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26.01.2016

Boliviens königliche Berge 2

Am Morgen hat sich das Wetter geändert, so dass ich erkennen kann, das ich in Sichtweite zu dem Gehöft mit dem Hund gezeltet habe...
Während über mir bereits die Sonne aus strahlend blauem Himmel scheint, sind die tieferen Täler noch in "Watte verpackt".
Leider bin ich ziemlich erkältet, mit Halsschmerzen und fast völligem Verlust der Stimme. (Nicht weiter schlimm, da ich ja keine Selbstgespräche führe...). Jetzt ist mir auch klar, warum ich mich vorgestern so schwer getan habe, offenbar hatte sich schon die Erkältung angekündigt. Was soll 's, wird schon nicht so schlimm werden, daher verschwende ich keinen Gedanken daran, eventuell nicht weiter zu laufen...

Morgenstimmung


Schon bald befinde ich mich auf den Hängen des Uma Palca Tals. Ich begegne wenigen Leuten und einigen Lamas. Der Hauptort des Tales ist relativ groß, mit Stromleitung, Fußball- und Basketballfeldern. Einige Pisten führen tiefer in die Berge hinein. Sicher handelt es sich dabei um Minenzufahrten. Bereits zu Beginn der spanischen Kolonialzeit war die Ausbeutung von Bodenschätzen in den Anden von großer Bedeutung, und daran hat sich bis heute nichts geändert...Daher sind die meisten Berggebiete hier von Pisten durchzogen, was ich während der Vorbereitung der Reise gelernt hatte.

Mit Lamas hatte ich hier in den Anden ja gerechnet, aber auf dieser Wanderung sehe ich in den Tälern auch Kühe und Pferde.
                 
                                                  Das Dorf Uma Palca


                                                                      Lamas

Hinter dem Ort wandere ich ein Stück weit auf einer Piste, bevor ich in ein Hochtal abbiege, in das kein Weg führt.
Zwar weiden hier einige Tiere, ich begegne aber keinem Menschen mehr. 


                             Das weite Hochtal führt zu meiner Originalroute

Der Anstieg zum Pass weist keine Schwierigkeiten auf, daher befinde ich mich bereits gegen Mittag auf 4700 Metern, dem höchsten Punkt des heutigen Tages. Immerhin bin ich bis hierher 800 Meter aufgestiegen und sehr zufrieden mit dieser Leistung bei dem tollen Wetter!



                                      Pass auf 4700 Meter

Von hier oben kann ich bereits einen großen Teil meiner weiteren Route inklusive des Aufstiegs zum nächsten Pass ausmachen.



         Abstieg in das Tal des Rio Wila Llojeta

Zunächst kann ich ein Stück weit einem Pfad folgen, bald schon wähle ich aber die direkte Route ins Tal.         

                                                                      Rio Wila Llojeta

Da ich noch Kraft habe und mich trotz Erkältung recht gut fühle, beginne ich den Aufstieg auf der anderen Talseite. Als ich dann aber einen ziemlich ebenen Absatz auf 4250 Meter Höhe entdecke, beschließe ich spontan zu lagern, weil mir der Platz über dem Tal gut gefällt.



               
                                Lager auf einem Absatz oberhalb des Tales

Merkwürdigerweise breitet sich auf der anderen Talseite, wo ich vor kurzem gelaufen war, ein Feuer aus und trägt Rauchschwaden bis zu mir. Später zieht Nebel auf, und die Temperatur beträgt lediglich noch 2 Grad.
In der Nacht friert es und ein super klarer Morgen, wie es ihn nur in den Bergen nach einer Frostnacht gibt, erwartet mich.



                                 Nach einer frostigen Nacht

Nach einem steilen Stück flacht das Gelände ab und ich glaube den Pass schon zu sehen. Allerdings stimmt das nicht, denn nach einer Anhöhe geht es noch ein Stück in einem Hochtal weiter, bis ich schließlich die Passhöhe auf 4500 Meter erreiche. 
Kaum bin ich ein Stück abgestiegen, sehe ich Bewegung in dem felsigen Gelände. Als ich näher hinschaue, kann ich etwa 30 Chinchillas wahr nehmen, die offenbar zwischen den Felsblöcken ihre Wohnhöhlen haben. Die mit den Meerschweinchen verwandten, an Hasen erinnernden Tiere, sind wenig scheu und lassen mich zum Fotografieren relativ dicht an sich herankommen.





                                                                     Chinchilla

Bald habe ich das Blockgelände hinter mir gelassen und steige in einem Tal ab bis auf 3900 Meter am Rio Uma Palea, dem ich dann wieder aufwärts folge. Auch heute sehe ich keinen Menschen, wenn gleich eine Menge Kühe in dem Tal weiden. Leider sieht man fast keine Blumen, obwohl es nicht mehr allzu lange bis zum Beginn der Regenzeit dauert.


                               Kühe im Uma Palea Tal

Nach einiger Zeit wird das Tal schmaler, und das Vorankommen deutlich schwieriger. Meist suche ich mir jetzt meinen Weg in den Blockhängen hoch über dem Uma Palea. Eine steile Schotterhalde könnte einen in den Glauben versetzen, dass sich dahinter bereits der nächste Pass befindet. Allerdings führt dieser Absatz nur in das nächste Hochtal...


  Steile Anstiege wechseln sich mit relativ flachen Hochtälern ab

Die vergletscherten Berge des Hauptkamms sind nicht mehr weit entfernt, daher sind die steilen Hänge der Berge schon leicht überzuckert. 



                            Das obere Uma Palea Tal

Nachdem ich ein weiteres, herrliches Hochtal durchwandert habe, folgt ein steiler Anstieg durch teilweise losen Schotter. Eine mühsame Angelegenheit!


              Bald kommt der nächste, steile Anstieg...

Es ist nicht ganz einfach, hier eine gute Route zu finden, auf der man nicht klettern muss, aber irgendwann habe ich den Absatz bewältigt. Hier auf mehr als 4800 Meter Höhe scheint es so, als gäbe es nur noch Felsgelände bis zum nächsten Pass auf 5030 Meter Höhe. Da ich heute bereits eine gute Strecke zurück gelegt habe, es bereits später Nachmittag ist und mir ein schöner Lagerplatz wichtig ist, beschließe ich ein kurzes Stück abzusteigen, bis zu einer Stelle an einer hängenden Quelle, wo ich ein ebenes Plätzchen für mein Zelt bemerkt hatte.

                  
        Der Pass auf 5030 m ist nicht mehr weit entfernt

Trotz Sonnenschein und blauem Himmel hängen noch Eiszapfen an der üppig bemoosten Quelle, in deren Nähe ich lagere.


                         Eiszapfen an hängender Quelle

Faszinierend finde ich die riesigen, stachligen Moospolster, die man hier manchmal sieht. Zwar laden ihre runden Kissen dazu ein, sich auf ihnen niederzulassen, aber das tut ganz schön weh! So kannte ich Moos bisher noch nicht!


              Riesige, stachlige Moospolster

Die Aussicht auf die umliegenden Berge von meinem herrlich gelegenen "Aussichtsposten" ist fantastisch, leider zieht gegen Abend wieder Nebel auf, so dass aus dem von mir erhofftem Sonnenuntergangsspektakel leider nichts wird...   


                    Tolle Aussichten von meinem Lagerplatz

Sobald die Sonne verschwunden ist beginnt es zu frieren und mir steht eine schreckliche Nacht in meinem leichten Kunstfaserquilt bevor...Zwar ist die Temperatur erträglich, da ich in meiner Daunenjacke schlafe, allerdings werde ich von Kopf- und Halsschmerzen geplagt und von Fieber geschüttelt. Am Morgen ist mir klar, dass es nicht vernünftig wäre unter diesen Umständen auf über 5000 Meter aufzusteigen. Nach dem nächsten Pass erfolgt nur ein kurzer Abstieg, dann geht es wieder auf mehr als 5000 Meter...
Auf meiner GPS- Karte habe ich gesehen, dass das Tal auf das ich nach dem gestrigen Abstieg gestoßen war, bis zum Zongo führt, daher beschließe ich kurzerhand den Rückzug. Für die Wanderung in der Cordillera Real hatte ich eine Woche eingeplant und heute ist bereits der sechste Tag. Wahrscheinlich würde ich noch 2-3 weitere Tage brauchen um die ursprünglich geplante Route zu beenden.


                 Die Morgensonne erleuchtet bereits die Gipfel

Der Abstieg geht natürlich viel schneller, daher bin ich bereits nach drei Stunden wieder tief im Tal und stoße dann auch auf einen Weg, dem ich weiter ins Zongo Tal folgen kann.
Als ich gegen Mittag bereits in einem kleinen Ort an der Straße ankomme und nach La Paz trampen will, erzählt mir eine Frau "Heute fährt wohl kein Fahrzeug mehr". In der Tat ist es verdächtig ruhig und als ich dann noch einen Mann treffe, der auch in die große Stadt will, aber skeptisch ist, ob das noch heute klappt, sehe ich mich in Gedanken schon eine Nacht hier im Tal verbringen. Es ist mir auf die Dauer zu langweilig im Ort zu warten, also mache ich mich zu Fuß auf den Weg. Allerdings habe ich Glück, nach einer Stunde erscheint ein roter Pick-up, und ich darf mich auf die Ladefläche zu dem Mann der ebenfalls auf einen Lift gewartet hatte setzen. Glücklicherweise ist es heute recht warm, daher lässt sich der Fahrtwind gut aushalten, auch als wir über den Zongo Pass fahren. 
In La Paz suche ich das Hostel auf, in dem ich bei meiner Ankunft abgestiegen war und einen guten Teil meiner Ausrüstung deponiert hatte. Es gibt natürlich zahlreiche Apotheken in der Stadt und so finde ich schnell etwas gegen meine Erkältung.
Als nächstes möchte ich ins Tiefland und dort den wilden Tuichi Fluss der durch den riesigen Madidi Nationalpark fließt, mit meinem Packraft befahren...
Den größten Teil des Proviants dafür hatte ich schon aus Deutschland mitgebracht, daher kann ich den nächsten Tag im Wesentlichen nutzen, um mich zu erholen.
Allerdings lasse ich es mir nicht nehmen, einige Fahrten mit der Seilbahn zu unternehmen. Die 5 Linien der Stadt sind ein ganz normales Verkehrsmittel hier und die schnellste Art um die großen Höhenunterschiede innerhalb von La Paz zu bewältigen. Die Seilbahn ist ultramodern und wurde von einem österreichischen Unternehmen gebaut...
         
                       Die Seilbahn ist ein wichtiges Verkehrsmittel   


                      Traditionell gekleidete Frau

Über der riesigen, sich in alle Richtungen ausdehnenden Metropole ragen die schneebedeckten Gipfel der Cordillera Real auf, unter anderem der 6439 Meter hohe Illimani.           


                                                   Der Illimani thront über La Paz

La Paz gefällt mir sehr gut. Zwar ist die Stadt im Gegensatz zu Santa Cruz, der Millionenstadt im Tiefland, die ich später kennen lernen sollte, weniger modern, aber genau das macht ihren Charme aus.  






                                                             In La Paz

Der Ruhetag tut mir gut, und ich bin bereit für die nächsten Abenteuer in Bolivien...

                         

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