2 Tage, 35 Kilometer, 918 hn Aufstieg
Auf diesem Abschnitt im Anza Borrego Desert State Park durchqueren wir das zerklüftete Calcite- Wonderstone Gebiet, überwiegend weglos mit zahlreichen An- und Abstiegen.
Nachdem wir uns vor Salton City mit neuem Wasser und Proviant versorgt haben, stehen wir wieder an der Straße und versuchen zum Desert Trail zurück zu trampen. Es gibt mehr Verkehr als erwartet, aber zunächst haben wir kein Glück. Nach etwa einer Stunde hält aber doch ein Pick-up mit einem älteren, sportlichen Paar, das sehr interessiert an unserer Wanderung ist. Schon gegen Mittag können wir dann weiter laufen. Für die Wüste ziemlich untypisch ist es recht grau, und es wirkt so, als ob Regen in der Luft liegt. Tatsächlich fallen dann aber nur wenige Tropfen, dennoch ist es kühl und windig. Das kommt uns durchaus entgegen, denn nachdem wir die Jeep Roads hinter uns lassen, geht es weglos durch schwieriges Terrain mit steilen, felsigen Anstiegen. Von Brian Tanzmann, Trailname Buck 30 haben wir zwar einen Track für das GPS, den wir auf unsere Smartphones geladen haben, der aber nicht sehr genau ist. Brian hat die Route die er gelaufen ist nicht aufgezeichnet, sondern den Track aus den alten Karten der Desert Survivors erstellt. Damit kommen wir zwar gut zurecht, sind aber immer wieder erfreut, wenn uns einige Steinhaufen (Cairns) zeigen, dass wir offenbar richtig sind.
Wir folgen einem Grat, der uns immer wieder schöne Aussichten zur Salton Sea gewährt, dem mit 1000 Quadratkilometer größtem See Kaliforniens. Dieser ist allerdings nicht natürlichen Ursprungs, sondern entstand nachdem bereits 1905 ein Damm am Colorado brach und sich viel Wasser in die abflusslose Senke ergoss. Seitdem wird der See durch die Verdunstung von Jahr zu Jahr kleiner.
Schließlich steigen wir ziemlich steil in eine ockerfarbene Schlucht ab, wo wir unsere Zelte aufschlagen und noch einen kleinen Abendspaziergang unternehmen. Wir stehen hier relativ geschützt, was sich als wichtig entpuppt, als in der Nacht starker Wind aufkommt, der unsere Häringe teilweise aus dem Boden zieht, so dass wir aus den Zelten müssen, um die Erdnägel wieder fest zu machen.
Am Morgen als wir aufbrechen wollen, regnet es etwas, so dass wir zunächst warten, wie sich das Wetter entwickelt. Obwohl es weiterhin kühl, bedeckt und windig ist, fällt dann aber kein weiterer Niederschlag. Heute wird ein sehr anstrengender Tag bei dem wir sechs weglose Auf- und Abstiege bewältigen müssen, die uns jeweils auf einen steinigen Tafelberg führen. Solche am Gipfel abgeflachten Berge werden auch „Mesa“ genannt, das spanische Wort für Tisch. Die Orientierung hier ist nicht einfach, neben dem GPS-Track stellen sich die Karten und Beschreibungen aus dem Guidebook von Steven Tabor, einem der „Desert Survivors“ als sehr wertvoll heraus. Trotz der Schwierigkeiten genießen wir es sehr, so abseits von Pisten durch die Wüste zu laufen. Obwohl die Straßen hier in Südkalifornien nicht sehr weit auseinander liegen, erhalten wir in diesem zerklüfteten Terrain, das Gefühl in einer wirklich abgelegenen, einsamen Wildnis zu sein.
Die kühle Luft in Kombination mit dem Gesang der Vögel gibt uns einen Eindruck davon, wie der Frühling hier aussehen kann. Nachmittags sind dann Sonne und blauer Himmel zurück, und wir steigen in einen Canyon ab, der sich auf einem kurzen Abschnitt bis auf drei Meter Breite verengt. In dem Konglomeratgestein wirken die eingeschlosenen, vielfarbigen Felsen wie eingebacken. Wir folgen der Schlucht lange aufwärts und steigen schließlich zum Teddybear Peak auf, (netter Name!), von dem wir noch einmal die Salton Sea gut überblicken können. Beim Abstieg hat es sich wieder bedeckt und tröpfelt ein wenig. Wer glaubt, er könnte in der Wüste stets ungehindert laufen, täuscht sich übrigens gewaltig. Vielerorts gibt es stachlige Gewächse, denen es auszuweichen gilt. Besonders fies sind dabei die Stacheln des „Catclaw“ Strauchs, an dem hängenzubleiben sehr unangenehm ist. Als wir schließlich unser Lager aufschlagen, sind wir ziemlich zufrieden damit, in diesem schwierigen Terrain heute mindestens 15 Kilometer zurückgelegt zu haben, wie das grobe Nachmessen unserer Route auf dem Handy zeigt. In der Realität mit allen Windungen der Canyons und den zahlreichen Umwegen war das sicher viel mehr…
Am Morgen folgen wir der Schlucht weiter abwärts und müssen zweimal steile Abstürze umklettern. Als wir eine weite Ebene erreichen, hören wir das langgezogene Heulen der Koyoten. Diese kleinen Wolfsverwandten haben sich an viele Lebensräume Nordamerikas angepasst und kommen auch hier in der Wüste vor. Wir passieren einen Fächerpalmenhain und laufen dann auf den grünen Gürtel zu, der die landwirtschaftlichen Flächen um Mecca anzeigt. Später stellen wir dann fest, dass hier auch Dattelpalmen kultiviert werden, die ich schon aus den Oasen der Sahara kenne!
Schließlich erreichen wir die Autobahn I 86, der wir drei Kilometer weit folgen müssen. Das Laufen am Rand bei dem vielen Verkehr ist ziemlich ätzend!
Dann sehen wir einen Wagen auf dem Randstreifen stehen und eine Frau ist dabei sich hölzerne Paletten aufzuladen, die ein LKW offensichtlich verloren hat. Zu unserer Freude bestand die Ladung zu einem guten Teil aus Bretzel Paketen, von denen wir erst einmal einen guten Teil in unseren Rucksäcken verstauen. Schließlich verlassen wir die Autobahn und müssen noch viele Kilometer weit einer Nebenstraße folgen. Das gefällt uns überhaupt nicht, daher beschließen wir die restlichen 17 Kilometer nach Mecca zu trampen. (Ja, nicht nur in Saudi Arabien gibt es einen Ort der so heißt!).
Bald hält der sehr nette, 28-jährige Latino Luis, und nimmt uns in seinem vermüllten, arg lädiertem Pick-up mit. Er erzählt uns, dass ihm vor kurzem jemand in sein Auto gefahren ist, sich aber weigert die Reparatur zu bezahlen, obwohl er eindeutig Schuld war. Luis hat drei Kinder und ist zum ersten Mal bereits mit 16 Vater geworden. Ganz sicher hat er nicht viel Geld, will uns aber dennoch zum Essen einladen! Als wir das ablehnen, möchte er uns dann noch 20 Dollar schenken. Wie ich schon oft festgestellt habe, sind arme Menschen häufig sehr großzügig, obwohl sie ihr Geld eigentlich selber brauchen.
In einem Family Dollar kaufen wir für die nächsten drei Tage ein, nutzen das w-lan außen an einer geschlossenen Bibliothek und gehen dann in einem mexikanischen Restaurant essen. Auf den Feldern um Mecca arbeiten überwiegend Latinos, daher wirkt der Ort komplett mexikanisch. Natürlich spricht man hier auch englisch, aber ohne Zweifel freut sich die Bedienung, als wir auf spanisch bestellen. Als wir die leckeren Tacos mit Salat aufgegessen haben, füllen wir dann auf der Toilette des Restaurants jeder noch 8,5 bzw. 9,5 Liter Wasser für die nächste Etappe ab.
Steile Anstiege
Weglos über Mesas und in Schluchten
Enger Konglomeratcanyon
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