Auf dem Flughafen Istanbul bereiten sich bereits die ersten Passagiere auf das Einsteigen in die Turkish Airlines Maschine nach Uganda vor- aber von Gabriel ist noch immer nichts zu sehen. Während ich von Frankfurt hierhergeflogen bin, hat er seine Reise in Wien begonnen.
Bevor ich langsam unruhig werde, erscheint mein Reisepartner dann aber doch. Bisher kennen wir uns nur von Bildern, aber erkennen uns natürlich gleich. Nach dem ersten Beschnuppern werden wir bei Bier, Wein und Raki im Flugzeug miteinander warm. Obwohl ich Gabriels Vater sein könnte, unterhalten wir uns hervorragend miteinander, so das einer guten Reisepartnerschaft nichts mehr im Wege steht.
Da wir länger als einen Monat in Uganda bleiben wollen, hatten wir uns die Visa bereits in Deutschland besorgt und kommen daher zügig durch die Einreisekontrolle.
Bedingt durch eine Zwischenlandung in Kigali, der Hauptstadt Ruandas sind wir die ganze Nacht geflogen und jetzt gegen halb fünf morgens ist es draußen noch dunkel.
Doch bevor wir das Flughafengebäude verlassen, müssen wir uns erst einmal mit ugandischen Schillingen versorgen. Nach etwas Suchen haben wir einen Geldautomaten gefunden, es erweist sich als gut, dass ich zwei Karten dabei habe, denn der Automat verweigert Gabriel und auch meiner anderen Karte die Bargeldausgabe.
Da wir nach Möglichkeit noch heute zum Mount Elgon gelangen wollen, nehmen wir ein Taxi, das uns die 40 Kilometer von Entebbe nach Kampala, der Hauptstadt des Landes bringt. Viel sehen wir im Dunkeln zwar nicht, aber ohne Zweifel hat sich der Ort seit 1991, dem Jahr meines letzten Besuches, rasant verändert.
Am Busbahnhof im Zentrum der Stadt ist trotz der frühen Stunde schon einiges los. Schon hier zeigt sich die ruhige, freundliche Art der meisten Ugander: Jemand führt uns ohne Geld dafür zu wollen zu dem Bus der nach Mbale fährt und der Ansturm von Leuten die irgendetwas verkaufen oder sich als Führer anbieten wollen, bleibt völlig aus.
Während nach meinen bisherigen Erfahrungen Busse in Afrika erst dann abfahren wenn sie bis auf den letzten Winkel zum Bersten gefüllt sind, startet dieser auf die Minute pünktlich nach Fahrplan. Zu meiner Verwunderung steht auch niemand im Gang!
Es dauert eine gefühlte Ewigkeit bis wir die chaotischen Aussenbezirke der Stadt hinter uns lassen. Aber auch danach ist das fruchtbare Land sehr dicht besiedelt. Überall wachsen Bananen, Zuckerrohr oder Mais. Von der ursprünglichen Regenwaldvegetation hier in der Nähe des Viktoriasees sind nur relativ kleine, aber eindrucksvolle Inseln erhalten geblieben.
Wir benötigen vier Stunden für die 250 Kilometer nach Mbale, einer Kleinstadt mit 70.000 Einwohnern in der sich das Verwaltungszentrum des Mount Elgon Nationalparks befindet.
Da die Informationen aus Internet und Reiseführern widersprüchlich waren und wir uns nicht sicher sind, ob wir die nötigen Formalitäten auch am Startpunkt unseres Treks erledigen können, beschließen wir sicherheitshalber zum Hauptquartier des Nationalparks zu gehen.
Das erweist sich als gar nicht so einfach, denn es gibt keine Hinweisschilder und auch die Leute die wir fragen, können uns nicht wirklich weiterhelfen. Schließlich erreichen wir aber doch den von Bäumen umgebenen Gebäudekomplex ausserhalb der Stadt. Der Verantwortliche wird per Handy gerufen und erscheint dann auch nach recht kurzer Wartezeit. Wir erfahren, dass unser Plan der Überschreitung des Massivs problemlos machbar ist, allerdings soll uns das Permit erst in Budadiri, dem Ausgangspunkt des Sasa Trails ausgestellt werden. Der Angestellte wirkt freundlich und kompetent. Der Mount Elgon wird lediglich von etwa 3000 Besuchern im Jahr aufgesucht, kein Vergleich also, zu populäreren ostafrikanischen Bergen wie dem Kilimandscharo. Und zu unserer Überraschung erfahren wir, dass die Deutschen das größte Touristenkontingent stellen.
Bevor wir uns auf die Suche nach einem Matatu machen, tauschen wir Kleingeld bei einer Bank ein, denn mit den großen Scheinen aus dem Geldautomaten können wir unter Umständen nicht viel in Karamoja anfangen. Müsli, Milchpulver und Schokolade für die ersten Tage am Mount Elgon habe ich bereits aus Deutschland mitgenommen, daher kaufe ich in Mbale lediglich Spaghetti und Speiseöl ein.
Aus einem Internetcafe verschicken wir noch einige mails in die Heimat, dann gehen wir zu dem Platz wo die Matatus nach Budadiri abfahren. Matatus sind Minibusse, die als eine Art billiges Sammeltaxi einen großen Teil des Nahverkehrs in Uganda abwickeln.
Wir müssen nicht sehr lange warten und können dann in ein Matatu einsteigen. Die Fahrt durch die Hügel an vielen kleinen Dörfern und einzelnen Hütten vorbei dauert erstaunlich lange.
In Budadiri angekommen werden wir schon in dem kleinen Außenposten des Nationalparks erwartet. Eine Dame wickelt mit uns die Formalitäten ab. Der Betrag von 90 $ pro Tag und Person setzt sich aus einigen Einzelposten zusammen, für die jeweils eine eigene Quittung geschrieben wird. Als wir darüber hinaus noch eine Gebühr von umgerechnet etwa 4 Euro als Campinggebühr bezahlen sollen, sind wir schon etwas überrascht. Man kann sich nicht ganz des Gefühls erwehren, dass aus jedem Touristen das Maximum an Geld herausgeholt werden soll. Als wir zu bedenken geben, dass bei einer etwas günstigeren Gebühr vielleicht mehr Touristen kommen würden und die Wildschutzbehörde UWA dadurch sogar unterm Strich mehr einnimmt, gibt uns die Dame recht und empfiehlt wir sollten das am Ende der Reise ins Gästebuch des Nationalparks schreiben. In diesem Jahr werden nämlich die Preise neu festgesetzt, ich glaube kaum nach unten...
Das Anheuern von Trägern ist am Mount Elgon zwar nicht vorgeschrieben, aber die Nationalparkangestellte und der Chef der Trägervereinigung, der ebenfalls zugegen ist, werden nicht müde uns die Vorzüge des Wanderns mit Trägern zu schildern. Als wir darauf beharren unsere Sachen selber tragen zu wollen, wird uns in glühenden Farben geschildert, wie andere Trecker, die ebenfalls auf Träger verzichtet hatten, diese Entscheidung später bitter bereuen mussten.
Nun, ein Träger erhält nur etwa 5 Euro pro Tag, bei dem vielen Geld, das man hier ausgibt nicht mehr der ganz große Kostenfaktor. Aber es ist schon so etwas wie ein Prinzip für uns, unsere Rucksäcke mit eigener Kraft zu tragen. Für mich noch wichtiger ist, dass ich die Gruppe so klein wie möglich halten möchte. Mit den zwei Pflichtrangern die uns mitgegeben werden, sind wir für meinen Geschmack schon mehr als genug Leute.
Natürlich ist der Einkommensaspekt für die Menschen vor Ort sehr wichtig und hilft damit auch indirekt den Nationalpark zu erhalten, aber ob nun in Afrika oder auch in Nepal, es wird aus einleuchtenden Gründen immer nur wenige Individualisten geben die die Hilfe der Träger nicht in Anspruch nehmen. Diese Freiheit sollte man ihnen auch lassen, ohne mit dem erhobenen Zeigefinger ein schlechtes Gewissen zu verursachen.
Nun, schließlich werden unsere Argumente akzeptiert und wir werden zu der nahebei gelegenen Unterkunft "Roses Last Chance" geführt. Auf einem weitläufigen, hübschem Gartengrundstück sind hier einige Bungalows verteilt. Für knapp 9 Euro erhalten wir jeder ein Einzelzimmer. Abendessen und Frühstück sind ebenfalls im Preis enthalten!
Unsere Zimmernachbarin stellt sich als kenianische Soziologiestudentin heraus, die in Kampala studiert.
Mit ihrem Freund und einem weiteren Pärchen sind sie unterwegs auf Wochenendspritztour zum Mount Elgon. Eigentlich etwas völlig normales, aber bislang sind afrikanische Touristen in den Nationalparks noch eine Seltenheit.
Nach einem Bier fallen wir endlich völlig übermüdet in unsere Betten. Trotzdem nehmen wir das atemberaubende Frosch- und Zikadenkonzert wahr.
Nach Toast, Omelette und Marmelade beginnen wir am nächsten Morgen unsere Wanderung am Nationalparkbüro.
Aufbruch in Budadiri
Neben der Dame von gestern und dem Chef der Träger ist Alex zugegen, einer der beiden Ranger die mit uns gehen werden. Alex kommt hier aus der Gegend und arbeitet bereits seit 20 Jahren als Wildhüter.
Wenig später erscheint sein jüngerer Kollege Sam. Er war neun Jahre bei der ugandischen Armee, und ist erst seit einem Jahr Ranger.
Budadiri liegt lediglich auf 1250 Metern Höhe, bis zum Gipfel auf 4320 Metern Höhe liegt also noch einiges vor uns...
Die ersten zwei Stunden laufen wir auf einer Piste nach Bumasola. Die meisten Touristen lassen sich dieses Stück fahren, aber wir möchten auch die besiedelte Landschaft außerhalb des Nationalparks erleben.
Die Leute in den zahlreichen kleinen Dörfern grüßen uns immer freundlich, aber wir erfahren von Alex, dass viele sich wundern warum wir keine Träger haben...
Immer wieder halten wir an, um einige Fotos aufzunehmen.
Bäume mit der Machete fällen, was für eine Arbeit!
Bananenstaude vor dichtbesiedelten Hügeln
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