Am nächsten Morgen stellt es sich wieder einmal als nützlich heraus, dass Vincent die Satellitenbilder auf sein Handy geladen hat. Wir prüfen auf den Bildern, wo ein größerer Flussarm vorhanden ist und steuern den dann an. Dazu laufen wir immerhin zunächst mal 5 Kilometer durch die weite Ebene der Tungnaa.
Da ich etwas kleiner bin als Vincent, setze ich mich heute in sein Raft, da wir so beide unsere Spritzdecken schließen können, wenn gleich meine sehr leicht wieder aufgeht...
Allerdings stellt sich das Vorankommen bald als sehr mühsam und langsam heraus. Immer wieder landen wir auf dem Trockenen und es gibt nach wie vor keinen wasserreichen Hauptarm. Aber selbstverständlich haben wir sofort wieder durchweichte Füße, da wir auf der Suche nach mehr Wasser, fast ständig durch seichte Bachläufe waten müssen. Wir hoffen, dass der Hauptarm vielleicht an der gegenüberliegenden Talseite fließt. Aber leider erfüllt sich diese Annahme auch nicht. Im Gegenteil, Bachbetten, die vor kurzem noch gefüllt waren, sind jetzt trocken. Eigentlich hatten wir ja angenommen, dass die Tungnaa wegen der Schneeschmelze gut gefüllt ist. Jetzt denken wir eher, dass wegen der kühlen Temperaturen der Schnee auf dem Gletscher noch kaum getaut ist, und daher der Wasserstand des Flusses so niedrig ist. Nun, unser Proviant geht so langsam zur Neige und wir können es uns nicht erlauben, hier ewig nach ausreichend "Wasser unter dem Kiel" zu suchen, zumal es auch nicht wirklich Spass macht, mit den Booten nach nur wenigen Metern ständig wieder aufzulaufen, und zu Fuß im nassen Treibsand stecken zu bleiben...
Letzten Endes entschließen wir uns, die Befahrung der Tungnaa abzubrechen!
Auf der Karte haben wir schon eine Alternative für den Weg nach Landmannalaugar gefunden. Allerdings sind die im Osten das Tal begrenzenden Berge ziemlich steil. Wir hoffen, dass wir einen Pass über das Tungnaarfjöll finden....
Wo ist das Wasser geblieben?
Das Seitental dem wir folgen führt zwar steil in die Höhe, ist aber gut begehbar, erst recht als wir den breiten Kamm des Tungnaarfjöll erreichen. In der Ferne zeigt sich bereits der eindrucksvolle Berg Sveinstindur am See Langisjör, den wir bei unserer anfänglichen Routenplanung besuchen wollten.
Der Sveinstindur taucht auf
Einem steilen Tal, dass einmal sogar als Wasserfall abfällt, folgen wir in die weite Ebene der Lonakvisl.
Abstieg ins Tal der Lonakvisl
Zu unserer Überraschung fließt hier zunächst kein Tropfen Wasser...
Es gibt zwar eine Fahrspur, die wir aber nicht benutzen, da wir einen direkten Kurs laufen. Immer wieder kürzen wir über einen Bergrücken ab.
Die Landschaft gefällt mir sehr gut: Schokoladenbraune Ebenen, fast schon alpine Berge und immer mal wieder etwas Grün. Zudem ist das Wetter heute sonnig und mild...
Im Tal der Lonakvisl
Später fließt auch Wasser im Bach, den wir einige Male überqueren müssen, was aber kein Problem darstellt.
Die für mich bisher schönste Landschaft auf der Tour
Düstere Ebenen und schroffe Berge
Gegen 20 Uhr schlagen wir nach 17 Kilometern Luftlinie unser Lager in der Nähe des Ork- Sees auf. Zwischen Hang und Talsumpf gibt es eine schmale, trockene Zone. Gegenüber am See, steht die kleine Ork- Hütte.
Lager in der Nähe der Ork- Hütte
Aus irgendeinem Grund habe ich mich bei meinen morgendlichen Müslimahlzeiten verkalkuliert. Damit ich morgen früh nicht hungern muss, halbiere ich die Ration von heute...
Zwar herrscht weiterhin schönes Wetter, aber bei dem kalten Wind kann man morgens zunächst durchaus eine Daunenjacke tragen.
Auch der Zeltabbau will gut überlegt sein, will man nicht plötzlich sein "Stoffhaus" durch die Gegend segeln sehen...
Kalter Wind bläst
Die Landschaft gefällt mir heute womöglich noch besser als gestern, da die Berge insgesamt grüner wirken. Zwar folgen wir längere Zeit einem Tal, da wir aber am Rand laufen und die Seitentäler oft ziemlich eingeschnitten sind, haben wir eine Menge Höhenmeter zu bewältigen. Ausserdem steigen wir auch einige Male über Bergrücken zwischen Talsystemen.
Mich überrascht, dass wir auch in den grünen, sumpfigen Tälern kaum Vögel sehen. Eigentlich müsste die Brutzeit langsam in vollem Gange sein...
Im Hintergrund die spitze Pyramide des Faxi
Die trotz abendlicher Fettgaben zunehmend aufgeweichten Füße fordern ihren Tribut. Vincent hat etliche Scheuerstellen, die er mit Tape abkleben muss, und mir macht meine rechte Ferse zu schaffen. Nach der Wanderung in Schottland
http://geraldtrekkt.blogspot.de/2014/06/wie-ich-lernte-nasse-fusse-zu-lieben.html
war das Futter hinten im Schuh durchgescheuert. Um dem abzuhelfen, hat ein Schuster mir ein Stück Leder eingesetzt. Dieses drückt leider so, dass es meine Haut aufgescheuert hat...
Aber das alles sind nur kleine Blessuren, die unsere große Freude an der Wanderung nicht zu schmälern vermögen!
Fußpflege ist wichtig!
Nachmittags ist es für eine kurze Zeit sogar so warm, dass wir im T-Shirt laufen können. Eher ungewöhnlich auf Island!
Herrliches Wetter
Eine Fahrspur führt zu dem kleinen See Graenalon, an dessem Ufer eine private Hütte steht. Die Bewohner unternehmen gerade eine kleine Spritztour mit ihrem Motorboot auf dem See.
Ein Stück weiter schlagen wir nach 17 Kilometern Luftlinie in einem grünen Tal unser Lager auf.
Da es ein selten schöner Abend ist, unternehme ich nach dem Essen noch einen Spaziergang auf die in der Nähe aufragende Bergkette.
Ich liebe solche kleinen Exkursionen ohne Gepäck. Leider kam das bisher auf der Tour viel zu kurz, weil entweder das Wetter abends zu schlecht, die Umgebung wenig einladend, oder ich einfach zu müde war...
Graenalon
Oben angekommen öffnet sich der Blick über das Tal der Jökudalakvisl in die Bergwelt Südislands. Sehr eindrucksvoll!
Die schroffen Berge Südislands
Ab 21 Uhr wird das Licht erst richtig schön und ich genieße die ruhige, abendliche Stimmung aus vollen Zügen!
Wunderschöne Abendstimmung
Zurück am Zelt beträgt die Temperatur lediglich noch drei Grad...
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