Nachdem der Pfad am nächsten Tag für einige Zeit durch Hochwald verläuft, wandern wir lange Zeit durch einen niedrigen, sehr dichten Wald voll dünner Bäumchen. Wahrscheinlich ist der weiße Sand in dem sie wurzeln, einfach zu nährstoffarm und wasserdurchlässig, als das "echter" Regenwald wachsen könnte. Es gibt hier auch einige große, grasbestandene Freiflächen.
Große Grasflächen sind in den Wald eingestreut
Ein Teil der Flächen ist abgebrannt
Tola und Dim zeigen mir einen Teich am Rande einer Graslandschaft. Wir finden nur wenige Wildspuren im Uferschlamm, aber im Grunde wäre das ein perfekter Platz für ein Versteck zur Wildbeobachtung. Zwar meinte Sonim, dass seit den Aktivitäten der Wildlife Alliance die Wilderei hier stark zurück gegangen sei, aber Wildfleisch gilt, ähnlich wie in Afrika als Delikatesse und erziehlt hohe Preise, daher fürchte ich, dass noch immer recht viel gejagt wird. Ich erkläre meinen Begleitern, dass diese Wasserstelle ein Magnet für Touristen wäre, wenn eines Tages wieder Elefanten hierher ohne Scheu zum Trinken kommen…
Einige Sträucher am Rand der Freiflächen tragen essbare Früchte.
Essbare Früchte
Bereits am frühen Nachmittag erreichen wir den Trapeang Roung River. Hier, bei den Stromschnellen von Kibal Kampung hat das CBET Komitee eine weitere, große, offene Hütte errichtet. Die meisten Touristen die bisher nach Trapeang Roung kommen, übernachten hier. Es ist sowohl möglich auf direkter Strecke in einem Tag hierher zu wandern, oder aber mit einem Motorboot von Trapeang Roung flußaufwärts nach Kibal Kampung zu gelangen.
Ein älteres französisches Paar mit ihrer Mannschaft hat sich bereits unter dem Palmwedeldach eingerichtet. Da ich ja keine Hängematte dabei habe, ziehe ich es vor mein Zelt ausser Sichtweite in Flussnähe aufzuschlagen.
Den Nachmittag nutze ich um im Fluss zu baden und die Umgebung zu erkunden.
Die Stromschnellen von Kibal Kampung
Der Fluss führt zur Zeit wenig Wasser, daher sind die Stromschnellen nicht sehr eindrucksvoll. Dafür erlauben die weiten Steinflächen am Ufer hier zu laufen, ohne sich bei jedem Schritt mit dem dichten Wald herumschlagen zu müssen.
Für längere Zeit sitze ich an einer Stelle, die mir einen guten Blick auf das gegenüberliegende Ufer erlaubt.
Einmal taucht sogar ein Fischotter kurz bei mir auf. Dagegen kann ich eine Gruppe von Affen längere Zeit beobachten. Sie balgen sich munter, klettern durch das Grün des Bambus oder kommen zum Trinken zu einem umgestürztem Baum im Fluss.
Als ich am nächsten Morgen noch einmal an der Stelle sitze, sind auch die Affen wieder da.
Affen am gegenüberliegenden Flussufer
Gegen Abend mildern sich die harten Kontraste ab, und es ergeben sich schöne Lichtstimmungen am Fluss.
Abend am Trapeang Roung Fluss
Am nächsten Tag folgen wir auf einem gutem Pfad dem Fluss weiter aufwärts. Alter Elefantendung zeigt an, dass es die grauen Dickhäuter auch hier noch gibt.
Tola ist sichtlich beunruhigt, da er offenbar die Stelle nicht genau kennt, an der der Fluss überquert werden muss, um den Weg auf der anderen Seite fortzusetzen. Doch zunächst erreichen wir eine weitere malerische Stromschnelle.
Wir machen eine ausgiebige Mittagspause, die wir mit baden, Fischnetz auslegen und kochen füllen.
Tola sammelt wildes Gemüse im Uferwald.
Wildes Gemüse bereichert unseren Speiseplan
Am Nachmittag laufen wir ein Stück weit zurück, um den Abzweig des Pfades der auf die andere Flussseite führt zu finden. Ein Weg sieht zunächst vielversprechend aus, und bringt uns zum Ufer. Dort allerdings können wir nicht feststellen, ob und wie es auf der anderen Seite weiter geht.
Schließlich gehen wir zurück nach Kibal Kampung. Kaum sind wir dort angekommen machen sich Tola und Dim auf den Weg zu einer Stelle, von der sie wissen, dass es dort Mobilfunkempfang gibt. Sie wollen Den, der sich besser als sie auskennt, nach dem Weg fragen.
Es ist schon lange dunkel und die Beiden sind immer noch nicht zurück. Zu meinem Schrecken bemerke ich, dass sie ihre Taschenlampe nicht mitgenommen haben. Da es eine dunkle Nacht ist, fürchte ich, dass es ihnen nicht leicht fallen wird, den Rückweg zu finden. Kurzerhand beschließe ich, ihnen mit meiner Stirnlampe entgegen zu gehen.
Glücklicherweise dauert es nicht allzu lange, bis wir uns in der Dunkelheit treffen und gemeinsam zurück zum Lager gehen.
Noch während der Nacht trifft Den mit seinem Boot ein, und will uns morgen zum Beginn des Pfades auf der anderen Flussseite führen.
Der Fluss unterliegt dem Einfluss der Gezeiten, daher bin ich mir nicht sicher, wie schwierig es sein wird, ihn am nächsten Morgen bei Flut zu durchqueren. Glücklicherweise stellt sich das aber als unproblematisch heraus.
Anders sieht es mit dem Voran kommen auf der anderen Seite aus. Die Vegetation ist sehr dicht, und Den, der voraus marschiert, muss ständig seine Machete einsetzen. Dann erreichen wir ein steiles, felsiges Bachbett. Hier ist weniger das Gebüsch ein Problem, als das Balancieren über die teilweise rutschigen Felsen. Kaum zu glauben, dass meine Begleiter mit ihren Flip Flops hier gut durchkommen.
Doch dann rutscht zunächst Dim aus, und landet im Wasser. Offenbar kein Problem, denn er kommt lächelnd wieder hoch. Aber auch ich rutsche einige Male aus, glücklicherweise stets ohne ernste Folgen. Manchmal müssen wir an einer Steilstufe unter Einsatz der Hände mühsam hoch klettern. Kurz gesagt, das Empor steigen in dem Bachbett ist herausfordernd, spannend aber auch sehr anstrengend.
Aufwärts im steilen Bachbett
Dann passiert es: Ich schneide mir den rechten Daumen an einem scharfen, abgebrochenem Bambus auf. Während ich stark blute, nestle ich Leukoplast und Desinfektionsmittel aus meinem Rucksack und lasse mich von meinen Begleitern verarzten. Es wird viele Tage dauern bis sich die Wunde schließt, und ich kann von Glück sagen, dass sie sich nicht entzündet…
Schließlich umgehen wir einen etwa 10 Meter hohen Wasserfall und können noch einmal den Blick zurück in das schwierige Flussbett genießen...
Ausblick von Wasserfall
Wir verlassen das Bachbett und hacken uns weiter durch den Wald. Das Vorankommen ist schwierig und langsam. Schon bald habe ich das Gefühl, dass sich auch Den nicht mehr auskennt, sondern dass wir ohne eine Richtung zu halten, im Pflanzenlabyrinth herumirren, was mein GPS auch bestätigt.
Während einer Pause möchte ich vorschlagen zum Fluss zurück zu kehren, als Den, der die Umgebung erkundet hat zurück kehrt und berichtet einen Pfad gefunden zu haben. Es handelt sich um eine ehemalige Holzfällerpiste die zunächst gut zu verfolgen ist. Den meint, dies sei der richtige Weg und verabschiedet sich von uns…
Zunächst kommen wir gut voran. Es gibt auch einige Verzweigungen an denen wir uns an Dens Beschreibung halten. Doch es ist kaum zu glauben, was zunächst wie ein guter, benutzter Pfad aussieht, wird irgendwann undeutlich und ist schließlich verschwunden…
Da es schon später Nachmittag ist, schlagen wir unser Lager im Wald in der Nähe eines kleinen Baches auf. Noch bin ich zuversichtlich, dass wir mit ein wenig Erkundung den Pfad wieder entdecken.
Während ich nach dem Zeltaufbau zu einem Spaziergang aufbreche, relaxen meine Begleiter erst einmal in ihren Hängematten.
Relaxen in der Hängematte
Trotz einiger Erkundung muss ich auch schließlich einsehen, dass wir den Pfad wieder verloren haben.
Tola und Dim haben am Bach ein Vogelnest mit zwei Eiern entdeckt. Als es dunkel ist, fotografiere ich die Mutter auf dem Nest.
Brütender Vogel in Lagernähe
Glücklicherweise haben meine Begleiter eine Liste mit den Koordinaten einiger sehenswerter Punkte dabei, die von der Wildlife Alliance im Zuge der Vorbereitungen für den Ökotourismus erfasst wurden.
Wir beschließen die Suche nach dem Pfad aufzugeben und mit GPS und Kompass in Richtung der markanten Wegpunkte zu laufen.
Doch bevor wir am nächsten Morgen los laufen, wird wie immer erst einmal gekocht. Reis zum Frühstück klingt zunächst mal gewöhnungsbedürftig, schafft aber durchaus eine gute Grundlage für den Tag.
Frühstück im Wald
Unser erstes Ziel ist eine 4,4 Kilometer Luftlinie entfernte Stromschnelle am Peam Bek Fluss. Tola läuft mit der Machete vorne und ich direkt hinter ihm ständig den Kompass im Blick um einen möglichst geradlinigen Kurs zu laufen. Von Zeit zu Zeit überprüfe ich Richtung und Entfernung mit dem GPS. Obwohl wir recht gut vorankommen, schaffen wir es nicht, mehr als 700 Meter in der Stunde zurückzulegen! Obwohl es nur wenige alte Bäume gibt, ist die Vegetation meist weniger dicht, als gestern. Allerdings sind wir ja in einem Mittelgebirge unterwegs. Daher folgen auf relativ ebene Hochflächen immer wieder tief eingeschnittene Täler. Recht frischer Elefantendung kündet von der Anwesenheit der Dickhäuter. Mancher Orts treten dunkle Sandsteinfelsen zu Tage. Dichte Bambusabschnitte erfordern oft stärkeren Macheteneinsatz.
Dim im Bambus
Irgendwann erreichen wir eine breite ehemalige Holzfällerstraße auf der wir gut voran kommen. Als das GPS anzeigt, dass wir nur noch 240 Meter vom Peam Bek Wegpunkt entfernt sind, geht es wieder weglos durch den Wald. Leider ist dort, wo die Stromschnelle sein soll, nichts von einem Fluss zu sehen….
Wir laufen weiter längere Zeit hangabwärts und gelangen schließlich doch zu dem Fluss. Tola meint die Umgebung wieder zu erkennen und schlägt vor, weiter bachaufwärts in Richtung eines Wasserfalls zu laufen, der seiner Meinung nach nicht mehr weit entfernt ist…
Solche Flussbetten stellen keine einfache Route dar…
Stellenweise kommen wir gut voran, aber immer wieder gibt es auch kleine Klettereinlagen. Zeitraubend wird es immer dann, wenn wir an einem tiefen Pool in den Wald ausweichen müssen, denn die Vegetation in Ufernähe ist oft extrem dicht. Besonders unangenehm ist hier eine niedrige Palmenart gespickt mit scharfen Stacheln…
Die Macheten sind unverzichtbar für das Vorankommen
Schließlich schlagen wir unser Lager auf den glatten Felsen oberhalb einer kleinen Wasserfallstufe auf.
Ich bin froh, dass ich für den Aufbau meines Zeltes keine Häringe benötige. Meine Begleiter verzichten darauf ihre Hängematten aufzuspannen, sondern richten sich auf dem ebenen Felsboden wohnlich ein.
Kleiner Wasserfall in Lagernähe
Üppig rot blühende Sträucher säumen das Ufer.
Seltene Blütenpracht
Immer wenn wir an einem Fluss lagern, wird das Fischnetz ausgelegt. Und es vergeht nicht ein einziges Mal, ohne dass wir Erfolg haben…
Wir bereichern unseren Speiseplan mit Fischen
Zwar ist auch Tola inzwischen etwas unsicher, ob das der Fluss ist, den er kennt, aber dennoch setzen wir am nächsten Morgen unseren Weg flussaufwärts fort. Längere Zeit laufen wir im Bachbett, aber als das zu mühsam wird, weichen wir in den Wald aus.
Das Flussbett ist der Weg
Da die Vegetation in Ufernähe extrem dicht ist, entfernen wir uns ziemlich weit vom Fluss. Immer mal wieder stoßen wir in den Hängen auf steile Sandsteinfelsen, die mit kurzen Klettereinlagen aufwarten.
Sandsteinfelsen in den Uferhängen
Irgendwann kehren wir zurück zum Fluss und schlagen schon recht früh unser Lager auf. Inzwischen ist klar, dass meine Begleiter sich überhaupt nicht mehr auskennen und leider gibt es auch keinen Wegpunkt auf der Liste in unserer Richtung, den wir anpeilen könnten. Daher beschließen wir morgen zunächst zu dem breiten Pfad, auf den wir vorgestern gestoßen waren zurückzukehren.
Einstweilen genieße ich es den Fluss zu erkunden und lasse mir es auch nicht nehmen in einem großen Pool ein erfrischendes Bad zu nehmen. Leider entgeht mir die drei Meter lange Python, die Tola und Dim von einem Baum ins Wasser gleiten sehen…
Nachts beleuchtet der volle Mond die Flusslandschaft.
Der aufgehende Vollmond spiegelt sich im Fluss
Obwohl wie immer morgens erst einmal gekocht wird, brechen wir bereits um halb acht auf.
Sterne Küche im kambodschanischen Dschungel
Wir haben etwa drei Kilometer in Luftlinie zurückzulegen und erreichen wieder unsere schon bekannte Geschwindigkeit von 700 Metern pro Stunde. Nicht viel, aber wir sind zufrieden mit dem Vorankommen in dem schwierigen Gelände.
Durch den Dschungel
Manchmal überqueren wir ein alte, inzwischen vom Wald wieder zurückeroberte Holzfällerpiste. Auch einige Baumstümpfe zeigen, dass dies kein nie von Menschen angetasteter Urwald mehr ist. Dennoch gibt es einige dicke, alte Giganten.
Einige dicke Bäume haben die Zeit des Holzeinschlags überstanden
Gegen Mittag erreichen wir die Piste und ich verteile Müsli und Paranüsse aus meinem Vorrat. Zu unserer Überraschung tauchen zwei junge Burschen auf. Sie sind auf dem Weg zum Trapeang Roung Fluss, wohin ihnen ihr junger Bruder neue Vorräte bringen will. Was die beiden im Wald machen, wollen meine Begleiter nicht so recht verraten, aber ich vermute stark, dass sie Schlingen stellen...
Unverhoffte Begegnung
Da wir nach den Worten der Beiden ortskundigen Leute weit ab von unserer Route sind, nützen wir die Gelegenheit mit Ihnen zum Fluss zu gehen, und anschließend per Boot nach Veal Tapoo einem kleinen Dorf in der Nähe von Trapeang Roung zu fahren, wo wir neue Vorräte kaufen wollen. Es dauert gar nicht lange, bis der etwa 13- jährige Bruder eintrifft. Als besonderes "Leckerli" für seine älteren Geschwister bringt er eine Kühlbox mit eiskalter Cola mit!
Das Boot bringt neue Vorräte
Der Fluss ist hier schon sehr breit und eher langweilig, mit viel Bambus und Gesträuch, die die Ufer säumen.
Eine Bootsfahrt die ist lustig!
Nach einer Stunde erreichen wir Veal Tapoo, eine kleine Rodungsinsel im Wald. Auf guten Pfaden laufen wir dann weite nach Trapeang Roung. Obwohl es hier nur noch Sekundärwald gibt, verraten Schilder auf Khmer, dass das Fällen von Bäumen verboten ist.
Sonim ist leider nicht da, dafür feiern wir mit anderen Komiteemitgliedern unsere vorläufige glückliche Rückkehr mit einigen Bierdosen.