4 Tage, 90 km, 5306 hm Aufstieg
Auf diesem Abschnitt gelangen wir in die "richtigen" Berge, besteigen den Mt. Canigou, folgen aussichtsreichen Graten, sehen viele Gämsen und Murmeltiere und erleben die fantastische Blüte der Alpenrosen.
Nachdem wir den Sonnenaufgang aus dem Zelt genossen haben, steigen wir zu einer ehemaligen Mine auf und folgen dann dem Grat weiter zum Batera Turm. Ab hier auf ca. 1400 Meter wandern wir auf Viehpfaden über offene Flächen voller gelber Sonnenröschen. Wir beobachten einige Schwarzkehlchen und sehen entfernt einen Adler oder Geier. Bei dem tollen Wetter in der schönen Landschaft genießen wir das Wandern so richtig. Für uns das perfekte Glück!
Ab dem Col de la Cirère auf 1731 Meter folgen wir wieder der „Normalroute“ der HRP. Der Weg verläuft über eine weite Strecke im Hang durch Nadelwald aus Weißtannen und Hakenkiefern, die nur in den Pyrenäen vorkommen. Stellenweise blühen die Alpenrosen üppig, ein Traum in rot!
Als wir am Weg unsere Mittagsrast einlegen, wundern wir uns ziemlich, als sich ein älterer Mann direkt bei uns niederlässt. Klar, Menschen sind soziale Wesen, aber wir würden nicht auf so eine Idee kommen…
Das Wetter ist herrlich und etliche Bäche kreuzen den Weg.
Schließlich steigen wir von der Prat Cabrera lange aufwärts bis in die Nähe des Refuge Cortalets wo wir im Hakenkiefernwald zelten. Wir haben heute 21 Kilometer und 1845 Höhenmeter Aufstieg zurückgelegt. Als ich Wasser holen will, stelle ich fest, dass der Bach in der Nähe kein Wasser führt, daher fülle ich unsere Beutel an der bewirtschafteten, großen Berghütte. Zurück im Lager ist es mittlerweile bewölkt, windig und kühl, so dass unsere neuen Daunenjacken, die wir mit 50 % Ermäßigung erworben haben, zum ersten Mal zum Einsatz kommen.
Auch am Morgen ist es windig und kalt, so dass wir erst um viertel vor Acht in Fleece und Regenjacke sowie mit Handschuhen starten.
In der Nähe des großen Refuge des Cortalets stehen einige Zelte und manche Leute sind schon auf den Beinen.
Der knapp zweistündige Anstieg zum 2785 Meter hohen Mont Canigou ist ziemlich einfach und oben erwartet uns ein Gipfelkreuz. Wir sind überrascht, als eine Gruppe junger Franzosen durch einen Kamin zum Gipfel aufsteigt, merken aber später, als wir uns fragen, wo es auf der anderen Seite weiter geht, dass das unsere Abstiegsroute ist!
Obwohl das erste Stück ziemlich steil ist, stellt die Kletterei kein Problem dar, da es genügend Griffe gibt. Tatsächlich kommen uns einige Leute entgegen. Auch als wir dann lange ins Cady Tal absteigen, wimmelt es von Wanderern, die wohl eine Runde von Cortalets aus gehen. Weite Flächen sind von niedrigem, gelb blühenden Ginster bedeckt und an der Baumgrenze wachsen die ersten Hakenkiefern.
Als wir unsere Mittagspause bei der kl. Hütte Arago halten, ist es bereits wieder angenehm warm. Das Tal verengt sich zu einer Schlucht und am Refuge de Mariailles sind wir lediglich noch auf 1750 Meter Höhe. Neben dem bewirtschafteten Refuge gibt es hier sowohl eine Hirten- als auch eine Hütte der Forstverwaltung, in der Wanderer kostenlos übernachten können. Leider undenkbar in Deutschland…
Während vier Geier über uns kreisen, steigen wir zunächst auf einem Fahrweg auf und anschließend führt uns ein Pfad am Grat entlang zur weiten Hochebene Pla Guillem, wo zahlreiche graue und braune Kühe grasen. Es ist hier oben zu windig zum Zelten und es gibt auch nur etwas „Kuhwasser“, daher laufen wir eine Zeit lang weglos, bis wir auf einem Absatz über einem Bach eine halbwegs geschützte Stelle für unser Zelt finden.
Das Wetter ist richtig schön, so dass wir das Kochen auf dem Hobo genießen können.
Schon um halb sieben starten wir in einen wunderschönen klaren, wolkenlosen Morgen. Lange Zeit folgen wir einem Grat, der zur einen Seite steil, zur Anderen dagegen flach abfällt. Es gibt hier viele Kühe, aber auch Gämsen, einmal beobachten wir sogar ein Rudel von etwa 40 Stück! Auch einige andere Wanderer, die wohl längere Zeit unterwegs sind, begegnen uns. Schließlich überqueren wir die Grenze zu Spanien und steigen zum Skigebiet Vallter 2000 ab, dessen Hänge von hässlichen Pisten, Wegen und Liften verunstaltet werden. Immerhin kann ich mich auf der Toilette des Zentrums rasieren.
Wir laufen ein kurzes Stück auf der Straße und wandern dann das Ter Tal aufwärts am idyllisch gelegenen Rifugio d‘Ulldeter vorbei. Außer uns genießen zahlreiche weitere Leute die herrliche Landschaft. Obwohl der Col de Tirapits auf 2800 Meter liegt, ist es hier noch erstaunlich grün. Wir beobachten Gämsen und Murmeltiere und erhalten dann einen fantastischen Ausblick auf den Estany Blau und einige andere Seen unterhalb des Grats, wohl unser schönster Landschaftseindruck bislang auf dieser Pyrenäentour.
Schließlich steigen wir in eine grasige Schüssel auf fast 2700 Meter Höhe ab, wo wir unser Zelt in einem alten Steinkreis aufstellen und dann noch einen kleinen Spaziergang unternehmen, bei dem wir den geringeren Sauerstoffgehalt in dieser Höhe ganz schön merken!
Als die Sonne über die Bergkämme steigt, sind wir bereits wieder auf dem Grat, den wir zu dieser frühen Stunde ganz für uns haben. Zwar geht es die nächsten vier Kilometer etwas auf und ab, aber generell ist die Route sehr gut zu laufen und zahlreiche Gämsen mit ihren Kitzen zeigen kaum Scheu. Das sieht etwas anders bei den Muffelschafen mit ihren blökenden Lämmern aus, die mehr Abstand zu uns halten.
Schließlich steigen wir lange ins malerische Eina Tal ab, wo die Murmeltiere so zutraulich sind, dass auf Schildern vor ihnen gewarnt wird. Da wir vor unserem Zeitplan sind, gönnen wir uns eine extra Schokolade an einer Gumpe am Bach. Als wir dann aber nach der Mittagspause schon bei insgesamt 600 Gramm Schokoladenkonsum heute sind, beschließen wir für mittags in Zukunft etwas anderes zu kaufen. Trotz hohem Kalorienverbrauch beim Wandern ist soviel Zucker auf Dauer bestimmt nicht gesund…
Als wir das Tal verlassen, gelangen wir in die sommerliche, alte Kulturlandschaft der Cerdanya, voller blühender Blumen, Steinmauern und rufender Wachteln. Wir passieren das hübsche Dorf Eyne und wandern durch die hügelige Landschaft nach Bolquère. Oberhalb davon befindet sich das Wintersportzentrum Pyrenäen 2000 oder SuperBolquère, wo wir in einem Intermarché Supermarkt für die nächsten 9 Tage einkaufen. Kurz danach laufen wir durch Fichten- und Kiefernwald zu einem Picknickplatz, wo aber kein Wasser aus dem Hahn kommt. Kurzentschlossen laufen wir zu einem Bach und suchen uns schließlich abseits der zahlreichen Pfade hier einen versteckten Zeltplatz.
Im Morgenlicht