Zusammenfassung
Zum Auftakt unseres 10-monatigen Wanderabenteuers fliegen Anke und ich Silvester 2024 nach Chile. Unser Plan ist es, den Greater Patagonian Trail auf dem ich ja schon 2017 und 2018 unterwegs gewesen war, auf der argentinischen Seite der Anden nach Norden zu verlängern. Bisher war ich ja von der chilenischen Hauptstadt Santiago de Chile insgesamt 5 Monate nach Süden gelaufen. Ob der Plan die Route zu verlängern aufgehen wird, ist natürlich ungewiss, da es praktisch keine Wanderwege gibt, und wir zum größten Teil weglos laufen müssen. Wird es uns gelingen die zahlreichen Gletscherflüsse zu durchqueren? Sind die Pässe, die wir auf Google Earth ausgemacht hatten, wirklich begehbar oder zu steil und felsig? In den argentinischen Anden gibt es so gut wie keine Siedlungen. Um uns neu zu versorgen werden wir oft weite Strecken auf Straßen mit kaum Verkehr trampen müssen. Wird das klappen? Sind wir nicht viel zu langsam mit Proviant für zwei Wochen auf dem Rücken?
Fragen über Fragen, die wir trotz intensiver Vorbereitung nicht wirklich klären können. Uns erwartet eben ein echtes Abenteuer, das dadurch charakterisiert ist, das sein Ausgang völlig ungewiss ist…
Von Curico nehmen wir einen Minibus nach Los Quenes, wo ich schon 2017 war. Die ersten eineinhalb Tage folgen wir dem Tal des Rio Claro, wo ich auf dem Greater Patagonian Trail gewandert war. Dann verlassen wir die Wege und steigen weiter auf bis an den Fuß des Vulkans Planchon. Hier liegt noch recht viel Schnee und wir sind froh, dass wir unsere Microspikes dabei haben, als wir am nächsten Tag einen Ausflug bis auf 3450 Meter Höhe unternehmen. Weiter geht es dann in schwierigem Gelände bis zu den beiden Lagunas de Teno, wo wir wieder auf Pfade stoßen. Die Seen sind in eine traumhafte Berglandschaft eingebettet, und jetzt im Frühsommer der Südhalbkugel blühen zahlreiche Blumen. Schließlich gehen wir zu der Straße, die über die argentinische Grenze führt, in der Nähe des chilenischen Postens und trampen zurück nach Curico, wo wir uns für den ersten Abschnitt auf der argentinischen Seite neu verpflegen.
Die Berge kommen näher
Lager auf 2500 Meter Höhe
Wir müssen große Schneefelder überqueren
Grenzmarkierung
Wir lagern an den Lagunas de Teno
Curico
Kurz vor Mitternacht am 31.12. 2025 sitzen wir in einem Flugzeug der Latam unterwegs von Madrid nach Santiago de Chile. Warum fliegt man ausgerechnet an Silvester nach Chile? Weil das offensichtlich nicht besonders viele Leute wollen und die Tickets daher billiger sind! Zwar gibt es um Mitternacht keinen Sekt, aber immerhin ist die Kabine mit Lametta geschmückt und das Personal trägt lustige Hüte oder Krönchen.
Gegen 9 am nächsten Morgen kommen wir in Chile an, bei 4 Stunden Zeitunterschied zu Deutschland. Bei der Grenzkontrolle sind wir gespannt, ob wir Müsli, Studentenfutter und Eiweißpulver einführen dürfen, was sich bei der Inspektion als problemlos herausstellt. Wir nehmen einen günstigen Bus zum zentralen Busbahnhof Alameda und haben rasch einen Fernbus gefunden, der uns in 2,5 Stunden für lediglich umgerechnet etwa 5 Euro pro Person nach Curico bringt. Der Eigentümer der Privatunterkunft, die wir gebucht haben, kann uns wegen einem technischen Problem nicht beherbergen, bringt uns aber zu einer anderen Wohnung, wo wir ebenfalls für 25 Euro übernachten können.
Heute an Neujahr ist in der Stadt alles geschlossen, daher unternehmen wir einen kleinen Ausflug zum Hügel Cerro Condell, wo etliche Leute picknicken und wir einen tollen Ausblick zu den Bergen der Anden, mit einigen charakteristischen Vulkanen erhalten.
Schon um 7:30 sind wir am nächsten Morgen an der Busstation, wo uns jemand hilft, damit wir in den richtigen Minibus nach Los Queñes einsteigen. Obwohl der 25-Sitzer häufig hält, sind wir schon um 9 am Startpunkt unserer großen Andenwanderung. Schon 2017, bei meiner ersten Tour auf dem Greater Patagonia Trail war ich hier!
Ein grober Fahrweg führt ab hier ins Tal des Rio Claro. Zunächst kommen wir noch an einigen Flächen vorbei, wo Obst angebaut wird. Die wenigen Häuser sind eingezäunt und Schilder weisen darauf hin, dass hier Privatbesitz ist. Immer wieder eröffnen sich schöne Ausblicke in die Schlucht des Rio Claro, der hier vulkanische Sedimente durchschneidet. Schon gegen 11:30 ist es hier auf etwa 700 Meter Höhe so heiß, dass wir uns in den Schatten eines Baumes verziehen. Wir wollen es zunächst langsam angehen lassen, daher laufen wir erst um 14 Uhr weiter. Außer etwa 5 Mopeds und einem Geländewagen begegnet uns niemand. Die Landschaft ist von dichtem Busch und einigen schattigen Waldinseln geprägt. Einige Male queren wir kleine Bäche. Nach etwa 20 Kilometern haben wir die letzte Estancia passiert und schlagen etwas später abseits der Piste im von Viehpfaden durchzogenem Gebüsch unser Lager auf, ohne Zelt auf unseren festen Isomatten. Erst gegen 21 Uhr geht die Sonne unter, wir können schon jetzt Ausblicke zu schneebedeckten Bergen genießen und werden später von einem traumhaften Sternenhimmel verwöhnt.
Am nächsten Morgen ist es hier auf lediglich 1100 Metern Höhe mit etwa 7 Grad recht frisch. Als wir gegen 7 Uhr nach unserem Müslifrühstück aufbrechen, ist die Landschaft in dem weiten Tal weiterhin sehr abwechslungsreich. Besonders gefallen mir die Bestände der Andenzypressen, von denen einige Exemplare deutlich mehr als einen Meter Durchmesser haben. Wir überqueren einen Wasserfall, der in eine tiefe Basaltschlucht fällt auf einer Brücke, müssen eine tiefe Pfütze im Gebüsch umgehen und über ein hohes Gatter klettern. Während die Berge immer näher rücken, fliegen häufig große, grüne Papageien mit gelben Schwanzfedern über uns. Wir überqueren den Rio Claro auf einer Holzbrücke und wandern weiter über ein Plateau mit vielen Zypressen. Durch die vielen Felsbrocken auf dem Weg, ist das Vorankommen mühsam. In der Nähe des Abzweigs des Greater Patagonian Trails, wo ich Richtung Rio Colorado gelaufen war, verbringen wir eine lange Mittagspause im Baumschatten.
Als wir gegen 15 Uhr weiter laufen, ist von einem Weg bald nichts mehr zu sehen als die Route stärker ansteigt. Mitunter entdecken wir noch einige, alte Hufabdrücke und sporadisch aufgetürmte Steinhäufchen, aber im Wesentlichen suchen wir uns selbst die beste Route, durch das zunächst noch ziemlich bewachsene Gelände. Erst ab etwa 1800 Meter verschwinden die Zypressen. Wir steigen steil einen Schotterhang empor und folgen dann einem Grat, wo der erste Andenkondor dieser Reise über uns schwebt. Zunächst scheint es weder einen geeigneten Lagerplatz noch Wasser zu geben, daher sind wir froh, als wir um 19:20 doch noch ein geeignetes Plätzchen auf 2500 Meter Höhe finden, mit einem Rinnsal, dass einem Schneefeld entstammt. Zwar sind wir nur etwa 21 Kilometer gelaufen, aber mit fast 1500 Höhenmetern, größtenteils im weglosen Gelände. Genug für den zweiten Tag!
Heute schlafen wir zum ersten Mal in unserem neuen Zelt, was sowohl recht leicht, als auch sturmstabil ist.
Am nächsten Morgen lassen wir unser Zelt stehen und brechen zu einem Ausflug in Richtung des 3920 Meter hohen Vulkans Planchon auf. Obwohl es erst ein ganzes Stückchen oberhalb gefroren hat, sind die Schneefelder erstaunlich hart, weshalb wir einige Male unsere Microspikes anlegen. Zunächst prägen niedrige, grüne Sträucher die Landschaft und verschiedenfarbige Blüten wachsen stellenweise aus dem Boden. Wir folgen einer in unseren digitalen Karten eingezeichneten Route, von der jedoch nichts zu sehen ist. Zunächst ist es gar nicht so einfach, die tief eingeschnittenen, meist schneebedeckten Täler zu bewältigen, dann geht es lange in unangenehm losen Schotter hoch zu einem Grat auf 3450 Meter Höhe, direkt am Planchon Gletscher. Unterhalb liegen einige kleine Seen und der Grenzkamm zu Argentinien ist greifbar nah. Wir steigen nach 4 Stunden, die wir hier herauf benötigt haben, wieder ab und verbringen noch einen entspannten Nachmittag.
Heute haben wir eine kleine Bergtour unternommen, die sicher gut für unsere Akklimatisierung ist!
Nach zwei Nächten laufen wir früh am nächsten Morgen weiter. Bald stoßen wir auf einen gut erkennbaren Weg, der auch in unserer Karte eingezeichnet ist. Auch wenn die Route sicher kaum benutzt wird, kommen wir hier viel besser voran. Nicht zu steil gelangen wir langsam bis auf etwa 2900 Meter. Nur wenn wir größere Schneefelder queren, verlieren wir kurzzeitig den Trail. Dann laufen wir eine Zeit lang relativ flach weiter, wo wir den Trail verlieren. Egal, wir folgen einem steilen Bachbett im Schotter abwärts bis in die Nähe der Lagunas de Teno. Von einem kleinen Hügel öffnet sich eine herrliche Aussicht über die beiden großen, zusammenhängenden Seen und in die Berge der Umgebung. Leider fällt der Hang zum See sehr steil ab, die in der Karte dort unten eingezeichnete Route kann nicht stimmen. Also bleibt uns nichts anderes übrig als uns einen extrem steilen Schotterhang wieder hochzuarbeiten. Das ist noch anstrengender als gestern, vor allem, da die Steine ständig rutschen. Irgendwann haben wir den Aufstieg aber bewältigt und laufen in flacherem Terrain weiter, wo wir gegen Mittag auf die deutliche Wanderroute Richtung Vulkan Planchon stoßen. Vorher sehen wir zwei Kondore und einen großen , beigefarbenen Hasen. Hier ist sogar eine Hand voll Wanderer unterwegs. Wir folgen dem Pfad im Hang bis zur argentinischen Grenze. Der Abstieg ist zwar steil, aber durch die Serpentinen des Pfads gut zu laufen. Bald sind wir wieder oberhalb des Sees in herrlicher, recht grüner Landschaft mit vielen Blumen und einigen Kühen und Pferden. Da wir nicht an der Straße campen wollen, schlagen wir bereits um 14:15 unser Zelt im Schotter oberhalb des Sees auf über 2600 Meter Höhe auf. Da es sonnig, aber windig ist, ziehen wir uns ins Zelt zurück, wo es mit offenen Eingängen recht angenehm ist. Es gibt hier einige niedrige Sträucher, daher können wir später auf dem Hobo Kocher Kartoffelbrei zubereiten.
Am nächsten Morgen verabschieden wir uns bald vom See, überqueren einen Pass und gelangen an ein Haus mit Geländewagen davor und freundlichem Hund davor. Ab hier folgen wir einem Fahrweg talabwärts. Viele Kühe und Pferde grasen hier. Nach einigen Kilometern taucht der Besitzer des Gelöndewagens auf und bietet an uns mitzunehmen. Auf der Ladefläche werden wir ganz schön durchgeschüttelt. Auch als wir schließlich die Straße zum Paso Vergara erreichen, dürfen wir weiter mitfahren. Als wir an einem Agrarkontrollposten anhalten, laufen wir kurz weiter, werden aber bald wieder von unserem Fahrer aufgenommen. Das Tal des Rio Teno ist ziemlich malerisch und mit abnehmender Höhe zunehmend bewachsen.
In Los Queñes endet unsere Fahrt, aber schon bald nimmt uns ein ziemlich schwergewichtiger Mann, der Cumbia Musik spielt mit nach Curico, wo wir in einer privaten Unterkunft absteigen. Später kaufen wir in einer Mall für die nächsten 12 Tage ein, was etwa 5 Euro/ pro Person und Tag kostet. Ich kalkuliere mit 700 Gramm pro Tag: Morgens Müsli, Mittags Nussmischungen, abends Erdnüsse mit Chips.
Abends picknicken wir im idyllischen Park im Stadtzentrum unter schattigen Zedern und Palmen. Körnerbrot, Avocado, Möhren, Zwiebel, Apfel Und Köse. Wir sind ziemlich satt hinterher und hoffen unseren Körpern auch etwas Gutes getan zu haben!




























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