder näher. Schließlich dreht es dann aber doch ab. Die Maultiere sind ebenso wie die Pferde hier verwilderte Haustiere, die es aber auch unter den widrigen Bedingungen der Wüste schaffen, ein Leben in Freiheit zu führen. 

Die Route des Desert Trail führt über ein Tal hoch in die Sahwave Range. Wir entscheiden uns aber für den direkten Anstieg, da der uns kürzer und auch machbar erscheint. Allerdings sind 800 Höhenmeter Anstieg im weglosen, steilen Gelände kein Pappenstiel, aber schließlich haben wir es geschafft!

Wir können den Blick zurück in die weite Granite Springs Ebene genießen, die wir ja komplett durchquert haben und erfreuen uns an Granitfelsen, Wacholdern und vielen bunten Blumen. Bald steigen wir in eine Senke ab, wo wir im grünen Gras auf etwas stehendes Wasser stoßen, was uns den weiteren Abstieg zur Cutbank Spring erspart. Statt dessen steigen wir weiter hoch zum Grat. Anschließend traversieren wir am Hang um die Taleinschnitte herum, wobei wir teilweise Pferdepfaden folgen können, was das Vorankommen erheblich erleichtert. In einem Tal wachsen sogar zwei hohe Pappeln. Einmal treffe ich fast mit einem meiner Wanderstöcket eine etwa 70 Zentimeter lange Schlange, die sich davon aber unbeeindruckt zeigt und sich nicht bewegt. Die Big Bank Spring ist nur ein grüner, von Schachtelhalm umgebener Tümpel, aber etwas weiter abwärts stoßen wir auf fließendes Wasser im Tal. Schließlich steigen wir von etwa 2050 Metern bis auf 1500 Meter ab, und schlagen unsere Zelte an einer windgeschützten Stelle neben einem Wash auf. 

Bevor wir aufstehen, hören wir bereits das Heulen der Koyoten in der Nähe. Heute laufen wir den größten Teil der Zeit getrennt voneinander. Über eine grüne Ebene erreiche ich einen Wash, der in die vulkanischen Juniper Mountains führt. Der Aufstieg zum Kamm ist ziemlich steil. Auch oben angekommen gilt es dann noch einige Erhebungen zu überqueren, wobei ich einige Eidechsen aus der Nähe schön fotografieren kann. Schließlich steige ich in ein Tal ab, wo es etwas schmutziges Wasser gibt. Leider verrät mir dann der Blick auf das GPS meines Smartphones, dass ich ins falsche Tal abgestiegen bin! Ich möchte nicht zurückgehen sondern wandere weglos über einen Hügelkamm ins nächste Tal, von wo ich zu einem Sattel aufsteige,  wo ich wieder auf die korrekte Route gelange. Anschließend steige ich zur Black Mountain Spring ab, wo Anke bereits ihren Wasserbeutel aus dem schwach fließenden, dreckigem Wasser gefüllt hat. Normalerweise trinken wir ja alles Wasser ohne Behandlung, aber hier kommen dann doch unsere Micropur Tropfen zur Entkeimung zum Einsatz. Wir sehen einige Pferde und Maultiere, Anke tritt fast auf eine große, schwarz- gelbe Schlange und wir erreichen schließlich die große Playa des Kumiva Valley. Zunächst laufen  wir am Rand durch sandiges Buschland, aber schon bald stellen wir fest, dass es sich auf der harten Salzkruste hervorragend laufen lässt. 

Offenbar ist dieser temporäre Salzsee auch als Ausflugsziel beliebt, denn entfernt sehen wir einige Autos und ein Wohnmobil. Allerdings ist es nicht ganz ungefährlich, mit einem Fahrzeug über die Playa zu fahren, denn die Kruste ist nicht überall stabil und man kann sich hier durchaus festfahren…

Schließlich geht es dann aber im sandigen Buschland weiter. Eine Wildpferdherde lässt sich aus der Entfernung eine ganze Zeit lang beobachten. Zwei Hengste kämpfen lediglich auf den Hinterbeinen stehend aufgebäumt gegeneinander. Überraschenderweise wird der Sagebrush hier irgendwann so dicht, dass es gar nicht so einfach ist, immer wieder Durchgänge zu finden und sich dadurch große Umwege ergeben, die die zurückgelegte Strecke erheblich verlängern…

Es wimmelt hier von braun- lila farbenen Mormonenheuschrecken, die sogar Geräusche verursachen, wenn sich die Masse bewegt!

Im Schutz einer Düne schlagen wir schließlich unser Lager auf. Klar, mindestens 31 Kilometer zurückgelegte Strecke und fast 900 Meter Aufstieg sind kein Pappenstiel, dennoch fühle ich mich abends ungewöhnlich erschöpft…

Während der Nacht regnet es dann ziemlich heftig. Was ist hier los, ich dachte wir laufen durch eine Wüste?

Am nächsten Morgen ist das Unwetter abgezogen und ein blauer Himmel wölbst sich über der im sanften Licht bräunlich erscheinenden Ebene über die wir auf Pferdepfaden wandern.  

Wir gelangen an einen gut fließenden Bach, der aus der Selenite Range kommt, gehen aber zunächst zur Redwood Spring, mal wieder ein mit nicht sehr einladend wirkendem Wasser gefüllter LKW-Reifen. Egal, zur Zeit fließt ja der Bach, dem wir weiter aufwärts folgen. Dort gibt es sogar eine weitere Quelle mit Zulauf aus einem Rohr, das heißt mit wesentlich besserem Wasser. Ich bin unheimlich schlapp und quäle mich regelrecht bergaufwärts. 

Es wächst hier viel frisches Gras, daher ist es auch kein Wunder, dass wir eine Maultierhirschkuh mit zwei gefleckten Kitzen entdecken. Zunächst folgen die Jungen ihrer Mutter, legen sich dann aber ins Gras, während die Kuh ein Stück weiter zieht, aber in der Nähe bleibt. Ich steige auf einen Felsen, von wo ich tatsächlich eines der Kitze entdecke, dass sich im Gras liegend versteckt. Wir wollen natürlich das Familienleben nicht zu lange stören und wandern daher bald weiter. Wie so häufig hören wir die Rufe von Hühnervögeln und erreichen dann einen Grat auf ca. 2000 Meter Höhe. Von dort geht es sehr steil zwischen mächtigen Granitblöcken weiter aufwärts bis auf 2450 Meter. In meinem angeschlagenen Zustand eine echte Herausforderung. Immerhin ist der weitere Weg auf dem Grat zum Kumiva Mountain auf 2500 Meter sehr viel einfacher. Hier liegen noch einige Schneereste. Wir steigen ein Stück weit ab und schlagen dann bereits um 14 Uhr unser Lager in einer Mulde auf. Ich bin einfach zu fertig um weiterzulaufen! Das entpuppt sich dann aber als ziemlich sinnvoll, denn später entlädt sich ein Gewitter direkt in unserer Nähe. Mit viel Regen und Blitzen, die nicht allzuweit entfernt einschlagen. Blöderweise drückt mein Rucksack Innen- und Außenzelt gegeneinander, weshalb viel Wasser ins Zelt gelangt und auch meinen Schlafquilt ziemlich durchnässt…

Am nächsten Morgen laufen wir weglos weiter durch die Granithügel. An der Green Meadow fließt ein Bächlein und auch danach stoßen wir immer wieder auf Quellen, die von Grasflecken markiert werden. Zum Teil auf Fahrspuren wandern wir dann durch die grüne Landschaft weiter. Wahrscheinlich sieht es hier in normalen Jahren am 31.5 bereits total verdorrt aus! Wir treffen auf einige Kühe mit Kälbern und freuen uns, dass wir nicht weglos durch den hohen Sagebrush laufen müssen. Auch heute wimmelt es auf den Wegen wieder von Heuschrecken. Schließlich laufen wir im Empire Canyon weiter abwärts, während die Gegend zunehmend trockener wird. Bereits gegen 15:30 erreichen wir dann Empire, wo es einen recht gut sortierten Laden gibt. Leider sind aber keine Erdnüsse verfügbar, daher kaufen wir mehr Wraps und Erdnussbutter. Immerhin müssen wir uns hier für die nächsten 12 Tage bis Denio mit Proviant eindecken, das heißt 6 Kilo Essen für jeden von uns! Die Ladeninhaberin Brandy ist sehr nett und organisiert, dass jemand uns die 9 Kilometer bis Gerlach mitnimmt, da es in Empire keine Unterkunft gibt. Wir erhalten ein günstiges Zimmer in Bruno’s Motel und gehen später noch in dem gleichnamigen Saloon etwas essen. Hier herrscht echte Wildwestatmosphäre, toll für jemanden, der als Kind am Liebsten „Cowboy und Indianer“ gespielt hat!


Gewitterstimmung


Schokobraune Berge


In der Trinity Range ist es sehr grün


Trinity Range


Gewitterstimmung über der Granite Springs Ebene


Der Sandsturm rast auf uns zu


Über den Bergen hängen die Gewitter fest


Am Morgen ist es wieder klar


Das wilde Maultier (Burro) zieht auf uns zu


Blumenpracht in der Sahwave Range




Blick zurück über die Granite Springs Ebene


Die Schlange beachtet uns nicht


Unterhalb der Big Bank Spring




Zu den Juniper Mountains


Kleiner Drache




Black Mountain Spring


Kumiva Valley


Wildpferde vor der Selenite Range


Ein schöner Morgen


Maultierhirschkuh


Viehtränke


Die Selenite Range weist große Granitfelsen auf


Massen von Mormonenheuschrecken


Ungewöhnlich grün


Sachen trocknen


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