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01.01.2016

Die 4- Gletscherroute, weglos durch Island 2

Als ich gegen vier Uhr kurz aus dem Zelt schaue, herrscht bereits herrlicher Sonnenschein! Allerdings brechen wir dann doch sehr viel später auf...
Eigentlich hatten wir vor, ein Stück weit über den Langjökull zu laufen. Da der zweitgrößte Gletscher Islands aber noch vollkommen von Schnee bedeckt ist, wollen wir nicht das Risiko eingehen, in eine verdeckte Spalte zu fallen. Daher wählen wir eine Route zwischen Gletscher und dem Lavafeld Lambahraun. 

Strahlender Sonnenschein


Spuren im Schlamm

Schon bald gelangen wir an den Gletscherfluss Laenid. Er sieht tief genug für unsere Packrafts aus und fließt in unsere Richtung. Also überlegen wir nicht lange und blasen die Boote auf. (Die praktischen "Müllsäcke" mit denen man die Packrafts rasch mit Luft füllen kann, haben wir nicht mitgenommen). O.K, man kann die Boote auch mit Lungenkraft aufblasen, das ist aber müüüühsam...
Vincent, der noch kaum Erfahrung mit dem Bootfahren hat, legt als erster ab. Ein tolles Gefühl, sich so mühelos von der rasanten Strömung vorwärts bewegen zu lassen! Allerdings dauert unser Triumphzug nicht lange, schon nach wenigen Metern laufen wir auf Grund. In dem trüben Gletscherwasser, war die Tiefe des Baches kaum abzuschätzen. Jetzt teilt sich der Laenid in mehrere Arme, was heißt, dass für uns die Fahrt zu Ende ist, und wir weiter laufen dürfen...

     Unsere Packrafts kommen zu einem echt langen Einsatz...

Die Sonne brennt in der schattenlosen Weite erbarmungslos auf uns herab. Positiv ist, dass wir jetzt zeitweise sogar im T-Shirt laufen können. Weniger angenehm ist dagegen, dass Vincents Gesicht langsam aber sicher verbrennt. Obwohl er schon mal einen Sonnenbrand auf Island hatte, fehlt sowohl Sonnencreme als auch ein Hut in seinem Gepäck...
Also heißt es leiden und sich interessante Kopfbedeckungen basteln...

                             Vincent färbt sich zusehends rot

Auch die heftigen, kühlen Talwinde die vom Gletscher wehen, mindern die Sonneneinstrahlung leider nicht, dafür sorgt der meterhoch gewehte Staub für interessante Bilder.

     Der Gletscherwind wirbelt den Staub auf   Foto: Vincent

Wir müssen nicht, wie befürchtet, uns umständlich zwischen den Lavabrocken hindurchkämpfen, sondern kommen auf fast idealem Untergrund rasch voran.
Die Gegend wirkt völlig leblos, aber einige Grasbüschel schaffen es doch, den extremen Bedingungen hier zu trotzen.





                    Grüne Tupfer in "mineralischer" Landschaft


Als wir einen Pass erreichen, auf den wir lange zugelaufen waren, beobachten wir wie ein Merlinfalke einen Kolkraben vertreibt. Nisten die kleinen Falken hier in den Felsen?
Weit schweift der Blick zurück bis zu dem Pass, den wir gestern überquert haben. Welch leere Weite!

                                           Von dort sind wir gekommen

In der Richtung in die wir gehen, gibt es sogar etwas Grün an den Hängen. Das finde ich toll, nur Schnee und Steine sind auf Dauer für mich eher reizlos.
Endlich etwas Grün!

In der Ferne leuchtet bereits das Türkis des Hvitarvatn, den wir morgen zu erreichen hoffen.

                                                Der Hvitarvatn ist noch weit entfernt

Der aus dem Hagarvatn kommende Fluss Far, wäre wahrscheinlich gar nicht so einfach zu überqueren, doch gibt es eine Fußgängerbrücke! In die Nähe des Sees führt eine Piste, auf der einige Touristen hierher kommen, um sich den Wasserfall am Ausfluss des Sees anzuschauen.
Wir verlassen jedoch die tiefer gelegenen Regionen bald wieder und steigen im Tal zwischen der Jarhetturbergkette und dem Langjökull auf.


                                                  Jarhettur

Bevor wir unausweichlich wieder im Schnee landen, schlagen wir unser Lager auf der einzigen grünen, trockenen Fläche weit und breit auf...

                                               Ein schöner Lagerplatz!

Obwohl es ja eigentlich Sommer ist, blühen die Zwergweiden hier erst jetzt.


                                                                    Bergfrühling

Am nächsten Morgen sind wir bald wieder im Schnee. Einmal müssen wir eine steile, rutschige Geröllhalde queren, ansonsten kommen wir sehr gut voran, weil der Schnee nach wie vor ziemlich fest ist. Hoffentlich hält das noch lange an, denn wenn es erst mal richtig zu tauen beginnt, kann das hier eine mühsame, langsame Geschichte werden...


                        Auf dem Schnee kommen wir rasch voran

Irgendwann müssen wir den Fluss queren, der hier durch das Tal fließt. Mittlerweile ist das Gewässer unter der dicken Schneedecke kaum noch auszumachen. Aber uns ist natürlich klar, dass die Überquerung solcher "Schneebrücken" nicht ungefährlich ist...
Daher prüfen wir das Gelände sorgfältig und hasten dann nacheinander mit hohem Tempo über die uns sicher erscheinenden Stelle. 
Allerdings liegt hier zur Zeit noch so viel Schnee, dass wir uns keine Sorgen machen müssen.
Vincent, der die Route ausgearbeitet hat, übernimmt die Navigation. Zwar führe ich auch die einschlägigen Karten im Maßstab 1.100.000 mit, allerdings schauen wir nur selten auf sie. Vincent hat verschiedene Karten, und sogar Google Earth Satellitenaufnahmen auf sein Smartphone geladen und bekommt mit der GPS- Funktion unseren Standort immer aktuell angezeigt. Mit einem Powerpack hat er mehr als genug Strom für die Navigation auf unserer Tour.
Zwar haben wir den Eindruck durch eine menschenleere Wildnis zu laufen, dann sehen wir aber schon von weitem einen Parkplatz mit vielen Schneemobilen. Dieser wird für Fahrten auf dem Langjökull genutzt. Wie ich im weiteren Verlauf der Wanderung immer wieder feststellen sollte, hat man auf Island subjektiv zwar häufig das Gefühl weit weg von jeder Zivilisation zu sein, in der Realität ist die nächste Piste, ein Stausee oder eine Stromtrasse dann häufig ganz in der Nähe...




                                            Parkplatz für Schneemobiltouren

Ein Stück weiter erhalten wir einen herrlichen Ausblick über den See Hvitarvatn, den Langjökull und einige Vulkane.
Das Wetter ist fantastisch, allerdings bläst ein eiskalter Wind, der uns rasch frösteln lässt, wenn wir zu lange Pause machen.
Der Hvitarvatn ist der Ursprung des Flusses Hvita, den ich ja schon am Gullfoss kennen gelernt hatte.

                          Blick zum Hvitarvatn

Die Hvita überqueren wir auf einer Straßenbrücke der Kjölurpiste. Die Kjölur ist eine der beiden das Hochland von Südosten nach Nordosten durchquerenden, nur mit dem Geländewagen befahrbaren Straßen.
Wir befinden uns hier lediglich noch auf 400 Meter Höhe, daher werden unsere Augen von üppig grünen Gräsern und Moosen verwöhnt.
Nach 24 Kilometern Luftlinie die wir heute zurückgelegt haben, schlagen wir unser Lager am geschützten Ufer des Flusses Jökulfjall auf. Den Schutz der Böschung benötigen wir auch, da ein heftiger Wind bläst. So schön es auch auf Island ist, wenn die Sonne scheint, meist ist es durch den Wind viel zu kalt, als dass man längere Zeit ohne in Bewegung zu sein, draußen verbringen möchte. Daher kochen wir auch immer im Schutz der Zelte.
Der Jökulfjall ist zu tief zum Durchwaten, daher kommen unsere Boote hier zum ersten Mal für eine Flussüberquerung zum Einsatz, die auch problemlos klappt.


                                Am Jökulfjall

Den größten Teil des Tages laufen wir heute durch erstaunlich grüne Landschaften, die immer wieder durch einige Vögel belebt werden. Als wir an einem Bach ein Graugansküken sehen, dass verzweifelnd piepsend den Anschluss an seine Familie sucht, scherzen wir, dass das doch eine ideale Beute wäre! Na ja, wir haben eigentlich genug Proviant dabei, und sooo viel ist an dem jungen Vogel auch nicht dran.
Genug Essen? Na ja, ich kalkuliere mit 700 Gramm Nahrung pro Tag, während Vincent seine Rationen auf 550 Gramm reduziert hat. Ihm ist bewusst, dass er mit dieser Diät stark abnehmen wird, glaubt allerdings, dass er genügend Körperfett hat, was ihm die fehlenden Kalorien zur Verfügung stellt. Nun, wir werden sehen, allerdings ist schon nach wenigen Tagen deutlich sichtbar, wie sich sein Körper verändert. Wandern mit Rucksack ist eben das ideale Training!


           Heute laufen wir meist durch grüne Landschaften   

Allerdings wird der Sonnenbrand in Vincent's Gesicht trotz aller provisorischen Schutzmaßnahmen immer schlimmer. Es haben sich regelrechte Brandblasen gebildet und mein Freund befürchtet schon, dass er sich in Zukunft in "Scarface" umbenennen muss...


                      Vincent leidet an üblem Sonnenbrand

Da wir einige Bäche durchwaten müssen, haben wir bald nasse Füsse, daher finde ich es auch nicht weiter schlimm, dass wir auch ausgedehnte Moorflächen auf unserem Weg vorfinden. Während ich mich über die heute mal ausnahmsweise belebte Landschaft freue, sind Vincent Steine und Schnee lieber...


                             Unser Weg führt auch durch weite Sumpfflächen

Eigentlich hatten wir geplant eine hoch gelegene Route über den Gebirgszug Kerlingarfjöll zu nehmen. Auf Grund des vielen Schnees in den höheren Lagen, verwerfen wir dieses Vorhaben, und umgehen Kerlingarfjöll südlich.


                        Die Berge des Kerlingarfjöll

Bevor wir in die Berge eintauchen, treffen wir zwei Isländer vor einer Hütte, die als Stützpunkt für Reittouren dient. Die beiden Männer bestätigen unsere Entscheidung.
Unser heutiges  Lager schlagen wir auf einer winzigen, trockenen Stelle an einem Bach auf.

           
                                 Lager am Rand von Kerlingarfjöll

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