Früh am nächsten Morgen erreiche ich das Ufer des Busko jezero, eines in den 70' er Jahren entstandenen Stausees. Noch ist kein Mensch weit und breit zu sehen, daher nutze ich die Gelegenheit zu einem Bad in dem angenehm warmen Wasser.
Als sich der Pfad vom See entfernt, treffe ich Medan, einen einheimischen Läufer, der den relativ kühlen Morgen für eine Runde nutzt. Wir unterhalten uns spontan einige Zeit lang. Mein Gesprächspartner hat Jura studiert, meint aber, dass es in Bosnien mit seiner Ausbildung fast unmöglich ist, einen Job zu finden, wenn man nicht über Beziehungen verfügt....
Die Bevölkerung in dieser Gegend ist kroatisch- katholisch, weshalb starke Bindungen nach Kroatien bestehen. Die bosnischen Kroaten hätten meist auch einen Pass des Nachbarlandes, weshalb viele junge Leute in der EU, häufig in Deutschland arbeiten würden. Daher stamme auch der offensichtliche Wohlstand dieser Gegend.
Ich begegne einem bosnische Läufer
Bald gelange ich wieder an die erstaunlich verkehrsreiche Straße. Zwar gibt es mitunter die Möglichkeit auf einen Fahrweg auszuweichen, aber im Großen und Ganzen ist das Wandern hier unangenehm und ermüdend!
Bei Grabovica ragt eine Betonruine oberhalb des Seeufers auf, offenbar war hier mal ein Hotel geplant...
Umso erstaunlicher ist der große Komplex des Eco Selo Grabovica. Die Anlage ist neu und wirkt sehr modern. Offenbar hat man hier ein wohlhabendes einheimisches Klientel im Blickwinkel. Über dem Weiler ragt eine riesige Christusstatue auf. Offenbar spielt die Religion hier, im kroatischen Teil Bosnien- Herzegowinas eine große Rolle, wie ich auch später wiederholt feststellen sollte.
Zurück an der Straße begegnen mir zwei ältere Wanderer. Der eine der Beiden lebt in Deutschland und ich erfahre, dass sie vorhaben, in nur zwei Tagen 120 Kilometer zu pilgern. Ob sie das schaffen werden?
Pilger
Bevor ich auf die Brücke gelange, die über einen Arm des Stausees führt, sehe ich bei einem Restaurant, wie sich eine Ziege am Spiess dreht.
gegrillte Ziege
In Prisoje, auf der anderen Seite, treffe ich auf die ersten Schilder der Via Dinarica! Hier in Bosnien- Herzegowina wurde das Projekt einen Weitwanderweg anzulegen, von den USA und den Vereinten Nationen gefördert, daher werde ich ab jetzt häufiger auf solche Schilder treffen und auch weite Abschnitte des Weges, die in jüngster Zeit hergerichtet wurden. Damit liegen die zahlreichen schwierigen Abschnitte, die die Via Dinarica in Kroatien gekennzeichnet haben, erst einmal hinter mir...
Die ersten Schilder auf der Via Dinarica
Es gibt hier auch einen kleinen Laden, daher lasse ich mir die Gelegenheit auf eine kalte Eisportion nicht entgehen...
Nach dem Bosnjak B u. B, das auf dem Schild erwähnt wird, halte ich übrigens intensiv Ausschau, entdecke aber keinen weiteren Hinweis auf die Unterkunft...
Endlich verlasse ich die Straßen und wandere weiter entlang der Pilgerroute bergauf.
Schatten für Pilger
Nachdem ich die Straße die Richtung Tomislavgrad führt überquert habe, wandere ich auf einsamen Fahrwegen über den mit Gras und Buschwerk bewachsenen, aussichtsreichen Höhenrücken Gradac.
Breiter Hügelrücken
Die Heuschrecke fühlt sich wohl bei mir
Kleinstrukturierte Flur bei Tomislavgrad
Laut den Schildern soll es hier auch einige Höhlen geben, die mir aber leider verborgen bleiben, auch als ich später noch einen Abendspaziergang unternehme.
Lager auf dem Gradac Plateau
Beeren tragende Sträucher
Weite Landschaft
Obwohl ich hier nicht sehr weit von besiedelten Gebieten entfernt bin und auch eine Hochspannungsleitung durch die Hügel verläuft, fallen mir am nächsten Morgen in ca. 300 Meter Entfernung auf einem Hügel drei recht große Tiere auf. Ich schaue noch einmal genau hin und es gibt nicht den geringsten Zweifel: Dort vorne starren mich drei große Wölfe bewegungslos für einen Moment an, bevor sie weitertrotten. Nach einigen Schritten bleiben sie stehen und sehen sich noch einmal nach mir um, bevor sie dann endgültig verschwinden!
Wow, damit hatte ich nicht gerechnet, aber ein tolles Erlebnis! Ich hatte Wölfe zuvor schon zweimal im Himalaja gesehen, die waren aber deutlich kleiner...
In dieser Umgebung sehe ich die Wölfe |
Wolfsland
Als absoluten Kontrast zu dieser Begegnung mit den Symbolen der Wildnis höre ich bald Baustellenlärm und sehe dann auch Bulldozer arbeiten. Wahrscheinlich sollen hier Windräder gebaut werden. Die deutsche Firma Strabag ist dabei...
Glücklicherweise ist die Via Dinarica bisher weitgehend von dieser landschaftsästethischen Pest, die die Industrialisierung auch in bisher weitgehend von der modernen Welt ausgesparte Landschaften trägt, verschont geblieben. Hoffentlich bleibt das so, auch wenn es hier gerade nicht danach scheint. Ich habe jedenfalls keine Lust durch "Windparks" zu wandern!
Es wäre fantastisch, wenn die Via Dinarica eine Art "Wildniskorridor" darstellen würde, auf dem solche industriellen "Erschließungen" nicht statt finden...
Erste Symptome der Windradpest
Dagegen scheint in dem kleinen Dörfchen, durch das ich bald darauf wandere, die Zeit fast stehen geblieben zu sein. Lediglich ein riesiges Denkmal, dass einen Partisan darstellt, zeigt, dass es hier auch Phasen der Unruhe gegeben hat.
Partisanendenkmal
Durch eine abwechslungsreiche, ziemlich offene Landschaft laufe ich auf einer Mischung aus Pfaden und Fahrweg weiter Richtung Bukuvica. Vielerorts zeugen Kreuze am Weg von der Religiösität der Menschen.
An einem Brunnen kann ich mal wieder meine Wasservorräte auffüllen.
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