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28.10.2023

Auf dem Desert Trail durch die Wüsten der USA 7 Ca 62 (Twentynine Palms) - Kelso Depot ( Baker)

 




5,5 Tage, 135 Kilometer, 3114 Höhenmeter Aufstieg


Auf diesem einsamen Abschnitt in der südlichen Mojave Wüste, lernen wir was Durst ist, treffen einen merkwürdigen alten Mann,  müssen Klettereien in den Granite Mountains absolvieren, laufen den wasserreichen Bull Canyon hinab und durchqueren die bizarren Kelso Sanddünen. 


Zurück in der Wüste nach unserem Aufenthalte in Twentynine Palms, stellen wir fest, dass es in der Nachmittagshitze bereits sehr warm ist. Außerdem sind wir ziemlich schwer bepackt mit Essen für 5 Tage und je 7,5 Litern Wasser. 

Wir sind jetzt in der Sheephole Valley Wilderness und laufen in flachem Terrain weglos auf die Berge zu. An einer Stelle entdecken wir tennisballgroße, zitronenähnliche Früchte, die wir auch probieren. Allerdings ist das Innere voller Kerne und die „Wüstenzitrone“ schmeckt auch nicht besonders. Ein großer Hase, der „Jackrabitt“ zeigt kaum Scheu vor uns und lässt sich aus der Nähe fotografieren. Abends bewölkt es sich etwas, es  ist aber ziemlich windstill, daher nutzten wir die Gelegenheit ein „Cowboycamp“ unter dem freien Himmel aufzuschlagen. In der Dämmerung umschwärmen dann einige sehr große Schmetterlinge, die eher Kolibris ähneln und an Taubenschwänzchen bei uns erinnern, die Blüten um uns herum, bevor wir dann einen herrlichen Sternenhimmel genießen können. 


Um die Kühle des Morgens auszunutzen, stellen wir uns stets einen Wecker und schaffen es dann auch mit dem ersten Licht um kurz nach 6 unterwegs zu sein. Um diese Zeit ist es noch angenehm und mild, außerdem ist das Licht sehr schön, bevor es mit höher steigender Sonne hart und grell wird. 

Wir folgen meist sandigen Trockenbetten, in denen oft viele zitronengelbe Blumen wachsen. Hinter einem niedrigen Bergeinschnitt geht es dann weiter in die nächste Ebene. Hier leben offenbar zahlreiche Kängururatten, in deren Baue wir immer wieder einbrechen, was aber nicht weiter schlimm ist. Wir sehen keinen anderen Menschen und auch Fahrspuren gibt es hier in der Wildnis keine. Es ist großartig, wenn auch anstrengend durch diese einsamen Wüstenweiten zu laufen. Farbige Reste von Ballons, die Kinder haben steigen lassen, sind oft der einzige Hinweis darauf, dass es auch noch andere Menschen auf diesem Planeten gibt. 

Gegen Mittag wird es so unangenehm heiß, dass wir erst einmal eine zweistündige Pause im spärlichen Schatten eine Creosote Busches einlegen, bevor wir gegen 14 Uhr weiterlaufen, obwohl es immer noch sehr heiß ist. Während wir bisher ganz gut mit 2,5 Litern Wasser pro Tag zurecht gekommen sind, haben wir jetzt ständig Durst und müssen uns zügeln, nicht viel zu viel auf einmal zu trinken. Erst am späten Nachmittag lässt die Hitze dann nach und bevor es dunkel wird, zeigt die Wüste noch einmal ihre Farben. Obwohl wir keinem Weg gefolgt sind und eine lange Mittagspause eingelegt haben, sind wir 28 Kartenkilometer weit gekommen. Im Gelände wahrscheinlich einiges mehr…

Nach einer milden Nacht durchqueren wir am nächsten Morgen wieder eine weite Ebene. Aufgrund der höheren Temperaturen sehen wir jetzt auch häufig verschiedene Eidechsen, teilweise ziemlich groß mit dunklen Punkten unterm Bauch. Wir überqueren eine Bahnlinie und erreichen dann Bolo Station, die von hohen Palmen umgeben ist. Hier soll es einen Campingplatz geben und tatsächlich stehen einige Wohnwagen auf dem Gelände. Aber obwohl wir kreuz und quer über den Platz laufen, sehen wir keine Menschenseele. Dann hören wir eine Stimme aus einem Trailer kommen, offenbar telefoniert jemand. Wir rufen schüchtern und fragen ob jemand da ist. Schließlich erscheint ein alter Mann, der offenbar nicht viel mit uns anfangen kann. Immerhin verrät er, wo wir einen Wasserschlauch finden können, aus dem wir unsere Vorräte auffüllen dürfen. Das ist jetzt das Wichtigste!

Während wir 8,5 bzw. 9 Liter Wasser in unsere Beutel und Flaschen füllen, kommt der Typ schließlich angetrottet. Er ist nur schwer zu verstehen, immerhin bekommen wir mit, dass er sagt, wir seien ja eigentlich „Trespasser“ die unerlaubt auf Privatgelände vorgedrungen seien, weshalb er uns auch hätte erschießen können. Dabei zählt er seine imposante Waffensammlung auf, zu der offenbar auch eine Maschinenpistole gehört. Als wir erzählen, dass wir aus Deutschland sind, taut der merkwürdige Mann etwas auf, da seine Tochter dort gelebt und offenbar gute Erfahrungen gemacht hat. Er ruft sie dann an, die gerade zu Besuch ist und mit Mann und 9-jähriger Tochter vorbeikommt. Ganz normale, sympathische Leute, die erzählen, dass hierher keine Touristen mehr kommen, da die berühmte Route 66 in diesem Abschnitt wegen maroder Brücken gesperrt ist. Der Schwiegersohn fragt uns dann, ob uns der über 80-jähige Vater seiner Frau gut behandelt hat, da er ihm auch schon mal mit der Schusswaffe gedroht hätte…

Es ist megaheiß und wir würden eigentlich noch gerne länger im Schatten einer Palme sitzen, aber so richtig wohl fühlen wir uns nicht, daher lasse wir die Oase von Chambless mit ihren wenigen Häusern schon bald hiner uns und laufen  weiter über eine ausgehnte Ebene, die zwar ausgetrocknet wirkt, dennoch wachsen stellenweise einige Grasbüschel, offenbar hat es auch hier etwas geregnet. Die Landschaft wirkt auf den ersten Blick einfach zu durchqueren, aber sehr häufig müssem wir trockene Bachbetten queren, die aus den Bergen kommen und quer zu unserer Marschrichtung verlaufen. Sehr langsam, anstrengend und mühsam an diesem bisher heißesten Tag unserer Wanderung auf dem Desert Trail. Als wir dann einer alten Piste folgen, die zu einer ehemaligen Mine führt, kommen wir gleich besser voran. 

Am nächsten Morgen dringen wir in die farbenprächtigen Marble Mountains vor. Wir folgen den Trockenbetten stetig aufwärts zu einem Pass, hinter dem sich eine malerische, auf allen Seiten von Bergen eingefasste Schüssel erstreckt. Anke, die vor mir läuft, hat das Glück kurz drei Wüstendickhornschafe zu beobachten, die aber schon das Weite gesucht haben, bevor ich sie sehen kann. 

Nicht zu schwierige, enge Täler führen uns dann auf die andere Seite der Berge, wo wir die Marble Mountains/ Trilobite Wilderness verlassen und dann die Autobahn I 40 erreichen. Der Verkehrslärm bildet einen starken Kontrast zu der einsamen Wüste, immerhin finden wir unter einer Brücke etwas Schatten. 

Bald haben wir die Straße hinter uns gelassen und sind erstaunt darüber wie grün die Ebene ist. Offenbar sind die Regenfälle des Winters je nach Region sehr unterschiedlich ausgefallen, so dass sich ausgetrocknet erscheinende Landschaften mit grünen, blütenreichen Abschnitten abwechseln. Dabei spielt die Höhenlage auch eine große Rolle. Generell gilt: je höher, je feuchter, je grüner. Wir sind jetzt in dem riesigen Mojave Desert Preserve, einem Gebiet, dass die Wüstenlandschaft schützen soll, wenn auch nicht so strikt wie in einem Nationalpark. 

Mittags wird es dann wieder so heiß, dass wir unsere kleine Bodenplane zwischen zwei Büschen aufspannen um so wenigstens ein klein bisschen Schatten zu haben. Während wir dann weiter laufen, kommen wir den steil aufragenden Granite Mountains immer näher, die uns an den Joshua Tree Nationalpark erinnern. Diese Bergkette ist das rauheste, steilste und am Schwierigsten zu überwindende Massiv auf dem Desert Trail in Kalifornien. Wir sind gespannt…

Tatsächlich erscheinen wieder mehr Palmlilien und sogar solche farbenprächtigen Blumen wie der rotblühende Indian Paintbrush, den wir zum ersten Mal auf unserer Wüstenwanderung sehen. Auch verschiedene Kakteen tauchen jetzt wieder auf. Wir sind sehr durstig und ich fühle mich ziemlich dehydriert. Wenn der Körper nicht genügend Wasser bekommt, wird man rasch schwächer und auch der leichte Kopfschmerz der mich jetzt plagt, ist kein gutes Zeichen. Daher ist es für uns sehr wichtig, an der Budweiser Spring Wasser zu finden. Und wir werden fündig! Ein runder Betontrog liegt in einem mit Stacheldraht eingezäuntem Gelände. Allerdings wirkt das grüne, algenüberzogene Wasser aus dem ein Frosch schnarrt, nicht sehr appetitlich. Immerhin tröpfelt frisches Wasser aus einem Rohr. Was für ein Genuss! An Ort und Stelle trinken wir uns erst einmal voll. Ein Stück weiter entdecke ich dann auch einen Schacht, in dem sich wohl die eigentliche Quelle befindet. Da es uns aber zu eng ist, dort hinein zu kriechen, schlagen wir unser Lager in der Nähe auf, und gehen später noch einmal abwechselnd zu der Umzäunung um unseren Wasservorrat aufzufüllen, so dass wir morgen mit jeweils 6 Litern wieder aufbrechen können. Aus unserem Cowboylager hören wir dann noch lange das Schnarren der Frösche, den Gesang verschiedener Vögel und später entfernt das Heulen von Koyoten. 

Der nächste Morgen bringt den wohl bisher spannendsten, aber auch anstrengendsten Tag der Wanderung!

Zunächst folgen wir dem dicht bewachsenen Budweiser Canyon aufwärts. Glücklicherweise finden wir immer wieder auch offene Passagen, daher müssen wir uns nur selten durch den Busch kämpfen. An einer Art von steilen Wänden umgebenen „Amphitheater“ flacht das Terrain kurz ab, bevor uns der steile Aufstieg zum Grat der Granite Mountains bevorsteht. Wir konsultieren zwar kurz die Beschreibung aus dem Guidebook, wählen dann aber die Route, die uns am ehesten machbar erscheint. Immer wieder müssen wir kleinere Kletterpassagen bewältigen, Kakteen und Catclaw Büschen, sowie riesigen Felsbrocken ausweichen. Über 800 Höhenmeter haben wir seit unserem letzten Lager bewältigt, als wir schließlich den Grat erreichen. Oben eröffnen sich dann schöne Aussichten über den langgestreckten Bull Canyon bis hin zu den fernen Kelso Sanddünen.

Wir folgen dem Grat ein Stück aufwärts bis zu einem kleinen Gipfel. Hier oben wachsen viele Wacholder und es ist ziemlich windig. Schließlich folgen wir dem Grat abwärts zu einem Sattel, von dem aus wir uns an den Abstieg in ein Nebental machen und schließlich Bull Canyon erreichen. Der Bewuchs ist hier zwar recht dicht, aber wir kommen besser voran als befürchtet. Schon bald taucht das erste Wasser auf, und dann gibt es stellenweise sogar ein Rinnsal, das durch glatte Granitrinnen fließt. Eine fantastische Oase! Farbenprächtige Schwalbenschwanz-Schmetterlinge versuchen Feuchtigkeit aus dem nassen Sand zu saugen, Krötenpärchen bei denen sich die Männchen auf den Rücken der größeren Weibchen tragen lassen, Kaulquappen und kleine Frösche, Gespinste voller Raupen, sowie „brummende“  Kolibris sind nur ein kleiner Teil des Lebens hier. Eine große Fährte, die wir entdecken, könnte von einem Puma hinterlassen worden sein. 

Allerdings ist das Vorankommen hier im Canyon manchmal nicht ganz einfach: Oft müssen wir kleinere Stufen umklettern und vier hohe Abstürze stellen eine echte Herausforderung dar. Wir müssen dann jeweils mühevoll aus der Schlucht klettern und anschließend einen Weg zurück finden. Alles sehr schwierig und anstrengend. Vor allem die letzte Stufe des Tages ist nicht ohne, und dass wo wir schon ziemlich erschöpft sind…Immerhin können wir uns heute mal wieder so richtig satt trinken. 

Auch am nächsten Morgen geht es mit den Hindernissen weiter, doch zunächst können wir badende und sich verfolgende Kolibris bewundern. 

An etlichen Stellen ist der Canyon heute komplett mit Wasser gefüllt, es gibt regelrechte Steinrutschen und tiefe Pools. Nachdem wir noch einmal drei Abstürze bewältigt haben, die aber einfacher als der Letzte gestern sind, verbreitert sich die Schlucht schließlich und wir kommen viel einfacher voran, vorbei an  Teppichen aus gelben und weißen Blumen. Die hellen, unwirklich wirkenden Kelso Sanddünen sind jetzt schon viel näher gekommen. Wir folgen dann ein Stück weit einer Piste, die an einer Stromleitung verläuft. Dort macht die erste, nur etwa 50 Zentimeter lange Klapperschlange, der wir auf dieser Wanderung begegnen, mit dem Klappern ihres Schwanzes auf sich aufmerksam, bevor sie vom Weg gleitet. Schließlich erreichen wir einen Campingplatz wo zwei Autos geparkt sind und eine Pappel Schatten spendet, bevor wir den Aufstieg auf die Dünen in Angriff nehmen. Zunächst sind die Dünen stellenweise noch erstaunlich dicht mit blühendem Ampfer bewachsen. Oft ist der Sand recht kompakt und fest, als es dann aber zu dem steilen Anstieg auf den 200 Meter hohen Dünenkamm geht, sacken wir oft tief  in den feinen, hellen Sand ein, so dass das Vorankommen ziemlich anstrengend ist. Leider herrscht jetzt zur Mittagszeit sehr grelles Licht, was die Dünen weniger fotogen macht. Nichts desto Trotz sind die Ausblicke auf die steil aufragenden Sandberge fantastisch. Nachdem wir eine längere Pause auf dem Kamm eingelegt haben, nehmen wir den weniger steilen Abstieg in Angriff und laufen dann noch ziemlich lange durch die Dünenlandschaft, wo es viel rauf und runter geht und stellenweise viele blassblaue Blumen wachsen. Erst um 17:45 erreichen wir dann die Bahnlinie am Kelso Depot. Zwar ist das Visitorcenter des Mojave National Preserve geschlossen, aber es gibt einen Parkplatz mit offenem Toilettenhaus wo man sich waschen kann, und einen Wasserhahn außerhalb. Schließlich schlagen wir unser Lager noch ein Stück weit entfernt auf der Ebene auf, und beobachten wie etwa 25 Truthahngeier zum Übernachten in den Palmen in der Umgebung der Station einfallen. 


Sheephole Valley Wilderness


Interessante Früchte

   
Nicht wirklich genießbar...


Jackrabbit (Eselhase)



Zu den Marble Mountains




Sandige Weiten

Von Kängururatten unterhöhlt

Heiß und anstrengend


Cowboycamp

Morgens und abends ist es in der Wüste am Schönsten


Mit zunehmender Hitze sehen wir mehr Eidechsen


Bolo Station ist fast verlassen

Die Route 66 ist hier gesperrt





Wir stellen unseren eigenen, kleinen Schatten her!


Ein Hauch von Gelb

Die Granite Mountains erinnern an Joshua Tree

Indian Paintbrush und Kakteen



An der Budweiser Spring können wir endlich trinken!


Sonnenuntergang

Budweiser Canyon


Steiler Anstieg zum Grat der Granite Mountains





Kakteen und große Felsen


Blick vom Grat zu den Kelso Dunes


Auf dem Grat der Granite Mountains


Wir folgen dem Grat


Wir beginnen den Abstieg in den Bull Canyon

Schwalbenschwänze saugen Flüssigkeit


Bull Canyon ist eine wasserreiche Oase


Krötenliebe

Gespinste voller Raupen

Immer wieder müssen wir aus dem Canyon klettern um Steilstufen zu umgehen


Puma?

Kletterpartien über dem Canyon


Glatt polierter Granit



Blütenpracht

Bull Canyon verbreitert sich





Zu den Kelso Dunes


Sahara? Nein, Mojave Wüste!


Die Nordseite der Dünen ist flacher


Pilz im Sand


Eidechse in Sandloch


Lager am Kelso Depot

Kilometerlanger Güterzug






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