5,5 Tage, 160 km
Von jetzt an möchte ich eine durchgehende Route zum Kunene, dem Grenzfluss nach Angola laufen. Das sind um die 1000 Kilometer, teilweise auf Pisten, teilweise aber auch weglos. Mal schauen, ob ich das schaffe!
Mit 13,5 Litern Wasser bepackt breche ich um 5:45 im roten Licht meiner Stirnlampe auf und folge weiter der Piste, die parallel zum Brandberg verläuft. In der Dunkelheit laufe ich nicht besonders effizient und schnell, will aber die Morgenkühle ausnutzen. Nach einer Stunde geht die Sonne als roter Feuerball auf. Die ersten 10 Kilometer geht es durch fast vegetationslose, weite Wüste, dann finde ich im Trockenbett des Messum etwas Schatten. Entfernt ragen bereits die rot- braunen Gobasebberge auf. Bereits das erste Auto das vorbei kommt fragt, ob ich Hilfe benötige und bietet mir einen Lift an.
Etwas später braust ein Auto vorbei kommt aber gleich wieder zurück. Kadisha und Tangui aus Swakopmund sind unterwegs um Amethystsucher in den Bergen zu versorgen, denen sie auch ihre Funde abkaufen. Auch die Beiden bieten mir ihre Hilfe an, aber ich trinke nur einen Liter Wasser von Ihnen gleich an Ort und Stelle.
Um 11 Uhr verlasse ich die Piste um zu einem der wenigen Schattenbäume hier zu laufen. Unterwegs sehe ich einige Welwitschia mirabilis, am Boden kriechende Pflanzen mit gewundenen grün- orangen Bllättern, die typisch für die Namib sind.
Nach fast zweieinhalb Stunden Pause laufe ich weiter obwohl das Licht immer noch grell und die Temperatur betäubend ist.
Jetzt dominieren braune Steine und es gibt etwas mehr Bewuchs.
Ich höre lautes Motorengeräusch und dann taucht ein LKW mit Kofferaufbau auf. Das schwere Gefährt hält bei mir und es stellt sich heraus, dass Claudia und Christian, beide um die 50, aus Hessen kommen und seit 6 Monaten von zu Hause aus durch Afrika fahren. Ihr alter Lastwagen von 1953 habe gut mitgespielt, allerdings braucht er auch 19 Liter Diesel auf 100 km. Die Tour sei ohne größere Probleme verlaufen, egal ob Krankheiten, Kriminalität oder Probleme mit Behörden. Besonders gut hat ihnen Angola gefallen, wohin man seit neuestem auch visumfrei einreisen darf. Sie haben ihre Firmen verkauft und sehen ihre Reise im Prinzip ohne zeitliche Begrenzung. Eine sehr interessante Begegnung, auch wenn das Herumfahren mit LKW für mich nichts wäre. Natürlich darf ich mich bei der Begegnung auch wieder mit Wasser volltrinken….
Mein Rucksack ist nach wie vor sehr schwer, so dass ich oft Pause machen muss.
Schließlich biege ich von der Piste ab und suche mir einen Lagerplatz. Leider ist es beim Kochen extrem windig, so dass die Nudeln sehr lange brauchen um gar zu werden.
Wie immer bin ich bereits in der Dämmerung wieder unterwegs. Zunächst folge ich einer Fahrspur, die aber bald eher ein richtiger Weg ist. Links ragen die rot- braunen Berge mit einem markanten Tafelberg auf, rechts begleitet mich noch das imposante Brandbergmassiv.
Dann erreiche ich den Numas Trockenfluss, der aus dem Brandberg kommt. Hier stoße ich auf ein Windrad, das Wasser zum Füllen einer Wildtränke nach oben pumpt. Obwohl das Wasser einen grünen Algenbelag aufweist, lasse ich mir erst Mal einen Liter schmecken. Ein Schild verkündet die Regeln der hiesigen Conservancy, einem kommunalen Naturschutzgebiet. Fast alle Gemeinden in Nordnamibia haben ihre Flächen für den Schutz von Fauna und Flora ausgewiesen.
In Namibia ist den Menschen klar, dass Touristen eine wichtige Einnahmequelle sind, und die Besucher in erster Linie wilde Tiere und unberührte Landschaften erleben wollen.
Offenbar wird die Tränke nur wenig besucht, da ich nur einige Spuren sehe. Das Numastal, dem ich jetzt weiter abwärts folge, ist recht breit und wird von dunklen Klippen eingefasst. Obwohl es mehr Bäume und Sträucher als außerhalb gibt, ist das Tal wüstenhaft offen. Auch Welwitschias wachsen hier. Ab 9:30 wird es unangenehm windig, so dass ich auch meinen Hut nicht mehr tragen kann. Bei der Mittagspause im Schatten einer Klippe wird sogar mein Solarmodul ein Stück fortgeweht.
Am Nachmittag lässt der Wind glücklicherweise nach und die Talwände werden höher. Jetzt sehe ich auch zunehmend alten Elefantendung. Einmal sehe ich 5 Springböcke die schon aus großer Entfernung flüchten und drei Trappen.
Als ich den Ugab erreiche, ändert sich das Tal deutlich. Es gibt mehr Bewuchs, höhere Akazien, mehr Fährten und bei einem Hochwasser angeschwemmte Bäume. Hier kann ich mir Tierbegegnungen gut vorstellen. Konzentriert, stets die Umgebung im Auge, laufe ich weiter. Neben Elefanten und Spitzmaulnashörnern gibt es hier auch Löwen und ich möchte eine überraschende Begegnung gerne vermeiden.
Bereits um 16:45 schlage ich nach 29 Kilometern auf einem sandig- tonigem Absatz am Talrand mein Lager auf. Dann unternehme ich noch einen kleinen Spaziergang nur mit Fernglas und Kamera in der Hoffnung auf Tierbegegnungen. Aber außer Frankolinen, schwarzen Käfern, Tauben und zwei Hornvögeln beobachte ich nichts. Heute Abend ist es fast windstill, so dass das Kochen erstaunlich schnell geht.
Morgens wache ich gegen 4:30 auf, weil ein heftiger Wind tobt, der am Zelt rüttelt und Sand über mich wirft. Als ich zum Sonnenaufgang losgehe, ist es bereits ruhiger. Meistens folge ich einer Fahrspur durch erstaunlich dichte Vegetation aus Tamarisken und anderen Sträuchern. Als ich ein Stück abkürzen will, muss ich mich schließlich ein Stück weit durch das Gesträuch kämpfen. Stellenweise wächst hohes Schilfrohr und an einer Stelle sehe ich Wasser. Die weiße Kruste verrät allerdings, dass das wohl ziemlich salzig ist. Immer wieder fliegen rebhuhnartige Frankoline vor mir auf und einmal begegnen mir etwa 10 Perlhühner, die schließlich abfliegen. Gegen 11 kommt ein Geländewagen offenbar mit Touristen an mir vorbei und dann halte ich meine Mittagsrast im Schatten einer Felswand.
Nachmittags ist das Tal sehr eindrucksvoll, mit hohen, dunklen, zum Teil zerklüfteten Klippen. Zuletzt sind auch wieder mehr Akazien vorhanden. Gegen 16 Uhr erreiche ich den Campingplatz des Save the Rhino Trust am Ugab. Da das eine gemeinnützige Organisation zum Schutz der einzigen frei lebenden Population von Spitzmaulnashörnern weltweit ist, arbeitet das Camp auf Spendenbasis. Ich werde freundlich von Martin, einem aufgeweckten 18- jährigen Praktikanten, der gerne Ranger werden möchte und dem Polizisten Mettu, um die 30 aus Walvis Bay, der hier 40 Tage lang Dienst tun muss, begrüßt. Außerdem ist Martins Mutter da. Es gibt auf dem weiträumigen Platz teilweise Akazienschatten und die Duschen sind solargeheizt. Ich kann hier sogar elektrische Geräte aufladen!
Das Leitungswasser ist allerdings ziemlich salzig, daher werden zum Trinken Kanister verwendet aus denen ich mein Wasser für die nächste Etappe etwas umständlich entnehme. Der Save the Rhino Trust setzt sich in erster Linie gegen die Wilderei der Nashörner ein, was wohl ganz gut funktioniert. Dabei hilft sicher auch, dass die Jagd auf die Dickhäuter in dem riesigen, trockenen, bergigen Gebiet wohl ziemlich schwierig ist. Allerdings gibt es neue Bedrohungen: Am Oberlauf des Ugab wurde ein Damm gebaut, so dass Überschwemmungen kaum noch bis hierher gelangen, was natürlich die ganze Ökologie verändert. Außerdem wird das Gebiet am Ugab wahrscheinlich demnächst durch eine Zinnmine beansprucht, weshalb das Rhino Camp dann weichen müsste. Für die Förderung würde bestimmt Wasser benötigt, was die ohnehin trocken Landschaft bestimmt noch ausgedörrter machen würde.
Beim Kochen besucht Mettu mich, der seinen Dienst hier langweilig findet. Wenn die Ranger Wilderer aufspüren, würde er über das Satellitentelefon Verstärkung holen.
Die Nashörner seien tiefer im Gebirge, würden aber auch schon mal bei Nacht durch das Ugab Tal ziehen. Gestern gerade sei eine frische Fährte entdeckt worden. Elefantenwilderei spiele hier keine Rolle, erzählt der Polizist.
Nach 18 Uhr wird es leider unangenehm laut, als fünf südafrikanische Gelöndewagen regelrecht einfallen, mit Gegröle, Generator und lauter Musik. Ich hasse Campingplätze!
Als mein Wecker um 4:30 klingelt, bin ich nicht wirklich fit. Dennoch mache ich mich etwas später mit 12,5 Liter Wasser schwer bepackt auf den Weg. Im Licht der Stirnlampe geht es talaufwärts. An einer Stelle gibt es sogar etwas Wasser, mit weißer Salzkruste. Schließlich wird das Tal breiter und ich gelange zu einem Aussichtspunkt, von dem aus man das weite, wüstenhafte Desolation Valley überblicken kann. Bevor die öde Weite beginnt, halte ich meine Mittagsrast im spärlichen Schatten einer Akazie. Es ist so heiß, dass man sich kaum bewegen will und ständig werde ich von Fliegen genervt. Als der Schatten zwei Stunden später um 13 Uhr komplett verschwunden ist, breche ich notgedrungen wieder auf. Der Wird bläst mir die heiße Luft wie ein Fön entgegen und außer einigen Welwitschias gibt es kaum sichtbares Leben in der Kieswüste.
Plötzlich taucht ein weißer Geländewagen von hinten auf und hält bei mir. Es handelt sich um einen Mietwagen mit einheimischem Fahrer und drei Franzosen mittleren Alters als Passagiere. Als der Fahrer erzählt, dass sie nach Twyfelfontein wollen, weise ich ihn darauf hin, dass er einen Abzweig verpasst hat und hier falsch ist. Dem Mann ist sein Fehler sichtlich unangenehm und er will mir zunächst nicht glauben, bis ich ihm den GPS- Punkt auf dem Handy zeige, der unsere Position markiert. Inzwischen schenkt mir eine der Französinnen eine kleine Banane. Leider wird meine Bitte nach etwas Wasser nicht erhört, das Auto dreht um und fährt weiter.
Nach etwa fünf Kilometern habe ich das Desolation Valley passiert und steige in kaum bewachsene, gelbe und rote Berge auf. Im nächsten, breiten Tal gibt es sogar einige Wildwechsel die von weitem sichtbar als schmaler Pfad durch das Gestein führen.
Ein Hauch von vertrocknetem, gelben Gras liegt über der Landschaft.
Nach 29 Kilometern und 630 Höhenmetern Aufstieg, beziehe ich schließlich mein Lager unter einem großen Felsüberhang einige Meter über dem Tal. Da dort bald die Sonne drauf scheint, koche ich zunächst in einer schattigen Nische. Ich bin ausgedörrt, darf aber natürlich nicht so viel trinken wie ich will und brauche. Außerdem bin ich hungrig und geschafft. Der Rucksack mit dem vielen Wasser in der Hitze hat mich ziemlich geschlaucht. Ein großer Nudeltopf mit Erdnüssen leistet dem schon Mal ein bisschen Abhilfe. Später beziehe ich mein Lager unter dem Überhang und verbringe eine ruhige, windgeschützte Nacht.
Gut ausgeruht starte ich bereits um 5 Uhr am nächsten Morgen, da das Laufen auf dem Weg mit Stirnlampe problemlos möglich ist. Der Sonnenaufgang färbt die ohnehin rötlichen, eindrucksvollen Berggestalten noch röter.
Schon jetzt könnte ich eine ganze Badewanne austrinken, wie durstig werde ich sein, wenn die Sonne erst wieder ihren Hammer schwingt?
Teilweise steht jetzt etwas trockenes Gras und die Gegend ist insgesamt etwas bewachsener. Ich beobachte drei nicht scheue Springböcke und einen Klippschliefer. Die Dehydration hinterlässt ihre Spuren. Obwohl mein Rucksack schon deutlich leichter ist, fühle ich mich ziemlich schlapp. Glücklicherweise finde ich für meine Mittagsrast schon ab 11 Uhr einen schattigen Platz an einer Felswand, an dem ich fast drei Stunden verbringe, obwohl ringsum die Sonne brennt.
Nachmittags wird das Terrain zunehmend sandig. Sogar die dunklen Berge sind teilweise hell überschüttet. Schon von weitem erkenne ich das Trockental des Abu Huab am Akazienbewuchs. Das Tal wird von einem Gürtel winziger Dünen eingerahmt, die mit niedrigen Sträuchern bewachsen sind. Gegen 16:40, nach 30 Kilometern erreiche ich das Tal, dass sich als kleines Paradies entpuppt, mit mächtigen, Schatten spendenden Schirmakazien. Die Elefanten scheinen den Ort ebenfalls zu lieben, denn an meinem Lagerplatz liegt viel trockener Dung.
Zu meiner Überraschung erscheint ein Safariwagen mit zwei Touristen, als ich zu meinem Nachmittagsspaziergang aufbrechen will, ansonsten habe ich den ganzen Tag noch niemand gesehen. Der freundliche Guide hat meine Fußspuren gesehen und wollte mal schauen, wer da unterwegs ist. Seine Kunden machen eine zweitägige Campingtour von Swakopmund aus und haben heute schon Elefanten gesehen!
Die sehe ich bei meinem Spaziergang zwar nicht, dafür aber einige Perlhühner. Später relaxe ich im Lager. Was für ein schöner Platz! Ich fühle mich sehr wohl hier und habe auch keine Angst Elefantenbesuch zu bekommen…
Als ich am Morgen eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang losgehe, ist es recht kühl. Irgendwann sehe ich entfernt einen grünen Fleck, der eine künstliche Wasserstelle zu sein scheint. Auf der staubigen Ebene, die dorthin führt, beobachte ich zwei Gruppen von Straußen, mit 7 und 5 Vögeln, die allerdings gehörigen Abstand zu mir halten. Bald darauf begegne ich einem Safariauto des Damaraland Camps, meinem heutigen Ziel, auf morgendlicher Pirschfahrt. Als mir dann kurz vor Mittag nur noch zwei Kilometer von der Lodge ein weiteres Auto begegnet, stellt sich heraus, dass Colin der Manager des Camps ist. Er stellt viele Fragen, macht mir dann aber einen guten Preis für die Luxusunterkunft und sagt, dass ich dort auch Essen für die nächste Etappe kaufen kann, was besonders wichtig für mich ist. Etwas später blicke ich dann von einem felsigen Hügel auf das malerisch im Tal gelegene Camp mit 10 permanenten Zeltbungalows für die Gäste und den Unterkünften für die 34 Angestellten. Das Camp besteht schon seit 40 Jahren und gehört zur Wilderness Gruppe, die in Namibia 6 Unterkünfte betreibt und zahlreiche weitere in insgesamt 9 afrikanischen Ländern. Ich werde von den Angestellten sehr freundlich begrüßt, kann meine Wäsche abgeben und es wird sogar meine arg aufgerissene Hose genäht!
Mittags gibt es ein 3- Gänge Menü, alles sehr lecker!
Nachdem ich mich in meiner luxuriösen Unterkunft wieder etwas zivilisierter aussehend gemacht habe, gehe ich zum Kaffee wieder in die Lodge, wo ich mich mit Sue unterhalte, die aus Kalifornien stammt, Hobbypilotin ist und mehrere Immobilien in der Schweiz verwaltet. Sie lässt sich hier von Lodge zu Lodge fliegen. So kann man auch Urlaub machen…
Beim Abendessen sitzen dann alle 10 Gäste mit Manager Colin und Safariguide Limbo an einem Tisch. Das Publikum ist international, von Australien bis zu den Niederlanden. Limbo erzählt mir, dass die meisten Angestellten hier aus der Region stammen. Außerdem gehen 40 Prozent der Gewinne an die örtliche Kommune. Da alle wissen, dass die Gäste in erster Linie wegen der wilden Tiere kommen, besteht so eine große Motivation die Natur zu schützen. Von den anderen Gästen erfahre ich, dass sie bei den Pirschfahrten allerhand zu sehen bekommen, von der Giraffe bis zum Elefanten. Sogar Nashörner wurden schon gesichtet, als man einen einheimischen Fährtensucher dabei hatte. Zum Abschluss des Dinners singen und tanzen die Angestellten, was nichts Kitschiges hat, sondern sehr schön ist.
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