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14.01.2016

Die 4- Gletscherroute, weglos durch Island 8

In der Nacht schneit es bei einem Grad über Null leicht. Am Morgen regnet es zunächst, so dass wir unseren Aufbruch verschieben. Als es gegen Mittag aufklart, ändern wir unseren ursprünglichen Plan weglos weiter zu laufen. Die gestrigen harten Passagen durch das Geröll, haben meinen, ja ohnehin schon seit längerem ziemlich fertigen Schuhen, unheimlich zugesetzt. Auf breiter Front haben sich die Nähte aufgelöst oder sind kurz davor. Zwar kann ich damit noch laufen, die Trailrunningschuhe fühlen sich aber eher nach losen Pantoffeln als festen Laufschuhen an. Klar, habe ich Reparaturmaterial wie Duct Tape dabei, allerdings soll man sein Glück auch nicht zu sehr herausfordern...
Es war zweifellos ein Fehler, mit den schon nach der Schottlandwanderung lädierten Schuhen, eine weitere, vom Terrain für Schuhe sehr anspruchsvolle Tour anzugehen. Allerdings hatte ein anderes Paar der Inov- 8 die zwei Monate in Westnepal ja recht gut überstanden...
Letzten Endes beschließen wir über den Skalli zum Laugarvegur zu laufen.
Für kurze Zeit können wir einen blass- blauen Himmel bewundern, unter dem die Farbenpracht der Rhyolitberge so richtig zur Geltung kommt. Die Farbe gelb weist dabei auf Schwefel hin, während die roten Farben von Eisen hervorgerufen werden.



                                               Die Farbenpracht der Rhyolitberge


Der Wiederaufstieg zum Skalli kommt uns heute viel angenehmer vor, als der gestrige Abstieg in dem teilweise sehr feinen Geröll auf den Graten...
Von dem Bergplateau schlagen wir eine Route nach Westen ein, die auf unserer Karte als Wanderweg verzeichnet ist. Mitunter sehen wir sogar eine Pfahlmarkierung. Eine besonders im Schnee sehr nützliche Markierungsform!
Meist laufen wir auf einem weiten Plateau mit herrlichen Ausblicken in die abweisende Bergwelt. Ob der Sommer hier überhaupt noch einmal in diesem Jahr einkehrt? Immerhin ist heute bereits der zwanzigste Juli...
Das Wetter hat sich rasch wieder verschlechtert und nicht weit entfernt können wir Regen- und Schneeschauer ausmachen, bleiben davon zunächst aber verschont.



                      Der Sommer der ein Winter war...

Der Laugarvegur, auf isländisch "Weg der heißen Quellen" kündigt sich schon von weitem durch Dampfsäulen über der Schneelandschaft an. Dieser lediglich 54 Kilometer lange Trail, ist der bekannteste Wanderweg auf Island, und wohl auch eine der beliebtesten Mehrtagestouren der Welt. Vincent kennt den Weg bereits von seinem letzten Islandaufenthalt, aber ich bin gespannt...                 


                  Dampfwolken künden ein Geothermalgebiet an


Schließlich erreichen wir den berühmten Wanderweg, der aus einer schmalen, von tausend Füßen getretenen, tiefen Rinne im Schnee besteht. Die Schlange von Wanderern in der arktischen Landschaft erinnert mich an Bilder vom Goldrausch im Yukon, wo eine endlose Karawane von Männern über den Chilkoot Pass zog, um die Fundstätten bei Dawson City zu erreichen...



       Chilkoot Trail 1887, äh Laugarvegur 2015

Zwar ist es eher unangenehm in der 20 cm tiefen "Wandererrinne" zu laufen, dennoch kommen wir auf der "Autobahn" rasch voran. Wie fit wir im Laufe unserer Tour geworden sind, merken wir daran, dass wir mühelos alle anderen Wanderer überholen, die überwiegend mit leichten Rucksäcken unterwegs sind. O.k unsere HMG Rucksäcke sind mit weniger als einem Kilo natürlich ultraleicht, aber immerhin schleppen wir Zelte, Packrafts u.s.w. mit...
An verschiedenen Stellen gibt es heiße Quellen und blubbernde Dampfkessel. Der Geruch von Schwefel charakterisiert die "Ausdünstungen der Erde". Interessant finde ich, dass die Wärme im Bereich der Geothermalzonen üppigen Pflanzenwuchs hervorbringt. Ungewohnte Bilder in der kargen Landschaft... 


              Einige heiße Quellen liegen am Laugarvegur

Dann beginnt der sanfte Aufstieg zum auf 1050 Metern gelegenem höchsten Punkt des Weges, Hrafntinnusker. Es gibt in diesem arktischem Bereich eine Hütte und es zelten sogar einige Leute hier. Das kann in dieser exponierten Lage allerdings bei aufkommenden Schneestürmen schnell zu ziemlich unangenehmen Situationen führen...Ich bin jedenfalls froh, dass wir rasch weiterwandern....       


                                            Hrafntinnusker

Passend zu dieser "arktischen" Landschaft, setzt bald dichtes Schneetreiben, begleitet von eiskaltem Wind ein. In solchen Situationen ist es schön, dass der Weg sehr gut durch Stangen markiert ist. Dennoch haben sich schon häufig Wanderer hier verirrt, und sind im Schneesturm erfroren, wovon Gedenktafeln in der Umgebung der Hütte zeugen.
Allerdings verläuft der Weg nicht sehr lange in größerer Höhe. Nachdem wir in die Ebene um den Alftavatn abgestiegen sind, haben wir den Winter verlassen und sind jetzt lediglich auf 550 Metern. Heftiger Regen setzt ein, aber da wir nicht direkt am Weg zelten wollen, müssen wir noch ein Ganzes Stück laufen, bevor wir unser Lager aufschlagen können. 
Eine weitere Naht an meinem einen Schuh ist aufgegangen, jetzt hängt das ganze Obermaterial lediglich noch "am seidenen Faden". Daher ist klar für mich, dass wir auch morgen auf dem Laugarvegur weiterlaufen werden....
Es regnet die ganze Nacht heftig, begleitet von starken Windböen. Gut, dass wir die Zelte hier so fest wie selten verankern konnten...
Als die Niederschläge am Morgen beendet sind, laufen wir zunächst weglos durch ein grünes Wiesental, bis wir nach vielleicht zwei Kilometern wieder auf den Laugarvegur stoßen.


                
                                             Ein üppiges Wiesental

Wir finden es lustig, wie sich an den einfachen Furten, die einige Male zu überqueren sind, große Menschentrauben ansammeln. In aller Umständlichkeit wird das normale Wanderschuhwerk, manchmal sogar die Hose abgelegt. Anschließend kommen die "Watschuhe" zum Einsatz, Crocs, Sandalen oder Turnschuhe. So gerüstet, begibt man sich mit großer Vorsicht und Aufmerksamkeit in die "wilden Fluten".
Da wir die Zahl der Gewässerquerungen auf unserer Tour gar nicht mehr nennen können, widmen wir diesen Bächlein keinen Blick, sondern laufen jeweils ohne anzuhalten oder unser Tempo abzubremsen unter den verwunderten Blicken des "Publikums" in voller Montur ganz einfach "mitten durch"...
Das soll nicht arrogant klingen, sondern einfach anschaulich machen, wie sich die Perspektive je nach Erfahrung verändert. Würde ich lediglich den Laugarvegur laufen, würde ich auch "Watschuhe" anziehen...



                                       Lustige Bachüberquerungen

Ich kann mich kaum an den malerischen, spitzen Bergen satt sehen, deren Grün unter dem bedeckten Himmel nach dem Regen regelrecht leuchtet!


                                            Fantastisch grüne Berge

Zwei wilde Flüsse, die aus dem Myrdalsjökull kommen, werden mit Brücken überquert. 


                               Wilde Gletscherflüsse

Die Landschaft am Laugarvegur ist zwar großartig und abwechslungsreich, aber der Weg selber ist schon eine ziemliche "Wandererautobahn".



                                   Wanderhighway Laugarvegur

Die Hütten am Laugarvegur folgen in recht kurzen Abständen aufeinander. Die Alftavatn Hütte hatten wir ja umgangen, aber auch Hvanngil lassen wir links liegen. 
Die Kontraste zwischen schwarzem Lavagestein, grünem Moos und weißen Gletschern sorgen für eine ganz besondere, auch auf Island einzigartige Stimmung. Nicht zu vergessen natürlich Vincents gelbe Jacke...


                                 Eine kontrastreiche Landschaft

Als wir gegen 15 Uhr bereits die Emsstrur Hütte erreichen, und wir beide noch gut bei Kräften sind, fassen wir als Tagesziel das Porsmörk Tal ins Auge, wohl wissend, dass es noch ein gutes Stück bis dorthin ist...
Hohe Engelwurz und die Farbtupfer des Hahnenfuß sind erste Vorboten dieses grünen Tales...



                                   Engelwurz und Hahnenfuß

Der Weg erreicht zwar jetzt längst nicht mehr die große Höhe wie gestern bei Hrafntinnusker, dennoch geht es häufig auf und ab, so dass doch eine ganze Menge Höhenmeter beisammen kommen...
Nach wie vor, riecht es ab und zu nach Schwefel...
Ein weiterer Höhepunkt des Weges ist der Canyon der Markarfljot. In einer Seitenschlucht gibt es sogar eine kleine, harmlose Kletterstelle!



                                        Markarfljot Schlucht

Schon lange, bevor wir Porsmörk erreichen, wird die Landschaft weitläufig und grün. Das blühende Heidekraut und die vereinzelten Schafe die hier weiden, erinnern an Schottland...
http://geraldtrekkt.blogspot.de/2014/06/wie-ich-lernte-nasse-fusse-zu-lieben.html


                                               "schottische Landschaft"

Der Myrdalsjökull war heute nie weit entfernt, jetzt erscheint aber auch der Eyjajjallajökull, den ich ja schon am Anfang der Islandreise gesehen hatte...
Bevor wir in den Birkenwald von Porsmörk eintauchen, müssen wir noch die Krossa queren, angeblich mitunter ein ernstes Hindernis...
Bei dem derzeitigen Wasserstand stellt die Durchwatung aber kein Problem dar.
Porsmörk ist einer der wenigen Orte auf Island, wo es natürlichen Wald gibt. Schon bald nach der Ankunft der Wikinger auf der Insel im neunten Jahrhundert, wurden die damals noch ausgedehnteren Wälder gerodet. Erst in jüngster Zeit wird versucht, neue Wälder auf Island zu pflanzen, allerdings meist aus ursprünglich nicht heimischen Nadelbäumen.
Die zahlreichen, bunt blühenden Blumen sind fast unglaublich, nach der Kargheit des Hochlands...


                                                            Porsmörk

Es gibt hier im Tal drei Zeltplätze, Vincent kennt Langidalur, und findet ihn sehr schön. Daher steuern wir diesen, in der Tat toll gelegenen Platz, am Ufer der Krossa, an. Wir haben heute 26 Kilometer Luftlinie zurückgelegt und freuen uns bei fast tropischen 9 Grad, endlich einmal draußen kochen zu können...
Während Vincent einige Fotoprojekte auf Island realisieren möchte, will ich in den wenigen noch verbleibenden Tagen die Westfjorde ansteuern...

2 Kommentare:

  1. thanks for sharing this post with these very great photos! I liked it very much

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  2. Thanks for your nice comment, I appreciate that! Could you read the text in german language? Unfortunately I write only in german...When you like my blog, please stay tuned, this weekend I will start to recount my bolivian adventures from last autumn...

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