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09.10.2024

Namibia zu Fuß 4 - Nordnamibiatraverse 1 Brandberg


             

Auf dem ersten Abschnitt meiner Nordnamibiatraverse besteige ich den Brandberg, mit 2573 Metern der höchste Berg des Landes.

Nach dem guten Frühstück, das Buke der Besitzer zubereitet hat, frage ich meinen Gastgeber, ob er mir ein Taxi nach Henties Bay bestellen kann. Das entpuppt sich aber als schwieriger als gedacht. Zwar gibt es einen Shuttle, der ist aber schon voll und der Nächste geht erst um zwei. Was solll‘s, ich beschließe spontan noch eine Nacht zu bleiben und in Swakopmund zu bleiben. 

Wiederum spaziere ich zunächst am Strand entlang, wo einige Leute Muscheln sammeln. An der Mole gibt es einige Restaurants und es ist schon mehr los. Am Ende des Jetty genannten, langen Stegs sehe ich fünf Flamingos vorbei fliegen und eine große Robbe, die immer wieder auftaucht. Einige Male werde ich nett von Damara angesprochen, die mir mit afrikanischen Schnitzmotiven versehene Palmnüsse verkaufen wollen. Ein bisschen nervt das schon, die Leute sind allerdings nicht aufdringlich. In einem Park mit Palmen hinter dem Strand wimmelt es von Perlhühnern, auf die sogar ein Verkehrsschild hinweist! Dann unternehme ich noch einen Rundgang durch das recht kleine Stadtzentrum, wo wenig los ist, da heute Feiertag ist. Zurück am Strand sehe ich immerhin einen Surfer. Niemand badet hier, dafür ist das Meer zu wild und mit lediglich 14 Grad auch zu kalt. 

Einen Tag kann ich hier gut verbringen, aber ich freue mich schon auf morgen, wenn es wieder weiter geht!

Pünktlich um 8 erscheint kein Shuttle, sondern ein Kleinwagen, mit dem mich Joe, der aus Südafrika stammt, für nur 7 Euro die 70 Kilometer bis hinter Henties Bay bringt, wo die C 35 abzweigt. Es ist kühl und leicht neblig, daher bin ich froh über meine Primaloft Jacke. Einige Autos fahren vorbei, doch schon nach einer knappen Stunde nehmen mich Sinone und Klaus aus München mit, die eine dreiwöchige Runde im Mietwagen drehen. Die Beiden sind stark an mir interessiert und fragen Dinge, wie warum ich meinen Försterjob gekündigt habe. 

Auch an dieser Straße wird intensiv gebaut, aber schon nach etwa einer Stunde steige ich aus um Richtung Brandberg zu gelangen. Es gibt hier eine ganze Reihe von Souvenirständen, der Ort Uis ist nicht weit entfernt. Ich habe keine Lust in der Sonne an der Straße zu stehen und laufe kurz vor 12 los, es sind 25 Kilometer bis zum Elephant Rock Camp, die müsste ich eigentlich schaffen. 

Schon bald kommt mir ein Geländewagen entgegen und der bärtige Fahrer spricht mich auf Deutsch an. Als ich ihm von meinem Vorhaben erzähle auf den Brandberg zu gehen und dann weiter zum Kunene an der Grenze zu Angola zu laufen, ist er zunächst sehr skeptisch. Als Safariguide weiß er, dass es dieses Jahr extrem wenig geregnet hat und viele Wasserstellen ausgetrocknet sind. Aber schließlich gewinnt er wohl den Eindruck, dass ich einiges an Erfahrung habe und sagt, dass wir uns vielleicht noch mal irgendwo treffen.

Die Piste führt durch eine flache, steinige Einöde meist aus hellem Kies aus der manchmal kleine Granitmassive auftauchen. Es kommen mir lediglich noch drei andere Autos entgegen und ein Wagen aus meiner Richtung stoppt bei mir. Monica ist die Besitzerin des Elephant Rock Camps und bietet mir an, mich mitzunehmen. Da ich aber schon die Hälfte der Strecke geschafft habe und mir das Laufen heute gefällt, lehne ich dankend ab. 

Hier im Damaraland gibt es die vielen Farmzäune nicht, die mich zuvor beim Pistenwandern gestört haben.

Gegen 18 Uhr erreiche ich den Campingplatz, wo ich der einzige Gast bin. Als ich Monica erzähle, was ich vor habe, sagt sie, dass ich Permit und Guide benötige, womit sie recht hat. Allerdings sage ich ihr, dass das für jemanden ohne Fahrzeug kaum zu organisieren ist. Sie ruft jemanden an, am Freitag Abend sind die Büros allerdings schon geschlossen. Abgesehen von den Bestimmungen hält sie das auch so für keine gute Idee. Es seien schon Wanderer verschwunden und einmal sei jemand panisch zurück gelaufen, weil ihm eine große Schlange begegnet sei. Außerdem müssten die Vorfahren damit einverstanden sein. Als ich ihr für die Warnungen danke, aber letztlich auf eigene Verantwortung gehe, akzeptiert die resolute Frau um die 40 das. Ich richte mich dann auf dem idyllisch am Fuß des Felsbergs gelegenem Platz ein, auf dem das Zelten 19 Euro kostet. Es gibt allerdings keine Wasserleitung, daher schafft Monica jeden zweiten Tag das benötigte Wasser aus Uis heran. Später erzählt sie, dass ihr die deutsche Entwicklungshilfe beim Start ihres Unternehmens vor 9 Jahren geholfen hat. Jetzt hofft sie darauf, dass auch die Bohrung nach Wasser so finanziert wird.

Später genieße ich bei einem traumhaften Sonnenuntergang das gute Essen hier und ein kühles Bier. 


25 Kilometer Piste zum Elephant Rock Camp

Ich bin der einzige Gast hier

Noch im Dunkeln frühstücke ich Eier, bevor ich in der Dämmerung aufbreche. Die ersten sieben Kilometer wandere ich weglos über die Ebene auf die abrupt steil aufragende Mauer des Brandbergmassivs zu. Dieser riesige Inselberg umfasst eine Fläche von 760 Quadratkilometern und ragt über 1500 Meter aus der umgebenden Wüstenlandschaft hinaus. Daraus ergibt sich ein ganz eigenes, kühler und feuchteres Klima als in der umgebenden Wüste. Aus diesem Grund kommen einige Pflanzen- und Tierarten nur hier vor und es finden sich Tausende von Felszeichnungen, die die San hinterlassen haben. Diese Ureinwohner des südlichen Afrikas leben heute nur noch in der Kalahari Wüste. 


Ich beginne meine Wanderung vor Sonnenaufgang



Das Bergmassiv des Brandbergs ragt vor mir auf

Am Eingang zur Gaaseb Gorge stoße ich auf einen mit Steinen markierten Pfad. Bald ist von dem Weg aber nichts mehr zu sehen und ich konzentriere mich darauf den oft einzeln auf einen Felsblock gelegten Steinen zu folgen. Nach einem Abschnitt mit dunklem Geröll beginnt der Anstieg in Richtung einer langen, hellen Rutsche, über die sicher nur selten einmal Wasser fließt. Ich bin jetzt in einem Labyrinth aus riesigen Granitblöcken. Sehr unübersichtlich und langsam. Bald habe ich den Weg verloren und suche mir meine eigene Route nach Gutdünken.

Am Rand der Rutsche, die glücklicherweise nicht zu steil ist, komme ich ganz gut vorwärts. Zweimal stoße ich auf noch zum Teil gefüllte Wasserbehälter, klar, dass ich mir einen Schluck genehmige!

Es gibt hier viele Eidechsen, darunter auch ziemlich große mit orangem Kopf und Schwanz, sowie eine grüne Variante davon. 

Schließlich stoße ich wieder auf Steinmarkierungen. Die Route traversiert unterhalb eines Granitgipfels zu einem sichtbaren Pass.

Dort verliere ich die Steinmarkierungen und steige in ein zunehmend bewachsenes Tal ab, in dem ich nur schwer vorankomme. Eine große Eule fliegt vor mir auf und lässt sich ein Stück weiter nieder. Meine Vogelbestimmungsapp verrät mir, dass es sich um einen Kapuhu handelt, recht hell mit langen Federohren. Nach der Beobachtung steige ich circa einen Kilometer zurück auf und bin schon versucht mein Lager aufzuschlagen, als ich wieder auf Markierungssteine stoße, die mich in ein schönes Tal mit gelbem Gras führen. Offenbar haben auch andere schon hier gelagert, in einer Felsspalte entdecke ich viele hineingedrückte Plastikflaschen…

Nichts desto Trotz schlage ich ein Stück weiter nach 21 Kilometern und über 1300 Meter Aufstieg mein Camp auf und lasse mich auf glatten Steinplatten nieder, wo ich meine abendlichen Nudeln koche.


Große, bunte Eidechsen beleben die Felsen

 Schwieriger, steiler Aufstieg über teilweise glatten Granit

Kapuhu

Oben auf dem Massiv


Grasige Täler


Idyllischer Lagerplatz

Am nächsten Morgen zum Sonnenaufgang starte ich lediglich mit meinem kleinen Tagesrucksack bepackt und lasse meine anderen Sachen im Zelt. Ich suche nicht nach der Fortsetzung der Steinmarkierungen, sondern halte direkt auf den Berg zu, den ich für den Königstein halte. Das Vorankommen im Gewirr der Granitblöcke ist so schwierig und langsam, dass ich schon nach zwei Stunden beschließe aufzugeben und zum Lager zurück zu kehren. Dann stoße ich auf einer glatten Granitrutsche, deren weiße Farbe zeigt, dass hier manchmal Wasser fließt, auf zwei kleine Tümpel mit der lebensspendenden Flüssigkeit und das nur 500 Meter Luftlinie vom Lager entfernt!

Durch diesen Fund mit neuer Flexibilität ausgestattet, beschließe ich doch noch zum Königstein aufzusteigen. Nachdem ich mich ein schwieriges Tal hochgekämpft habe, gelange ich in ein Tal zwischen den Granitmassiven. Hier erkenne ich, dass der Berg den ich für den Königstein gehalten habe, viel zu nah ist.  Der höchste Gipfel des Brandbergs ist noch ein ganzes Stück entfernt.

Schließlich gelange ich auf einen Berg mit langem, glatten Granitband oben. Jetzt sehe ich den 2573 Meter hohen Königstein mit Markierungstonne und Funkmast gegenüber. Als ich von dem Berg absteige, gelange ich schließlich um 12:30 auf die mit Steinhäufchen markierte Route zum Königstein. Ein letzter, steiler Anstieg bringt mich zum Gipfel, von dem aus ich die Granitbergwelt ringsherum bewundern kann. Es gibt hier oben Funkempfang, so dass ich gut mit Anke über das Internet telefonieren kann. 

Auf dem Rückweg versuche ich mich an die ausgesteinte Route zu halten, die meist angenehm durch Täler führt, immer wieder unterbrochen von felsigen Absätzen. Ich sehe kurz einen Adler und einige Male Klippschliefer- und Springer, die recht scheu sind, Beim Abstieg in einem Granitblocktal verliere ich dann die Steine und suche einige Zeit. Der Abstieg direkt im Tal weiter erscheint mir zu schwierig, also weiche ich nach oben aus und gelange zurück auf die Steinroute, die über glatte Steinplatten schließlich in das Tal mit meinem Lager führt. Bevor ich zum Zelt komme, entdecke ich noch einen winzigen, ausgespülten Pool im glatten Granit. Das Wasser ist gut, allerdings sind etliche der kleinen Frösche darin schon tot, wohl weil sie über die glatte Wand nicht aussteigen konnten. 

Da ich für den ganzen Tag nur einen Liter Wasser mit hatte, bin ich sehr durstig und trinke erst mal einen Liter!

Nach 20 zurück gelegten Kilometern und knapp 900 Höhenmetern Aufstieg bin ich erst kurz vor 18 Uhr wieder am Zelt. Die Nacht ist ziemlich dunkel und still.


Interessante endemische Vegetation im Granit des Brandbergs



Weite Täler zwischen den Bergen



Blick vom Königstein (2573 m)


Nur selten ist ein Pfad erkennbar

In der Höhe des Brandbergs wächst eine dichtere Vegetation als in den flachen, heißen Ebenen außerhalb des Bergmassivs


Ich komme erst abends zurück ins Lager


Kochen auf dem Hobo


Wasserstelle

Am nächsten Morgen zurück am Steilabfall öffnet sich ein toller Blick über die Ebene bis zum Elephant Rock. Zunächst funktioniert der Abstieg auch ganz gut, aber als ich dort, wo ich mir zuvor eine eigene Route gesucht hatte, diesmal versuche den Steinen zu folgen, verliere ich die Markierungen drei Mal und habe ziemlich Mühe weiter zu kommen. Das Terrain mit den Riesenblöcken zwischen denen oft tiefe Spalten klaffen, ist ziemlich tückisch und verlangt waghalsiges Balancieren. Einmal fällt mir einer meiner Wanderstöcke in einen Hohlraum. Bei dem hohen Gewicht, das ich wegen dem Wasser oft schleppe sind die Stöcke für mich unverzichtbar. Aber ich habe Glück und finde einen Zugang durch den ich mich gerade so quetschen kann, so dass es mir gelingt den Stock zu bergen. 

Schließlich gelange ich wieder an die lange, glatte Rutsche und folge meinem alten Weg bergab, bis ich wieder auf die Steine stoße. Noch einmal kann ich die oft unbelaubten, niedrigen, knorrigen Bäume hier bewundern und gelange dann auf die Ebene. Eine Tafel mit den ganzen strengen Regeln für den Brandberg ist wohl schon seit langem umgekippt…

Es macht mir Freude im Nachmittagslicht über die Ebene zum Elephant Rock zu laufen. Was auf den ersten Blick eintönig sein mag ist ziemlich abwechslungsreich mit recht vielen Büschen in den Senken, braunen und hellen Gesteinen. Zweimal sehe ich einen grauen Hasen, sowie eine Trappe, einen großen Hühnervogel. Als ich um 17 Uhr zurück am Campingplatz bin, freut Monica sich sehr, da sie meine SMS vom Königstein, dass ich einen Tag später wiederkomme nicht erhalten hatte. Inzwischen habe sie sogar die Polizei verständigt, aber bereits Entwarnung gegeben, als sie mich eben wieder hat auftauchen sehen. Tatsächlich hatte sie nicht ganz unrecht mit Ihren Warnungen, der Brandberg ist tatsächlich ziemlich schwierig und für die meisten Leute sicher besser mit Guide zu machen.

Nachdem ich geduscht und Wäsche gewaschen habe, sitze ich später vor einem riesigen Nudelteller, „African size“ wie Monica sagt, aber kein Problem für mich hungrigen Wanderer…


Es ist nicht einfach, hier den Cairns zu folgen...

Blick in die Ebene

Markante, knorrige Bäume

Große, bunte Eidechsen

Hoch über der Wüste


Glatte Granitrutsche


Zurück zum Elephant Rock














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